Читать книгу Savitri – Eine Legende und ein Symbol - Sri Aurobindo - Страница 87
ОглавлениеDritter Canto
Glanz und Fall des Lebens
Ein unebener breiter Anstieg lockte jetzt seine Füße.
Folgend dem unruhigen Ruf einer höheren Natur
Überschritt er die Grenzen des verkörperten Mentals
Und trat in weite dunkle umkämpfte Gefilde ein,
Wo alles Zweifel und Wandel war und nichts gewiss,
Eine Welt voll Suche und Mühe ohne Rast.
Als jemand, der das Antlitz des Unbekannten kennenlernt,
Ein Fragender, dem niemand eine Antwort gibt,
Angezogen von einem nie gelösten Problem,
Immer unsicher des Bodens, auf dem er geht,
Immer hingezogen zu einem wechselhaften Ziel,
So reiste er durch ein von Zweifel bewohntes Land
Mit unsteten Gemarkungen auf bebendem Grund.
Vor sich sah er eine nie zuvor erreichte Grenze
Und glaubte mit jedem Schritt sich näher nun, –
Ein weit zurückweichender Horizont einer Fata Morgana.
Da gab es ein Vagabundieren, das kein Heim duldete,
Ein Reisen auf zahllosen Wegen, die kein Ende nahmen.
Nichts fand er, dass sein Herz befriedigte;
Ein unermüdliches Wandern suchte, ohne aufhören zu können.
Dort ist die Lebensmacht das geoffenbarte Unberechenbare,
Eine Bewegung ruheloser Meere, ein weiter
Und verwegener Sprung des Geistes in den Raum,
Eine ärgerliche Störung in der ewigen Ruhe,
Ein Impuls und eine Leidenschaft des Unendlichen.
Annehmend jede Form, die ihre Laune will,
Entronnen der Einschränkung festbestimmter Formen,
Hat sie die Sicherheit des Erprobten und Bekannten verlassen.
Unbeirrt von der Angst, die durch die Zeit geht,
Unbeeindruckt vom Schicksal, das verfolgt, und vom Zufall, der springt,
Akzeptiert sie Katastrophen als ein ganz normales Risiko;
Sorglos dem Leiden gegenüber, achtlos gegenüber Sünde und Fall,
Ringt sie mit Gefahr und Entdeckung
In den unerforschten Ausdehnungen der Seele.
Zu existieren schien nur ein langes Experiment zu sein,
Das Wagnis einer suchenden unwissenden Kraft,
Die alle Wahrheiten erprobt, und, keine höchste findend,
Unbefriedigt weiterzieht, unsicher ihres Zieles.
So wie ein inneres Mental sie sah, ward die Lebensmacht ausgestaltet:
Sie ging von Gedanke zu Gedanke, von Phase zu Phase,
Gequält von ihren eigenen Kräften oder stolz und selig,
Jetzt Meister ihrer selbst, jetzt Spielzeug und Sklave.
Eine große Inkonsequenz war das Gesetz ihres Wirkens,
Als gelte es jede Möglichkeit auszuschöpfen,
Und Angst und Seligkeit waren des Herzens Zeitvertreib.
In einem Galopp donnerhufiger Wechselfälle
Raste sie über die Rennbahnen des Umstands
Oder, schwankend, warf sie sich zwischen ihren Höhen und Tiefen hin und her,
Erhoben oder zerbrochen vom unbeständigen Rad der Zeit.
Inmitten eines langweiligen Kriechens freudloser Begierden
Wand sie sich, ein Wurm unter Würmern im Schlamm der Natur,
Nahm dann, mit der Gestalt eines Titans, zum Fraße die ganze Erde,
Begehrte als Kleid die Meere, als Krone die Sterne
Und rief jauchzend vom Gipfel zu einem riesigen Gipfel,
Nach Welten verlangend, um sie zu erobern und zu beherrschen.
Dann, schamlos verliebt in das Angesicht des Kummers,
Stürzte sie sich in die Qualen der Tiefe
Und, suhlend, klammerte sich an ihr eigenes Elend.
In schmerzlicher Zwiesprache mit ihrem vertanen Selbst
Zog sie die Summe von allem, was sie verloren hatte,
Oder saß beim Kummer wie bei einem alten Freund.
Eine Tollerei von ungestümen Verzückungen war bald verflogen,
Oder sie lungerte herum, gebunden an eine unangemessene Freude,
Verfehlend die Wendepunkte des Schicksals, verfehlend des Lebens Ziel.
