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Ursachen

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Nun kennen Sie die biomechanischen Gründe für einen Hallux valgus. Zugegeben, es ist nicht ganz einfach. Zudem sind noch nicht alle Fragen beantwortet: Was ist eigentlich der Auslöser? Wie kommt der Stein ins Rollen? Und warum haben Frauen häufiger einen Hallux valgus als Männer? Da haben Sie es: Frauen und Schuhe … Na klar. Doch halt! Es wäre viel zu einfach, alles auf das sogenannte „Cinderella-Syndrom“ zu schieben. Damit wird zunächst allgemein eine durch zu hohe, spitze und enge Schuhe verursachte Verformung der Zehen bezeichnet, aus der sich verschiedene Fehlstellungen entwickeln können. Sicher spielt solches Schuhwerk auch eine Rolle bei der Entstehung eines Hallux valgus. High Heels erhöhen den Druck auf den Ballenbereich enorm. Das fördert natürlich die Spreizung im Bereich der Mittelfußknochen. Und nun wissen Sie ja auch, dass insbesondere die Abspreizung des ersten Mittelfußknochens die biomechanische Grundlage des Hallux valgus ist. Zudem wird die großzehenstabilisierende Muskulatur durch die Überstreckung im Grundgelenk quasi „ausgeschaltet“.

Die Zugwirkung der aus dem Gleichgewicht geratenen Sehnen ist die eine Sache. Kommt nun auch noch die von außen einwirkende Form des spitz zulaufenden Pumps hinzu, führt dies in Kombination mit der Fehlstellung wiederholt zu druckbedingten Reizungen mit Schmerz, Schleimbeutelschwellung und Hautrötung am mehr und mehr hervorstehenden Großzehenballen am Fußinnenrand. Dadurch wird der Platz im schlanken Schuh immer knapper.

Aber wie kommt es dann, dass immer wieder auch schon 12-jährige Mädchen mit deutlichem Hallux valgus in meine Fußsprechstunde kommen, die sicher noch nie etwas anderes als flache Schuhe getragen haben? Da lohnt sich oft ein Blick auf die Füße der Eltern oder Großeltern. Ich erinnere mich noch gut an eine Begebenheit aus meiner Praxis, als Mutter und Großmutter besorgt mit ihrer Tochter beziehungsweise Enkelin kamen. Das Mädchen im Teenageralter hatte beidseits einen deutlichen Hallux valgus. Mutter und Oma beteuerten, dass das Mädchen stets flache Schuhe mit ausreichend Platz für die Zehen getragen habe. Auf meine Frage, warum Mutter und Großmutter denn so sehr auf gutes Schuhwerk achten würden, zogen Mutter und Großmutter ebenfalls ihre Schuhe und Strümpfe aus. Dann war die Sache klar: drei Generationen – eine Fußform.


[45] Drehung der Großzehe nach innen (Pronation)

Die Entstehung des Hallux valgus ist letztlich ein „multifaktorielles“ Problem. Das heißt, dass meist ein Zusammentreffen verschiedener begünstigender Faktoren notwendig ist, um die Zehenfehlstellung auszulösen.

Es gibt erstens Faktoren, die Sie nicht beeinflussen können. Sie gelten daher als vorgegebene innere, sogenannte „intrinsische“ Faktoren. Da ist zum einen die Genetik. Zwar ist der Hallux valgus keine direkt vererbbare Erkrankung, aber die Veranlagung ist durchaus familiär gehäuft zu finden. Zum anderen spielt das Geschlecht eine Rolle. Frauen haben aufgrund der Zusammensetzung ihrer Kollagenfasern ein weicheres Bindegewebe. Kein Wunder also, wenn etwa drei bis vier Mal so viele Frauen wegen eines Hallux valgus meine Sprechstunde aufsuchen als Männer.

Diese beiden Faktoren reichen manchmal schon aus, wie Sie am Beispiel des Teenagers sehen können. Darüber hinaus spielt neben Geschlecht und Genen auch das Alter eine Rolle. Sind 12-Jährige mit einem schmerzhaften Hallux valgus auch in meiner Spezialsprechstunde eher die Ausnahme, so liegt bei 35 % aller Frauen, die älter als 65 Jahre sind, ein Hallux valgus vor. Es gibt aber auch zweitens die von Ihnen steuerbaren, äußeren, sogenannten „extrinsischen“ Faktoren. Und hier wären wir wieder beim Cinderella-Syndrom. Die von außen einwirkenden Kräfte durch spitz zulaufendes Schuhwerk auf hohem Absatz sind wohl der oft entscheidende extrinsische Faktor.


[46] Hallux valgus interphalangeus

Das heißt nicht, dass Sie als Frau in Zukunft auf elegante Schuhe mit hohen Absätzen vollständig verzichten müssen. Doch sollten Sie die Zeit begrenzen, in der solche Schuhe ihren ungünstigen Einfluss auf Ihre Füße ausüben können. Ich habe als Fußspezialist nichts dagegen einzuwenden, wenn Sie solche schicken Schuhe auf einer Party, einem Familienfest, bei einem romantischen Abendessen oder zum Tanzen tragen. Aber wenn Sie Tag ein Tag aus Ihr ganzes Arbeitsleben auf Stilettos verbringen, wird das Ihren Füßen auf Dauer nicht gut bekommen.

Gehört ein solcher Schuh in Ihrem Business zum Dresscode, versuchen Sie, Ihren Füßen zumindest zwischendurch mal eine Pause zu gönnen. Sie könnten zum Beispiel in der Mittagspause in Ihrem Büro in Strümpfen auf- und abgehen, die Beine hochlegen oder ein wenig Fußgymnastik machen. Auch in der Zeit, in der Ihre Füße unter dem Schreibtisch stehen, können Sie bequeme Schuhe tragen. Solche „Wohlfühlschuhe“ lassen sich auch gut am Arbeitsplatz deponieren. Schließlich möchte ich hier noch auf die Sonderform des Hallux valgus interphalangeus hinweisen. Er entsteht durch eine vermehrte Krümmung des Grundgliedknochens der Großzehe in sich. Die Stellung der großen Zehe im Grundgelenk ist dabei völlig in Ordnung. Daher führt diese rein veranlagungsbedingte Form des Hallux valgus bei alleinigem Auftreten auch selten zu Beschwerden. Häufig lohnt es sich aber, diese Krümmung bei der geplanten Korrektur einer echten Fehlstellung im Grundgelenk mit zu behandeln (siehe den Teil zur Akin-Operation unten in diesem Kapitel).

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