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Der „homerische Trottel“ wird zum Gott

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Dass Alexander, der den Krieg schlichtweg fortführen musste, um den hohen Erwartungen seines kampfbereiten Adels zu entsprechen, von Anfang an auch persönliche Ziele hatte, steht außer Frage. Väterlicherseits stammte er von Herakles, dem berühmtesten Helden des Altertums, ab, mütterlicherseits von Achilleus, dem besten achäischen („griechischen“) Krieger im Trojanischen Krieg. Ihnen und anderen Heroen nachzueifern und sie sogar zu übertrumpfen wurde frühzeitig sein oberstes Ziel. Er wurde zu Unrecht von dem berühmten athenischen Redner und entschiedenen Makedoniergegner Demosthenes kurz nach seinem Regierungsantritt als Margites – ein Trottel aus einem Spottgedicht, das Homer zugeschrieben wird – bezeichnet, denn er hatte bereits als Stellvertreter seines Vaters sowie als blutjunger Feldherr großes Geschick bewiesen.

Nach der Thronbesteigung im Herbst 336 v. Chr. gelang es Alexander, die Titel und Privilegien Philipps in der Heimat, in Griechenland und auf dem Balkan für sich zu sichern und die keineswegs befriedete Situation weitgehend zu klären. Mit einem Jahr Aufschub konnte er den Feldzug nach Persien angehen. Den anfänglichen Zweiflern am Erfolg dieses nahezu größenwahnsinnigen Unterfangens sollte bald die Spucke wegbleiben: Mit einer Mischung aus menschenverachtender Aggression, militärischem Geschick, Einfühlungs- und Organisationsvermögen sowie dank der professionellen Armee seines Vaters, vielfältigen Experten in seinem mobilen Hofstaat sowie unzähligen Zufällen gelang es dem jungen König, nicht nur die Westküste Kleinasiens, sondern auch Phönizien und Ägypten ein- und verschiedene Titel anzunehmen. Er besiegte seinen Hauptgegner, den letzten Achämenidenkönig Dareios III., in zwei großen Schlachten und stellte sich nach dessen Ermordung in dessen Nachfolge. Bereits aus dem Grund, der zweihundertjährigen Erfolgsgeschichte des Achämenidenreichs, des vielleicht ersten Weltreichs, ein Ende gesetzt zu haben, markiert Alexanders Persienfeldzug eine Zäsur in der Geschichte der Menschheit.

Alexander interessierte sich jedoch nicht für den Titel Großkönig, sondern schuf eine ganz auf sich zugeschnittene Herrschaft über „ganz Asien“, die wahrscheinlich auch den altorientalischen Gedanken der Universalherrschaft aufgriff. Die spätere Reichsidee, die vor allem das römische und das mittelalterliche Kaisertum trug, geht über die hellenistischen Könige, die sich häufig auf Alexander beriefen und sich mit seinen Attributen porträtieren ließen, auf den Makedonierkönig zurück. Auch der römische Kaiserkult ahmte die göttlichen Ehren, die Alexander und seinen hellenistischen Nachfolgern in vielen Städten zuteil geworden waren, nach.

Alexanders Charakter zeichnet sich durch einen großen Zwiespalt aus. Die Quellen berichten von einem Mann, der von einer Kraft getrieben wurde, die selbst ihm Nahestehende kaum verstehen konnten. Sie wird als pothos (lat. cupido) bezeichnet und meint ein unbändiges Verlangen nach großen Taten und nach der Ferne. Das ihm eigene Wechselspiel aus nüchternem Pragmatismus und irrationalem Handeln beschäftigt Menschen noch nach mehr als zwei Jahrtausenden. Die Faszination für den schwierigen, zähen und zugleich brutalen Makedonier, der obendrein heldenhaft in jungen Jahren gestorben war, sowie der Neid vieler Staatsmänner und Feldherren auf seine schier unnachahmbaren Taten hatten langfristige Folgen auch für Literatur und Kunst.

Autoren, Bildhauer oder Maler verschiedener Nationen und Völker in der Spätantike, im Mittelalter und noch in der Neuzeit nutzten seine Figur für ihre eigenen Absichten und Darstellungen, interpretierten die zahlreichen wahrhaft merkwürdigen Ereignisse auf ihre Weise. Der sogenannte „Alexanderroman“ avancierte zu einem der erfolgreichsten Bücher der Menschheitsgeschichte. Über niemanden sonst hat besonders die fiktionale Literatur so viel „gesponnen“ wie über den Makedonierkönig.

Der König von Asien

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