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Kapitel 4 – City of London – Freddie
ОглавлениеZusammen mit Fletcher Markward erschienen Freddie, Crispin und Lord Philip im Great Eastern Hotel, wo die Musiker des Boston Orchestra sämtlich untergebracht waren. Die Detektive hatten sich angemeldet und vorab die Reihenfolge angegeben, in der sie die Herren befragen wollten. Freddie hoffte, es würde nicht nötig sein, wirklich jedes einzelne Orchestermitglied zu verhören, denn dann wären sie eine ziemliche Weile beschäftigt.
Direkt an der Liverpool Street Station gelegen, bildete das Great Eastern Hotel einen praktischen Ausgangspunkt für die Weiterreise des Boston Orchestra. Zudem verfügte es über einen Saal mit passabler Akustik, der als Probenraum genutzt werden durfte. Das war etwas, womit nicht jedes Hotel dienen konnte. Oder wollte.
»Ist es wirklich notwendig, unsere Arbeit zu unterbrechen?«, begrüßte sie der Dirigent unleidig. Er stand in der Tür wie eine Hausfrau, die unliebsame Bittsteller abwimmelt. Hinter ihm toste eine Kakophonie wilder Töne durch den Saal. Die Musiker stimmten ihre Instrumente. »Das nächste Konzert findet in drei Tagen in Karlsbad statt und wir müssen die Unterbrechungen wieder aufholen, die wir der hiesigen Polizei zu verdanken haben.«
»Wohl eher dem Mord an Carl Belami«, korrigierte Lord Philip.
Raphael Wilfried atmete hörbar genervt aus. Die Respektlosigkeit erstaunte Freddie.
»Mord? Soviel ich weiß, wurde sein Ableben zu einem Unfall erklärt. Mehr haben wir nicht zu sagen. Wenn Sie uns also nun bitte …«
Mister Markward platzte dankenswerterweise der Kragen. »Jetzt hören Sie mal! Einer Ihrer Musiker ist in meinem Haus tot umgefallen. Die Leute tratschen hinter meinem Rücken. Ich habe schon Gerüchte gehört, wonach ich dafür verantwortlich sein soll. Das ist absolut inakzeptabel. Ich riskiere nicht meinen guten Ruf, nur damit Sie ungestört proben und eine Reise fortsetzen können, die ich maßgeblich bezahle. Entweder Sie kooperieren sofort und vollständig mit den von mir beauftragten Detektiven aus dem Sebastian Club oder Sie erstatten die Fördergelder zurück, die ich dem Orchester für diese Tournee gespendet habe.«
Bevor sie ins Hotel gegangen waren, hatte der Mäzen nochmals betont, wie viel ihm daran lag, dass die leidige Angelegenheit bitteschön geklärt würde. Am besten durch das Fassen des Mörders. Somit wäre der Makel von Markwards Namen getilgt. Auch seiner Ansicht nach war Woodards Theorie eines Unfalltodes unsinnig. Freilich schlossen die Ermittler ihren Auftraggeber als Verdächtigen nicht aus, nur weil er sich kooperativ zeigte.
Dirigent Wilfried schnappte ein paar Mal wie ein Fisch auf dem Trockenen und änderte dann seinen Tonfall.
»Selbstverständlich beantworten wir alle Ihre Fragen, Gentlemen.« Das klang unterwürfig, nicht echt. Und ärgerte Freddie, weil er sie als Dame nicht mit einschloss. Sie mochte Raphael Wilfried nicht.
»Dann würden wir gerne zuerst mit Ihnen sprechen«, bemerkte sie knapp. »Am besten nebenan.«
»Haben Sie Ihre Sekretärin dabei, damit sie Notizen macht?«, fragte Wilfried Lord Philip, ohne Freddie eines Blickes zu würdigen.
