Читать книгу Einführung in die anglistisch-amerikanistische Dramenanalyse - Sonja Fielitz - Страница 10
2. Das Wesen des Theaterspiels
ОглавлениеThornton Wilder, Thoughts on Playwriting
Der Unterschied zwischen einem erzählenden und einem dramatischen Text liegt vor allem auf der Vermittlungsebene. Wo dem Leser in einem Roman oder einer Kurzgeschichte über eine vergangene Geschichte berichtet wird, vollzieht sich im Theater das Geschehen in der Gegenwart, vor den Augen des Zuschauers. Im Drama wird ohne zeitliche Verschiebung eine fiktive Welt mit spezifischen Handlungs-, Figuren-, Raum- und Zeitebenen vor den Zuschauern entfaltet. Handlung findet also im Theater immer gegenwärtig statt, wie Thornton Wilder in Thoughts on Playwriting veranschaulicht: „The novel is past reported in the present. On the stage it is always now. This confers upon the action an increased vitality which the novelist longs in vain to incorporate in his work. This condition in the theatre brings with it another important element: In the theatre we are not aware of the intervening storyteller. The speeches arise from the characters in an apparently pure spontaneity. A play is what takes place. A novel is what one tells us took place.“ Ein Roman ist dagegen immer abgeschlossen, wenn er dem Lesepublikum übergeben wird. Auch ein Gemälde ist stets fertig, gerahmt und mit Firnis versehen, wenn es ausgestellt wird. Dagegen ist ein Drama ein ,Kunstobjekt‘, das stets im Prozess seiner Entstehung wahrgenommen wird.
Schauspieler, Figur, Zuschauer
Drei Konstituenten sind für das Theater unabdingbar: erstens, der Schauspieler, zweitens, die Figur, welche ein Schauspieler darstellt, und, drittens, der Zuschauer: „The theatrical situation, reduced to a minimum, is that A impersonates B while C looks on.“ (Bentley, S. 50). Ein Rollen- bzw. Schauspieler (A) stellt eine andere Person (B) dar, während ein Publikum (C) zusieht. Drama ist somit stets ein gegenwärtiges Spiel, ein Rollen-Spiel (vgl. dt. „Schau-Spiel“; engl. play), es simuliert oder spielt Ereignisse nach, die in einer als ,wirklich‘ konzipierten oder erfundenen Welt stattgefunden haben oder stattgefunden haben könnten.
Theater ist gegenwärtige Simulation
Damit ist ein Drama eine Nachahmung menschlicher Interaktionen „mittels ihrer Verkörperung durch Menschen, die die Identität von (erfundenen oder wirklichen, aber ,historischen‘) Menschen angenommen haben und diese Interaktion einem Publikum zeigen, als würde sie gerade in diesem Moment vor seinen Augen stattfinden“. (Esslin, S. 34).
Das Verhältnis von Schauspieler und Figur
In diesem gegenwärtigen Rollenspiel verkörpern also Menschen als Schau-Spieler die Identität anderer Menschen vor einem Publikum. Ein Schauspieler hat somit eine Doppelfunktion: er präsentiert – mit all seinen persönlichen Eigenschaften, Erfahrungen und Prägungen – zunächst sich selbst (A), und er spielt zudem eine Rolle (B).
Der Schauspieler
Jede Dramenaufführung ist zunächst fundamental abhängig von der physischen Präsenz des Schauspielers (A). Er füllt die Theaterbühne mit seiner körperlichen Erscheinung und seiner Körpersprache und interpretiert so den seiner Figur (B) zugewiesenen Text nicht nur in den gesprochenen Repliken, sondern füllt auch den von der Textvorlage offen gelassenen Bereich aus: er repräsentiert seine Figur auch dann, wenn andere Figuren sprechen. Gerade die Passagen längerer, stummer Präsenz auf der Bühne, für die der Text keine Regieanweisungen gibt, stellen ihn gewöhnlich vor Aufgaben, für deren Lösung er ganz besonders auf seine Begabungen angewiesen ist. Auch erreicht das Schauspiel in den Passagen des Schweigens oft seine höchste Intensität, die das gestische und mimische Können des Darstellers umso mehr herausfordern. Diese wird besonders offenbar im absurden Theater wie etwa Becketts Waiting for Godot (vgl. Kap. X.8), doch auch in den ganz auf Sprache angelegten Dramen Shakespeares gibt es solche Momente: wenn beispielsweise in Coriolanus der Titelheld auf Bitten seiner Mutter sich zum für ihn verhängnisvollen Verrat an den Volskern entschließt, drückt er – bevor er mit „Oh mother, mother! What have you done?“ (5. 3. 183) antworten kann – seine Gefühle umso eindruckvoller aus in der ganz seltenen gestischen Spielanweisung: Holds her by the hand, silent.
