Читать книгу Die vergessene Welt - Simone Lilly - Страница 8

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 8.

„Eins und Zwei, Eins und Zwei…“

Dieses alte Kinderleid auf den Lippen, das rhythmisch genau zu ihren Bewegungen passte, musste Leona qualvoll unterdrücken, um es nicht laut vor sich hin zu singen.

Das Deck zu wischen war keine sonderlich schwere Aufgabe, dennoch war sie mit jeder Minute, die verstrich anstrengender, als sie schien.

Singen, war nichts verwerfliches, selbst die robusten Seeleute hatten seit Stunden fröhliche Melodien zum Besten gegeben. Trotzdem fühlte sie sich nicht wohl. Überhaupt nicht.

Erschöpft hielt sie inne und lehnte sich an die Reling. Es musste erst gegen Mittag sein. Gebannt schielte sie zu Christijan, der in schwindelerregender Höhe zwischen dicken Seilen herumturnte. Rasch glitt er davon zu ihr hinunter, als sich ihre Blicke trafen. Beinahe dicht vor ihren Füßen, kam er auf und zupfte sich das Hemd übertrieben penibel zurecht.

„Ist alles in Ordnung?“, fragte er und wischte sich mit dem Handrücken glitzernde Schweißperlen von der Stirn.

Sie nickte verlegen: „Ja“

„Ist das alles?“, lachte er und entblößte eine Zahnlücke, die Leona fasziniert musterte.

Als sie nicht antwortete hob er die Hand und berührte sie damit leicht an ihrer Schulter. „Ich habe dich was gefragt.“

Seine Worte rissen sie abrupt in die Gegenwart zurück. „Ich habe Angst, große Angst sogar.“

„Wovor?“

Salzige Tränen stiegen ihr in die Augen.

Er wurde ernst, sein Lachen brach ab. „Ich auch.“

Erstaunt sah sie ihn an. „Du?“, der überraschte Unterton war ihr peinlich, aber sie konnte ihn nicht unterdrücken.

„Ja, ich.“, sagte er beinahe enttäuscht, „Jeder hat das, denn man weiß nie, was auf solch einer Fahrt geschehen kann. Und ob du von ihr überhaupt zurückkehrst.“

Ein mürrischer Mann drängte sich zwischen sie, und trieb sie so auseinander. Bedrückt warteten sie, bis er außer Hörweite war.

„Werden sie mich töten?“, fragte sie unverwandt und mied seinen Blick.

Langes Schweigen stahl sich zu ihnen. „Ich weiß es nicht…“

Erregt schnitt sie ihm das Wort ab. „Werden sie mich töten, sollten sie mich finden?“, fragte sie erneut und stützte sich schwindelnd mit einem Arm an dem rauen, splitternden Holz ab.

„Ich…“

„Christijan?!“

Stumm nickte er und gab es auf, sich aus der Frage zu schlängeln. „Ja, das werden sie. Wenn sie die Gelegenheit dazu bekommen.“

Ihr wurde übel, so übel, dass Leona meinte, sie müsste sich jederzeit übergeben. Angeekelt legte sie ihre freie Hand auf den Mund. Die Wahrheit hatte sie gekannt, ihre Vermutung jetzt aber doch bestätigt zu bekommen, war ein Stich in ihr Herz. Warum war sie überhaupt gegangen? Wie konnte sie nur so leichtsinnig gewesen sein? Wie? Sie war noch ein Kind. Ein heftiger Schluckauf überkam sie, als sie ihren traurigen Blick direkt auf Christijan richtete, der ihn ebenso traurig erwiderte. Unbeholfen trat er auf sie zu. „Ich werde dir helfen, egal was ich tun muss.“, beschwichtigend nahm er ihre Hand, die immer noch auf dem Holz ruhte. „Du wirst diese Reise überleben. Solange ich lebe, werde ich dir helfen.“

Dankbar atmete sie ein und drückte seine rauen Finger fest zusammen. „Danke, dass du das für mich tust.“

Verlegen blinzelte er gegen die Sonne, der sie mit ihrem Schiff den Rücken kehrten. „Komm, wir sollten nicht zu lange trödeln, sonst ist es zu auffällig.“

Die vergessene Welt

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