»Miss Westbrook ist meine Nichte, offizielles Mitglied im Sebastian Club und Detektiv ebenso wie ich.« Er drehte sich zackig um, marschierte voraus und stieß die Tür zum Nebenzimmer so schwungvoll auf, dass sie laut gegen die Wand krachte. Dann blieb er mitten im Raum stehen und verschränkte die Arme vor der Brust. Er bot dem Dirigenten keinen Platz an, obwohl sich einige gemütlich aussehende Polstersessel um einen rechteckigen Tisch gruppierten. Crispin stellte sich neben Lord Philip und wartete, bis Freddie sich als einzige gesetzt hatte. »Miss Westbrook, möchten Sie mit der Befragung beginnen?«
Am liebsten hätte sie laut ja gerufen, biss sich aber dann auf die Zunge und überlegte. Lobenswert von Crispin und Onkel Philip, ihr den Rücken zu stärken. Der Dirigent wirkte äußerst konsterniert, geschah ihm recht. Wenn sie allerdings Informationen von ihm erhalten wollten, war es besser, sich diplomatisch zu verhalten. Er gab sich wie eine männliche Diva, das machte ihn unberechenbar.
»Übernehmen Sie das doch, meine Herren«, antwortete sie daher mit betont charmanter Stimme, lehnte sich zurück und schlug die Beine übereinander.
Lord Philip ließ sich nicht lange bitten. »Seit wann kannten Sie den Toten?«
Wilfried überlegte. »Er stellte sich vor zwei, nein drei Jahren vor und spielte zunächst die zweite Trompete. Als sein Vorgänger aus Altersgründen ausschied, übernahm er vor sechs Monaten die erste Position.«
»War Mister Belami beliebt?«
Der blasierte Gesichtsausdruck ihres Gegenübers verrutschte für einen Moment, er fasste sich aber zügig wieder. »Ich pflege keine privaten Kontakte zu meinen Musikern. Distanz schafft Respekt, wenn Sie verstehen. Daher kann ich Ihnen dazu nichts sagen.«
»Wussten Sie, dass Carl Belami eigentlich aus England stammte?«
»Nein. Mir hat er erzählt, dass er über zehn Jahre in Chicago gelebt habe und davor in New York. Er sprach mit perfektem amerikanischem Akzent. Es gab keinerlei Grund, an seiner Herkunft zu zweifeln. Sie müssen sich irren.« Die Stirn unter dem straff nach hinten gekämmten grau melierten Haar runzelte sich. Sein apartes Gesicht und die haselnussbraunen Augen wirkten wahrscheinlich auf viele anziehend, auf Freddie nicht. Wilfried war ein selbstverliebter Kleingeist, mochte er sich auch Mühe geben, groß zu tun.
»Der richtige Name des Ermordeten war Charles Bosworth.«
»Das sagt mir nichts.«
Freddie und ihr Onkel sahen sich an. Crispin stellte einige weitere Fragen, dann schickten sie den Dirigenten hinaus und baten ihn, Laurence Verbier hereinzuschicken.
»Werden Sie nun zum ersten Trompeter aufsteigen, da Mister Belami tot ist?«, eröffnete Crispin das Gespräch ganz direkt.
Der Franzose lächelte dünn. »Davon gehe ich aus. Allerdings hätte ich diese Position von vorne herein besetzen sollen.«
»Warum?«
»Weil ich besser bin als Carl.« Er warf einen Blick zur geschlossenen Tür, als stünden dahinter Lauscher. »Mister Wilfried benimmt sich, als wäre er weiß Gott wer. Der König seines eigenen kleinen Reichs und wir die Untertanen. Manche seiner Entscheidungen sind schlichtweg nicht nachvollziehbar. Auf Kritik reagiert er wie ein Despot. Bisweilen frage ich mich, ob es richtig war, in sein Orchester einzutreten, oder ob mein Talent hier verschwendet wird.«
»Sein Orchester?«, fragte Freddie.
»Er ist von Ehrgeiz zerfressen und will um jeden Preis mit dem Boston Symphony Orchestra wetteifern. Dafür braucht er gute Musiker. Wie Sie sicher wissen, ist Mister Wilfried nicht nur unser Dirigent, sondern auch der Generalmusikdirektor.«
»Was bedeutet das?«
»Dass ihm das Orchester gehört. Er hat eine Stiftung gegründet, in die Spendengelder gezahlt werden, wie zum Beispiel von Mister Markward. Damit bestreitet er unser Gehalt, schafft Instrumente an und finanziert diese Konzertreise. Mister Wilfried muss alles kontrollieren, sonst ist er nicht glücklich. Am liebsten würde er uns rund um die Uhr beaufsichtigen. Aber eigentlich hat er keine Ahnung davon, wie es im Orchester wirklich zugeht.«
Langsam wurde es interessant. Auch Verbier war ein Typ Mann, der bei Freddie nicht gerade Begeisterung auslöste. Ende dreißig, mit zu viel Pomade im Haar ebenso wie im dünnen Oberlippenbärtchen und dunklen, fast schwarzen Augen, die ständig etwas zu suchen schienen. Ein unsteter Blick kombiniert mit einem falschen Lächeln. Sollten sie ihm auch nur ein Wort von dem glauben, was er erzählte?