Die Figur
Die Verkörperung einer Dramenfigur (B) durch einen Schauspieler (A) kann auf der Bühne explizit verdeutlicht werden z. B. in Verkleidungskomödien mit dem bewusst demonstrierten Rollenspiel. Hier stellt der Schauspieler eine Figur dar, die ihrerseits in der fiktiven Welt des Stücks eine andere Identität angenommen hat, wie z. B. Viola in Twelfth Night, Rosalind in As You Like It, oder Portia in The Merchant of Venice, die sich alle als Männer verkleiden. Als Symbol der Verwandlung dient häufig die Maske, die von jeher zum Schauspiel gehörte und bis heute die ursprüngliche Faszination der Verwandlung und die Freude am Rollenspiel als wesentliche Triebkraft des Theaters symbolisiert.
Publikum
Auch wenn nicht unbedingt damit zu rechnen ist, dass die Namen von Zuschauern einmal auf einem Broadway- oder West-End-Plakat stehen werden, macht das Publikum neben dem Schauspieler, der, wie oben dargelegt, eine Figur verkörpert, die dritte unverzichtbare Kommunikationsinstanz des Theaters aus: ein Autor schreibt für ein Publikum, und nur vor einem Publikum wird eine Theateraufführung überhaupt möglich. Auch beeinflusst umgekehrt das Publikum (vor allem im nicht-subventionierten Theater) das, was auf der Bühne gezeigt wird, denn der Erfolg am box office kann durchaus Wirkung haben auf das, was Autoren schreiben oder (nicht-subventionierte) Theater zur Aufführung bringen. Wie problematisch diese Abhängigkeit sein kann, zeigt, dass viele Dramen, die sich außerordentlich gut verkaufen, von ihrer Handlung her etwas ,dünn‘ erscheinen mögen, dagegen ,Klassiker‘ der Dramenliteratur sich manchmal nicht gerade als Bestseller am box office erweisen.
Wechselwirkung von Zuschauer und Schauspieler
Wie die Besetzung der einzelnen Rollen durch verschiedene Schauspieler den Kommunikationsprozess im Theater grundlegend prägt, beeinflusst auch die Zusammensetzung des Publikums eine Aufführung in erheblichem Maß, da zwischen diesen beiden Gruppen eine kommunikative Rückkopplung besteht, welche das Theater als ,kybernetische Maschine‘ charakterisieren lässt. Das spezifische Merkmal des Live-Theaters ist die unmittelbare Interaktion zwischen Schauspielern und Publikum, ein kontinuierliches feedback.
Theater als kybernetische Maschine
Da sich die Aufführung in der Gegenwart des Publikums entwickelt, und sich auch auf der Bühne zwischen den agierenden Figuren unvorhergesehene Improvisation ergeben kann, wird die Spannung für Darsteller und Zuschauer gesteigert. Noch wichtiger ist, dass sich die Reaktionen des Publikums den Darstellern sofort mitteilen. Reaktionen des Publikums können Schauspieler beflügeln oder verunsichern und hemmen: durch Gelächter, angehaltenen Atem, Schweigen, Missfallskundgebungen, Zwischenrufe oder spontanen Applaus kann das Publikum die Schauspieler indirekt beeinflussen. Auch können Zuschauer Tragödien ,kaputtlachen‘ oder auf eine Komödie nur mit Schweigen reagieren oder mit Mühe zum Lachen zu bewegen sein. Eine Nachmittagsvorstellung mit Kindern und Jugendlichen wird beispielsweise ganz anders verlaufen als eine Abendvorstellung vor Teilnehmern eines wissenschaftlichen Kongresses.
