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3. Die Geburt einer niederträchtigen Idee

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“...und darum sitzen Außerirdische überall in den Regierungen dieser Welt, verstehst du?”

“Klar verstehe.” Kein einziges Wort verstand ich von dem Gelalle und Gesabber des betrunkenen Gastes, der bereits geschlagene zwei Stunden im Verkaufsraum der Tankstelle hing, Bier trank und pausenlos auf mich einlaberte. Ob das am Vollmond lag, der die Leute nicht schlafen ließ? Wie auf einem schlechten Trip pilgerten an diesem Tag alle Idioten der Umgebung zu mir an die Tankstelle, um mich mit tödlichen Gesprächen fertigzumachen.

“Der nächste der hier antanzt und was von grünen Männchen faselt, oder behauptet, daß ihm der Messias begegnet sei, schluckt zwanzig Liter Benzin, super, bleifrei!” Diese durchaus ernst gemeinte Mitteilung ging an Trixi, meiner damaligen Mitarbeiterin in der Tankstelle. Anschließend verzog ich mich für einen erholsamen Augenblick der Zerstreuung auf die Herrentoilette, um die relative Stille zu genießen und um die neuesten, lyrisch wertvollen Sprüche an der Klotür zu lesen. Von den typischen Gerüchen und dem zweifelhaften Ambiente unbeeindruckt, kehrte ich wieder an meinen Arbeitsplatz hinter der Theke zurück.

“Was ist das denn jetzt für ein Faxenmacher?” Damit meinte ich die verschwörerische, in einen alten Parka vermummte Gestalt, die seltsame Verrenkungen anstellte und somit unauffällig auf sich aufmerksam machte. Schwenk hin, Schwank her, hüpf, hüpf, wink, hüpf, wink.

Vielleicht war das ja ein neuer Tanz, ein Rap möglicherweise, dachte ich. Jesus im Himmel wie konnte es anders sein; ich war einmal mehr das Opfer dieser eindrucksvollen Vorstellung; ich wurde wieder Opfer eines Wahnsinnigen!

“Was will denn dieser Hirsch von mir? Was für ein beschissener Tag. Jetzt führen die Spinner schon Regentänze vor mir auf. Trixi, es geht mir nicht gut, ich glaube ich mache Schluß für heute und lege mich ins Bett. ...Halt Moment mal, den schlaksigen Typ kenne ich doch! ...Joe bist du das?” Unglaublich aber wahr. Joe war tatsächlich der Rumpelstilz. Der arme Teufel mußte irgendein neuartiges Spacedope entdeckt haben.

“Mensch John, stell dich nicht so blöd an, komm her!” Vorsichtig näherte ich mich dem von einem bösen Dämon besessenen Joe, nicht sicher, ob der nicht beißen würde. An dem Tisch nahe dem Ausgang, im Halbdunkel, verharrte die nicht sonderlich joeartige Person und deutete mir mit einer knappen Handbewegung, ebenfalls Platz zu nehmen, was ich auch tat.

“Joe, geht es dir gut?”

“John, ich habe es, ich habe es.” Mit zusammengekniffenen Augenschlitzen und einem wirklich teuflisch grinsend, verzerrten, entstellten Gesichtsausdruck schnappte der übergeschnappte Joe nach Luft, brachte aber nur diese eine Zeile zustande.

“Ich habe es, ich habe es.”

“Owei oweh, ich glaube eher es hat dich.” Nun machte ich mir wirklich ernsthafte Sorgen um das Wohlbefinden meines Freundes.

“Quatsch, mir ging es nie besser, weißt du noch, wovon wir neulich gesprochen haben, als wir am Flußufer gepicknickt haben, weißt du es noch?” Erwartungsvoll funkelten Joe’s Augen wie glühende Rubine. Ich kramte in meinem Kurzzeitgedächtnis nach einer brauchbaren Antwort, fand nichts, suchte weiter, drang in tiefere Bereiche meines Hirnes vor und traf auf einen Erinnerungsfetzen in einem “zum Vergessen” freigegebenen Speicher.