Ein Schauplatz war vorgesehen für ihre unzähligen Stimmungen,
Wo jede das Gesetz und die Art des Lebens sein konnte,
Doch konnte keine eine reine Seligkeit verschaffen;
Nur eine flackernde Erregung ließen sie zurück
Oder die unbändige Lust, die in Übermüdung endet.
Inmitten ihrer raschen unbeschreiblichen Vielfältigkeit
Blieb etwas unbefriedigt, das immer das gleiche war
Und im Neuen nur das Antlitz des Alten sah,
Denn jede Stunde wiederholte all das Übrige
Und jeder Wandel zog dasselbe Unbehagen weiter in die Länge.
Als eine Wesenheit, unsicher ihres Selbstes und Zieles,
Allzu bald ermüdet von zu viel Freude und Glück,
Braucht sie den Ansporn des Vergnügens und des Schmerzes
Und den eingeborenen Geschmack des Leidens und der Rastlosigkeit:
Sie streckt sich nach einem Ziel, das sie nie erreichen kann.
Ein widerlicher Beigeschmack quält ihre durstigen Lippen:
Sie weint vor Kummer, den sie selbst gewollt hat,
Und sehnt sich nach Vergnügen, das ihre Brust mit Wunden quält;
Zum Himmel strebend, wendet sie ihre Schritte zur Hölle.
Sie hat sich Zufall und Gefahr erwählt als Spielgefährten;
Des Schicksals schreckliche Schaukel hat sie als Wiege und Sitz ausersehen.
Doch rein und licht ward sie aus dem Zeitlosen geboren,
Eine verlorene Welt-Verzückung flackert in ihren Augen,
Ihre Stimmungen sind Gesichter des Unendlichen:
Schönheit und Glück sind ihr eingeborenes Recht
Und endlose Seligkeit ist ihre ewige Heimat.
Dies zeigte sein uralt Antlitz der Freude nun,
Eine plötzliche Enthüllung für das Herz des Kummers,
Es ermunternd, auszuhalten und zu sehnen und zu hoffen.
Selbst in sich wandelnden Welten, beraubt des Friedens,
In einer von Kummer und Angst geplagten Luft
Und während sein Fuß auf unsicherem Boden schritt,
Sah er das Bild von einem glücklicheren Zustand.
In einer Architektur hieratischen Raums,
Die zu den höchsten Gipfeln der Schöpfung kreisend aufsteigt,
In einer blauen Höhe, die nie zu hoch war
Für eine herzliche Kommunion zwischen Körper und Seele,
Fern wie der Himmel, nahe wie das Denken und Hoffen,
Leuchtete das Königreich eines sorglosen Lebens.
Über ihm in einer neuen Himmelswölbung,
Die anders ist als jene Himmel, die sterbliche Augen sehen,
Wie an einem verzierten Deckengewölbe der Götter,
Einem Archipel von Lachen und von Feuer,
Schwammen Stern auf Stern in gekräuseltem Himmelsmeer.
Hochgetürmte Spiralen, magische Ringe lebendiger Farben
Und leuchtende Sphären von seltsamer Seligkeit,
Fluteten durch Fernen wie eine symbolische Welt.
Auf Last und Mühsal, die sie nicht teilen konnten,
Auf Unglück, dem sie nicht helfen konnten,
Unempfänglich für des Lebens Leiden, Kampf und Kummer,
Ungetrübt von seinem Zorn, Schwermut und Hass,
Unbewegt, unberührt, blickten große geschaute Ebenen herab,
Glückselig bis in alle Ewigkeit in ihrem zeitlosen Recht.
Versunken in ihre eigene Schönheit und Zufriedenheit,
Leben sie ihres unsterblichen Frohsinns gewiss.
Abseits in ihrer Selbst-Herrlichkeit versunken, für sich,
Schwammen sie brennend in einem verschwommen strahlenden Dunst,
Ein ewiges Refugium des Traumlichts,
Ein Sternennebel jener Herrlichkeiten der Götter,
Die aus Träumereien der Ewigkeit geschaffen sind.
Beinahe unbegreiflich für menschlichen Glauben,
Schienen sie kaum aus dem Stoff hiesiger Dinge zu sein.
Wie durch das Glas eines magischen Fernsehens,
Scharf umrissen für ein vergrößerndes inneres Auge,
Erstrahlten sie wie Bilder, projiziert von einem entlegenen Schauplatz,
Zu hoch und froh, als dass sterbliche Augen sie fassen könnten.
Doch nah und wirklich sind dem sehnsuchtsvollen Herzen
Und dem leidenschaftlichen Verstehen und Erfühlen des Körpers
Die verborgenen Königreiche der Glückseligkeit.
