Читать книгу CLIL in der Fächerfusion Englisch und Bildnerisches Gestalten in heterogenen Primarschulklassen - Silvia Frank Schmid - Страница 7

1 Einleitung 1.1 Begründung des Forschungsinteresses

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Dem Terminus ‘CLIL’, ein Akronym stehend für Content and Language Integrated Learning, bin ich1 vor rund fünfzehn Jahren zum ersten Mal im Rahmen meiner Nachqualifizierung für die Unterrichtsberechtigung für das damals neu eingeführte Fach Englisch auf der Primarstufe begegnet. Das dahinterliegende Konzept, fremdsprachliches Lernen an relevante Sachinhalte aus anderen Fächern zu koppeln, überzeugte mich deshalb, weil Primarschulkinder in der Schweiz der englischen Sprache nur im beschränkten Umfang ausserhalb des Schulzimmers begegnen. Deshalb gilt es für diese Zielgruppe interessante Lerninhalte mit hohem Lebensweltbezug als Basis für das Lernen einer Fremdsprache bereitzustellen. Anhand solcher relevanten thematischen Inhalte werden die Lernenden befähigt in einer echten kommunikativen Lernsituation in der Zielsprache zu interagieren.

Während meiner langjährigen Tätigkeit als Primar- und Englischfachlehrerin merkte ich bald, dass CLIL nur ein kleiner Teil meiner Lektionen ausmachte. Der Englischunterricht orientierte sich an den Lehrmitteln, welche zwar aktuell und kompetenzorientiert sind, die jedoch nur zeitlich beschränkt und sequentiell CLIL anbieten. An den meisten Schweizer Primarschulen wird CLIL somit hauptsächlich in der Form umgesetzt, bei der die in den Lehrmittelen vorgegebenen Sachthemen in den Englischunterricht integriert werden und so sporadisch inhaltsorientierter Fremdsprachenunterricht stattfindet.

Gleichzeitig vernahm ich in meiner Rolle als Aus- und Weiterbildnerin von Lehrpersonen und als kantonale Fachberaterin für die Fremdsprachenfächer auf der Primarstufe immer wieder Kritik am Konzept des frühen Fremdsprachenlernens: Zwei bis drei isolierte Lektionen seien zu wenig lerneffektiv, es fehle an Lernzeit, das ganzheitliche als auch spielerische Lernen gehe verloren und die formale Korrektheit stehe immer mehr im Vordergrund. Solche Stimmen liessen mich aufhorchen und machten mich nachdenklich, wie man das fremdsprachliche Lernen auf der Primarstufe optimieren könnte.

Der konkrete Anstoss für eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Lehren und Lernen von Fremdsprachen auf der Primarstufe folgte kurze Zeit danach. Mit der Einführung des neuen Deutschschweizer Lehrplans 21 wurde eine rege Auseinandersetzung zum Thema Kompetenzorientierung entfacht. Als Weiterbildnerin für verschiedentliche Lehrplan 21 Einführungskurse für den Fachbereich Englisch setzte auch ich mich mit dieser Akzentverschiebung gründlich auseinander. Für den Fremdsprachenbereich ändert sich auf den ersten Blick diesbezüglich nicht viel, denn der Englischunterricht verstand sich bereits zuvor anwendungs- und somit kompetenzorientiert. Jedoch las ich im Lehrplan 21 mit Interesse, dass das fremdsprachliche Lernen mit «immersiven oder bilingualen Sequenzen» angereichert werden kann (vgl. D-EDK 2014 Sprachen, Didaktische Hinweise).

Als ich schliesslich die Chance erhielt, im Rahmen der Förderung der Fachdidaktiken unterstützt durch die swissuniversities ein eignes Forschungsprojekt anzupacken, war es für mich naheliegend solche bilinguale Unterrichtssequenzen in den Fokus meiner Untersuchung zu rücken. Jedoch nicht in der bereits erlebten Umsetzungsart des Einbringens von sachfachlichen Inhalten in den Englischunterricht, sondern indem Englisch mit einem anderen Fach auf gleichberechtigte Weise fusioniert wird und dabei eine echte Verknüpfung von Sprach- und Sachlernen stattfinden sollte.