Einfluss der Theaterbauten auf die Rezeption durch das Publikum
Diese Reaktionen des Publikums werden auch zu einem nicht unerheblichen Teil dadurch beeinflusst, wie sich Zuschauerraum und Bühnenraum zueinander verhalten. Deren räumliche Zuordnung, und damit verbunden die Entfernung von Zuschauern und Bühne, ferner die Zuordnung der Zuschauer untereinander (nebeneinander, einander gegenübersitzend) und deren Abstand zueinander (einzelne Stühle, feste Sitzreihen, räumliche Enge) wird die Aufnahme eines Dramas ebenso prägen wie ein festlicher oder ein schlichter Gesamtrahmen. Es ist ferner bedeutsam, ob der Zuschauerraum während der Aufführung verdunkelt ist oder nicht, und damit die Schauspieler die Zuschauer, und die Zuschauer sich untereinander sehen.
Kollektivität der Rezeption
Doch nicht nur die Theaterbauten, auch die Zusammensetzung des Publikums kann ein Theatererlebnis maßgeblich beeinflussen. Einen Dramentext oder einen Roman kann man für sich allein lesen, durch eine Gemäldegalerie kann man nach eigenem Tempo und Rezeptionsvermögen gehen. Einzelne Bilder kann man hier so lange ansehen wie man will, andere ganz unberücksichtigt lassen. Beim Lesen eines Romans kann man das eigene individuelle Lesetempo selbst bestimmen und auch einmal ein paar Seiten zurückblättern. Eine Theateraufführung ist dagegen ein soziales Ereignis, welches sich kaum individuell gestalten lässt: man sitzt in einem mehr oder weniger abgedunkelten Raum mit hunderten von Fremden, die man noch nie gesehen hat und auch höchstwahrscheinlich nie wieder sehen wird. Die Zusammensetzung dieser Menge ist vollkommen zufällig und unterschiedlich. Sie kommt nur zusammen in der einen Hoffnung, einen wie immer bedeutungsvollen Theaterabend zu verbringen. In dieser Menge der Zuschauer ist jeder Einzelne ein Teil des Kollektivs Publikum und unterliegt damit dessen Gesetzmäßigkeiten. Zuschauer reagieren – als Phänomen der kollektiven Masse – auf die Reaktionen der anderen Zuschauer. Obwohl vor Beginn der Vorstellung nur Individuen in das Theater kamen, wird das Publikum im Theater schnell zu einer Gruppe, zu einer Einheit.
The willing suspension of disbelief
Durch die „willing suspension of disbelief“ (S. T. Coleridge, Biographia Literaria, Chapter 14) lösen sich die Individuen gleichsam auf, werden zur Masse, die sich in ihren Reaktionen einander angleicht. Eine Gruppe reagiert auf Stimuli, die einen einzelnen unberührt lassen würden, durch den Druck der Konformität. Lachen ist gemeinhin ansteckend, kann aber auch – wie jedes von der Masse abweichendes Verhalten – an unpassenden Stellen als störend empfunden werden. Umgekehrt steigert die kollektive Rezeption wiederum die Wahrnehmungs- und Erlebnisfähigkeit des einzelnen. So wirkt etwa die gleiche Szene bei stark unterbesetztem Zuschauerraum weniger intensiv als bei voll besetztem Haus.
