Читать книгу sklavin - Silke Andrea Gerber - Страница 6

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Gegen Abend traf ich mich dann, wie so oft, mit meinen Freunden. Wir hatten ein total verrücktes Leben. Die meisten bezeichneten uns als Rumtreiber. Wovon wir lebten, war uns oft auch nicht so richtig klar. Doch irgendwo gab es immer Geld. Meistens besoffen wir uns dann und erzählten uns die neusten Geschichten. Ich mochte mein Leben. Es war so einfach und dennoch voller Freiheiten. Ficken, saufen, schlafen und wieder ficken. Ich dachte nicht an meine Zukunft, ich lebte im hier und jetzt. Morgen schon könnte mein Leben vorbei sei, also wollte ich es auf meine Art und Weise genießen.

Hätte ich aber vorher gewusst, welche Wendung das ganze nehmen sollte … Nein, vermutlich hätte ich mich genauso verhalten wie eben an jenem Abend, als das Schicksal seinen Lauf nahm.

Alles begann eigentlich im Suff mit meinen Freunden. Wie immer trafen wir uns in der kleinen Bar am Stadtrand. Eine Tradition, die wir seit vielen Jahren eisern ausübten. Wie ebenfalls schon fast üblich, kam ich zu spät. Ben, Jerry und Tom waren bereits da und hatten sich unseren Stammtisch gekrallt.

Sie ließen es schon ordentlich krachen. Hartes Zeug und der Klatsch der letzten Tage ließ die drei immer wieder aufgrölen.

»Mensch, warum kommst Du immer zu spät. Hat Dich Deine Mami wieder nicht geweckt?«

Wir zogen uns immer gegenseitig auf. Ich war der Einzige, der noch bei seinen Eltern lebte. Mit meinen 25 Jahren wusste ich immer noch nicht, was ich mit meinem Leben anfangen sollte. Das Elternhaus schien mir durchaus bequem. Wer sonst würde meine Wäsche waschen und jeden Morgen ein leckeres Frühstück zaubern.

Aber meine Eltern waren gar nicht so begeistert, das ich immer andere Mädels anschleppte. Sie warfen mir vor, das die Weiber einfach zu laut stöhnten und das Bett ständig gegen die Wand schlug. Was anderen vielleicht peinlich gewesen wäre, zog an mir einfach vorbei. Ich war ein richtig hartgesottener Kerl. Dachte ich damals zumindest.

Vielleicht lag es auch dran, dass ich keine Beziehung wollte. Ab ins Bett mit den Weibern, dachte ich mir. Bis ich dann ihre beste Freundinnen sah und eins zum anderen kam.

»Hey Ben, Du haust ja schon wieder richtig rein!«

Ich begrüßte meine Kumpel nach und nach. Beliebt war unsere kleine Gruppe in dieser Bar nicht gerade. Aber der Besitzer duldete uns wir ließen eine Menge Geld hier. Dafür schaute er schon einmal gerne über unsere rotzfrechen Manieren hinweg. Eigentlich arbeiteten wir alle vier nicht. Warum auch. Hier und da mal ein kleiner Bruch oder ein paar Gefälligkeiten für andere, brachte uns genügend zum Leben ein. Hilfreich war sicherlich auch, dass Tom der Sohn vom Dorfsheriff war. So ersparten wir uns allzu großen Ärger …

Wie an den meisten Abenden tranken wir um die Wette. Jerry war schon erledigt. Sein Kopf klebte überwiegend auf der Tischplatte. Der vertrug an diesem Abend nichts mehr. Nur Ben und ich waren noch so nüchtern, dass wir eine Wette abschlossen. Wer am meisten vertrug, lautete unser Motto. Derjenige, der als Erstes aufgeben würde, verlor. Der Wetteinsatz wurde vom jeweiligen anderen bestimmt.

»Ok Ben. Also wenn Du heute Abend verlierst und das wirst Du, dann rennst Du morgen Mittag johlend durch die Einkaufsstraße, und zwar vollkommen nackt!«

Ich war mir sicher, dass ich gewinnen würde und der Anblick wie er voller Scham nackt durch die Straßen rennen würde, wäre das I-Tüpfelchen an diesem Wochenende.

