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4. Das Kommunikationssystem des Dramas

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Kommunikation bezeichnet ein Verhalten oder ein Handeln mit dem Ziel, bei einem Gegenüber Veränderungen herbeizuführen (Rusch 2000). Kommunikative Akte werden vollzogen, indem man Sprache, Laute, Gebärden, Gesten und Mimik einsetzt – insgesamt also durch Zeichen, die ein Akteur zeigt bzw. aufführt, um bestimmte Absichten zu verfolgen. Dies geschieht mit dem Ziel, den Zustand, das Verhalten oder Handeln einer anderen Person im Wissen, in ihren Einstellungen, Werthaltungen, Stimmungen, Fähigkeiten und Fertigkeiten zu verändern.

Kommunikationsmodelle

Die elementare Form eines Kommunikationsmodells besteht darin, dass ein Sender (S) durch Gebrauch von Zeichen einem Empfänger (E) eine Botschaft übermittelt. Das Kommunikationsmodell erzählerischer Texte lässt sich dann mit Pfister (1988, 20–22) folgendermaßen beschreiben: Ein realer Autor (S3) erfindet einen Erzähler (S2), der Figuren als Sender und Empfänger (S1/E1) erfindet, um damit den fiktiven Leser (E2), der im epischen Text vom Erzähler (S2) angesprochen wird, als Stellvertreter des empirischen Lesers (E3) zu adressieren:


In dramatischen Texten dagegen sind die Positionen S2 und E2 nicht besetzt, denn hier fällt das vermittelnde Kommunikationssystem aus:


Genau dieser Wegfall erzeugt den „Eindruck unmittelbarer Gegenwärtigkeit“ (ebd., 23). Der Verlust an kommunikativem Potential wird in Dramen auf unterschiedliche Weise ausgeglichen: zum einen durch die theatralischen Codes und Kanäle, die teilweise die Funktion S2 – E2 übernehmen können; zum anderen durch Verlagerung auf das innere Kommunikationssystem, indem beispielsweise S1/E1 den Zuschauer E3 anreden, wie es im Sprechen ad spectatores geschieht. Schließlich können narrative Verfahren die Funktionsstelle S2 im Drama übernehmen: etwa durch den Chor in der antiken Tragödie oder mittels Figuren, die wie im Prolog außerhalb der Handlung angesiedelt sind.

Absolutheit

Insoweit im Drama das vermittelnde Kommunikationssystem S2 – E2 fehlt, spricht man von seiner Absolutheit: „Das Drama ist absolut. Um reiner Bezug, das heißt: dramatisch sein zu können, muß es von allem ihm Äußerlichen abgelöst sein. Es kennt nichts außer sich. Der Dramatiker ist im Drama abwesend. Er spricht nicht, er hat Aussprache gestiftet […]; keineswegs dürfen sie [die Worte] als vom Autor herrührend aufgenommen werden. […] Sowenig die dramatische Replik Aussage des Autors ist, sowenig ist sie Anrede an den Zuschauer“ (Szondi 1963, 15; kritisch dazu Korthals 2003, 104ff.). Im absoluten Drama, das vom Drama des französischen Klassizismus als Norm ausgeht, erscheint das Spiel so, als laufe es ohne Bezug auf den Zuschauer ab. Dieser Eindruck schlägt sich in der Rede von der ‚vierten Wand‘ nieder. Spätestens in der Moderne wird diese Absolutheit durch variantenreiche Formen der Episierung irritiert oder gar aufgehoben.

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