Читать книгу CLIL in der Fächerfusion Englisch und Bildnerisches Gestalten in heterogenen Primarschulklassen - Silvia Frank Schmid - Страница 12
2.1 Begriffsklärung rund um CLIL
ОглавлениеDas Akronym CLIL steht für ‘Content and Language Integrated Learning’ und beschreibt «a dual-focussed educational approach in which an additional language is used for the learning and teaching of both content and language.» (Mehisto et al. 2008, S. 9). Solche Lerneinheiten werden als sehr effektiv eingestuft, da sie dank ihrer doppelten Ausrichtung sowohl den Aufbau von Sachfachwissen als auch fremdsprachlichen Kompetenzen fördern. In dem Sinne wird darunter eine Fusion von Fachbereichen verstanden, die bisweilen völlig getrennt unterrichtet wurden (Mehisto et al. 2008, S. 7; Wolff & Sudhoff 2015, S. 29). Es handelt sich dabei um kein neues Unterrichtskonzept. In verschiedenen Epochen der Vergangenheit, angefangen vor 2000 Jahren im Römischen Reich über die adeligen und später bürgerlichen Familien im 18. Jahrhundert bis hin zur modernen globalisierten Welt des 21. Jahrhunderts, wurden Sachinhalte in einer fremden Sprache unterrichtet, um den Lernenden auf sozialer und professioneller Ebene Aufstiegsmöglichkeiten zu bieten (Wolff 2016, S. 24; Coyle et al. 2010, S. 2). Das Konzept ist alt, der Terminus CLIL hingegen relativ jung. Er wurde 1994 in Europa geprägt und bezeichnet in diesem Setting «a general term to designate different types of bilingual or immersion education» (European Commission 2012, S. 137). Diese weitgefasste Definition verdeutlicht, dass CLIL als ein Sammelbegriff (umbrella term) mit facettenreichen Ausrichtungen für verschiedene zweisprachige Unterrichtskonzepte verwendet wird. In der Literatur führt dies oft zu einer terminologischen Ungenauigkeit und erschwert den Diskurs. Daher ist es an dieser Stelle wichtig, die für diese Arbeit zentralen Begrifflichkeiten klar zu definieren.
Der in der obigen Definition verwendete Begriff ‘Immersion’ passt für die in dieser Forschungsarbeit untersuchten Unterrichtssettings nicht. Immersiver Unterricht findet vorwiegend in einer Sprache statt, der die Lernenden auch im ausserschulischen Kontext regelmässig begegnen (Lasagabaster & Sierra 2010, S. 370). Dies sind typischerweise Settings, in denen Zweitsprachen weit verbreitet sind, wie zum Beispiel in Kanada (Diehr 2012, S. 16) oder im Schweizer Kontext entlang der Sprachgrenzen. Ebenfalls für fremdsprachige Migrationskinder, die dem Unterricht in der Landessprache folgen, ist es zutreffend, von immersiven Unterricht zu sprechen. Ist diese Voraussetzung gegeben, ist ein eigentliches ‘Eintauchen’ in die Sprache (englisch: immerse) innerhalb als auch ausserhalb des Unterrichts auch wirklich möglich. Zudem wird im Immersionsunterricht die Zielsprache als Medium im Gebrauch gelernt, das Sprachenlernen passiert somit weitgehend ungesteuert und ist nicht eigentlicher Gegenstand des Unterrichts (Wolff & Sudhoff 2015, S. 16; Wolff 2013, S. 20). Entgegen dieser Definition, wird im deutschen Kontext manchmal auch dann von (partieller) Immersion gesprochen, wenn bestimmte Schulfächer während der gesamten Schulzeit zu einem Anteil von mehr als 50 % in der Fremdsprache unterrichtet werden. In diesem Kontext wird CLIL als Oberbegriff für ein Kontinuum von solchen Immersionsprogrammen mit partiellen Eintauchen bis hin zu sporadisch angebotenen CLIL-Modulen verstanden (Massler & Burmeister 2010, S. 7). Der Immersionsbegriff deckt sich in dieser Auslegung mit dem was andere Autoren als ‘hard CLIL’ bezeichnen. Damit ist gemeint, dass die Fremdsprache in einem oder mehreren Fächern vollumfänglich für die Vermittlung von sachfachlichen Inhalten über mehrere Jahre verwendet wird. Im Gegensatz dazu steht ‘soft CLIL’ und verweist auf mehr sporadische, kurzfristigere Lernangebote, in denen für eine bestimmte Zeit die Fremdsprache und das Sachfachlernen kombiniert werden (P. Ball et al. 2015, S. 6).