“Ich glaube, ich weiß jetzt was du meinst.”

“Na? Und? Was denkst du, was jetzt kommt?”

“Ich denke, daß die Neueröffnung einer weiteren Pizzeria in Saarlouis keine so große Sache ist. So viel bedeutet dir das, das wußte ich nicht?”

“Aaaaaah... John, du Idiooot! Ich meine den Plan, den genialen Plan, der die große Kohle, den Zaster bringt. Ich habe es, ich habe es!” Hatte der gute Joe bis dahin noch peinlich genau darauf geachtet, kein unnötiges Aufsehen zu erregen, so ignorierte er nun völlig die Tatsache, daß er genau das Gegenteil bewirkte, indem er mich mit seinen für einen Künstler viel zu groben, starken Händen am Kragen packte, von Verbrechen, Plan und Geld schrie und mich dabei unablässig schüttelte, um meinen pennenden Verstand wachzurütteln. Nennen wir es der Einfachheit halber Selbsterhaltungstrieb, der mir den Zugangscode und somit die verstaubten Erinnerungen freigab.

“Ich erinnere mich, ich erinnere mich, hör auf zu schütteln. Laß mich am Leben, erzähle von deinem Plan, aber laß mich bitte am Leben.” Ich hatte wirklich nicht meinen besten Tag erwischt, doch Joe ließ mich wieder los und schlüpfte wieder in die flüsternde Verschwörerrolle.

“Also hör zu, ich habe vorige Woche eine Stelle im Kultusministerium angenommen”

“Hast du? Davon weiß ich ja noch gar nichts.”

Ja, ja, schon gut, das ist mir ja selbst peinlich, deshalb habe ich auch noch nichts gesagt. Das soll ja auch nur vorübergehend sein. Also ich arbeite in so einer Art Kunstausschuß in Saarbrücken. Ein Freund, ein hohes Tier bei den Grünen, hat mir die Stelle verschafft, und da kriege ich so manches mit. Hörst du mir noch zu?”

“Klar, rede nur weiter.” Während Joe redete, rieb ich mir den schmerzenden Nacken, den Nebenwirkungen des Rüttelns entgegenwirkend.

“Also, vor etwa einem halben Jahr wurde beschlossen, die Stadt durch ein paar plastische Skulpturen zu verschönern, ein anerkannter Künstler soll das übernehmen. Daraufhin wurde Arthur Daily aus England damit beauftragt.”

“Wer ist denn das? Und was geht uns das an?”

“Was, den kennst du nicht, du Kunstbanause? Na egal, paß auf, Daily gilt als junges Genie und er ist sehr publicityscheu, keiner weiß genau, wie er aussieht.”

“Na und?”

“Jetzt kommt das Beste; er hat abgesagt.”

“Na und?”

“Keiner außer mir weiß davon, ich war gerade alleine im Büro, als das Fax aus England hereinkam. Ich habe es abgefangen und versteckt.”

“Na und?”

“Mann, bist du heute blöd und schwer von Begriff, das ist DIE Gelegenheit, die glauben, daß er in vier Wochen herkommt und sich einen Eindruck von der Stadt verschafft und um die Verträge abzuschließen. Doch in Wirklichkeit hat er ein Projekt in Afrika angenommen und ist für mindestens vier Monate weg von der Bildfläche.”

“Oweh, du willst doch nicht...?”

“Na klar, das ist doch bombensicher, die wollen einen Arthur Daily, sollen die doch einen bekommen.”

“Hey, hey, schau mich dabei nicht so an..”

“Warum denn nicht, ich kann das nicht selbst übernehmen, mich kennen die doch. Und Frank kann sich nicht so gut verkaufen wie du, außerdem wirkt er nicht so verrückt wie du, das ist wichtig, du weißt doch, wie exzentrisch wir Künstler sind.”

“Danke für die Blumen, Frank ist aber wenigstens ein Künstler, ich habe doch keinen Schimmer davon, nee, nee, laß mich mal da raus.”