In einem nahen unerreichten Reich, das wir dennoch fühlen,
Geschützt vor der krallenden Umklammerung von Tod und Zeit,
Entronnen der Heimsuchung von Kummer und Begehren,
Liegen sie in hellen verzauberten sicheren Peripherien
Für immer in der Seligkeit schwelgend.
Vor unseren Augen in Traum und Trance und tiefem Sinnen,
Über das innere Feld einer subtilen Vision,
Weite verzückte Landschaften, die der Sicht entfliehen,
Ziehen die Gestalten eines vollendeten Königreichs vorbei
Und hinterlassen eine Spur leuchtender Erinnerung.
Imaginäre Schauplätze oder großartige ewige Welten,
Im Traum erfasst oder gefühlt, berühren unser Herz mit ihren Tiefen;
Unwirklich erscheinend, doch wirklicher als das Leben,
Glücklicher als Glück, wahrer als wahre Dinge,
Und wären sie nur Träume oder erhaschte Bilder,
Würde des Traumes Wahrheit der Erde eitle Wirklichkeiten Lügen strafen.
Dort leben festgehalten im prompten ewigen Moment
Oder kehren, immer rückrufend, den sehnsuchtsvollen Augen zurück
Ruhige Himmel unvergänglichen Lichts,
Erleuchtete Kontinente violetten Friedens,
Meere und Flüsse von Gottes Fröhlichkeit
Und sorglose Ländereien unter purpurnen Sonnen.
Dies, einst ein Stern der hellen fernen Idee
Oder der Fantasie Kometenschweif des Traumes,
Ward jetzt eine nahe Gestalt der Wirklichkeit.
Die Kluft zwischen Traum-Wahrheit und Erd-Tatsache überquert,
Waren die Wunderwelten des Lebens keine Träume mehr;
Seine Schau machte sich all das zu eigen, was sie enthüllten:
Ihre Szenen, ihre Ereignisse trafen sein Auge und Herz
Und übergossen sie mit reiner Lieblichkeit und Seligkeit.
Eine atemlose Gipfelregion zog seinen Blick auf sich,
Deren Grenzen in ein Firmament des Selbstes ragten
Und gen seltsamen ätherischen Grund eintauchten.
Die Quintessenz der höchsten Freude des Lebens glühte dort.
Auf einem spirituellen und geheimnisvollen Gipfel
Trennte nur die hohe umwandelnde Linie eines Wunders
Das Leben vom formlosen Unendlichen
Und bot der Zeit die Zuflucht vor der Ewigkeit.
Aus jenem formlosen Stoff prägt die Zeit alle Form;
Die Ruhe des Ewigen hält das kosmische Wirken:
Die proteus-artigen Bilder der Welt-Kraft
Bezogen die Stärke zu sein, den Willen fortzubestehen,
Aus einem tiefen Ozean dynamischen Friedens.
Umkehrend des Geistes Spitze auf das Leben zu,
Gewährt sie die formgebenden Freiheiten des Einen,
Um die Träume ihrer Launen in Taten auszugießen,
Sein Weisheitsruf festigt ihren unbedachten Fuß,
Er stützt ihren Tanz auf festem Untergrund,
Seine zeitlose stille Unveränderlichkeit
Muss ihrem Schöpfungswunder Normen setzen.
Aus den nichtsehenden Energien der Leere
Den Schauplatz eines konkreten Universums erfindend,
Hat sie dessen Schritte durch sein Denken festgelegt, in dessen blindem Wirken
Sieht sie durch Blitze seines allwissenden Lichts.
Das unergründliche Supramental neigt sich nach ihrem Willen nieder,
Um ihre Kraft zu lenken, die fühlt, doch nicht erkennen kann,
Sein Atem der Macht beherrscht ihre ruhelosen Meere
Und Leben gehorcht der regierenden Idee.
Nach ihrem Willen, geführt von einer leuchtenden Immanenz,
Bahnt sich das riskant experimentierende Mental
Seinen Weg durch dunkle Möglichkeiten
Inmitten zufälliger Formationen einer unkundigen Welt.
Unsere menschliche Unwissenheit bewegt sich hin zur Wahrheit,
Damit das Nichtwissen allwissend werden kann,
Umgewandelte Instinkte sich zu göttlichen Gedanken formen,
Gedanken fehlerlose unsterbliche Schau beherbergen
Und die Natur emporklettert zur Identität mit Gott.
