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Überall hörte Carola, der Krieg solle eine grundlegende Änderung in der Seelenverfassung bringen, alles, von ehelichen Beziehungen bis zur Völkerpolitik, reinigen und erheben, und sie gab sich redlich Mühe, darüber zu frohlocken. Aber sie konnte nichts davon finden. Sie sah wohl die Frauen, die Bandagen für das Rote Kreuz machten, auf ihr Bridge verzichten und über den zuckerlosen Tee lachen, allein über ihrem Verbandzeug sprachen sie nicht von Gott und den Seelen der Menschen, sondern von Miles Bjornstams Unverschämtheit, von Terry Goulds skandalösen Umtrieben mit einer Farmerstochter vor vier Jahren, vom Kohlkochen und vom Umarbeiten ihrer Blusen. Wenn über den Krieg geredet wurde, so galt das Gespräch nur Scheußlichkeiten. Sie selbst war pünktlich und tüchtig in der Herstellung von Verbandpäckchen, aber sie konnte sie nicht, wie Frau Lyman Cass und Frau Bogart, mit Haß gegen die Feinde füllen.

Wenn sie sich bei Vida beklagte: »Die Jungen arbeiten, während die Alten herumsitzen, uns stören und Haß speien, weil sie zu schwach sind, um etwas anderes zu können als hassen«, dann fuhr Vida auf sie los:

»Wenn Sie schon keine Ehrfurcht haben können, dann seien Sie wenigstens nicht so schnippisch und eigensinnig, jetzt, wo Männer und Frauen sterben. Einige von uns – wir haben soviel geopfert, und wir sind froh darüber. Aber wir erwarten wenigstens, daß ihr anderen nicht auf unsere Kosten witzig zu sein versucht.«

Es gab Tränen.

Carola wünschte wirklich, daß die preußische Autokratie zerschlagen würde, sie redete sich wirklich ein, daß es keine anderen Autokratien als die preußische gäbe; sie war wirklich aufgeregt, wenn sie im Kino Truppeneinschiffungen im New Yorker Hafen sah; und sie hatte ein unangenehmes Gefühl, als Miles Bjornstam ihr auf der Straße begegnete und krächzte:

»Was gibt's Neues? Mir geht's tadellos. Ich hab' zwei neue Kühe. Also, Sie sind Patriotin geworden? Na selbstverständlich, sie bringen ja die Demokratie – die Demokratie des Todes. Ja, natürlich, in jedem Krieg seit dem Paradies sind die Arbeiter ins Feld gegangen und haben sich bekämpft, für vollkommen schöne Ziele – die ihnen das Kapital geliefert hat. Ich aber, ich bin gescheit. Ich bin so gescheit, daß ich weiß, ich weiß gar nichts vom Krieg.«

Nicht ein Gedanke an den Krieg blieb ihr nach Miles Vortrag, sondern die Erkenntnis, daß sie und Vida und alle Wohlmeinenden, die »etwas für das gewöhnliche Volk tun« wollen, bedeutungslos seien, weil das »gewöhnliche Volk« imstande sei, für sich selbst zu handeln, und es wahrscheinlich auch tun werde, sobald es den Tatbestand erkannt habe. Die Vorstellung, daß Millionen Arbeiter wie Miles ans Ruder kämen, erschreckte sie, und hastig rettete sie sich vor den Gedanken an eine Zeit, in der sie nicht mehr die gute Fee für die Bjornstams und Beas und Oscarinas sein würde, die sie liebte – und von oben herab begönnerte.

Sinclair Lewis: Die großen Romane

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