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1. Der Wandel in den internationalen Beziehungen

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Zweifellos stellte der Siebenjährige Krieg einen wichtigen Ausgangspunkt für diese Umwälzungen dar. Schon die Kriege der ersten Jahrhunderthälfte hatten gezeigt, dass Spanien und sein Kolonialreich immer mehr zum Spielball der englisch-französischen Kämpfe um die Seeherrschaft wurden. Zwei Jahre nachdem die Auseinandersetzungen in den nordamerikanischen Kolonien ausgebrochen waren, entflammte der Konflikt in Europa, aus dem sich die spanische Krone über Jahre hinweg heraushielt. Erst 1762 trat Spanien an der Seite Frankreichs in den Krieg gegen England ein. Grund war die Angst vor dem englischen Machtzuwachs in Amerika, denn die Engländer hatten zu diesem Zeitpunkt bereits große Erfolge in Nordamerika und Westindien gegen die Franzosen errungen und unter anderem Guadeloupe besetzt.

Allerdings ging das Kalkül der Spanier nicht auf. Im Gegenteil, England spielte seine Übermacht zur See auch gegen die spanischen Besitzungen aus und besetzte noch 1762 das stark befestigte Havanna und Manila. Der Krieg wurde damit für die Spanier zum Desaster. Die Friedensschlüsse von Fontainebleau (1762) zwischen England und Spanien und Paris (1763) mit Frankreich brachten eine territoriale Neuordnung in Amerika. Spanien trat Florida an England ab und erkannte die englische Oberhoheit über alle Gebiete östlich des Mississippi an. Gleichzeitig musste es nun auch offiziell die britische Herrschaft in Zentralamerika – in Britisch Honduras – anerkennen. Dafür erhielt es das bis dahin französische Louisiana inklusive New Orleans und hatte in der südlichen Karibik keine Verluste zu verkraften.

absolutistische Reformpolitik

Der Kriegsausgang veranlasste die Spanier ihre Reformpolitik in den Kolonien zu intensivieren. Insgesamt hatte sich die Lage für das spanische Kolonialreich 1763 insofern geändert, als Spanien nun in Amerika mehr oder weniger allein gegen die englischen Ansprüche und Schmuggeltätigkeit stand. Schließlich hatte England die Franzosen aus Nordamerika verdrängt. Damit taten sich Konfliktlinien vor allem im circumkaribischen Raum, im Norden Neu-Spaniens und an der nordamerikanischen Westküste auf.

An dieser problematischen Lage ändert auch der nordamerikanische Unabhängigkeitskrieg nichts. Auf Seiten der spanischen Krone weckten die Probleme der Briten mit ihren aufmüpfigen Kolonien in Amerika nach 1763 Hoffnungen. Später unterstützte Spanien wie Frankreich den angloamerikanischen Unabhängigkeitskampf zunächst finanziell und dann ab 1779 auch militärisch. So gab man Anleihen an die nordamerikanischen Revolutionäre, ließ Florida von den Engländern zurückerobern und betrieb Handel mit den Indianern im Mississippi-Tal. Außerdem öffnete man die karibischen Häfen für den Handel mit den Nordamerikanern. All diese Maßnahmen waren dazu gedacht, England zu schwächen. In der Tat brachte der Friedensvertrag von Versailles 1783 einen Erfolg. Florida fiel noch mal an Spanien zurück.

Allerdings verlor England seine Vorherrschaft zur See dadurch nicht. Außerdem führte der fragwürdige Sieg den Spaniern die Entstehung eines neuen fulminanten Faktors in der Amerikapolitik vor Augen: die jungen Vereinigten Staaten. Die Taktik zur Schwächung Englands war also ein zweischneidiges Schwert, denn die spanischen Besitzungen in Florida und anderen Teilen Nordamerikas waren durch den Expansionsdrang der Kolonisten potenziell bedroht. Nicht zuletzt in der Frage des Besitzes von Florida standen die jungen Vereinigten Staaten in einem latenten Gegensatz zum spanischen Kolonialreich. Führende spanische Politiker wie Graf Aranda (1719 – 1798) äußerten sich daher schon früh besorgt über die Folgen der nordamerikanischen Unabhängigkeit für Hispanoamerika. Daraufhin wurden in Amerika aber auch in Spanien Ideen entwickelt, die auf eine Reorganisation des Reichs hinausliefen.

Allerdings blieben diese Ideen ohne Umsetzung, denn insbesondere nach dem Tod Karls III. (1788) gelang es Spanien nicht mehr, seine Ansprüche in Amerika wirksam geltend zu machen. Im Gegenteil, im Vertrag von San Lorenzo el Real von 1790 musste Spanien den Engländern auch formell das „Recht der freien Schifffahrt im Pazifik“ und der Niederlassung in Nordkalifornien einräumen. Als Ausgleich waren die Spanier darum bemüht, ihre Position in Nordamerika zu halten und auszubauen. Dadurch kam es zu Problemen mit den jungen Vereinigten Staaten, die ihrerseits nach Westen expandieren wollten.