Der Meister der Welten, der sich selber zu ihrem Sklaven machte,
Ist der Vollstrecker ihrer Fantasien:
Sie hat die Meere der Allmächtigkeit kanalisiert;
Sie hat durch ihre Gesetze den Unbegrenzbaren begrenzt.
Der Unsterbliche hat sich verpflichtet, ihre Werke zu tun;
Mit Aufgaben ringt er, die ihr Unwissen stellt,
Verborgen im Mantel unserer Sterblichkeit.
Die Welten, die Formen, die von der Fantasie ihrer Göttin erschaffen werden,
Haben ihren Ursprung auf den ungesehenen Höhen verloren:
Sogar abgetrennt, abirrend von ihrer zeitlosen Quelle,
Sogar deformiert, finster, verflucht und gefallen, –
Da selbst das Fallen entstellte Freude in sich birgt
Und nichts sie verschmäht, das dem Entzücken dient, –
Können auch diese wieder zu den Gipfeln zurückkehren oder hier
Den Urteilsspruch von des Geistes Sturz aufheben,
Ihre verwirkte Göttlichkeit wiederfinden.
Sogleich vom Schwung einer ewigen Schau erfasst,
Sah er ihre Pracht und Herrlichkeit von hochgeborenen Zonen
Und ihre Regionen, die sich in den Niederungen winden.
Oben war eine Monarchie ungefallenen Selbsts,
Unten war die düstere Trance des Abgrunds,
Ein Gegenpol oder eine dunkle Antipode.
Dort gab es Weiten von Herrlichkeit der Lebensmacht Absolutheiten:
Alle lachten in einer gesicherten Unsterblichkeit
Und in einer ewigen Kindheit der Seele
Bevor die Finsternis einbrach und Schmerz und Kummer geboren waren,
Wo alle wagen konnten, selbst und eins zu sein
Und Weisheit in sündenloser Unschuld
Mit nackter Freiheit in der Wahrheit froher Sonne spielte.
Dort gab es Welten ihres Lachens und schrecklicher Ironie,
Dort gab es Bereiche ihres Geschmacks von Mühe und Streit und Tränen;
Ihr Haupt lag an der Brust des verliebten Todes,
Schlaf amte derweil den Frieden des Auslöschens nach.
Das Licht Gottes hat sie von seiner Finsternis getrennt,
Um den Geschmack reiner Gegensätze zu erproben.
Deren Farben und Nuancen, hier vermischt in des Menschen Herz,
Haben das wechselnde Muster seines Wesens gewoben,
Sein Leben, ein vorwärts plätschernder Strom in der Zeit,
Die ständig festgelegte Bewegtheit seiner Natur,
Seine Seele, ein sich bewegendes Bild in abwechslungsreichem Film,
Das Kosmos-Chaos seiner Persönlichkeit.
Die große Schöpferin hat mit ihrer kryptischen Berührung
Des Wesens Selbst-Traum in Pathos und Macht verwandelt,
Ein Passionsspiel aus seinem unergründlichen Mysterium gemacht.
Doch hier waren die Welten nur halbwegs zum Himmel hochgehoben.
Der Schleier war da, doch nicht die Schattige Mauer;
In Formen, nicht allzu fern von menschlichem Griff,
Brach eine Passion der unberührten Reinheit durch,
Ein Strahl der ursprünglichen Seligkeit.
Des Himmels Freuden hätten die der Erde sein können, wäre die Erde rein.
Dort wäre unserem vergöttlichten Sinn und Herz
Ein strahlendes Extrem natürlicher Glückseligkeit gegeben worden,
Ein Schauer der Absolutheiten der Übernatur:
Alle Kräfte könnten auf den harten Wegen der Erde lachen und herumtollen
Und nie ihren scharfen Rand des Schmerzes fühlen,
Alle Liebe könnte spielen und nirgends gäbe es Scham der Natur.
Doch hat sie ihre Träume in den Höfen der Materie untergebracht
Und ihre Tore sind noch fest verriegelt für die erhabenen Dinge.
Diese Welten könnten Gottes Atem fühlen, der ihre Höhen besucht;
Dort war ein Schimmer vom Saume des Transzendenten.
Über den weißen äonischen Schweigsamkeiten hinweg
Zogen unsterbliche Gestalten der verkörperten Freude
Durch weite Räume nahe dem Schlaf der Ewigkeit.
Reine mystische Stimmen im Schweigen der Glückseligkeit
Wandten sich an die makellosen Lieblichkeiten des Gottes der Liebe,
Rufend seine honigsüße Berührung, um die Welten zu entzücken,
Seine wonnevollen Hände, um die Glieder der Natur zu ergreifen,
Seine süße unwiderstehliche Gewalt der Einung,
Um alle Wesen in seine Arme der Erlösung zu nehmen,
Die den Rebellen und den Obdachlosen in sein Erbarmen ziehen,
Um ihnen das Glück aufzuzwingen, dem sie sich verweigern.