»Man darf nicht schlecht über Tote sprechen, aber Carl Belami war ein Mistkerl, mon dieu. Er verfügte über das untrügliche Talent, die Schwachstelle eines jeden Charakters zu erkennen und hatte er sie einmal ausgemacht, verhielt er sich wie ein Raubvogel. Es bereitete ihm Freude, auf die Fehler anderer herabzustoßen, die Krallen in sie zu schlagen und ans Licht zu zerren. Er war magnifique darin, Menschen bloßzustellen. Was das für Auswirkungen auf ein Orchester voller sensibler Künstler hat, muss ich Ihnen wohl nicht näher erläutern.«
Auch Verbier gab sich verblüfft, als sie ihm die tatsächliche Identität des Mordopfers eröffneten. Natürlich.
Nachdem sich die Detektive mit zahlreichen Herren unterhalten hatten, war Freddie geneigt, Laurence Verbier Glauben zu schenken. Zwar äußerte sich keiner der anderen derart offen gegen den Toten wie der Franzose, aber aus allen Aussagen hörten sie heraus, wie unbeliebt der Trompeter gewesen war. Ein Mordmotiv fanden sie allerdings nicht.
Erst als die Reihe an Jonah Hillwood war, Posaunist und ein Mann mittleren Alters mit Pausbacken, der nervös blinzelte, hörte Freddie so etwas wie Trauer.
»Ein schrecklicher Verlust für uns alle«, murmelte er vor sich hin. »Carl war wahnsinnig talentiert, ein exzellenter Musiker.«
»Monsieur Verbier sieht das anders.«
»Mag sein, Lord Philip. Weil er scharf auf seinen Posten ist. Aber er wird die Lücke nicht füllen können, obwohl er sich für Gott weiß wie gut hält.«
»Meinen Sie, er hat Mister Belami ermordet, um erster Trompeter zu werden?«
Hillwood riss die Augen auf und ruderte zurück. »Oh nein, Mylord, keineswegs. Ich spreche von gesunder professioneller Konkurrenz, mehr nicht. Sie haben mich missverstanden. In meinem Metier tötet niemand wegen eines Orchesterpostens. Was glauben Sie, wie viel wir verdienen? Uns gehören nicht einmal die Instrumente, auf denen wir spielen. Alles nur Leihgaben der Stiftung. Ginge es nach Mister Wilfried, wären Ruhm und Ehre Lohn genug. Carl hat sich getraut, den Mund aufzumachen. Er scheute nicht davor zurück, auch mal zu sagen, dass nicht nur wir auf Mister Wilfried angewiesen sind, sondern er ebenso auf uns. Und dass er seine Musiker vernünftig entlohnen muss.« Aufgeregt atmend hielt er inne.
Für Freddies Ohren klang Jonah Hillwoods Südstaatenakzent wie ein exotischer Singsang, besonders wenn er sich in Rage redete, wie eben. Seine volle Unterlippe zitterte sogar etwas. Auf seiner Stirn standen feine Schweißperlen, die er mit einer fahrigen Bewegung wegwischte.
»Mister Hillwood«, sprach sie ihn mit sanfter Stimme an. »Hat Carl Belami Ihnen erzählt, dass sein eigentlicher Name Charles Bosworth war und er der Sohn eines britischen Industriellen?«
Ein ungläubiges Prusten entfuhr dem Posaunisten, er griff hinter sich und sank auf einen Sessel. »Nein. Also. Nein. Aber, er hätte doch … Ich war sein Freund, ich, ich …« Kopfschüttelnd brach er ab.
»Sie meinen, Sie standen einander nahe und er hätte Sie bestimmt in sein Geheimnis eingeweiht?«
»Das hätte ich eigentlich erwartet. Immerhin saßen wir täglich im Orchester nebeneinander, als Stimmführer. Wir waren ständig zusammen, teilten uns auf Reisen ein Zimmer. Warum hat er seine Identität verschwiegen?« Hillwood schaute mit runden Kulleraugen von einem Detektiv zum nächsten.
