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aa) Gegenstand, Erzwingbarkeit, Form
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Gegenstand des Sozialplans ist gemäß § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG die Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge einer Betriebsänderung entstehen. In der Praxis werden die Verhandlungen über den Sozialplan regelmäßig mit den Verhandlungen über den Interessenausgleich verknüpft, soweit ein solcher nicht ausnahmsweise (wie in Tendenzbetrieben nach § 118 BetrVG) entbehrlich ist. Abweichungen im Verfahrensverlauf ergeben sich bereits daraus, dass der Sozialplan anders als der Interessenausgleich nicht nur „versucht“, sondern tatsächlich abgeschlossen werden muss.
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Diese Verbindung macht regelmäßig Sinn, da nur dann näher über die abzumildernden Nachteile verhandelt werden kann, wenn die Einzelheiten der durchzuführenden Maßnahmen konkretisiert werden. Auch macht der Betriebsrat den Abschluss des Interessenausgleichs regelmäßig von dem Abschluss des Sozialplans abhängig. Zwingend ist dies jedoch nicht. Auf diese Weise kann der Betriebsrat die Durchführung zwar verzögern, aber nicht verhindern. Hier gilt in der Praxis letztlich: je eher die Einigungsstelle angerufen wird, desto schneller kann die Umsetzung erfolgen.
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Abgesehen von den Fällen des § 112a BetrVG (vgl. dazu Rn. 170) ist ein Sozialplan bei jeder Betriebsänderung i.S.d. § 111 BetrVG abzuschließen und seine Aufstellung über eine Einigungsstelle erzwingbar. Die Erzwingbarkeit betrifft allerdings nur Regelungen über den Ausgleich oder die Abmilderung der durch die konkrete Betriebsänderung entstehenden Nachteile. Die Einigungsstelle ist nicht zuständig für darüber hinausgehende Maßnahmen wie etwa die Aufstellung von Rahmensozialplänen. Entsprechende Rahmenvereinbarungen können freiwillig vereinbart werden, sind aber dem Spruch der Einigungsstelle entzogen.[285]
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Die Sozialplanpflicht besteht auch dann, wenn der Arbeitgeber einen Interessenausgleich nicht versucht hat oder der Versuch gescheitert ist. Unabhängig von etwaigen Nachteilsausgleichsansprüchen (§ 113 BetrVG) ist der Arbeitgeber damit grundsätzlich auch nach Durchführung der Betriebsänderung, etwa durch Ausspruch der Kündigungen nach Scheitern der Verhandlungen oder in Fällen des § 118 BetrVG (Tendenzschutz), zum Abschluss eines Sozialplans verpflichtet, so dass die Zuständigkeit der Einigungsstelle und damit die Erzwingbarkeit nicht allein deshalb entfällt, weil die Maßnahme umgesetzt wurde.[286]
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Verbleiben Zweifel, ob eine Betriebsänderung vorliegt, können Arbeitgeber und Betriebsrat vorsorglich einen Sozialplan abschließen. Dies hat das BAG etwa für den Fall anerkannt, dass bei der Kündigung eines Auftrages über bestimmte Dienstleistungen und Neuvergabe dieses Auftrages an einen anderen Auftragnehmer ungewiss bleibt, ob ein Betriebsübergang vom bisherigen auf den neuen Auftragnehmer vorliegt oder ob der bisherige Auftraggeber seinen Arbeitnehmern – vorsorglich – betriebsbedingt kündigen muss.[287] Denkbar ist auch, dass zwischen dem Arbeitgeber und dem Gesamtbetriebsrat vorsorglich ein Sozialplan vereinbart wird, der für eine Vielzahl künftig möglicher, noch nicht geplanter Betriebsänderungen den Ausgleich oder die Milderung wirtschaftlicher Nachteile vorsieht; sieht der örtliche Betriebsparteien im Falle einer konkreten Betriebsänderung dann von einer eigenen Regelung ab, beansprucht dieser Rahmensozialplan Geltung.[288] Anlässlich einer konkreten Betriebsänderung können die Betriebsparteien freiwillige Dauer- oder Rahmensozialpläne aber auch einvernehmlich abändern.[289]