Ein Hochzeits-Hymnus an das ungesehene Göttliche,
Eine flammende Rhapsodie weißer Begehrlichkeit
Lockte eine unsterbliche Musik in das Herz
Und weckte das schlummernde Ohr der Ekstase.
Ein reinerer, feurigerer Sinn war dort daheim,
Ein brennendes Verlangen, das irdische Glieder nicht halten können;
Man nahm einen starken unbeschwerten tiefen Atemzug
Und das Herz raste von Schlag zu verzücktem Schlag.
Die Stimme der Zeit sang von der Freude des Unsterblichen;
Als Inspiration und lyrischer Ruf
Kamen die Momente mit Ekstase auf ihren Schwingen;
Unvorstellbare Schönheit bewegte sich himmel-nackt,
Befreit von allen Grenzen in den Weiten des Traums;
Der Ruf der Wundervögel drang aus den Firmamenten
Zu den todlosen Völkern an den Küsten des Lichts.
Schöpfung entsprang geradewegs aus den Händen Gottes;
Wunder und Entzücken wandelten überall.
Nur zu sein, das war die höchste Freude,
Leben war ein glückliches Lachen der Seele
Und Freude war König mit der Liebe als Minister.
Des Geistes Glanz war dort verkörpert.
Die Gegensätze der Lebensmacht waren Liebende oder natürliche Freunde
Und ihre Extreme scharfe Kanten einer Harmonie:
Ausschweifung kam mit sanfter Reinheit daher
Und nährte den Gott an ihrer mütterlichen Brust:
Dort war niemand schwach, daher konnte Falschheit nicht leben;
Unwissenheit war ein dünner Schirm, der das Licht beschützt,
Imagination der freie Wille der Wahrheit,
Vergnügen ein Anwärter auf das Feuer des Himmels;
Der Intellekt war Anbeter der Schönheit,
Stärke war die Sklavin eines ruhigen spirituellen Gesetzes,
Macht legte ihr Haupt an die Brust der Seligkeit.
Dort waren unvorstellbare Gipfel-Herrlichkeiten,
Autonomien stiller Selbst-Regierung der Weisheit
Und hohe Kolonien ihrer jungfräulichen Sonne,
Erleuchtete Theokratien der sehenden Seele
Thronten in der Macht des Strahls des Transzendenten.
Eine Vision von Erhabenheiten, ein Traum von Dimensionen
Bewegten sich in sonnenhellen Königreichen mit königlichem Schritt:
In Versammlungen, dicht gedrängte Senate der Götter,
Herrschten des Lebens Mächte auf Sitzen marmorharten Willens,
Hohe Vorherrschaften und Autokratien
Und lorbeergeschmückte Kräfte und bewaffnete gebieterische Mächte.
Dort waren alle Gegenstände großartig und schön,
Alle Wesen trugen ein königliches Siegel der Macht.
Dort saßen die Oligarchien des natürlichen Gesetzes,
Stolze hitzige Häupter dienten einer ruhigen monarchischen Stirn:
Alle Haltungen der Seele legten Göttliches an.
Dort kamen zusammen in wechselseitiger inniger Glut
Die Freude am Herrschen und die Freude am Dienen,
Auferlegt von der Liebe dem Herzen der Liebe, das gehorcht,
Und dem Körper der Liebe, gehalten unter verzücktem Joch.
Alles war ein Spiel sich treffender Königlichkeiten.
Denn Anbetung erhebt des Anbeters gebeugte Stärke
Nah zur Pracht und Seligkeit jenes Gottes, den seine Seele anbetet:
Dort ist der Herrscher geeint mit allem, was er beherrscht;
Für ihn, der mit freiem ausgeglichenem Herzen dient,
Ist Gehorsam seine fürstliche Schule des Trainings,
Seine Adelskrone und sein Privileg,
Sein Glaube ist ein Idiom einer höheren Natur,
Sein Dienst eine spirituelle Souveränität.
Es gab Gefilde, wo Wissen sich mit schöpferischer Macht vereinte
In ihrem hohen Heim und ganz sie zu eigen nahm:
Der großartige Erleuchtete ergriff ihre leuchtenden Glieder
Und füllte sie mit dem Feuer seines Strahls,
Bis ihr ganzer Leib dessen transparentes Haus
Und ihre ganze Seele ein Ebenbild der seinigen war.
