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(2) Unzumutbarkeit der durch die konkrete Vertreterklausel bewirkten Änderung der versprochenen Leistung

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Schließlich könnte aber die Vereinbarung im konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil unzumutbar sein, § 308 Nr. 4 BGB. Nach der betroffenen Klausel soll eine Vertretung „im Verhinderungsfall“ möglich sein. Der Begriff „Verhinderungsfall“ erfasst nach der gemäß § 305c Abs. 2 BGB gebotenen verwenderfeindlichen (und ergo kundenfeindlichen) Auslegung sowohl eine unvorhergesehene Verhinderung, z.B. Krankheit, als auch vorherzusehende Fälle der Verhinderung, z.B. eine urlaubsbedingte Abwesenheit. Im letzteren Fall der geplanten Abwesenheit ist schon bei Terminierung des Operationstermins absehbar, dass der Wahlarzt die OP nicht durchführen können wird. Die Vereinbarung läuft also gewissermaßen von Beginn an leer, da die Erbringung der Leistung (Behandlung durch den Chefarzt) bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung objektiv unmöglich ist. Die Erreichung des Zwecks der Wahlleistungsvereinbarung, nämlich die Sicherung der besonderen Erfahrung und die Inanspruchnahme der herausgehobenen Sachkunde des Wahlarztes, ist von Anfang an unmöglich. Eine Vertreterklausel ist nur dann zulässig, wenn der Eintritt eines Vertreters auf die Fälle beschränkt ist, in denen die Verhinderung des Wahlarztes im Zeitpunkt des Abschlusses der Wahlleistungsvereinbarung noch nicht feststeht, weil Verhinderungen wie Urlaub oder Krankheit noch nicht feststehen.[50] Damit ist die Klausel hier schon deswegen unzumutbar, da der Patient nicht damit rechnen muss, dass der Wahlarzt seine Abwesenheit schon eingeplant hat.

Darüber hinaus erfasst die Formulierung „ein Stellvertreter“ bei entsprechender verwenderfeindlicher Auslegung nicht nur ständige Vertreter i.S.v. § 4 Abs. 2 S. 3, § 5 Abs. 5 GOÄ, die eine fachliche sowie persönliche Nähe zum liquidationsberechtigten Wahlarzt aufweisen, beispielsweise Facharzt desselben Gebiets sind, sondern auch jeden anderen Arzt: Eine Stellvertretervereinbarung durch AGB ist aber nur wirksam, wenn darin der ständige Vertreter als Vertreter benannt ist, der dem Wahlarzt, entsprechend den Vorschriften der GOÄ, in Dienststellung und medizinischer Kompetenz in etwa entspricht und aus diesem Grund gebührenrechtlich angenähert ist.[51] Es ist dem Patienten, der sich für eine Wahlleistung entschieden hat, nicht zumutbar, sich dann doch von irgendeinem Arzt behandeln lassen zu müssen. Im Übrigen muss in AGB auch stets ein konkreter Stellvertreter benannt werden. Dies ergibt sich aus § 5 Abs. 5 GOÄ, wonach dem Wahlarzt hinsichtlich der Gebührenhöhe nur der ausdrücklich benannte ständige ärztliche Vertreter gleichsteht. Nach der Rechtsprechung ist dies Ausfluss einer allgemeinen Wertung, die auf die Bewertung der Zumutbarkeit der Klausel nach § 308 Nr. 4 BGB zu übertragen ist.[52] Auch dieser Anforderung genügt die Klausel nicht.

Die Vertretungsklausel eröffnet also eine Behandlung durch irgendeinen Arzt in einer Fülle an Situationen, und dies bei bereits geplanter Abwesenheit des Wahlarztes, was für den Patienten nicht zumutbar ist und folglich gegen § 308 Nr. 4 BGB verstößt.[53]

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