“John, wir reden hier von etwa einer halben Million, die wir als Vorschuß einsacken, und dann machen wir uns dünne.”

“Überredet, sprich weiter.”

“Nicht jetzt, nicht hier, wir treffen uns morgen bei Frank und fangen mit dem Planen an. Ich sage auch den anderen Bescheid, daß sie kommen sollen. Das wird das Ding des Jahres.” Im Schutze der anbrechenden Nacht verschwand Joe, tief in den verschwörerischen, grünen Parka gehüllt und ließ mich völlig verdattert, irritiert und benommen zurück. Wobei ich langsam das eben gehörte verarbeitete und reglos sitzenblieb.

Was für ein Tag. Die ganze Nacht fand ich keinen Schlaf, wälzte mich schweißgebadet von einer Seite des Bettes auf die andere, mal auf den Bauch, mal auf den Rücken, sanft angestrahlt und beleuchtet von dem blassen, tristen Licht des kräftigen, fetten, runden Mondes. Das erst vor drei Tagen frisch bezogene Bettzeug mit den zwei geschmeidig und anmutig aussehenden pechschwarzen Katzen auf rotem Hintergrund, mit durchdringenden grünen Augen, litt und warf resigniert endlose Wellen und Falten. So wie ein Spickzettel, der nach einem geschriebenen Test zerknüllt und beseitigt wird, da keine Spuren auf das kleine Kavaliersdelikt hinweisen sollen. Selbst der frische Frühlingsduft des Weichspülers, einem Sonderangebot aus dem Supermarkt um die Ecke, den die Werbung unterstützt durch eine blendend aussehende Hausfrau angepriesen hatte, verwelkte wie eine zarte Knospe nach einer eisigen Nacht im Hochsommer. Vielleicht war ich ja auch nur ein weiteres armes Würstchen, daß unter den Einwirkungen des Vollmondes litt, oder an der Steinbackofenpizza, die ich vor dem Hinlegen noch schnell verdrücken mußte. Und noch immer schallte es in meinen Ohren: “ Ich habe es, ich habe es.” Die verlockende Stimme des schnellen Geldes, die honigsüße, miauende Stimme einer Sirene aus einer griechischen Sage, die einem den Verstand raubt und jedes Opfer kopfüber ohne Berücksichtigung der Risiken ins Verderben stürzen läßt, hat man sie erst einmal vernommen.

“Ich habe es, ich habe es.”

Daß ausgerechnet Joe dieser teuflische Plan einfallen mußte, war schon seltsam. Sollte da doch etwas Verwegenes, Böses in dem Hippie schlummern, von dem niemand etwas ahnte? Andererseits, warum auch nicht? Schließlich steckt in jedem von uns eine gehörige Portion Niedertracht.

Kühlende Abendwinde fegten die warme Luft aus den Straßen der Stadt, trieben sie hinaus in die Felder der Saarbauern und in die Waldgebiete, wo sie mit der kalten feuchte Luft vereinigt am nächsten Morgen als Tau auf den Blättern und Farnen niedergehen sollten. Ich befuhr nach der Arbeit die kurvenreiche Landstraße hinaus zu Franks Domizil, nahe der deutsch-französischen Grenze. Der Verkehr hatte bereits stark zugenommen. Es waren die Grenzgänger; Franzosen, die wegen der höheren Löhne in Deutschland arbeiteten und Steuervorteile nutzende Deutsche, die in Frankreich lebten. Wie eine gigantische Blechlawine schoben sich dröhnend und keuchend handpolierte, geleaste Autos zum Grenzübergang. Schöne, teure, neue Autos, meist das neueste Modell, um dem ungeliebten Nachbarn eins auszuwischen.

