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Sie aßen bei den Smails zu Mittag. Carola fragte gleichgültig:

»Äh – Will, ob' der junge Mann in den weißen Flanellhosen heute vormittag in der Kirche nicht der Valborg war, von dem alle Leute reden?«

»Ja. Das ist er. Was der angehabt hat, was!« Kennicott kratzte einen weißen Fleck von seinem braunen Rockärmel ab.

»Ich hab's gar nicht so schlimm gefunden. Wo er wohl herkommt? Er scheint ziemlich viel in Städten gelebt zu haben. Ist er aus dem Osten?«

»Osten? Der? Nanu, der kommt von einer Farm hier oben im Norden. Seinen Vater kenn' ich flüchtig – Adolph Valborg – typischer, verdrehter, alter, schwedischer Bauer.«

»So, wirklich?«

»Ich glaub', er hat aber tatsächlich einige Zeit in Minneapolis gelebt. Hat dort sein Handwerk gelernt, und ich muß sagen, er hat auch irgend was los. Liest 'ne Menge. Pollock sagt, er holt sich mehr Bücher aus der Bibliothek als sonst wer in der Stadt.«

Onkel Whittier bemächtigte sich des Gesprächs. »Der Bursche, der bei Hicks arbeitet? 'n Schlappschwanz ist er. 's geht mir auf die Nerven, wenn ich mit ansehn muß, daß 'n junger Kerl, der im Krieg sein oder sich wenigstens draußen aufm Feld ehrlich sein Brot verdienen sollte, wie ich's als junger Mensch gemacht hab', wenn so 'n Kerl Weiberarbeit tut und sich dann noch hinstellt und anzieht wie 'n Komödiant! Du lieber Gott, wie ich in seinem Alter war –«

Carola dachte, das Tranchiermesser würde einen ausgezeichneten Dolch abgeben, um Onkel Whittier damit zu ermorden. Es würde so leicht hineingehen. Die Zeitungsüberschriften würden schrecklich aussehen.

Kennicott blieb ruhig und sagte: »Oh, ich will nicht ungerecht gegen ihn sein. Ich glaub', er hat sich gestellt und untersuchen lassen. Er hat Krampfadern – nicht schlimm, aber so, daß er untauglich ist. Trotzdem muß ich sagen, er sieht mir nicht danach aus, als ob er besonders scharf drauf war', sein Bajonett einem Hunnen in den Bauch zu jagen.«

»Will! Bitte!«

»Na, er wird ja nicht. Sieht mir 'n bißchen schlapp aus. Und er soll auch, wie er sich am Sonnabend das Haar hat schneiden lassen, gesagt haben, er würde gern Klavierspielen können.«

»Ist es nicht wunderbar, daß wir in so einem Ort wie hier alles voneinander wissen«, sagte Carola unschuldig.

Kennicott war mißtrauisch, aber Tante Bessie, die gerade den Flammerie mit Himbeersauce auftischte, stimmte zu: »Ja, es ist wunderbar. In den fürchterlichen Großstädten können die Leute mit ihren Gemeinheiten und Sünden weiterkommen, aber hier nicht. Heute vormittag hab' ich beobachtet, daß der Schneider, wie Frau Riggs ihm angeboten hat, mit ihr in ihr Gesangbuch zu schauen, den Kopf geschüttelt hat, und während wir gesungen haben, hat er die ganze Zeit dagestanden wie ein Holzklotz und hat den Mund überhaupt nicht aufgemacht. Alle sagen, er bildet sich ein, daß er weiß Gott wieviel bessere Manieren und so weiter hat als wir, aber wenn er das gute Manieren nennt, na, dann weiß ich nicht!«

Carola betrachtete wieder das Tranchiermesser, Blut auf dem schneeweißen Tischtuch müßte wunderschön aussehen.

Dann: »Gans! Hysterische Phantastin! Sich Märchen erzählen – mit dreißig … Du lieber Gott, bin ich wirklich dreißig? Der Junge kann nicht älter sein als fünfundzwanzig.«

Sinclair Lewis: Die großen Romane

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