Verherrlicht, verklärt durch die Berührung der Weisheit,
Wurden ihre Tage ein leuchtendes Opfer;
Als ein unsterblicher Falter in glücklichem und endlosem Feuer
Verbrannte sie in seiner süßen unerträglichen Glut.
Eine gefangene Lebensmacht vermählte sich mit ihrem Bezwinger.
In seinem weiten Firmament erbaute sie sich ihre Welt von neuem;
Sie gab dem ruhigen Schreiten des Mentals des Motors Schnelligkeit,
Dem Denkenden den Drang zu sein, was die Seele sah,
Dem Lebendigen den Schwung, zu wissen und zu sehen.
Seine Pracht ergriff sie, ihre Kraft hängte sich an ihn;
Sie krönte die Idee zum König in purpurnem Gewand,
Legte ihr magisches Schlangen-Zepter in den Griff des Denkens,
Machte Formen zu rhythmischen Gestalten seiner inneren Vision
Und ihre Taten zum lebendigen Körper seines Willens.
Als flammender Donner, als Schöpferblitz,
Ritt sein sieghaftes Licht ihre todlose Kraft;
Der mächtige Galopp eines Zentauren trug den Gott.
Mit dem Mental thronte die Lebensmacht als zweifache Majestät.
Dort gab es Welten voll großartigen und ernsthaften Glücks
Und Taten, durchtränkt von Traum, Lachen von Denken,
Und Leidenschaft konnte dort auf ihr Begehren warten
Bis sie das Näherkommen Gottes hörte.
Dort gab es Welten von kindlicher Fröhlichkeit und Freude;
Eine unbekümmerte Jugendlichkeit von Mental und Herz
Fand dort im Körper ein himmlisches Instrument;
Sie entfachte einen goldenen Schein um das Begehren
Und ließ das vergöttlichte Tier in den Gliedern frei
Zu göttlichem Tollen der Liebe und Schönheit und Seligkeit.
Auf einem strahlenden Boden, der gen Himmels Lächeln blickt,
Hielt ein rascher Lebens-Impuls weder inne, noch zügelte er sich:
Er wusste nicht, wie man ermüdet; voll Glück waren seine Tränen.
Dort war Arbeit Spiel und Spiel die einzige Arbeit,
Die Aufgaben des Himmels waren ein Zeitvertreib gottgleicher Macht:
Ein himmlisches Bacchanal, auf ewig rein,
Durch keiner sterblichen Hülle Schwäche gehemmt,
War Leben eine Ewigkeit der Verzückung Stimmungen:
Alter kam nie, Sorge zeichnete nie das Antlitz.
Auferlegend der Sicherheit der Sterne
Ein Rennen und Lachen unsterblicher Stärken,
Liefen nackend die Gottes-Kinder auf ihren Spielplätzen
Und trotzten den Winden mit Glanz und Schnelligkeit;
Sturm und Sonne machten sie zu Spielgefährten,
Tummelten sich mit der weißen Mähne wogender Meere,
Erschlugen die Distanz, trampelten sie tot unter ihren Rädern
Und rangen in den Arenen ihrer Kraft.
Wie die Sonnen, gebieterisch in ihrer Ausstrahlung,
Entzündeten sie den Himmel mit der Pracht ihrer Glieder,
Die gleich göttlicher Gabe auf die Welt geschleudert ward.
Als Zauber, um das Herz zu starker Freude zu zwingen,
Trugen sie den Stolz und die Herrschaft ihrer Anmut
Wie des Lebens Banner auf den Straßen des Raums.
Ideen waren leuchtende Gefährten der Seele;
Mental spielte mit Sprache, warf Speere des Denkens,
Doch um zu wissen, brauchte es nicht das Mühen dieser Werkzeuge;
Wie alles war Wissen Zeitvertreib der Natur.
Gesegnet mit dem hellen Strahl des frischen Herzens,
Eines frühen Gott-Instinktes Kindererben,
Pächter der Unaufhörlichkeit der Zeit,
Noch immer bebend von der Seligkeit der ersten Schöpfung,
Durchtränkten sie die Existenz mit der Jugend ihrer Seele.
In köstlicher und ungestümer Tyrannei
Ergoss sich der starke Drang ihres Willens zur Freude
In lächelnde Ströme des Frohsinns durch die Welt.
Dort herrschte ein Odem von hoher unanfechtbarer Zufriedenheit,
Ein glückliches Schreiten der Tage in stiller Luft,
Eine Flut von allumfassender Liebe und allumfassendem Frieden.
