Читать книгу Der Postillion e.V. im Rhein-Neckar-Kreis - Stefan Lenz - Страница 9
Der Postillion wird professioneller
ОглавлениеDer Postillion e. V. hat zunehmend kommunale Aufgaben übernommen. In der Zeit des Krippenausbaus sind auch privat-gewerbliche Einrichtungen auf den Markt geströmt. Der Postillion e. V. hat versucht, sich davon abzugrenzen. Der Verein versteht sich bis heute als Träger, der für die öffentliche Daseinsfürsorge da ist. So fiel 2009 eine Grundsatzentscheidung zur Weiterentwicklung des Vereins. Bislang gab es keine großen Reglementierungen bezüglich der Mitgliedschaft. Es waren auch keine großen Mitgliederbewegungen vorhanden. 2009 beschloss die Mitgliederversammlung, dass es zukünftig drei Mitgliedersäulen geben soll: Säule 1 sind Städte und Gemeinden des Rhein-Neckar-Kreises, Säule 2 sind Mitarbeiter*innen des Vereins und Säule 3 umfasst sonstige Mitglieder. Diese fanden sich dann auch wieder in dem neu gegründeten Beirat. Dies war ein grundsätzlich neues Verständnis der Arbeit des Vereins.
Nach einer solch starken Wachstumsphase muss eine Phase der Konsolidierung kommen, in der die Organisation nachwachsen kann. Wir haben immer versucht, auf der Leitungs- und Verwaltungsebene nachzuziehen. Dennoch waren gerade die Jahre 2018 und 2019 davon geprägt, insbesondere die Struktur nachzubessern. In diese Zeit ist auch erstmalig eine Erweiterung des Vorstands um ein weiteres Vorstandsressort gefallen.
Mit Beginn des Jahres 2019 ist die bisherige Kita-Leitung, die auch bereits Bereichsleitung war, Dr. Isabel Lehenmeier, für alle Krippen in den Vorstand eingestiegen. Damit konnten die Betreuung und fachliche Begleitung des Arbeitsfelds der Kinderkrippen nochmals gestärkt werden. Mit zwei regionalen Bereichsleitungen ist gleichzeitig ein neues Leitungsmodell eingezogen.
Die Bereichsleitungen, die bis zu einem gewissen Grad freigestellt sind, machen auch Vertretungen in den Einrichtungen, dort, wo es notwendig ist, um Leitungen und Kolleg*innen zu unterstützen. Dadurch sind sie nahe am Geschehen und können auf die Bedürfnisse der einzelnen Einrichtungen besser reagieren. Gleichzeitig ist der Vorstand jünger geworden, da der bisherige Vorstand mehr oder weniger die gleiche Altersgruppe umfasste und dies irgendwann auch zu einem Problem werden könnte.
Es ist auch in diesen Jahren nie Ziel des Vereins gewesen, rein quantitativ zu wachsen. Es war einfach die Zeit, in der die Kommunen Lösungen benötigt haben und der Postillion e. V. diese nach seinem Selbstverständnis bedienen konnte. Doch der Postillion e. V. ist auch fachlich weitergewachsen. Einige Modellprojekte, vor allem aus dem Bereich der Jugendarbeit, haben zur fachlichen Weiterentwicklung beigetragen. Aber auch das Bundesmodellprojekt HzE und Kita, bei dem es darum geht, herauszuarbeiten, wie gute Aufwachsbedingungen für alle Kinder gelingen. Auch für die, die von Krisen betroffen sind oder in Einrichtungen Schwierigkeiten haben. Dieses Projekt konnte in Schönau mit Unterstützung des damaligen Bürgermeisters Marcus Zeitler etabliert werden. An diesem Modellprojekt, das im Jahr 2018 gestartet ist, beteiligen sich alle Einrichtungen und Dienste in Schönau, um das gelingende Aufwachsen von Kindern in der Kommune weiterzuentwickeln.
Neue Herausforderung wird die Frage sein, wie wir im gesamten Rhein-Neckar-Kreis die unterschiedlichen Angebote für alle Kinder miteinander vernetzen können, um Kinder dadurch weniger abzuschieben und von früh an als willkommen in dieser Welt anzusehen. Und das mit einer unglaublich hohen Anzahl von Pädagog*innen, die sich im Rhein-Neckar-Kreis um diese Kinder kümmern. Daran will der Postillion e. V. arbeiten. In diesem Zusammenhang ist auch der Aufbau einer sozialräumlich ausgerichteten Wohngruppe in Hockenheim zu sehen. Dort versucht der Postillion e. V. neue Modelle der Heimerziehung, die in die Gesamtidee der Lebensweltorientierung passen, zu erproben. Genau das wird auch die künftige Aufgabe des Vereins sein: an einem Gesamtkonzept für ein besseres Aufwachsen der Kinder und Jugendlichen im Rhein-Neckar-Kreis wesentlich mitzuarbeiten.
Ein Arbeitsfeld ist in diesem Buch kaum beschrieben: die Betreuung von Kindern an Grundschulen. Hier gibt es verschiedene Formen und Konzepte. Da es sich hier nicht um ein Angebot der Kinder- und Jugendhilfe handelt, wurden diese Angebote zunehmend verselbstständigt. Es soll eine Schulbetreuung Rhein-Neckar gGmbH geben, die diese Angebote bündelt und auch weiterentwickelt. Im Internet findet sich dazu unter www.schulbetreuung-rhein-neckar.de das gesamte Angebot.
Der Postillion e. V. ist im Wesentlichen von ehemaligen Busfahrern der Deutschen Bundespost (Kraftpost) gegründet worden. Ohne sie wäre der Postillion e. V. nicht entstanden. Interessant ist, dass dies in einer Phase geschah, in der der öffentliche Personennahverkehr und das Thema Mobilität sehr stark auf das private Kraftfahrzeug und den Lkw abzielten. Dies hat sich spätestens 2019 gedreht. Der ÖPNV ist in Zeiten der Klimadebatte Garant für eine zukunftsfähige Mobilität. Und an diese alte Vereinstradition kann bzw. muss der Postillion e. V. heute wieder anknüpfen. Denn im Wettbewerb um Fachkräfte sind Landkreise gegenüber Stadtkreisen immer benachteiligt, weil die Mobilität sehr viel stärker auf das Auto ausgerichtet ist. Daher haben wir mit dem Mobilitätskonzept 2018, das wir gemeinsam mit dem Berliner Planungsbüro IGES auf den Weg gebracht haben, die Weichen für eine zukunftsfähige Mobilität für unsere Kolleg*innen gestellt. Mit dem Modellprojekt »Jugendliche Mobilität im ländlichen Raum« versuchen wir auch hier, Jugendlichen eine Stimme bei der Gestaltung einer mobilen Zukunft zu geben.
1Umfassende Darstellung in: Bubenitschek/Greulich/Wedel: Kriminalprävention in der Praxis (Grundlagen der Kriminalistik, Band 50), Kriminalistik-Verlag 2014.