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Die Regelung des § 112a Abs. 1 BetrVG schränkt die Erzwingbarkeit in Fällen des Personalabbaus ein. Danach hängt eine Erzwingbarkeit über die Einigungsstelle in Fällen, in denen eine geplante Betriebsänderung i.S.d. § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG allein in der Entlassung von Arbeitnehmern besteht und keine weiteren Umstände hinzukommen, die eine Betriebsänderung begründen können, davon ab, dass bestimmte Schwellenwerte erreicht werden. Stellen etwaige zu dem Personalabbau hinzu tretende Änderungen selbst oder unter Einbeziehung des Personalabbaus ihrerseits eine Betriebsänderung dar, entfällt diese Beschränkung und es ist nach § 112 Abs. 4 BetrVG ein Sozialplan erzwingbar.[290]
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Die Regelungen des § 17 KSchG finden bei einem reinen Personalabbau keine Anwendung. Die maßgeblichen Schwellenwerte richten sich nach den Vorgaben des § 112a Abs. 1 BetrVG:
Betriebsgröße (in der Regel beschäftigte Arbeitnehmer (Arbeitnehmer) | Anzahl Entlassungen |
---|---|
< 60 Arbeitnehmer | 20 % oder mind. 6 Arbeitnehmer |
mind. 60 < 250 Arbeitnehmer | 20 % oder mind. 37 Arbeitnehmer |
mind. 250 < 500 Arbeitnehmer | 15 % oder mind. 60 Arbeitnehmer |
mind. 500 Arbeitnehmer | 10 %, mind. aber 60 Arbeitnehmer |
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Als Entlassung gilt nach § 112a Abs. 1 Satz 2 BetrVG auch das vom Arbeitgeber aus Gründen der Betriebsänderung „veranlasste“ Ausscheiden von Arbeitnehmern aufgrund von Aufhebungsverträgen. Dem werden Eigenkündigungen, die der Arbeitgeber „veranlasst“ hat, gleichgestellt. Eine solche Veranlassung wird bejaht, wenn der Arbeitgeber bei dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit einer konkret geplanten Betriebsänderung die berechtigte Annahme hervorgerufen hat, mit der eigenen Initiative komme er einer ansonsten erfolgenden betriebsbedingten Kündigung des Arbeitgebers zuvor.[291]
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Hinsichtlich der Zusammenrechnung der Anzahl der entlassenen Arbeitnehmern gelten die allgemeinen Grundsätze, die im Rahmen des § 111 BetrVG entwickelt wurden: bei einem stufenweisen Abbau ist entscheidend, ob dieser auf einer einheitlichen Planung beruht.[292]
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Auf Betriebe eines Unternehmens in den ersten vier Jahren nach seiner Gründung findet § 112 Abs. 4 und 5 BetrVG keine Anwendung, d.h. der Sozialplan ist hier nicht erzwingbar. Das gilt für alle Betriebsänderungen, auch solche, die nicht unter § 112a Abs. 1 BetrVG fallen. Keine Anwendung findet diese Privilegierung allerdings für Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen. Hierdurch soll die Umgehung erzwingbarer Sozialpläne durch konzerninterne Neugründungen verhindert werden.[293] Maßgebend für den Zeitpunkt der Gründung ist nach § 112a Abs. 2 Satz 3 BetrVG die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, die nach § 138 der Abgabenordnung dem Finanzamt mitzuteilen ist.
