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Sobald der Vertrag unterzeichnet war, erinnerte der Pressechef sich seiner früheren Zeitungsarbeiten und wurde für einige Tage rührend freundlich zu allen Reportern der Stadt. Es gab bis in die Nacht dauernde Abendunterhaltungen in seinem Hotel; die Hotelboys wurden oft ausgeschickt, um noch mehr Flaschen Wilson, White Horse und Green River zu holen. Der Pressechef gestand ein, daß er Miß Falconer wirklich für die größte Frau seit Sarah Bernhardt halte, und erzählte den Jungens Geschichten (unter dem Siegel der Verschwiegenheit) von ihrer Schönheit, dem Ruhm ihrer Familie, ihrer wunderbaren Kraft, Sünden oder Regen durch Gebet zu bannen, und der etwas ungenau angegebenen Zeit, da sie, als ganz junges Mädchen, von Dwight Moody als seine Nachfolgerin anerkannt worden wäre.

Südlich von der Mason- und Dixon-Linie war ihr Großvater ganz einfach Mr. Falconer, ein kriegerischer und frommer Mann; aber weit oben genug im Norden war er der General Falconer von »Ole Virginny«, der Ratgeber und Trost des Generals Robert E. Lee. Der Pressechef schrieb auch die Anschläge für den Geistlichen-Verband und warnte so den Satan rechtzeitig vor dem, was ihm bevorstand.

Wenn Sharon also mit ihrer Truppe ankam, waren die Zeitungen begierig, die Mauern und Schaufenster rot von Plakaten, die Stadt atemlos. Manchmal fanden sich bei ihrer Ankunft tausend Leute am Bahnhof ein.

Es gab immer einige Ungläubige, besonders unter den Reportern, die ihre Gaben bezweifelt hatten, aber wenn sie sie im Korridor des Wagens sahen, in einem langen weißen Mantel, wenn sie dort eine Sekunde mit geschlossenen Augen gestanden war, ins Gebet für diese neue Gemeinde vertieft, wenn sie langsam ihre weißen, nervösen Hände zum Gruß ausstreckte – dann war die Arbeit des Pressechefs hier zu zwei Dritteln getan, und er konnte weiter, neue Felder für die Ernte zu bearbeiten.

Doch immer gab es noch viel zu bereden, bevor Sharon alle Selbstsüchteleien überwunden hatte und imstande war, sich an ihre Arbeit des Lichtverbreitens zu machen.

Ortsausschüsse waren immer verbohrt, Ortausschüsse waren immer eifersüchtig, Ortsausschüsse waren immer träg, und das wurde den Ortsausschüssen immer mit Nachdruck vor Augen gehalten. Die Seele aller Argumente war das Geld.

Sharon gehörte zu den ersten Evangelisten, die ihre Einnahmen weder aus den Sammlungen, noch aus wöchentlichen Opfergaben zogen, sondern sich ganz auf einen einzigen Abend verließen, der freiwilligen »Dankopfern« für sie und ihre Mannschaft allein gewidmet war. Das sah selbstlos aus und brachte mehr ein; alle Frommen sparten für diese Gelegenheit; und es erwies sich als leichter, eine Fünfzig-Dollar-Gabe auf einmal zu erreichen, als zehn Dollars einzeln. Aber um diese Opfergaben entsprechend ersprießlich zu gestalten, dazu brauchte es vieler eifriger Vorbereitung – Ermahnungen, erteilt von den führenden Pastoren, Bankiers und anderen frommen Persönlichkeiten der Stadt, die Verteilung von Kuverts, über denen die Frommen während der ganzen sechs Wochen der Meetings brüten sollten, und unzählige Aufsätze in den Zeitungen über die Selbstaufopferung und die großen Spesen der Evangelisten.

Gerade bei diesen unschuldigen, notwendigen Vorsichtsmaßregeln bewiesen die Ortsauschüsse immer ihre niedrige Gesinnung. Sie wollten den Evangelisten nur eine Sammlung abtreten, wünschten aber nicht darüber zu sprechen, bevor für sie selbst Sorge getragen wäre – solange die Saalmiete oder die Kosten für den Bau des Heiligtums, für Heizung, Beleuchtung, Inserate und andere Ausgaben nicht bezahlt wären.

Sharon pflegte mit dem Ausschuß – einer Anzahl Geistlicher, einer Anzahl ihrer respektabelsten Diakone, einigen eckigen Sonntagsschulvorstehern und einigen tadelsüchtigen Weibern – in einem Kirchenbureau zusammenzukommen, und für diese Gelegenheit legte sie immer das graue Kostüm und eine Miene großstädtischer Festigkeit an und schwang einen Kneifer aus Fensterglas in der Hand. Während der Ausschußvorsitzende ihr im Vertrauen auseinandersetzte, daß die Ausgaben des Ausschusses sehr groß seien, pflegte sie zu lächeln, als wüßte sie etwas, das die anderen nicht erraten könnten, und legte dann eifrig los:

»Ich fürchte, hier liegt irgendein Irrtum vor! Ich weiß nicht, ob sie ganz in der Stimmung sind, alles Materielle außer acht zu lassen und sich wirklich in die selbstverleugnende Herrlichkeit einer heißen Seelencampaign zu stürzen. Ich weiß alles, was Sie sagen wollen – ja, Sie haben vergessen, von Ihren Ausgaben für die Aufsichtsorgane, für die Gesangbücher und die Miete von Klappstühlen zu sprechen!

