Читать книгу Weihnachtsgeschichten - Siegfried Mau - Страница 8

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Der Flunsch


Das ist wieder ein richtig schönes Weihnachtsfest«, sagt Großmutter Mia. »So ein schöner Weihnachtsbaum, so ein leckeres Abendessen und alle Kinder und Enkel sind zusammengekommen. Es hat sogar pünktlich angefangen zu schneien und die Predigt von unserem Pastor war wirklich wieder wunderbar. Die Weihnachtskrippe in der Kirche ist wieder so schön aufgebaut, dass man sich richtig vorstellen kann, wie das Jesuskind in der Weihnachtsnacht in dem Stall geboren wurde. Jetzt noch einen leckeren, heißen Eierpunsch und dann den Kindern beim Spielen mit den neuen Geschenken zuschauen. Was gibt es Schöneres?«

Besonders viel Freude scheint die kleine Sarah mit dem Meerschweinchen zu haben, welches sie von ihrem lieben Onkel Roland geschenkt bekommen hat.

Es wird liebkost, gestreichelt und jedem im Zimmer wird erzählt, wie lieb sie es hat und wie schön es ist, dass sie jetzt auch ein eigenes Haustier hat.

Natürlich wird auch Oma Mia das neue Haustier gezeigt und bevor Oma Mia noch fragen kann, wie denn der Name des neuen Familienzuwachses ist, stellt Sarah ihr schon eine wirklich spannende Frage.

»Oma, hat eigentlich der Weihnachtsmann auch ein Haustier?«

Oma Mia überlegt kurz und sagt dann: »Oh ja, dann erzähle ich euch mal, was mir schon meine Großmutter erzählt hat, als ich so klein war wie du jetzt.«

Sofort wird Oma Mia von all ihren Enkeln umringt und als alle um sie herum sitzen und wie gebannt auf ihren Lippen schauen, fängt sie langsam an zu erzählen.

»Nun ja, ihr wisst ja, dass der Weihnachtsmann viele Rentiere besitzt, aber die meint ihr wohl nicht. Auch die Maus, die schon zwölf Jahre in der Speisekammer des Weihnachtsmannes lebt, die meint ihr wohl auch nicht. Der Weihnachtsmann flucht zwar immer mal wieder laut, wenn die Wurst oder der Käse angefressen sind, sehr zum Missfallen seiner Frau, die immer sagt, dass in ihrem Hause nicht geflucht werden soll, aber weil im Weihnachtsreich kein Tier getötet oder verletzt wird, wird sie wohl noch viele weitere Jahre in der Speisekammer leben und es sich gut gehen lassen. Trotz der Flucherei des Weihnachtsmannes. Nein, das Haustier, welches ihr meint, ist wohl sein Flunsch.«

»Flunsch«, sagt die kleine Sarah, »ist doch, wenn man beim Schmollen den Mund verzieht. Wie kann denn Flunsch ein Haustier sein?«

Die Großmutter lacht laut und sagt: »Da hast du wirklich Recht. Aber im Weihnachtsreich gibt es Flunsche in großer Zahl. Sie leben in ganzen Herden in den Wolken über dem Weihnachtsreich. Sie sind so groß wie Katzen, ähneln aber eher einem Hund. Auffällig sind ihre hellblaue Färbung mit den kleinen grauen Pünktchen und die kleinen spitzen Flügel, welche sie auf dem Rücken tragen. Sie sind wegen dieser Färbung so gut getarnt, dass sie wohl selten schon ein Mensch gesehen hat, wenn überhaupt. Denn wenn man sie sieht dann denkt man, es könnte auch eine kleine Wolke sein. Am liebsten fressen sie Wolkentau. Wolkentau findet man immer am unteren Zipfel von Wolken und man sagt, wenn man ihn abschleckt, dann wird man schwerelos und kann wie die Wolken durch das Himmelreich fliegen.

Aber das hat bis heute noch kein Mensch ausprobiert.Aber jetzt erzähle ich euch, wie dieser Flunsch zum Haustier des Weihnachtsmannes wurde.

Eines Nachts fegte ein großer Sturm über das Weihnachtsreich, mit einem so starken Wind, dass sich die Bäume fast bis zum Boden bogen und mit Blitzen, die das ganze Weihnachtsreich so hell machten, dass man dachte, es wäre Tag. Der Donner krachte so laut, dass man glaubte, dass das Blut im Körper zu vibrieren beginnt und man sich fast die Ohren zuhalten musste. Es regnete wie aus Eimern und der Regen wurde nur vom Hagel unterbrochen. Hagelkörner so groß wie Hühnereier prallten mit lautem Krachen auf die Hausdächer und kein Lebewesen im ganzen Weihnachtsreich traute sich in dieser Nacht vor die Tür.

Nicht einmal der Weihnachtsmann, der ja wohl der mutigste Mann im ganzen Weihnachtsreich ist.

Genau in dieser Nacht ist es geschehen. Der kleine Flunsch ist wohl durch ein Wolkenloch gepurzelt und genau in den Heuhaufen in den Garten des Weihnachtsmannes gepurzelt. Dort hat er sich wohl sofort tief in dem Heuhaufen vergraben, um nicht von den Hagelkörnern getroffen zu werden. Wie wohl die Rentiere am nächsten Morgen geschaut haben, als der kleine Flunsch sie mit riesigen Augen anschaute?