Aufmerksamkeit
Über dem Publikum wird in jeder Inszenierung bzw. jeder Aufführung ein wahres Füllhorn von Zeichensystemen ausgeschüttet, die es zu erkennen, zu kombinieren und zu deuten gilt (vgl. Kap. II.3). Was eine Aufführung einem jedem Zuschauer ,sagt‘, ist nicht nur von dessen Fähigkeit des Entschlüsselns all dieser Zeichen abhängig, Fehlinterpretationen können auch durch einen Mangel an Aufmerksamkeit entstehen. Da der Zuschauer die Fülle der ihm über einen Zeitraum von etwa drei Stunden simultan dargebotenen Zeichen auf der Bühne ständig entschlüsseln und hierarchisieren muss (ihm hilft nicht wie im Film eine Kamera, eine Perspektive einzunehmen; vgl. Kap. XI), muss die Aufmerksamkeit des Publikums immer wieder neu geweckt werden, wie es in der deutschen Literatur Johann Wolfgang von Goethe im Vorspiel auf dem Theater zu Faust so anschaulich zum Ausdruck gebracht hat:
Beispiel: Johann Wolfgang von Goethe, Faust I
Direktor: Und seht nur hin, für wen ihr schreibt!
Wenn diesen Langeweile treibt,
Kommt jener satt vom übertischten Mahle,
Und was das allerschlimmste bleibt,
Gar mancher kommt vom Lesen der Journale.
Man eilt zerstreut zu uns, wie zu den Maskenfesten,
Und Neugier nur beflügelt jeden Schritt.
Die Damen geben sich und ihren Putz zum besten
Und spielen ohne Gage mit … (112–120)
Der, nach dem Schauspiel, hofft ein Kartenspiel,
Der eine wilde Nacht an einer Dirne Busen.
Was plagt ihr armen Toren viel,
Zu solchem Zweck die holden Musen? (125–128)
Auf der Bühne müssen sich alle Beteiligten durchwegs bemühen, aufkommende Langeweile immer wieder durch neue Gruppierungen der Charaktere, lebendige Anordnungen des Bühnenbildes und der Requisiten oder visuelle Effekte zu durchbrechen, ferner durch Tempowechsel, unterschiedliche Stimmhöhen und Sprechrhythmen und ständige Veränderungen auf der Bühne das unterschiedlich stark interessierte Publikum in ihrem Bann zu halten.
Kulturelle Kompetenz des Publikums
Unter kultureller Kompetenz versteht man den adäquaten Umgang mit kulturellen Einrichtungen und Institutionen, sowie das ,richtige‘ Decodieren kultureller Zeichen. So wird ein Zuschauer eine Theaterinszenierung, einen Film oder auch eine Fernsehsendung immer nach seiner Vertrautheit mit den Normen und Konventionen der betreffenden Kultur, Zivilisation oder Gesellschaft bewerten, zu der Darsteller und Zuschauer gehören (kulturelle Verhaltenskonventionen), sowie zudem nach den Konventionen, welche die Darbietung der dramatischen Aufführung bestimmen (dramatische oder Aufführungskonventionen). Diese zwei Formen gilt es kurz zu erläutern.
Kulturelle Verhaltenskonventionen
Die meisten Signale, mit denen wir im täglichen Leben umgehen, sind kulturell determiniert. Dies betrifft auch die physische Erscheinung eines Schauspielers. Was in einer Kultur oder Epoche dem Schönheitsideal entspricht, muss nicht notwendigerweise mit den Idealen einer anderen Kultur oder Epoche übereinstimmen. So wirken oft im Film Schauspielerinnen, die vor fünfzig Jahren als glamouröse Schönheiten bewundert wurden, auf ein heutiges Publikum eher ein wenig lächerlich. Auch können innerhalb des gleichen Kulturraums einzelne Gruppen nicht in gleicher Weise wie andere mit bestimmten Aspekten dieser (gleichen) Kultur vertraut sein. So wird etwa ein Landarbeiter im 18. Jahrhundert die Feinheiten des aristokratischen Sittenkodex kaum bemerkt haben, auf denen das Verständnis für den Witz einer Restaurationskomödie von Congreve oder Vanbrugh basiert. Auch wäre das Vokabular des Landarbeiters wahrscheinlich nicht ausreichend gewesen, um den sprachlich ausgefeilten Dialogen zu folgen. Um daher einen Aufführungstext möglichst vollkommen verstehen zu können, bedarf es auch einer Kompetenz in spezifischen subkulturellen Konventionen.