»Er mag sich zwar geben wie ein tapsiges Bärchen, aber das nehme ich ihm nicht ganz ab. Vermutlich kultiviert Mister Hillwood diesen Eindruck bewusst nach außen hin. Und ob er tatsächlich dicke mit dem Toten befreundet war? Hm …« Freddie sah versonnen aus dem Fenster. Sie saß mit Crispin Fox in der Küche von Annabel Arnholtz’ Haus in Greenwich. Iggy Hegan, ehemaliger Gassenjunge und mittlerweile so etwas wie Annabels Ziehsohn, stand am Herd und goss kochendes Wasser auf die Teeblätter in der Kanne.
»Diese Musiker machen uns doch alle was vor«, schimpfte Crispin neben ihr. »Die schließen die Reihen und halten dicht. Laurence Verbier kann seine Freude darüber, zum ersten Trompeter aufgestiegen zu sein, kaum beherrschen. Und der Dirigent würde uns am liebsten fortscheuchen und zur Tagesordnung übergehen. Was sind das nur für Menschen?«
»Künstler eben. Für die zählt nichts anderes als ihr Gefiedel«, bemerkte Iggy mit ironischem Unterton. Für sein jugendliches Alter – mit achtzehn Jahren sah er keinen Tag reifer aus als fünfzehn – besaß er eine umfassende Lebenserfahrung, die einem harten Alltag auf der Straße und im Armenhaus geschuldet war. Sein Unterkommen bei Annabel Arnholtz war die Rettung für den Jungen gewesen. Und auch gewissermaßen für die Hausherrin, die ihn in ihr Herz geschlossen hatte.
»Warum kochst du den Tee und nicht Freda?«, fragte Freddie dazwischen.
»Weil ihr Gebräu abscheulich schmeckt«, flüsterte Iggy mit sichtbarem Schaudern.
Freddie grinste. Freda hatte vormals als Dirne im Bordell von Annabel gearbeitet und war als Hausangestellte mit ins neue Leben übernommen worden. Die resolute Endvierzigerin gab sich redlich Mühe in der Küche, aber eine gute Köchin würde aus ihr nicht mehr werden. Umso besser, dass Iggy Gefallen daran fand, wohlschmeckende Gerichte zu zaubern und den Tee zuzubereiten. Der Junge steckte wirklich voller Überraschungen. Er hatte eine Vorliebe für gute Schuhe und schicke Anzüge. Über der modisch grau karierten Hose trug er eine ordentlich geknotete Küchenschürze, um sein weißes Hemd zu schützen. Kurz vor Ankunft der Ermittler hatte er Scones gebacken, die auf einer Etagere angerichtet darauf warteten, serviert zu werden. In der Küche lag ein herrlicher Duft nach Kuchen und Marmelade, vermischt mit Kräuterwohlgerüchen, die durch die offen stehende Hintertür aus dem Gemüsegärtchen hereinwehten. Es herrschte eine entspannte Atmosphäre. Wann immer Freddie zu Besuch bei Annabel Arnholtz war, zog es sie sofort in die Küche, wo Iggy ein heimeliges Ambiente geschaffen hatte, nach dem er sich wohl auch selbst gesehnt hatte. Darüber hinaus wollte sie ihrem Onkel Zeit allein mit Annabel gönnen und nicht ständig wie eine Anstandsdame dabeisitzen.
Es war für Freddie nicht immer einfach, die Frau an der Seite ihres Onkels zu akzeptieren, obwohl sie Annabel schätzte und wusste, wie tief die beiden füreinander empfanden. Ihre Bedenken begründeten sich nicht in Eifersucht. Vielmehr verspürte sie Mitleid, weil Lord Philip Dabinott und Annabel Arnholtz sich aufgrund von bornierten Klassenressentiments ihrer Mitmenschen wahrscheinlich nie öffentlich zueinander würden bekennen können. Sie würde stets die Geliebte bleiben, über die getuschelt wurde, und er offiziell Junggeselle. Wegen des Altersunterschieds von lediglich zwölf Jahren betrachtete Freddie ihren Onkel eher wie einen Bruder. Dem der Weg in die Ehe mit Annabel verwehrt blieb. Es durfte gemunkelt und gemutmaßt werden, aber eine ordentliche Beziehung zwischen dem Adligen und der ehemaligen Bordellbesitzerin galt als ausgeschlossen. War das vielleicht besser so, nun da Lord Philip die Nachfolge von Professor Brown als Vorsitzender des Sebastian Clubs angetreten hatte? Auch Brown war zeitlebens ungebunden geblieben und hatte sich vornehmlich auf seine Arbeit konzentriert. Lord Philip war erst sechsunddreißig, Annabel um die Vierzig. Vor ihnen lag eine familienlose Zukunft.