Das prähistorische Radio meines Wagens krächzte und konnte nur mit Mühe zwei eng beieinanderliegende Sender voneinander trennen. Ich drehte unwirsch an dem Knopf für eine genauere Justierung, aber der verunsicherte Balken auf der Anzeigeskala taumelte abwechselnd und unsicher mal nach links, mal nach rechts; doch wollte er partout keinen vernünftigen, klaren Empfang bieten. In dieser idiotischen Ecke des Landes gab es nicht mal brauchbare Radiowellen, dachte ich. Dann eben nicht. Ich kramte in den zahllosen Kassetten und wurde schließlich bei den besänftigenden Stimmen der Fleetwood Mac fündig, genoß drei oder vier Lieder, ehe ich den Fiat in eine unbefestigte Seitenstraße steuerte und die vertrauten Umrisse von Franks Haus erspähte. Drei Autos standen dort schon geparkt. Aha, dachte ich, Frank war also nicht allein. Die anderen warteten schon. Ich zog den Schlüssel ab, der Kultwagen würgte und rüttelte und erstarb im Röcheln. Das schäbig wirkende marode Gebäude stand teilnahmslos und verkommen im Abendrot. Es diente vor geraumer Zeit Franks Opa als Zwischenlager für transportbereite Produkte, vornehmlich den großen, wiederverwendbaren Milchbehältern, die täglich versendet wurden. Ein zweckmäßiger quadratischer Bau mit einem schräg abfallendem flachen Dach und einer Reihe Milchglasscheiben oberhalb des großen Eingangstores und noch einer weiteren eingearbeiteten Tür, die nun offiziell die Eingangstür verkörperte. Der geschmacklos grün gestrichene Verputz blätterte in großen Fetzen an der Außenfassade ab. Der Rest der ehemaligen Produktionsanlage und das Verwaltungsgebäude überlebte nicht die Wirren des Krieges, brauchbare Maschinen und Baustoffe fanden anderorts Verwendung und Einsatz bei dem modernen Wiederaufbau der Fabrik, die fortan Franks Vater erfolgreich leitete. Die unbrauchbaren Grundmauern und den Schutt stampfte er kurzerhand ein und machte alles, bis auf die unversehrte Lagerhalle, dem Erdboden gleich. Er schüttete dann noch LKW-weise Erde darüber und legte einen mustergültigen Rasen an. Eine dichte Baumreihe umsäumt noch immer die alten Grenzen des Firmengeländes, und einsam fließt ein verspieltes Bächlein, das einst die Verarbeitung und Reinigung tatkräftig unterstützte.

Geschwächt von den Wirren und Visionen der Nacht hing ich in Franks bequemem Ledersessel im Schneidersitz, so daß der Riß meiner ausgebeulten Jeans an den Knien einige Zentimeter weiterwuchs. Das kümmerte mich wenig. Ebensowenig wie das fiebernde Planen meiner Freunde. Alles schien schon beschlossene Sache, nur daß der gesamte verdammte Plan auf meinen schmalen Schultern lasten sollte. Diese Tatsache schmeckte mir ganz und gar nicht. Doch was sollte es, wenn sich schon jeder auf mich verließ, dann wollte ich wenigstens für eine vernünftige Ausführung der Aktion Sorge tragen. Schließlich würde es wieder einmal mein Kopf sein, der rollt, wenn der ganze Schwindel auffliegen sollte.

“Also gut, ich mache es, ich bin einverstanden, aber es läuft so ab, wie ich das sage.”

“Alles klar, du bist der Boß, was schlägst du vor?” Frank war total begeistert. Er klopfte mir auf den Rücken, und ich flog aus dem Sessel.

“Prima John, was haben wir auch schon großartig zu verlieren? Außer unserem guten Ruf, unserer Zukunft und unserem restlichen Leben?”

Der Rest der Rasselbande, oder besser die zukünftigen Straftäter, knieten gespannt und aufgeregt vor mir auf dem Boden, ungeduldig wartend.

“Okay hört zu, das muß laufen wie geschmiert, jeder von uns übernimmt eine Rolle, die er im Schlaf beherrschen muß, wir müssen auf jedes auch nur erdenkliche Problem vorbereitet sein. Als erstes: Joe, bist du sicher, daß noch nicht durchgedrungen ist, daß dieser Maily abgesagt hat und untergetaucht ist?”