Eine Hoheit nie ermüdender Süße lebte
Gleich einem Freudengesang auf den Lippen der Zeit.
Eine umfassende spontane Ordnung entband den Willen,
Ein sonnenleichter Flug der Seele zur Seligkeit,
Zur Weite und Größe der ungefesselten Tat
Und zur goldenen Freiheit des schnellen Feuer-Herzens.
Dort gab es nicht die Lüge der Seelen-Trennung,
Dort gab es keine Unehrlichkeit im Denken oder Wort,
Um die Schöpfung ihrer eingeborenen Wahrheit zu berauben;
Alles war Aufrichtigkeit und natürliche Kraft.
Dort war Freiheit die einzige Regel und das höchste Gesetz.
In einer frohen Reihe stiegen diese Welten auf oder ab:
In Reichen seltsamer Schönheit und Überraschung,
In Gefilden von Erhabenheit und titanischer Macht,
Spielte die Lebensmacht unbekümmert mit ihren immensen Begierden.
Tausende Eden konnte sie pausenlos erschaffen;
Keine Grenze ward ihrer Größe, ihrer Anmut
Und ihrer himmlischen Vielfalt gesetzt.
Erwacht vom Ruf und Drängen unzählbarer Seelen,
Entstiegen der Brust eines tiefen Unendlichen,
Lächelnd wie ein neugeborenes Kind bei Liebe und Hoffnung,
In ihrer Natur die Macht des Unsterblichen beherbergend,
In ihrer Brust den ewigen Willen tragend,
Brauchte sie keinen anderen Führer als ihr lichterfülltes Herz:
Kein Fallen entwürdigte die Göttlichkeit in ihren Schritten,
Keine fremde Nacht ließ ihre Augen erblinden.
Für neidischen Ring oder Zaun bestand kein Grund;
Jede Tat war Vollkommenheit und Freude.
Überlassen den raschen Stimmungen ihrer Fantasie
Und dem farbenreichen Schwelgen ihres Mentals,
Eingeweiht in göttliche und mächtige Träume,
Als magische Erbauerin ungezählter Formen
Die Maße von Gottes Rhythmen erforschend,
Wob sie nach Belieben ihren magischen Wundertanz,
Eine dionysische Göttin der Freude,
Eine Bacchantin schöpferischer Ekstase.
Diese Welt der Seligkeit sah er und fühlte ihren Ruf,
Doch fand keinen Weg, in ihre Freude einzutreten;
Über den bewussten Abgrund führte keine Brücke.
Noch umgab dunklere Luft seine Seele,
Die verbunden war mit einem Bild von ruhelosem Leben.
Trotz sehnenden Mentals und verlangender Sinne,
Schien einem betrübten Denken, von grauer Erfahrung geformt,
Und einer Schau, von Sorge und Kummer und Schlaf getrübt,
Dies alles nur ein heller begehrenswerter Traum zu sein,
Ersonnen in einer sehnsuchtsvollen Ferne vom Herzen
Eines jenen, der im Schatten irdischen Schmerzes wandert.
Obwohl er einst den Griff des Ewigen gefühlt hatte,
Lebte seine Natur noch allzu nah an leidgeplagten Welten,
Und wo er stand, waren die Eingänge der Nacht.
Kaum, denn zu sehr bedrängt von der Sorge der Welt,
Vermag die dichte Form, aus der wir bestehen,
Der Freude schiere Freude rückerstatten, reines Licht dem Licht.
Denn ihr gequälter Wille, zu denken und zu leben,
Erwachte anfangs nur zu einem Gemisch von Schmerz und Lust
Und sie hält noch fest an der Gewohnheit ihrer Geburt:
Eine unheilvolle Dualität ist unsere Art zu sein.
In den rohen Anfängen dieser sterblichen Welt
Gab es weder Leben, noch des Mentals Spiel, noch des Herzens Verlangen.
Als die Erde erschaffen ward in der unbewussten Leere
Und es nichts weiter gab als einen materiellen Schauplatz,
Da sehnten sich, mit Meer und Himmel und Stein wesensgeeint,
Ihre jungen Götter nach der Befreiung der Seelen,
Die in unbestimmten, unbelebten Dingen schliefen.
In dieser trostlosen Erhabenheit, in dieser kahlen Schönheit,
In der tauben Stille, inmitten ungehörter Töne,
Wog schwer die nicht mitteilbare Last
Der Gottheit in einer Welt, die nichts bedurfte;
Denn keiner war da, um zu empfinden oder zu empfangen.
