Читать книгу Märchenhaftes überall - Sonja Pistracher - Страница 6
ОглавлениеDie Eisbärfamilie
Es war einmal eine Eisbärmama. Sie lebte ganz hoch im Norden, wo es noch riesige Eisgletscher gibt, wo das Wasser so kalt ist, dass kein Mensch darin baden kann, weil er sonst gleich erfrieren würde. Überall ist Eis und Schnee und die Sonne scheint darauf, ohne dass auch nur eine einzige Schneeflocke davon schmelzen könnte. Die Luft ist klar und der Himmel blau. Das Eis und der Schnee glitzern so sehr im Sonnenlicht, dass die Eisbärmama fast schon eine Sonnenbrille bräuchte.
Die Eisbärmama hat natürlich ein paar Eisbärkinder. Eisbären macht es ja nichts aus, wenn es kalt ist. Im Gegenteil – sie brauchen es sehr kalt. Die Eisbärkinder laufen und rutschen, quietschen und purzeln den ganzen Tag im Schnee herum. Dazwischen sieht man in das glitzernde Eismeer und die Eisbärmama passt ganz genau auf, dass ja keines der Eisbärkinder ins Wasser fällt. Zumindest solange sie noch nicht gut schwimmen können. Aber selbst wenn einmal eines hineinfällt, dann holt sie es mit ihren großen Tatzen sofort wieder heraus. Dann schüttelt sich der kleine Eisbär, dass die Tropfen in alle Windrichtungen davonfliegen und wie Kristalle auf der Schneedecke hängenbleiben.
Der Eisbärpapa ist meistens unterwegs. Er muss für die Familie Fische fangen oder er ist mit Eisbärfreunden schwimmen. Manchmal ist er ganz lange fort. Aber das macht nichts. Die Eisbärmama kann dann in Ruhe Futter suchen, schlafen, spielen und sich um die Kinder kümmern. Der kleinste Eisbär heißt Frostian. Frostian liebt den Schnee, die Kristalle, das Eis und auch das Eiswasser. Manchmal liegt er am Rücken und blinzelt in die Sonne. Dabei entdeckt er die Wolken am Himmel und springt in die Luft, weil er glaubt, sie fangen zu können. Dann überschlägt er sich und macht Purzelbäume. Wenn der Papa wieder einmal da ist, kraxelt er auf seine großen Tatzen und lässt sich herumtragen. Frostian hat aber auch eine Freundin. Er trifft sich jeden Tag mit Pinguna. So heißt die Freundin. Sie ist ein Pinguin. Mama kennt sie fast nicht, denn sie sagt immer “Ach diese Pinguine, so klein und zart, einfach nicht richtig zum Anfassen – und dieses Watscheln! Können einfach nicht gescheit laufen.
Weil sie so stolz sind und nur auf den Hinterbeinen herumwatscheln.” Papa würde Frostian schon verstehen. Vielleicht erzählt er ihm nächstes Mal von seiner Freundin Pinguna.
Manchmal versucht Frostian auch – wie Pinguna – auf den Hinterbeinen zu gehen, aber das ist sehr schwierig für einen Eisbären. Meistens liegt er dann gleich am Rücken, und Pinguna lacht dann so viel, dass sie selber vornüberkippt und auf dem Bauch landet. Darum verstehen sich die beiden so gut. Sie können über alles so herzlich lachen. Pinguna findet es so lustig, dass Frostian fast gleichzeitig traurig und fröhlich sein kann.
Pinguna hat eine sehr liebe Mama. Wenn sie nicht da ist, dann ist ihr Papa da. Pinguna ist nie alleine. Wenn es ganz besonders kalt ist, darf sie sich bei den Eltern vorne in die kleine Bauchtasche hineinkuscheln, und dann schaut von Pinguna nur noch der Schopf heraus. So schläft sie am besten.
Eines nachts – Frostian schläft eng an seine Mama und die Geschwister gekuschelt – gibt es ein fürchterliches Donnergrollen. Als ob etwas Großes zerbrechen würde. Frostian merkt, dass sich unter ihm der Schnee bewegt und piepst angstvoll, während er sich noch enger an seine Mama drückt. Irgendetwas wackelt doch, bewegt sich.
Frostian traut sich nicht, die Augen aufzumachen. Alle anderen schlafen weiter und bemerken nichts. Erst als der Boden unter ihnen gefährlich zu schaukeln beginnt, wird die Eisbärmama munter. Sie setzt sich etwas auf, und ihre Eisbärohren drehen sich in alle Richtungen.
Es ist stockdunkel und man kann nichts erkennen. Es ist aber total ruhig. Langsam steht die Eisbärmama auf.
Als Mama ein paar Schritte macht, schwankt der Boden gefährlich. Ganz langsam begreift auch Frostian, was passiert ist. Er sieht rundherum nur noch Wasser; sie treiben auf einer einsamen Eisscholle und entfernen sich schnell vom vertrauten Land. Die Freundin von Frostian ruft von Weitem: “Frostian, Frostian!!“ Dieser fängt zu weinen an, denn er fürchtet sich vor dem Wasser.
Mama wollte ihm schon öfter das Schwimmen lehren, aber er wollte nie ins Wasser.
Die anderen Geschwister krabbeln nun auch herum und die Eisscholle schaukelt immer mehr. Die Eisbärmama bleibt ganz ruhig und brummt beruhigend vor sich hin. Plötzlich gleitet sie ins Wasser.
Das macht schon einen richtigen Plumpser und die Eisscholle schaukelt ganz wild hin und her. Die kleinen Eisbären können in der Finsternis fast nichts sehen.
Wo ist Mama? Da sehen sie eine Tatze. Mama deutet dem ältesten Kind, auf ihren Rücken zu kraxeln und sich am Fell festzuhalten.
Aufgeregt hüpfen die kleinen Bären herum. Die Eisscholle wackelt dabei bedenklich. Die Eisbärmama brummt etwas streng: „Sitzenbleiben, nicht bewegen; komm mein Großer, steig auf meinen Rücken!“
Kaum ist sie ein paar Meter entfernt, sehen sie die anderen Eisbärkinder nicht mehr.
Alle fangen laut zu schreien an. Das hört man sicherlich bis weit ins Land hinein.
Plötzlich ist Mama wieder da. Das nächste mutige Eisbärbaby klettert zitternd auf Mamas Rücken und schwimmt mit ihr davon. Nacheinander bringt sie alle Eisbärkinder an Land. Nur Frostian sitzt noch zitternd auf der Eisscholle und bewegt sich nicht. Als er dran ist, will er nicht auf Mamas Rücken kraxeln. Er nimmt zwar Anlauf, rutscht aus, kullert an den Rand und schreit fürchterlich. Seine Mama stupst ihn wieder in die Mitte der Eisscholle. Sie ist schon sehr müde. Sie kann unmöglich auf die Eisscholle zu Frostian kraxeln.
Frostian muss sich entscheiden. Das will er aber gar nicht. So sitzt er alleine in der Mitte der Eisscholle, das Gesicht mit den Pfoten bedeckt, zusammengerollt wie ein Wurm und zittert.
Fällt dir dazu jetzt etwas ein? Wie könnte man Frostian helfen?
Was soll er tun?
Was würdest du tun?
Nur wenn dir gar nichts einfällt, dann suche dir aus den drei folgenden Varianten eine aus, die dir am besten gefällt!