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2. Frühe Dienste (1894 bis 1901)

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Ein Jahr später, am 16. Juni 1894, empfing Anna Schäffer in Neustadt a. d. Donau das Sakrament der Firmung durch Ignatius von Senestrey (1818–1906), den damaligen Bischof von Regensburg.1 Ihr Berufswunsch stand bereits fest: Sie wollte Missionssschwester werden. Da sie von ihren Eltern die für einen Ordenseintritt nötige Aussteuer aber nicht erwarten konnte, blieb ihr nichts anderes übrig, als sich dieses Geld selbst zu erarbeiten. »Sie verließ als Dreizehnjährige nach Abschluss der Volksschule ihr Elternhaus in Mindelstetten und fand Arbeit bei der Homöopathin Antonie Eickermann in Regensburg, die in einem der Baron-Aufseß-Häuser wohnte und eine Heilanstalt für Hautkranke führte. Anna musste helfen, die Kranken zu pflegen. Es befanden sich dort meist an Schuppenflechte oder anderen Hautkrankheiten – vielleicht auch an Geschlechtskrankheiten – leidende Patienten. Trost und Zuflucht fand sie beim täglichen Besuch der hl. Messe um fünf Uhr früh in der Kapelle im Hof des Anwesens. Sie wurde so streng gehalten, dass sie nicht einmal ihren eigenen Bruder, der in Regensburg eine Schreinerlehre machte, besuchen durfte.«2

Streng und traurig begann auch das kommende Jahr, 1896. Annas Vater lag im Sterben. Da es sein Wunsch war, von seinen Kindern Abschied zu nehmen, machte sich Anna Schäffer im Januar 1896 auf den Weg nach Mindelstetten. Dort ereignete sich eine bemerkenswerte Begegnung: »Einen Tag vor seinem Ableben, am 24. Januar 1896, ging sie des Abends zusammen mit ihrer Schwester Kathi in die Kirche, um für den schwer leidenden Vater zu beten. Da sah sie plötzlich die Muttergottes, die öfter im Kreis ging, der im Boden aufgezeichnet war, und Anna freundlich zulächelte. Kathi, die eingeschlafen war, konnte Maria nicht sehen.«3 Als Anna Schäffer ihrer Mutter von dieser Erscheinung berichtete, bat diese sie, niemandem davon zu erzählen und auch sonst kein Aufheben davon zu machen. Klugheit oder angespannte Nerven? Man kann sich vorstellen, dass Anna Schäffers Mutter aufgrund des Gesundheitszustandes ihres Ehemannes während dieser Zeit wenig Sinn für Visionen hatte. Am Tag darauf starb Annas Vater an Lungentuberkulose.

Viel Raum für Trauer über den Verlust blieb Annas Mutter, Therese Schäffer, nicht. Sie musste nun schnell nach einem praktikablen Weg suchen, wie sie sich selbst und ihre vielen Kinder ernähren konnte. Die Lösung lag auf der Hand: Der älteste Sohn übernahm die Schreinerei und Anna musste in Mindelstetten bleiben, um – zumindest aushilfsweise – durch die Arbeit bei einem Bauern etwas Geld für die Familie dazuzuverdienen. Ein hartes Los. Dazu ein Rückschlag für ihre internationalen Pläne. Keine Aussteuer, keine Ordensberufung, ergo: keine Mission.