Nach ihrer Unabhängigkeit sahen sich die USA also noch zwei wichtigen Kolonialmächten in Nordamerika gegenüber: England und Spanien. Beide waren teils miteinander, teils gegeneinander darum bemüht, die US-amerikanischen Siedler zurückzuhalten. Dabei kam es auch zu Absprachen mit den Indianerstämmen des Mississippiraums. Das Ziel der spanischen Truppen war die Bildung eines Protektorats in dieser Grenzzone. Dies wurde aber durch die Niederlage in Europa gegen das revolutionäre Frankreich zunichte gemacht. 1795, just als die Spanier mit den Franzosen den wenig schmeichelhaften Frieden von Basel schlossen, kam es zu einer Einigung mit den Vereinigten Staaten über den strittigen Grenzverlauf. Im so genannten Pinckney-Vertrag machte Spanien große Zugeständnisse und räumte seinem Nachbarn in Nordamerika unter anderem die Schifffahrtsrechte auf dem Mississippi ein.

Westexpansion

Der Westexpansion der USA war dieser Vertrag förderlich. Diese kulminierte erstmals 1803 im Kauf des riesigen Louisiana-Territoriums zwischen Mississippi und Rocky Mountains von Frankreich – Spanien hatte seine Ansprüche auf diese Gebiete zuvor an Napoleon abtreten müssen. Mit der Expedition von Meriwether Lewis und William Clark (1804 - 06) unterstrich die Regierung in Washington ihre Ansprüche auf eine Expansion bis zum Pazifik. Auch in wirtschaftlicher Hinsicht zeigte sich der US-amerikanische Machtzuwachs. Aus Eigeninteresse suchte Spanien durchaus die Kooperation mit den Nachbarn. Schon 1793 gab man der Insel Kuba den Handel mit den USA frei und hoffte, dadurch die Zuckerplantagenbesitzer in die Lage zu versetzen, selbst für die Verteidigung Kubas und damit der spanischen Karibik aufzukommen. Die Vereinigten Staaten hatten sich binnen weniger Jahre von einem kleinen, kaum ernstzunehmenden Küstenstaat in einen wichtigen Machtfaktor im nordamerikanischen Raum verwandelt.

Demgegenüber verschlechterte sich die Stellung Spaniens im Zuge der europäischen Revolutionskriege um die Wende des 18. Jahrhunderts weiter. In dieser Phase fast konstanten Kriegs mit England (1796 – 1808) fiel ab 1797 die englische Blockade von Cádiz. Damit kam der spanische Amerikahandel vollends zum Erliegen. Spanien musste seinen Kolonien 1797 das Recht einräumen, Handel mit Neutralen zu treiben, tat dies aber mit der Einschränkung, dass alle aus Amerika ausgeführten Waren in spanischen Häfen zu löschen sein. Die Bestimmung war allerdings nicht durchsetzbar und angesichts der Blockade auch unrealistisch. Letztlich profitierten vor allem die Händler aus Neuengland von der neuen Handelsfreiheit für Neutrale.

Schmuggel

Diese Händler wiesen oft schon langjährige Erfahrung im Schmuggelhandel – beispielsweise mit dem in der katholischen Fastenzeit begehrten Kabeljau – auf. Sie profitierten von den nicht enden wollenden europäischen Konflikten. Mit der Unabhängigkeit spannen sie ihre Netzwerke weiter. So befuhren schon seit den frühen 1790ern US-amerikanische Walfänger den Pazifik entlang den Küsten Südamerikas bis nach Kalifornien. US-amerikanische Handelsschiffe konnten die Waren liefern, die Lateinamerika anders nicht mehr erreichten. Damit ergaben sich in den Hafenstädten Möglichkeiten persönlichen Kontakts zwischen Amerikanern des Nordens und des Südens. 1798 eröffneten die USA ihr erstes Konsulat auf Kuba und zwei Jahre später in Venezuela. Zwischen 1797 und 1801 stieg der Export der Vereinigten Staaten nach Hispanoamerika um 600%, der Import von dort gar um 750%. Als Spanien 1799 versuchte, diese Entwicklung durch ein erneutes Verbot des neutralen Handels wieder rückgängig zu machen, zeigte sich seine Schwäche unmissverständlich. Die Autoritäten vor Ort setzten sich über die Befehle hinweg und begründeten dies mit militärischen Erwägungen. Als 1805 in der Seeschlacht von Trafalgar auch Spanien seine Flotte verlor, war an die Durchsetzung der spanischen Kontrolle über die Kolonien überhaupt nicht mehr zu denken.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts, so lässt sich resümieren, hatte sich die internationale Konstellation entscheidend gewandelt. Spanien hatte seinen Großmachtstatus endgültig eingebüßt und war effektiv nicht mehr in der Lage, seine Kolonien zu schützen und zu versorgen. Trotz des Verlusts einiger nordamerikanischer Kolonien hatte England dagegen seine Rolle als Herrscherin über die Weltmeere entscheidend ausgebaut. Die USA aber hatten bereits eine Entwicklung genommen, die dem spanischen Reich langfristig gefährlicher werden sollte als die Rivalen aus der Alten Welt.

Lateinamerika und die USA

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