»Aber Sie haben nicht Erfahrung genug, um meine Spesen würdigen zu können! Ich habe ein Personal zu unterhalten, das fast ebenso groß ist – es sind ja nicht nur Arbeiter und Musiker, sondern auch alle meine anderen Mitarbeiter, die Sie nie zu Gesicht bekommen – das fast ebenso groß ist, wie wenn ich eine Fabrik hätte. Und davon abgesehen habe ich noch meine Wohltätigkeitsanstalten. Da ist zum Beispiel das Heim für alte Damen, das ich ganz allein unterhalte – oh, ich will nicht viel darüber reden, aber wenn Sie nur sehen könnten, wie diese armen, alten Frauen mich aus ängstlichen Augen anblicken –!«

(Wo dieses Heim für alte Damen war, erfuhr Elmer nie.)

»Wir kommen ohne alle Garantien hierher; wir hängen ganz von den freiwilligen Opfergaben des letzten Tages ab; und ich fürchte, Sie wollen die Vorausgaben so anspannen, daß die Leute am letzten Tage keine Lust haben werden, auch nur so viel herzugeben, daß die Gehälter meiner Assistenten damit bezahlt werden könnten. Ich habe – wenn ich nicht das entsetzliche, charakterverderbende Laster des Spielens so verabscheute, würde ich sagen, mein Einsatz ist so entsetzlich hoch, daß es mich erschreckt! Aber es ist nun einmal so, und –«

Während Sharon sprach, schätzte sie diese neue Auswahl Geistlicher ab: die Verschrobenen, die eigensinnigen männlichen alten Jungfern, die reklamemachenden, betriebsamen Demagogen, die ganz gewöhnlichen Kanzelbeamten, die schwankenden jungen Liberalen; die wahrhaften Mystiker, die freundlichen Väter ihrer Herden, die Freunde der Rechtschaffenheit. Den sympathischesten erwählte sie zu ihrem Advokaten, und an ihn richtete sie den Schluß ihrer Ansprache:

»Wollen Sie mich ruinieren, so daß ich nie wieder imstande bin, den verzweifelten Seelen, die überall auf mich warten, nach meiner Hilfe rufen, die Botschaft, das Heil zu bringen? Haben Sie diese Absicht – Sie, die Erwählten, die Menschen, die auserlesen sind dazu, mir im Dienst unseres lieben Herrn Jesus zu helfen? Ist das Ihre Absicht? Ist sie das? Ist sie das?«

Sie begann zu schluchzen, und das war das Signal für Elmer, aufzuspringen und eine wunderbare neue Idee zu haben.

Er wüßte, sagte Elmer, daß die lieben Brüder und Schwestern diese Absicht nicht hätten. Sie wünschten nur praktisch zu sein. Nun, wäre es nicht ein guter Gedanke, daß der Ausschuß zu den wohlhabenden Kirchenmitgliedern gehen und ihnen diese beispiellose Situation auseinandersetzten sollte; ihnen sagen, es sei das Werk des Herrn, und, ganz abgesehen von den außer Frage stehenden geistlichen Vorteilen, die Wiedererweckungsversammlung würde so viel Gutes tun, daß die Verbrechen aufhören und, infolgedessen die Steuern sich vermindern würden; die Arbeiter würden sich von der Agitation ab- und höheren Dingen zuwenden, zum selben Lohn besser arbeiten. Wenn sie von den Reichen genügende Sicherheit für die laufenden Ausgaben hätten, würden diese nicht den Meetings zur Last fallen, und die Leute könnten mit Leichtigkeit dazu gebracht werden, für das »Dankopfer« am Schluß zu sparen; brauchten nicht gequält zu werden, mehr als Kleingeld bei den allabendlichen Sammlungen herzugeben.

Noch andere Widerwärtigkeiten waren mit dem Ortsausschuß zu besprechen. Warum, pflegte Elmer zu fragen, hätten sie nicht für genügend Ankleideräume im Bethaus gesorgt? Schwester Falconer brauche Abgeschiedenheit, öfters habe sie kurz vor dem Meeting wichtige Besprechungen mit ihm abzuhalten. Warum hätten sie nicht mehr freiwillige Platzanweiser geliefert? Er müsse sie sofort haben, um sie einzuüben, denn die Platzanweiser seien es, die, richtig eingepaukt, kämpfenden Seelen den Weg zum Altar leichter machten, wo die erfahrenen Fachleute dann das ihre tun könnten.

Hätten sie daran gedacht, große Delegationen von der Ortsindustrie einzuladen – von der Smith Brothers Saucenfabrik, von den Stellmachereien, vom Packhof? O ja, sie müßten daran denken, diese Institute aufzurütteln; jedem einzelnen von diesen würde ein Abend gewidmet werden, die Vertreter würden beieinander sitzen und sich beim Singen ihrer Lieblingslieder sehr wohl fühlen.

Jetzt war der Ortsausschuß bereits ein wenig benebelt und gestand alles zu; er sah fast überzeugt aus, wenn Sharon heiter schloß:

»Sie alle müssen einem Zeit- und Geldopfer während dieser Meetings entgegensehen, und zwar freudig entgegensehen. Wir sind zu einem großen Opfer hergekommen und zu nichts anderem da, als um Ihnen zu helfen.«

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