Dramatische Konventionen
Für die Vertrautheit mit den Aufführungskonventionen ist es grundlegend, dass das Publikum weiß, dass die auf der Bühne gezeigten Ereignisse gespielt und nicht real sind. Alles, was wir üblicherweise als Zuschauer im Theater erwarten, ist, getäuscht zu werden. Wir wissen eigentlich, dass die Wände des Zimmers auf der Bühne aus Spanplatten sind, dass die Pistolen nur mit Platzpatronen geladen sind und dass der Schauspieler des ermordeten Opfers am Schluss lächelnd auf der Bühne stehen und sich verbeugen wird (der Schlussapplaus gibt gemeinhin darüber Aufschluss, wie erfolgreich diese Täuschung war). Entsprechend dieser Kenntnis der dramatischen Konventionen wird sich der Zuschauer üblicherweise nicht mit Kommentaren ins Bühnengeschehen einmischen und die ,vierte Wand‘ der Bühne als gegeben anerkennen
Dramatische Kompetenz des Publikums
Zu seiner dramatischen Kompetenz gehört es auch, Störungen wie zu spät Kommende, Papierrascheln, Husten oder ständig kichernde, pubertierende Jugendliche zu ignorieren. Auch gilt es, Zwischenfälle auf der Bühne (verpasster Einsatz, lange Pausen, wacklige Requisiten, ein schiefes Bild, spiegelnde Oberflächen) geistig auszublenden, zu überhören oder zu übersehen. Die Akzeptanz sprachlicher Abweichungen von der Norm wie das Sprechen in Versen oder Selbstgespräche von Figuren (vgl. Kap. V) sind hier ebenso zu nennen wie die spezifischen und jeweils unterschiedlichen Konventionen, die bestimmte Variationen, Gattungen oder Subgattungen des Dramas beinhalten. Dies betrifft etwa die unendlichen Varianten im traditionellen japanischen Theater (Nô, Kiyogen, Kabuki) oder das hoch formalisierte klassische chinesische Theater. Oft gibt es Probleme, wenn Dramen dieser Kulturen bzw. Epochen mit den heute üblichen Inszenierungsgewohnheiten unseres westlichen Theaters mit seiner Guckkastenbühne und der Ausrichtung auf verbale Kommunikation aufgeführt werden, da das Publikum mit diesen Konventionen gemeinhin nicht vertraut ist.
Individuelle Rezeptionshaltungen
Zusätzlich zu diesen Konventionen bestimmen Weltsicht, kulturelle Vorbildung, Lebenserfahrung und soziale Position jedes einzelnen Zuschauers den jeweils ganz individuellen Rezeptionsprozess. Seine Erwartungen sind bereits vorbestimmt durch so genannte ,rahmende Systeme‘ wie Vorankündigungen (Plakate, Anzeigen, spots in den Medien), den Veranstaltungsort (Provinz- oder Staatstheater), Zeitungskritiken oder Urteile von Bekannten, die die Inszenierung bereits gesehen haben. Daneben wird jeder Zuschauer noch eine Fülle von persönlichen Voraussetzungen und Vorstellungen, Erinnerungen – wie etwa an frühere Inszenierungen mit anderen Schauspielern – Erwartungen und Spezialkenntnisse verschiedenster Art mitbringen. Der persönliche Geschmack eines jeden hinsichtlich Kostümen, Möbeln, Farbverteilung etc. wird die Rezeption ebenso mitbestimmen wie eine bestimmte selektive Wahrnehmungsfähigkeit. So kursiert die Anekdote von dem Theaterenthusiasten, der seinen Vater, einen Zahnarzt, in eine Aufführung von Romeo und Julia mitnahm und von diesem nach der Vorstellung nur den Kommentar bekam, sein hauptsächlicher Eindruck von dem Stück sei, dass die Darstellerin der Julia als Kind eine kieferorthopädische Behandlung gebraucht hätte. Auch soll ein Vertreter Arthur Millers Death of a Salesman damit kommentiert haben, dass er schon immer wusste, dass Neuengland ein schwieriger Bezirk für einen Vertreter sei.