“Ich denke schon, ich checke das vorher noch mal ab. Und der heißt Daily, nicht Maily.”

“Wie auch immer, dann werden wir ein Fax mit unserer Zusage abschicken, mit dem Zusatz, daß wir uns um ca. 2 Wochen verspäten werden. Denn wir brauchen dringend mehr Zeit für die Vorbereitungen. Am besten von eurem Büro aus, Frank, geht das?”

“Klaro, aber durch den Sendebericht, merken die, woher das Fax gekommen ist.”

“Macht nichts, sage mir die genaue Uhrzeit und ich fange es im Büro ab und kippe Kaffee über den Absender, oder reiße versehentlich genau das Stück heraus.”

“Sehr gut Joe, das müßte klappen. Außerdem müßtest du dich darum kümmern, mir als persönlicher Verbindungsmann und Dolmetscher zugeteilt zu werden.”

“Uih, nicht einfach, aber an oberer Stelle ist mir noch jemand einen Gefallen schuldig.”

“Du mußt dir schon sicher sein, sonst können wir alles vergessen.”

“Ach weißt du, wenn bekannt werden sollte, daß ein führender Regionalpolitiker vor Jahren auf einer Demo Polizisten mit Scheiße beworfen hat, dann könnte diese Person Probleme bekommen. Doch..., das biege ich schon hin.” Joe setzte sein allwissendes Grinsen auf, doch niemandem gelang es, ihm den Namen dieser ominösen Persönlichkeit zu entlocken.

“Und was wird aus mir, was habe ich dabei zu tun?” Babs strotzte voller Tatendrang. Ich konnte richtig ihre Leidenschaft spüren, die sie gepackt hatte. Nicht von der Chance auf den großen Jackpot, sondern das Spiel selbst hatte sie in den Bann gezogen: Pokere hoch, riskiere viel, setze alles, gewinne!

“Du wirst meine verrückte Freundin spielen, das wirkt glaubwürdiger, und außerdem mußt du versuchen, Personen von mir abzulenken, die zu viele Fragen stellen. Wenn du merkst, daß ich ins Schwimmen gerate, platzt du einfach dazwischen.”

“Prima, das kann ich gut, das mache ich gerne.”

“Stell dir das nicht zu leicht vor, Babs, du mußt aufpassen wie ein Schießhund”, mahnte Frank zur Vorsicht.

“Keine Sorge, das geht, das geht.”

“Eh, und ich, habt ihr mich vergessen?” jammerte Peter und machte damit auf sich aufmerksam.

“Du flitzt durch alle Buchläden und Bibliotheken, treib alles auf, was du über diesen Hayley auftreiben kannst.”

“Es heißt Daily, John, Daaiiilyyy!! Merk dir das endlich mal, das ist schließlich dein neuer Name.”

“Auch gut, jedenfalls müssen wir alles über den Knilch wissen, was es zu wissen gibt: Familie, Herkunft, wann geboren, wo, warum. Wir müssen wissen, was er gerne ißt, was er trägt, ob er Sport treibt und welche Hobbys er hat. Auch wann er das letzte Mal eine Banane gegessen hat. Einfach alles, klar?”

“Geht klar, aber ist das alles, eh?”

“Hmm..., ich muß bestimmt einen Chauffeur für Arthur besorgen, wieso denke ich dabei ausgerechnet an dich...?” Joe hatte wahrscheinlich schon vorher daran gedacht, so schnell wie der Vorschlag kam. Peter strahlte über das ganze Gesicht, so glücklich hatte ihn seit dem Ramones-Konzert keiner mehr gesehen. Mit vor Erregung feuchten Händen, schlug er sich auf die Schenkel, und kleine Staubwolken stiegen aus der verdreckten Hose auf.

“Ja eh, cool eh, stark eh!”