Erst im Herbst 1897 tat sich eine neue Perspektive auf, denn Mindelstetten bekam mit Karl Rieger (1862–1934) einen neuen Pfarrer. Dieser sensible und pflichtbewusste Geistliche erkannte nicht nur früh Anna Schäffers besondere Frömmigkeit, er förderte sie auch, indem er ihr eine Stelle in Landshut vermittelte. Vermutlich ab dem Beginn des Jahres 1898 arbeitete Anna Schäffer als Dienstmädchen bei Peter Cornelius, der später städtischer Schlachthofhallenmeister wurde, und seiner Ehefrau Maria.4 Hier in der Bergstraße 152, wo sie in einer kleinen Kammer wohnte, hatte Anna Schäffer ein weiteres mystisches Erlebnis, das sich in einem Traum zutrug, wie sie später in ihrem sogenannten »Traumbuch«, in dem sie wichtige Visionen festhielt, berichtet hat: »Im Juni 1898 hatte ich einen seltsamen Traum. Eigentlich bezeichne ich es als Traum, weil ich mich nicht anders hierüber auszudrücken vermag. Ich war noch nicht zu Bette gegangen und der Mond schien so hell in mein Kämmerlein. Ich betete mein Nachtgebet und es war 10 Uhr abends. Als ich bereits fertig war, wurde es auf einmal ganz dunkel um mich und ich fürchtete mich deshalb sehr. Auf einmal wurde es wieder so blitzeshell vor mir und es stand eine Gestalt vor mir. Dieselbe war angetan mit einem blauen Kleid und einem roten Überwurf, geradeso wie die Apostel angezogen waren oder wie ich schon oft auf Bildern die Abbildung Jesu, des Guten Hirten, sah. Er hatte auch einen Rosenkranz in der Hand, sprach auch zu mir vom Rosenkranzbeten und dass ich nicht 20 Jahre alt würde und dann müsst’ ich vieles, vieles leiden. Auch sprach jene Gestalt, dass ich viele Jahre vieles leiden muss, und sprach auch eine Zahl hiervon aus, die ich aber nicht mehr wusste, auch schon gleich nicht mehr, als die Gestalt verschwunden war, denn ich war vor Zittern und Furcht so erregt, und auch gleich darauf wusste ich vieles nicht mehr, was jene Gestalt noch alles gesagt hatte. Es war darauf wieder ganz hell, denn der Mond warf seinen milden Schimmer die ganze Nacht in mein Kämmerlein. Ich konnte die ganze Nacht fast nicht schlafen, weil mir jenes Gesicht immer im Kopfe war.«5

Beruhigte sich die 16-jährige Anna Schäffer bald danach wieder? Fand sie nach dieser Erscheinung, die sicher »mehr als ein Traum« (Alfons M. Weigl) war, Ruhe und Vertrauen? Nein. Sie packte ihre Sachen und kehrte zurück nach Mindelstetten. Unverzüglich. Solch einen Schrecken hatten ihr die Gegenwart Jesu und seine Botschaft eingejagt. Menschlich verständlich und ein sicheres Zeichen dafür, dass dieser Traum »real« war und keine bloße Träumerei. Doch wie sollte es nun weitergehen mit ihrem Plan, Missionsschwester zu werden? – Das Geld für die Aussteuer fehlte weiterhin. – Zunächst mit einem beherzten geistlichen Schritt: Anna Schäffer wurde Mitglied der Marianischen Jungfrauenkongregation in Mindelstetten und weihte ihr Leben der Jungfrau Maria. Dazu gebrauchte sie eine erhalten gebliebene »Angelobungsformel«. Diese lautet: »Heilige Maria! Mutter Gottes! Ich, Anna Schäffer von Mindelstetten, erwähle Dich heute zu meiner Schutzfrau und Fürsprecherin und nehme mir kräftig vor, Dich nie zu verlassen; auch will ich niemals zugeben, dass von meinen Untergebenen wider Dich oder Deine Ehre etwas getan oder geredet werde. Ich bitte dich daher recht innigst, nimm mich zu Deinem ewigen Diener an und steh mir bei in allem meinem Tun und Lassen, absonders aber verlasse mich nicht in der wichtigen Stunde meines Hinscheidens! Amen! Mindelstetten 1898.«6 Eine neue Stelle als Dienstmädchen fand sich auch bald, nämlich »beim Schlossverwalter Schuster in Sandersdorf nahe ihrer Heimat«.7

Doch lange blieb Anna Schäffer nicht auf dem Schloss. 1899 zog sie weiter nach Stammham, gut 140 Kilometer von Mindelstetten entfernt, in das Haus des Forstmeisters Anton von Kirschbaum. Hier sollte sich das Wort vom Leid, das Jesus ihr angekündigt hatte, erfüllen.

Das geheimnisvolle Leben der  Anna Schäffer

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