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Umstritten ist, ob für die Wahrung der 4-Jahres-Frist der Entschluss oder die Durchführung der Betriebsänderung maßgeblich ist. Zum Teil wird auch auf den Spruch der Einigungsstelle abgestellt.[294] Nach zutreffender Ansicht ist auf den Beginn der Durchführung der Betriebsänderung abzustellen, die ein objektivierbares Kriterium darstellt.[295]
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Der Sozialplan bedarf der Schriftform, d.h. er ist schriftlich zu vereinbaren und bedarf der eigenhändigen Unterschrift des Betriebsratsvorsitzenden (bzw. seinem Vertreter). Davon, dass die Textform ausreicht, wird man nicht ausgehen können[296].
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Zuständig für den Abschluss des Sozialplans ist regelmäßig der örtliche Betriebsrat. Die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats richtet sich nach den allgemeinen Regeln, so dass seine Zuständigkeit nur dann gegeben ist, wenn ein zwingendes Bedürfnis für eine betriebsübergreifende Ausgleichsregelung besteht (§ 50 BetrVG).[297] Aus der Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats für die Vereinbarung eines Interessenausgleichs folgt nicht zwingend die gesetzliche Zuständigkeit für den Abschluss eines Sozialplans. Dafür ist das Vorliegen der Voraussetzungen des § 50 Abs. 1 BetrVG gesondert zu prüfen. Ob danach ein zwingendes Bedürfnis nach einer zumindest betriebsübergreifenden Regelung besteht, oder die Nachteile betriebsbezogen auszugleichen sind, bestimmt sich insbesondere nach Gegenstand und Ausgestaltung der Betriebsänderung im Interessenausgleich sowie nach den im Einzelfall den Arbeitnehmern hierdurch entstehenden Nachteilen.[298]
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Entscheidend ist damit zunächst, ob ein mit dem Gesamtbetriebsrat nach § 50 Abs. 1 BetrVG vereinbarter Interessenausgleich Betriebsänderungen regelt, die einzelne Betriebe unabhängig voneinander betreffen, oder eine solche, die sich auf einen Betrieb beschränkt. In beiden Fällen ist ein unternehmensweiter Ausgleich der wirtschaftlichen Nachteile im Sozialplan nach der Rechtsprechung des BAG nicht zwingend.[299] Erfassen die im Interessenausgleich vereinbarten Betriebsänderungen hingegen mehrere oder gar sämtliche Betriebe des Unternehmens und ist die Durchführung des Interessenausgleichs abhängig von betriebsübergreifend einheitlichen Kompensationsregelungen in dem noch abzuschließenden Sozialplan, so kann diese Aufgabe von den Betriebsräten der einzelnen Betriebe nicht mehr wahrgenommen werden; sie ist dem Gesamtbetriebsrat zugewiesen. Das BAG spricht hier von einem „Abhängigkeitsverhältnis“ zwischen unternehmensweiten Betriebsänderungen und einer darauf abstellenden Sozialplanregelung zum Ausgleich von Arbeitsplatzverlusten und sonstigen wirtschaftlichen Nachteilen. Zu bejahen kann dies etwa dann sein, wenn für das Unternehmen ein Insolvenzantrag gestellt ist und zur Abwendung der Insolvenz ein unternehmenseinheitliches Sanierungskonzept aufgestellt wird, das nur auf der Grundlage eines bestimmten, auf das gesamte Unternehmen bezogenen Sozialplanvolumens realisiert werden kann. Denn hiermit ist notwendiger Weise die Entscheidung darüber verbunden, wie dieses Gesamtvolumen auf die betroffenen Arbeitnehmer verteilt werden soll.[300]
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Auf Arbeitgeberseite kann im Gemeinschaftsbetrieb zweifelhaft sein, wer Verhandlungspartner des Sozialplans ist. Denkbar ist, dass ein gemeinsamer Sozialplan mit allen beteiligten Arbeitgebern geschlossen wird, oder getrennte Sozialpläne. Die Entscheidung hierüber liegt bei den Betriebsparteien. Allerdings kann ein Sozialplan nur gegenüber dem Vertragsarbeitgeber erzwungen werden (vgl. Rn. 165).[301]