Während im europäischen Kontext als auch in der Schweiz hauptsächlich der englischsprachige Terminus CLIL verwendet wird, ist in Deutschland mehrheitlich von ‘bilingualer (Sachfach-)Unterricht’ die Rede (Wolff & Sudhoff 2015, S. 14). Die Begrifflichkeit ‘bilingual’ ist etwas irreführend und könnte zu verstehen geben, dass innerhalb eines Faches die Inhalte zu gleichwertigen Anteilen in der Schul- und Fremdsprache unterrichtet werden und innerhalb von Lektionen ein konstantes Code-Switching vorherrscht. Dem ist jedoch nicht so, sondern die Zweisprachigkeit bezieht sich auf die gesamten Unterrichtzeit über mehrere Schuljahre hinweg, in welcher das bestimmte Fach in beiden Sprachen unterrichtet wird (Badertscher & Bieri 2009, S. 11; Diehr 2012, S. 16). Der Begriff ‘bilingual’ passt auch deshalb, weil die Lehrpersonen in diesem Unterrichtssetting eine Lehrbefähigung für das Sach- und Fremdsprachenfach ausweisen. Aufgrund ihrer Sprachkenntnisse sind sie folglich in der Lage, den Unterricht in der Fremd- als auch in der Schulsprache zu erteilen – was über die gesamte Schulzeit hinweg auch geschieht (Diehr 2012, S. 21). Auf den Punkt gebracht meint ‘bilingualem Unterricht’ demnach, dass ein Sachfach «weitgehend einsprachig in der Fremdsprache geführt wird.» (Diehr 2012, S. 18). In diesem Sinne kann bilingualer Unterricht als eine Form von CLIL betrachtet werden, weil auch in ihm, neben weiteren übergeordneten Zielen, das Lernen von fremdsprachlichen und sachfachlichen Inhalten im Vordergrund steht (Bonnet und Breidbach 2013, S. 26).
In der vorliegenden Arbeit werden die Begriffe ‘CLIL’ und ‘bilingualer Unterricht’ somit als Synonyme verwendet – wie es in der Literatur von vielen Experten auch vorgeschlagen wird (vgl. Wolff 2016, S. 22–23). Beide beziehen sich gemäss diesem Verständnis auf eine echte Integration von sachfachlichem und fremdsprachlichem Lernen. Das Unterrichtskonzept ‘Immersion’ wird hingegen in vorliegender Arbeit als nicht gleichbedeutend betrachtet, weil im Immersionsunterricht die Sprache ausschliesslich als Vermittlerin und nicht als eigentlicher Lerngegenstand betrachtet wird (Wolff 2013, S. 20). Der Begriff ‘Immersion’ wird deshalb im Rahmen dieser Arbeit nur dann verwendet, wenn es sich tatsächlich um ein echtes Eintauchen handelt und der Fremdsprache keine explizite Beachtung geschenkt wird. Diese Unterscheidung ist wichtig, da einige der nachfolgend erwähnten Studien in einem immersiven Kontext durchgeführt wurden und so deren Ergebnisse nur mit der nötigen Vorsicht auf den vorliegenden CLIL-Kontext übertragen werden können.
CLIL kann ferner auch im Hinblick auf dessen eher sprachliche oder inhaltliche Ausrichtung eingeteilt werden (vgl. Abbildung 1). Demzufolge bezeichnet die Variante A ‘CLIL im Sachfachunterricht’ jene Unterrichtsform, bei der die Fremdsprache in den Sachfachunterricht exportiert wird. Ausgangspunkt für das Lernen sind die sachfachlichen Ziele. Bei der Variante B ‘CLIL im Fremdsprachenunterricht’ reichern relevante fachübergreifende Inhalte den Englischunterricht an. Die Ziele des Fremdsprachenunterrichts sind Ausgangspunkt des Lernens. Die Variante C ‘CLIL im CLIL-Unterricht’ ist weder ein Export der Fremdsprache in andere Fächer noch ein Import von sachfachlichen Inhalten in den Fremdsprachenunterricht, sondern wird als echte Integration von Inhalt und Fremdsprache verstanden. Infolgedessen müssten Lernziele und -inhalte beider Fächer integrativ bei der Planung und Umsetzung von Unterricht berücksichtigt werden (Massler & Stotz 2013, S. 8–11).
Variante A: CLIL im Sachfachunterricht | Variante B: CLIL im Englischunterricht | Variante C: CLIL im CLIL-Unterricht |
Sachunterricht, der in der Fremdsprache geführt wird; die Ziele des Sachfaches sind leitend | Englischunterricht, in dem sachfachliche Inhalte thematisiert werden; die fremdsprachlichen Lehrplan-Ziele sind leitend | Integrierter Unterricht; Lernziele und Lerninhalte beider Fächer sind leitend |
Abbildung 1:
Unterschiedliche CLIL-Realisierungsformen (Massler & Stotz 2013, S. 12)
Gemäss obigen Definitionen – und wie nachfolgenden Kapiteln noch genauer begründet wird – stehen in vorliegenden Untersuchung CLIL-Module im Zentrum, in denen während einiger Wochen im Schuljahr die Fächer Englisch und Bildnerisches Gestalten integriert unterrichtet werden mit dem Ziel die fremdsprachlichen als auch die fachspezifischen Kompetenzen der Lernenden weiterzuentwickeln. Diese bilingualen Module können auch als ‘soft CLIL’ bezeichnet werden und streben im Sinne der CLIL-Variante C eine echte Fusion der beiden Fachbereiche an.
Was all die verschiedenen CLIL-Settings trotz ihrer unterschiedlichen Bezeichnungen, Ausprägungen und Anwendungsbereichen verbindet, ist ihre konsequente Betrachtung der Fremdsprache als Lerngegenstand und als Kommunikationsmittel. Ausserdem, weil bilingualer Unterricht oft als Ergänzung zum herkömmlichen Fremdsprachenunterricht angeboten wird, ermöglicht dessen Einsatz für die Lernenden meist eine Erhöhung der Kontaktzeit mit der Zielsprache (Elsner & Kessler 2013, S. 17). Dies führt zu einer Reihe von Vorteilen, die im nächsten Kapitel aufgezeigt werden.