Um auf andere Gedanken zu kommen, trug Freddie die Etagere hinüber in den Salon, wo sie ein Glänzen in Doktor Pebsworths Augen zauberte. Nach der anstrengenden Befragung der Musiker hatten sich die Ermittler nach Greenwich zurückgezogen. Annabels Haus war mittlerweile eine weitere fixe Anlaufstelle für Treffen und Besprechungen geworden. Oder einfach nur, um in privatem Rahmen gemütlich Tee zu trinken.
»Scones!«, rief der Doktor aus. »Mit Erdbeermarmelade!«
»Von Iggy höchstselbst gebacken«, sagte Annabel, die neben Lord Philip auf einem Sofa mit elegant geschwungener Rückenlehne saß.
»Köstlich. Der junge Mister Hegan entwickelt ungeahnte Talente. Wer hätte das gedacht, als er zerlumpt im Gebüsch vor Ihrem Haus auf der Lauer lag, Lord Philip?«
»Also ich habe sein Potenzial schon damals erkannt«, behauptete der, bevor er sich an seine Nichte wandte. »Du hattest dich vorhin gut unter Kontrolle. Ich kann mir vorstellen, wie Mister Wilfrieds Einstellung dich enerviert hat, aber du hast dich zurückgenommen, um die Befragung nicht zu erschweren. Respekt, Freddie.«
»Er ist ein Esel«, sagte sie dumpf.
»Dem wir leider weiterhin auf den Zahn fühlen müssen.« Er wollte noch etwas hinzufügen, hielt aber sichtlich irritiert inne. »Von wem sind die Blumen, Annabel?«
Auf einem Beistelltisch stand ein Strauß weißer Rosen.
»Von Laurence Verbier. Ich war selbst überrascht, als sie heute geliefert wurden und dachte zuerst, sie wären von dir. Woher kennt Mister Verbier meine Adresse?«
»Und weshalb sendet er dir Rosen?«
Sie hielt ihm die Karte hin, die dabei gewesen war.
»Musik und Schönheit gehen Hand in Hand. In aufrichtiger Bewunderung, Laurence Verbier«, las Lord Philip vor. Es war unschwer zu erraten, was er dachte, als er die Karte zerknüllte und nach Freda klingelte, damit sie die Vase entfernte.
»Mir scheint, Sie haben einen neuen Bewunderer, Mrs Arnholtz«, merkte Doktor Pebsworth an. »Mister Verbier scheint über ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein zu verfügen.«
»Ich schlage vor, dass sich zwei von uns morgen den ganzen Tag über im Great Eastern aufhalten und die Musiker nicht aus den Augen lassen. Für diese Aufgabe melde ich mich gern freiwillig«, brummte Lord Philip. »Die anderen beiden Ermittler dürfen ein Ausflug aufs Land unternehmen.« Er deutete auf Crispin, der rasch den letzten Bissen seines Scones hinunterschluckte und einen großen Schluck Tee nahm, bevor er sprach.
»Was die Nachforschungen bezüglich Professor Brown betrifft – die wir natürlich nicht vernachlässigen wollen – ich habe herausgefunden, wo Ridgeway House liegt. Es ist der Landsitz von Colonel Ellingford, Professor Browns früherem Freund aus Indien. Wer möchte sich zusammen mit mir dorthin auf den Weg machen? Die Adresse habe ich notiert.« Aus der Innentasche seines Jacketts zauberte er flugs einen gefalteten Zettel hervor, den er eingeklemmt zwischen Zeige- und Mittelfinger in Richtung Freddie hielt. Seine Mundwinkel zuckten, als sie sofort nach dem Papier griff.