Diese feste Masse, die keine Sinnesregung duldete,
Konnte ihren weiten schöpferischen Drang nicht bewahren:
Nicht mehr in die Harmonie der Materie versunken,
Verlor der Geist seine statuenhafte Ruhe.
In der gefühllosen Trance tastete er nach Augenlicht,
Verlangte leidenschaftlich nach den Regungen eines bewussten Herzens,
Hungerte nach Sprache und Denken und Freude und Liebe,
Und im dumpfen empfindungslosen Ablauf von Tag und Nacht
Lechzte er nach dem Takt von Sehnsucht und Reaktion.
Das verharrende Nichtbewusste mit einer Berührung bewegend,
Das intuitive Schweigen mit einem Namen durchschauernd,
Riefen sie die Lebensmacht an, in die empfindungslose Hülle einzudringen
Und in rohen Formen Göttlichkeit zu wecken.
Eine Stimme ward zu hören auf dem stummen rollenden Erdball,
Ein Murmeln stöhnte in der unlauschenden Leere.
Ein Wesen schien zu atmen, wo einst keines war:
Etwas, in toten empfindungslosen Tiefen eingeschlossen,
Dem ein bewusstes Sein verwehrt war, der Freude ledig,
Drehte sich wie jemand, der seit langer Zeit im Schlafe liegt.
Der eigenen begrabenen Wirklichkeit gewahr,
Sich erinnernd seines vergessenen Selbsts und Rechts,
Sehnte es sich danach, zu wissen, zu streben, zu genießen und zu leben.
Die Lebensmacht hörte diesen Ruf und verließ ihr heimisches Licht.
Herüberfließend von ihrer hellen prächtigen Ebene
Auf die starre Windung und Ausbreitung des sterblichen Raums,
Verströmte auch hier der gnadenvolle Engel mit den weiten Schwingen
Ihre Herrlichkeit und ihre Schnelligkeit und ihre Seligkeit,
In der Hoffnung, eine gerechte neue Welt mit Freude zu erfüllen.
Wie eine Göttin sich der Brust eines Sterblichen naht
Und seine Tage mit ihrer himmlischen Umarmung erfüllt,
So erniedrigte sie sich, ihr Heim in vergänglichen Formen zu schaffen;
In den Schoß der Materie warf sie das Feuer des Unsterblichen,
In der gefühllosen Weite erweckte sie Denken und Hoffen,
Traf mit ihrer Anmut und Schönheit Fleisch und Nerv
Und zwang dem empfindungslosen Gehäuse der Erde Freude auf.
Lebendig und bekleidet mit Bäumen und Kräutern und Blumen
Lächelte der große braune Körper der Erde empor zum Firmament,
Azur antwortete Azur im Lachen der See;
Neue empfindende Geschöpfe füllten die ungesehenen Tiefen,
In der Schönheit der wilden Tiere lief des Lebens Pracht und Schnelle,
Der Mensch wagte und dachte und begegnete der Welt mit seiner Seele.
Doch während noch der zauberhafte Hauch auf seinem Wege war,
Noch ehe ihre Gaben unsere gefangenen Herzen erreichen konnten,
Da stellte schon eine dunkle zweifelhafte Gegenwart alles infrage.
Der geheime Wille, der sich selbst in Nacht einhüllt
Und dem Geist die Qual des Fleisches darbringt,
Zwang eine mystische Maske des Todes und des Schmerzes auf.
Festgehalten jetzt in die langsamen und leidvollen Jahre
Verweilt die beflügelte und wundervolle Wanderin
Und kann sich nicht mehr erinnern an ihren glücklicheren Zustand,
Sondern muss dem Gesetz des trägen Nichtbewussten gehorchen,
Der empfindungslosen Grundlage einer Welt,
In der der Schönheit blinde Grenzen gesetzt sind
Und Kummer und Freude als kämpfende Gefährten leben.
Eine düstere und schreckliche Stummheit fiel über sie:
Vernichtet war ihr feiner mächtiger Geist
Und erschlagen ihr Segen kindlich-göttlichen Glücks,
All ihre Glorie in Kleinheit verwandelt
Und all ihre Süße in verstümmeltes Begehren.
Mit ihren Werken den Tod zu füttern, ist hier des Lebens Los.
So verhüllt war ihre Unsterblichkeit,
Aufbürdend Bewusstsein den unbewussten Dingen,
Das sie ein Zwischenspiel in einem ewigen Tod schien,
Ein Mythos des Seins, das für immer enden muss.
Dies war das üble Mysterium ihrer Wandlung.
Ende des dritten Cantos