Mit dieser Variante von CLIL ergeben sich aus meiner Sicht eine Vielzahl an Vorteilen: Einerseits entsteht mehr Lernzeit für das fremdsprachliche Lernen, ohne den Stundenplan weiter auszureizen. Zweitens erhält die Fremdsprache in diesem inhaltsorientierten Unterricht ihre genuine Funktion als Kommunikationsmittel zurück. Drittens wird die Zielsprache von den jungen Lernenden dadurch vermehrt holistisch und implizit gelernt, weil der Fokus auf das formale Sprachenlernen in den Hintergrund rückt. Schliesslich, so stelle ich mir vor, kann dank dem dualen Fokus von Sprache und Inhalt im facettenreichen CLIL-Unterricht eine breite Interesse- und Leistungsgruppe von Lernenden auf der Primarstufe angesprochen werden.

Letzterer Punkt betreffend die Heterogenität ist für mich als Primarlehrerin mit langjähriger Erfahrung im Unterrichten von heterogenen, altersgemischten Klassen eine wichtige Prämisse. Auch wenn im CLIL-Unterricht unterschiedliche Interessen und Begabungen verschiedener Kinder dank dem Einbringen von reichhaltigen Sachthemen berücksichtigt werden können, so scheinen bilinguale Unterrichtssequenzen auf den ersten Blick das ‘Problem’ der Differenzierung zu verdoppeln. Dies weil die Fremdsprache als zusätzliche Hürde den Zugang zum inhaltlichen Lernen erschweren kann. Deshalb soll die vorliegende Untersuchung ein spezielles Augenmerk darauf richtigen, wie Schüler*innen mit unterschiedlichen Lernvoraussetzungen mit CLIL umgehen.

Welches Sachfach sich für die Umsetzung von CLIL am besten eignet, war mir bald klar: Bildnerisches Gestalten. Das Postulat der besonderen Eignung von Kunst-/Zeichnungsunterricht als bilinguales Sachfach auf dieser Zielstufe deckt sich nicht nur mit verschiedenen empirischen Befunden (vgl. Bechler 2014; Witzigmann 2011; Rymarczyk 2003), sondern basiert auch auf meiner langjährigen Unterrichtserfahrung. Kein anderes Fach lässt so viel Raum für Kreativität, bietet eine hohe Anschaulichkeit, ist geprägt von handelndem Unterricht, lässt methodisch-didaktischen sowie inhaltlichen Freiraum, verlangt vielseitige (bild-) sprachliche Interaktionen, begünstigt das kulturelle Lernen und – last but not least – ist frei von Noten- und Leistungsdruck.

In der Fächerfusion mit Englisch und Bildnerischem Gestalten wird somit die vorliegende Untersuchung mit Good Practice-Ansatz durchgeführt, um Gelingensbedingungen rund um die Umsetzung solcher CLIL-Module als Ergänzung zum herkömmlichen Englischunterricht auf der heterogenen Primarschulstufe in Erfahrung zu bringen. Unter dem Good Practice-Ansatz verstehe ich ein exploratives Vorgehen, mit dem Ziel eine innovative, erfolgsversprechende Unterrichtspraxis für einen spezifischen Schulkontext zu entwickeln, zu implementieren und zu erforschen. Konkret interessieren mich die folgenden drei Aspekte: (1) Inwiefern es gelingt qualitätsvolle Lernaufgaben für das duale Lernen zu entwickeln, (2) wie diese Lernangebote von den unterschiedlichen Schüler*innen im CLIL-Unterricht genutzt werden und (3) welche weiteren Chancen und Herausforderungen von allen Beteiligten bei der Implementierung dieser CLIL-Module wahrgenommen werden.

Da eine echte Fusion von Englisch und Bildnerisches Gestalten ein zentrales Anliegen bei der Entwicklung und Umsetzung dieses CLIL-Unterrichts ist, bin ich sehr bemüht beide Fächer in ausgewogener Weise zu berücksichtigen. Aufgrund meiner Rolle als Englisch-Fachdidaktikerin kann jedoch eine etwas verstärkte Fokussierung auf fremdsprachliche Aspekte nicht ganz vermieden werden, denn insgesamt betrachte ich es auch als meine Aufgabe im Rahmen dieser Untersuchung optimierende Ansätze für das Fremdsprachenlernen auf der Primarstufe zu erforschen.

CLIL in der Fächerfusion Englisch und Bildnerisches Gestalten in heterogenen Primarschulklassen

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