Und auch der Weihnachtsmann schaute nicht schlecht, als er bei seinem morgigen Kontrollgang den kleinen Flunsch im Heu sitzen sah.

Wieso ist ein junger Flunsch hier bei uns im Rentiergehege, dachte er sich. Der gehört doch in die Wolken und wo ist wohl seine Mutter?

Schnell war ihm klar, dass dies nur im Sturm der letzten Nacht passiert sein konnte.

Liebevoll nahm er den kleinen Flunsch auf den Arm und ging zurück ins Haus. Dort zeigte er seiner Frau den kleinen, ängstlichen Flunsch.

Die Frau des Weihnachtsmannes nahm ihn sofort in den Arm und tröstete ihn. Schnell sagte sie zu ihrem Mann:

›Du musst sofort den Rentierschlitten anspannen und ihn zurück zu seiner Herde bringen. Seine Mama wird ihn wohl schon suchen.‹

In kurzer Zeit sprach sich die Geschichte im Weihnachtsreich herum und alle Kobold- und Elfenkinder kamen zum Haus des Weihnachtsmannes, weil sie den kleinen Flunsch einmal sehen und streicheln wollten.

Natürlich wollten alle Kinder den kleinen Flunsch behalten, aber der Weihnachtsmann sprach ein Machtwort und fragte, ob sie gerne von ihrer Mama getrennt werden wollten. Das wollte natürlich kein Kind.

Als der Schlitten angespannt war, wurde der Flunsch auf den Rücksitz gesetzt und er, der Weihnachtsmann und einige Kobolde flogen auf direktem Wege über das noch graue Wolkenfeld über dem Weihnachtsreich.

Sie suchten Stunden über Stunden aber so viel wie sie auch suchten, niemand konnte die Herde des kleinen Flunsches ausfindig machen. Der Weihnachtsmann wollte nicht aufgeben und suchte mehrere Tage hintereinander. Aber alles Suchen half nichts. Es schien, als wenn sich die Herde in Luft aufgelöst habe. Der Sturm hat sie wohl an einen Ort geblasen, welchen nicht einmal der Weihnachtsmann kannte.

Was sollte er machen? Er nahm den kleinen Flunsch mit nach Hause und er durfte in sein Haus einziehen.

Sehr zur Freude aller Kinder im Weihnachtsreich und man sagt, dass auch die Frau des Weihnachtsmannes sich über diesen Familienzuwachs freute, was sie natürlich nie zugegeben hätte.

Seit diesem Tage lebt der kleine Flunsch in der Familie des Weihnachtsmannes und treibt genau so viel Unfug, wie es die Haustiere auf der Erde machen.

Sicher möchtet ihr wissen, was das für ein Unfug ist? Nun ja, was Flunsche halt so machen.

Ganz gerne trug er das Kopfkissen des Weihnachtsmannes auf den obersten Dachbalken um sich darin richtig schön einzukuscheln. Wenn der Weihnachtsmann dann ins Bett ging, musste er ohne Kissen schlafen. Das machte ihn schon ein wenig wütend. Wenn er dann mitten in der Nacht so richtig losschimpfte, dann wurde das halbe Weihnachtsreich wach und alle wussten, dass der Flunsch in dieser Nacht wieder besonders weich schlafen würde. Aber die Frau des Weihnachtsmannes hat sich die Sache nicht lange angeschaut und dem Flunsch dann ein eigenes Kissen genäht.

Ganz gerne schnappte er auch nach dem Kuckuck in der Kuckucksuhr, wenn dieser um zwölf Uhr seinen Kopf aus der Klappe streckte um die Zeit zu rufen.

Dabei hat der Flunsch schon einige Male die Zeiger der Uhr verbogen und einmal ist die ganze Uhr auf den Boden gefallen und in hundert Stücke zerbrochen. Gut, dass es im Weihnachtsreich eine Uhrmacher -Werkstatt gibt. Dort konnte man den Schaden schnell beheben.

Ganz besonders liebt er auch die Hausschuhe des Weihnachtsmannes. Die stibitzt er ihm immer wieder, um ein wenig darauf herumzuknabbern. Inzwischen haben die eine Menge kleiner Löcher und der Weihnachtsmann kann seine Zehen dadurch strecken. Aber darüber lacht er nur und sagt fröhlich, dass seine Zehen auch ein wenig Freiheit haben wollen. Nur dass er manchmal feuchte Socken von der Spucke des Flunsches bekommt, das findet er gar nicht toll. Aber so sind sie nun mal, diese Flunsche.«

»Das ist aber eine schöne Geschichte, Oma«, sagt die keine Sarah schon mit recht müden Augen und will dann noch wissen, wie der kleine Flunsch denn wohl heißt.

Oma Mia überlegte eine Weile. »Wie der kleine Flunsch heißt, das kann auf Erden niemand sagen, weil der Name nie überliefert wurde. Aber wenn du nachher im Bett liegst und einschlafen möchtest, dann kannst du dir ja mal überlegen, wie du ihn genannt hättest.«

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