Читать книгу Das Verhältnis des Vermögensnachteils bei der Untreue (§ 266 StGB) zum Vermögensschaden beim Betrug (§ 263 StGB) unter besonderer Berücksichtigung des Gefährdungsschadens - Steffen Evers - Страница 13
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C. Ziel der Arbeit und Gang der Untersuchung
Teil 1 Einleitung › C. Ziel der Arbeit und Gang der Untersuchung › I. Ziel der Arbeit
I. Ziel der Arbeit
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Ziel der Arbeit ist die Neuinterpretation des Verhältnisses der Begriffe Vermögensnachteil und Vermögensschaden.
Diese sollen jeweils hinsichtlich ihres Inhalts untersucht und auf eine feste Grundlage gestellt werden. Durch die Herausbildung klarer Kriterien wird dann eine trennscharfe Abgrenzung von Versuchs- und Vollendungsunrecht ermöglicht.
Zusätzlich soll auch der wirtschaftlichen Praxis Rechnung getragen werden, indem den im Wirtschaftsleben handelnden Akteuren die Grenze krimineller Vermögensverletzung vor Augen geführt wird. Dadurch wird die Notwendigkeit berücksichtigt, im Wirtschaftsleben auch risikobehaftete Entscheidungen zu treffen.
Die Untersuchung soll schließlich zur rechtspolitischen Diskussion um die Leistungsfähigkeit des Strafrechts beitragen. Sie soll anhand des Wirtschafsstrafrechts helfen, die Diskussion zu systematisieren, Fehlentwicklungen zu enttarnen und Lösungswege aufzuzeigen. Letztendlich soll sie damit einen Beitrag zur Rekonturierung des teils konturlosen deutschen Wirtschaftsstrafrechts leisten.
Teil 1 Einleitung › C. Ziel der Arbeit und Gang der Untersuchung › II. Gang der Untersuchung
II. Gang der Untersuchung
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Den Rahmen der Untersuchung bilden die für das Verhältnis der Begriffe Vermögensnachteil und Vermögensschaden in Betracht kommenden Möglichkeiten. Nach einer ersten Analyse kommen vier mögliche Varianten in Betracht.
Den Ausgangspunkt bildet die herrschende Vorstellung eines Gleichlaufs der beiden Begriffe (Rn. 24 ff.). Diese wird im Rahmen der Untersuchung wegen ihrer scheinbaren Unumstößlichkeit und Absolutheit als „Dogma der Identität“ bezeichnet. Bei der Darstellung des status quo wird mit der Untersuchung des Begriffs des Vermögensschadens als Angelpunkt des „Dogmas der Identität“ begonnen (Rn. 25 ff.). Dabei wird in einem ersten Schritt die Grundlage einer Begriffsdefinition gelegt, der Vermögens- und Schadensbegriff erläutert sowie das Prinzip der Gesamtsaldierung eingeführt. In einem zweiten Schritt werden dann die Sonderformen der Schadensermittlung, individueller Schadenseinschlag und Zweckverfehlungslehre, kritisch gewürdigt und die Rechtsfigur der „schadensgleichen Vermögensgefährdung“ eingeführt, deren vielschichtige Interpretationsmöglichkeiten und Unwägbarkeiten anhand der relevanten Fallgruppen dargelegt. Es wird zu zeigen sein, dass sich dabei ein diffuses Bild unklarer dogmatischer Strukturen und unterschiedlichster Kriterien in den verschiedensten Fallgruppen ergibt. Gleichsam wird auch die der Rechtsfigur innewohnende Extensionsanfälligkeit aufgezeigt. Im Rahmen der nachfolgenden Untersuchung des Begriffs des Vermögensnachteils (Rn. 211 ff.) werden die Schwächen der gegenwärtigen Dogmatik durch die Darstellung der relevanten Fallgruppen ebenfalls deutlich.
Die zweite Möglichkeit des Verhältnisses ist eine Ausweitung des untreuerechtlichen Nachteilsbegriffs über die Grenzen des Vermögensschadens hinaus (Rn. 276 ff.). Diese Entwicklung ist v.a. in einigen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zur Untreue durch Bildung von sog. schwarzen Kassen festzustellen, die einer ausführlichen Prüfung unterzogen werden. Einen besonderen Schwerpunkt soll dabei aufgrund seiner Bedeutung das Urteil zur Siemens-Korruptionsaffäre darstellen.
Der darauf folgende Abschnitt widmet sich der Möglichkeit einer Restriktion (Rn. 324 ff.). Dabei werden zwei Restriktionsansätze unterschieden, wobei der erste zur Aufrechterhaltung des „Dogmas der Identität“ führt, während der andere dieses aufgibt.
Als dritte Möglichkeit des Verhältnisses kommt zunächst eine beiderseitige Einschränkung der Begriffe auf einen klar fassbaren Begriffskern unter Beibehaltung des „Dogmas der Identität“ in Betracht. Im Mittelpunkt steht hier eine Untersuchung des Verfassungsrechts (Rn. 326 ff.). Dabei werden zunächst die relevanten verfassungsrechtlichen Prinzipien dargestellt und ihre jeweiligen Auswirkungen auf die Begriffe Vermögensnachteil und Vermögensschaden sowie die Anerkennung einer Tatvollendung durch Vermögensgefährdung untersucht. Unter der Federführung des Verfassungsrechts wird dann eine verdeutlichende Definition der Begriffe entwickelt. Im Anschluss wird deren Notwendigkeit auch aus wirtschaftspolitischer (Rn. 432 ff.) und strafrechtspolitischer Perspektive (Rn. 448 ff.) nachgewiesen.
Als vierte und letzte Möglichkeit des Verhältnisses kommt, ausgehend von der restriktiven Definition, abschließend noch ein engeres Verständnis des Begriffs des Vermögensnachteils in Betracht (Rn. 484 ff.).
Durch Auswertung der bezüglich der vier Möglichkeiten gewonnenen Erkenntnisse wird anschließend ein Gesamtergebnis zum Verhältnis der Begriffe Vermögensnachteil und Vermögensschaden formuliert, dieses Verhältnis sodann „neu“ interpretiert (Rn. 539 ff.), bevor im Anschluss die Auswirkungen dieser Neuinterpretation dargestellt werden (Rn. 543 ff.).
Dabei werden sowohl die eingangs erwähnten Veränderungstendenzen im Strafrecht, als auch die Vorteile der vorgenommenen Konturierung im Hinblick auf Wissenschaft und Praxis zusammenfassend erläutert. Letztlich wird auch die Frage nach der Existenzberechtigung der Figur der „schadensgleichen Vermögensgefährdung“ beantwortet. Im Rahmen dessen wird auch ein Blick auf die Betrugs- und Untreuekodifikationen anderer europäischer Staaten geworfen. Abschließend werden die Ergebnisse auf die im Rahmen der Untersuchung behandelten Fallgruppen angewendet sowie ein Ausblick auf die zu erwartende strafrechtliche Aufarbeitung der Weltwirtschaftskrise gewagt.
Teil 4 (Rn. 632 ff.) beinhaltet dann abschließend eine Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse der Untersuchung.