Читать книгу Die vergessene Welt - Simone Lilly - Страница 2
Оглавление2.
Stunden schienen zu verstreichen. Leona wusste nicht, was sich außerhalb der Bretter, die den Schiffsbauch bildeten, abspielte. Eingeengt kauerte sie in ihrer Ecke. Ihr Kopf stieß hin und wieder gegen die Bank, unter der sie saß. Ihre Knie waren eng an ihren Körper gezogen und kribbelten schmerzhaft. Ihr Magen knurrte, jetzt bereute sie es, sich nicht doch noch etwas zu Essen an Madlen vorüber geschmuggelt zu haben.
Geräusche ertönten. Musik? Und schwere Schritte klangen dumpf über ihr wider, als mehrere Gestalten über ihren Kopf hinwegschritten. Durch die kleinen Ritzen im Verlauf des Holzes sah sie einen Schatten nach dem anderen vorbeiziehen. Was würden sie machen, wenn sie sie entdeckten? An Bord, nach der Abfahrt? Würden sie sie an irgendeiner Insel aussetzten? Oder würden sie sie über Bord schicken? Ihre Gedanken überschlugen sich und schienen ihren Kopf schier zu zerreißen, schlimmer wurde es, als die Treppe links von ihr, unheilvoll knarzte. Unwillkürlich zuckte sie zusammen und stieß mit dem Brett zusammen. Schmerz durchfuhr sie und Leona musste sich beherrschen um keinen Schrei loszulassen. Dieser hätte sie verraten.
Der Mann, der zu ihr getreten war, war kaum älter als sie selbst. Vielleicht 17 oder 18. Er hatte überhaupt kein vernarbtes Gesicht, was führt einen Seemann sehr selten war, gleich hinter ihm, betrat ein anderer den Raum.
Der jüngere setzte sich genau auf die Bank über ihr und Leona hielt angsterfüllt den Atem an, seine schweren Stiefel standen direkt vor ihr und sie hatte Mühe, sie nicht zu berühren, um das zu verhindern raffte sie ihren Körper noch enger zusammen. Was oben vor sich ging, wusste sie nicht, es war ihr auch egal, sie hoffte nur, dass das Schiff in nächster Zeit endlich ablegen würde, und sie alles hinter sich lassen konnte, alles und jeden. Die plötzliche Erinnerung schmerzte sie und trieb ihr die Tränen in die Augen. Sie wollte es nicht. Sie wollte stark sein, ihr Leben selbst in die Hand nehmen. Der Junge und der andere Mann unterhielten sich dumpf. Ihre Stimmen waren irgendwie beruhigend. Langsam wog sie sich in Sicherheit und entspannte sich etwas.
In dieser Sekunde wurde es still, zu still. Der ältere der beiden stand auf und ging. Der Junge blieb, legte seine Füße hoch, sodass Leona ihn nun nicht mehr sehen konnte. Lediglich seine schweren Atemzüge waren vernehmbar.
Stumm kauerte sie an ihrem Platz. Wie spät es war, wusste sie nichts, auch fand sie es erschreckend, wie wenig sie wusste. Vielleicht wäre es doch das Beste, wenn sie einfach aufspringen würde, und hinausrennen würde. Aber das konnte sie nicht, allein ihr Stolz hielt sie davon ab.
„Christjan?“
Die Bank über ihr knarrte und man sah, dass sie an Gewicht verlor, neben ihr gingen die Füße des Jungen auf die Erde. „Ja, Sir?“ Dehmütig stand er auf, wobei er plötzlich ganz und gar nicht mehr jung aussah. Im Gegenteil, alt und mitgenommen funkelten seine Augen in die Luft, dorthin, wo die Treppe mündete.
Neugierig wollte sie sich strecken, um zu sehen, mit wem er sprach. Doch sie konnte nichts erkennen. Noch nicht einmal einen Schatten oder Umrisse. Also musste sie warten. Mitansehen, wie Christjan sich von ihr entfernte und nach oben ging. Lange Zeit war nichts dergleichen zu hören, sodass Leona am Ende sanft in den Schlaf geschaukelt wurde.