“Frank, Schatz, du wirst unser Leibwächter, und schüchterst die Leute ein, die zu neugierig werden, und unser Genie in gefährliche Gespräche verwickeln könnten. Außerdem mußt du noch einige Scheine locker machen, wir brauchen noch ein wenig Klimpergeld und scharfe Klamotten.” Wie ein verführerisches Kätzchen schmiegte sich Babs an Frank und umgarnte ihn. Nein, sie wickelte ihn total ein, mit ihrer sinnlichen Weiblichkeit. Ja ja, die Waffen einer Frau.

“Oh nein, ihr wißt doch, wie ich es hasse bei meinem alten Herren betteln zu gehen. Alles, nur das nicht.” Joe konnte Babs nur vollkommen beipflichten.

“Sie hat aber Recht, so können wir da nicht auftreten, wir müssen schon stilgerecht auftauchen, sonst wird das alles nichts.”

“Und wenn Daddy keinen Zaster ausspuckt, was dann?”

“Dann wirst du dir eben etwas mehr Mühe geben, oder einige von deinen elektronischen Spielzeugen verscheuern müssen, Darling.” Babs klebte noch immer wie eine Klette an Frank und zwickte ihn neckisch in die Nase.

“Lieber Himmel, alles nur das nicht. Und wenn ich auf den Knien rutschen muß, ich kriege schon das Geld, ihr werdet sehen.”

“Na bitte, das wäre also geklärt.” Zufrieden mit dem Ergebnis ihrer Verhandlung ließ unsere Catwoman von ihrem Opfer ab, welches leider zu spät die Tragweite und Konsequenz der Zusage begriff, seufzte und im Sessel versank. Joe zog ein vorläufiges Resümee.

“Das Gröbste hätten wir dann ja schon, die Feinabstimmung kriegen wir auch noch hin. Das komplette Umfeld des Künstlers muß aus unseren Leuten bestehen. Das ist wichtig, so treten wir schon als Macht auf, außerdem sollten wir sehr publikumsscheu sein und uns nur so viel wie unbedingt nötig in der Öffentlichkeit zeigen. So halten wir die Gefahr des Erkanntwerdens so gering wie möglich.”

“Geht klar, ich sorge schon dafür. Der exzentrische Künstler und sein Gefolge werden in Ruhe gelassen.”

“Toll Joe, kein Tamtam, kein großer Empfang, kein großer Bahnhof. Wir Künstler sind ja auch nur Menschen und wollen so behandelt werden.”

Die Zeiger der großen Uhr über der Küchentür rasten mit Lichtgeschwindigkeit über das Zifferblatt mit der geschwungenen Aufschrift Coca Cola; die Nacht wurde zum Tag, Punkt für Punkt wurde der Plan durchgegangen. Pläne wurden geschmiedet und wieder verworfen. Bier floß in Strömen, Joints vernebelten die Zimmer.

“OK Leute, ich kann nicht mehr, ich denke das reicht für heute, gehen wir noch ein wenig ins Bett. Wir treffen uns dann wieder am Wochenende und besprechen, was bis dahin schon passiert ist. Peter, du läßt dir von Frank Geld geben und bringe auch alles mit, was du in die Finger bekommst, das wird eine lange Lesestunde. Habe ich noch was vergessen?” Joe konnte kaum noch aus den Augen schauen, so benebelt war er mittlerweile. Also übernahm ich den Rest der Zusammenfassung.

“Frank schickt das Fax morgen Mittag um Punkt 12.00 Uhr ab, die Nummer hat er ja. So Joe, der Ball ist damit in deiner Hälfte. Sieh zu, daß du im Ministerium alles in die richtigen Bahnen leitest. Hiermit erkläre ich das Unternehmen “Arthur Reily” für eröffnet.”

“Es heißt Daily, du Idioot.!!” tönte es mehrstimmig, und ich wurde von Wurfgeschossen aller Art, Form, Farbe und Größe bombardiert.

“Ist ja gut, ist ja schon gut.”

Das wuchernde Krebsgeschwür der Untat nahm also konkrete Formen an, bereit, jede noch gesunde Zelle zu vergiften mit dem tödlichen Gift der Verlockung.

Die Traumjäger

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