»Du glaubst doch nicht, dass ich verlieren werde. Du bist ein Spinner. Du wirst verlieren und dann am Samstag eine ganze Nacht vollkommen alleine auf dem Friedhof der Alten verbringen!«

Ich schluckte. Der Friedhof der Alten, so nannten wie den längst vergessen Friedhof, der verwildert abseits der Stadt lag. Hunderte von Gräbern, die verwahrlost in der Natur vor sich hin gammelten. Die meisten der Grabsteine waren bereits einige Jahrhunderte alt. Schon vor 50 Jahren sollte der Friedhof entfernt werden, doch es gab damals im Stadtrat Einsprüche dagegen. Seitdem vergammelte der Friedhof sprichwörtlich und wurde sogar aus den offiziellen Landkarten gestrichen. Nur wir Einheimischen kannten noch diesen Ort, mieden ihn aber.

Es gab viele Geschichten und Mythen, die erzählt wurden. Manche berichteten davon, dass in der Nähe immer mal wieder Menschen verschwanden. Andere sahen Zombies und Geister. Meistens nach einigen Flaschen Alkohol. Aus diesem Grunde hatte ich keine Angst, ich würde sowieso nicht verlieren!

Ein Glas folgte dem Nächsten. Wir soffen wie die Weltmeister. Ich grölte immer lauter, der Alkohol nahm mir jede Hemmung. Nach und nach hatte ich Probleme, mich am Tisch zu halten. Als ich plötzlich zu Boden fiel, schrie Ben wie ein kleines Kind auf. Er fühlte sich dem Sieg schon sicher und schluckte das nächste Glas runter.

Ich gab natürlich nicht auf. Obwohl sich alles schon vor mir drehte. Zeitweise sah ich meine Kumpels gleich doppelt. Das gab mir erst den richtigen Kick.

Ben hingegen schien noch voller Kraft zu sein. Er konnte sogar seine Sätze noch fast vollständig und verständlich aussprechen. Was er allerdings sagte, kam bei mir kaum noch an. Aber ich wollte gewinnen. Wieder rutschte ich zur Seite und landete auf dem Boden. Der Stuhl fiel krachend zu Boden.

Er würde gewinnen, doch ich griff nach der Flasche und leerte sie weiter. Obwohl sich alles um mich herum drehte und der Boden eiskalt war. Doch es zahlte sich aus. Ich gewann und wollte wie ein Verrückter jubeln, hätte ich dazu noch die Kraft gehabt.

»Ach, scheiße. Gib es doch zu, Du hattest nur Angst«, lallte Ben mich von oben an.

»Angst? Ich? Niemals! Wovor!« Schrie ich ihn an, wobei ich mir nicht sicher war, ob er meine Worte verstand.

»Du warst doch schon damals ein Schisser. Hättest Dich nie auf den Friedhof getraut!« Erwiderte er, wobei er sich selbst nicht einmal mehr auf dem Stuhl halten konnte.

»Du nennst mich einen Schisser? Ich habe keine Angst. Ich beweis es Dir! Wenn Du nackig Du die Gegend rennst, werde ich eine Nacht dort verbringen!«

Wir stießen darauf an. Das war meine letzte Erinnerung. Am nächsten Tag wachten wir in einer kleinen Gasse unweit der Bar auf. Unsere Köpfe hämmerten wie verrückt und jedes einzelne Glied schmerzte. Torkelnd schleppten wir uns nach Hause. Nach und nach kamen wir wieder zu Sinnen. Immerhin waren wir im Trinken wirklich geübt. Vermutlich das Beste, das wir beherrschten.

Erst, als wir wieder richtig stehen konnten, erinnerten wir uns an unsere Wette und die Absprache. Ben war unsicher. Er hatte sich schon viel geleistet und war das schwarze Schaf der Familie. Vermutlich waren wir alle die schwarzen Schafe in unseren Familien. Deshalb verstanden wir uns so gut.

»Du, wir sollten die Wettschulden fallenlassen und beim nächsten Mal noch mal neu Wetten. Ok?«

Ich wusste, was Ben vorhatte. Er hatte doch glatt Bammel, nackt durch die City zu rennen. Er hatte erst vor einer Woche mit Cindy angebandelt. Ihre Eltern waren erzkonservativ und einen Mann, der nackt durch die Gegend rannte, würden sie vermutlich kaum akzeptieren.

Andernfalls wollte ich nicht wirklich eine ganze Nacht auf dem Friedhof verbringen. Ich würde mich zu Tode langweilen ... Aber ihn nackig flitzen zu sehen, das war es mir wert und so bestand ich auf unsere Wetteinsätze.

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