Читать книгу Bibi & Tina - Der mysteriöse Fremde - Stephan Gürtler - Страница 6

Kapitel 4 Die Schlossführung

Оглавление

Da sie schon vor Ort waren, blickte sich Gregorius Silberstein zunächst einmal mit großem Interesse in der Gemäldegalerie um. »Manche Krankheiten haben ihre Wurzeln in der Vergangenheit«, murmelte Silberstein, während er ein Gemälde von Schlossgründer Leo von Falkenstein musterte. Er wandte sich wieder an den Grafen: »Aber hier spüre ich nichts, was mit Ihrer Schlaflosigkeit zusammenhängt. Wir können weiter.«

Bibi, Tina und Alex warfen sich einen Blick zu – dieser Heiler war wirklich seltsam. »Und ich dachte schon, dass deine Ururoma Ottilie an der Schlaflosigkeit deines Vaters schuld ist«, kicherte Tina und stieß Alex mit dem Ellbogen an.

Dann führte der Graf den geheimnisvollen Besucher in die Schatzkammer. Vor dem Glaskasten mit der Hufeisensammlung hielt er an. Bibi ahnte, dass gleich ein Vortrag kommen würde. Denn auf seine Hufeisensammlung war der Graf sehr stolz.

»Es handelt sich hier um historische Hufeisen, die unter Sammlern hohe, ja höchste Preise erzielen würden«, erklärte der Graf. »Vor allem aber hat die Sammlung für mich persönlich unermesslichen Wert, da es sich um die Hufeisen meiner Vorfahren handelt«, fügte er hinzu. »Äh, ich meine natürlich ihrer Pferde.«

Gregorius Silberstein zog ein schwarzes Notizbüchlein und einen Bleistift aus seiner Jackentasche und machte sich Notizen.

»Mit Ihrer Migräne und der Schlaflosigkeit haben die Hufeisen aber nichts zu tun«, sagte er dann.

»Wir können weitergehen.«

Der Graf führte ihn in sein Arbeitszimmer. Langsam umkreiste Gregorius Silberstein den gräflichen Schreibtisch.

»Darf ich?«, fragte er.

Ohne eine Antwort abzuwarten, ließ er sich auf dem bequemen Schreibtischstuhl des Grafen nieder und lehnte sich entspannt zurück. Mit eindringlichen Blicken sah er sich um, ja, es schien fast so, als würde er den gesamten Raum mit seinen Augen abtasten. Dann sprang er unvermittelt auf. »Wir können weiter«, sagte er. »Hier ist alles in Ordnung.« Nun kam die angrenzende Bibliothek an die

Reihe, in der sich die Familienchronik befand.

Gregorius Silberstein unterbrach den Grafen sofort, als dieser auch darüber einen Vortrag halten wollte. Sie sollten sich lieber das gräfliche Schlafzimmer ansehen, verlangte er.

»Ähem, ja natürlich«, erwiderte der Graf. »Wie Sie wünschen.«

Im Schlafzimmer angekommen, blickte Gregorius Silberstein sich abermals gründlich um. Die Stirnseite des Raums nahm ein breites Bett aus wertvollem, blau gestrichenem Rosenholz ein, das von einem Baldachin gekrönt wurde. Das Bett war sicher sehr alt. Vermutlich hatten schon sämtliche Vorfahren des Grafen darin geschlafen, dachte Bibi. Daneben stand eine ebenfalls alte Kirschholzkommode, auf der eine Schatulle mit wertvollen Beschlägen thronte.

Silbersteins Augen leuchteten auf. »Was ist in dieser Schatulle?«, fragte er scharf.

»Nun äh …« Der Graf zögerte, ehe er weitersprach. »Darin befindet sich wertvoller Familienschmuck, der teilweise noch aus dem 16. Jahrhundert stammt. Normalerweise bewahre ich ihn in der Schatzkammer auf. Allerdings gab es in letzter Zeit mehrere Einbrüche in der Gegend, deshalb habe ich die Schatulle hierhergebracht. Ich dachte, ich könnte ruhiger schlafen, wenn sie sich auch nachts in meiner Nähe befindet.«

Gregorius Silberstein notierte wieder etwas in seinem Büchlein. Dann nickte er, als hätte er des Rätsels Lösung gefunden.

»Diese Schatulle ist für Ihre Beschwerden verantwortlich«, sagte er.

»Wie bitte?« Der Graf machte ein Gesicht, als habe er sich verhört.

»Edle Metalle und Steine senden Schwingungen aus«, erklärte der Mann und seine Augen funkelten dabei, als wären sie selbst Edelsteine. »Manchen Menschen können diese Schwingungen den Schlaf rauben und dies führt zu weiteren Problemen. Ich empfehle Ihnen, die Schatulle wieder in die Schatzkammer zu bringen, Herr Graf.«

Damit wandte er sich von der Kommode ab und schritt weiter durch den Raum. Vor dem großen Bett blieb er abermals stehen. Langsam hob er seine Hände und streckte sie mit den Handflächen dem Bett zugewandt aus. Sie begannen leicht zu zittern.

»Hier gibt es eine weitere Störung«, sagte er.

»Sie sollten das Bett umstellen, am besten an die andere Wand.«

»Aber das Bett steht schon immer hier«, erwiderte der Graf.

Gregorius Silberstein nickte. »Ich spüre hier eindeutig eine störende Energie«, sagte er geduldig.

»Woher sie kommt und seit wann sie besteht, kann ich nicht sagen. Ich weiß nur, dass sie da ist.«

»Selbstverständlich«, stimmte der Graf zu. Dann schwieg er einige Sekungen lang nachdenklich.

»Ich werde Ihren Anordnungen Folge leisten«, fügte er schließlich hinzu. »Haben Sie noch andere Empfehlungen für mich?«

»Nein. Stellen Sie die Schatulle in die Schatzkammer und das Bett an die andere Wand, dann werden Sie schlafen wie ein Murmeltier.«

Silberstein lächelte kurz.

»Nun, das hoffe ich«, sagte der Graf. »Wenn ich Sie jetzt noch einmal in mein Büro bitten dürfte. Dort habe ich Ihr Honorar hinterlegt.«

Sie verließen das Schlafzimmer. Während der Graf mit dem Heiler Richtung Arbeitszimmer schritt, kehrten Bibi, Tina und Alex in Alexʼ Zimmer zurück.

»Erst lässt dieser Typ sich eine Schlossführung geben, dann fläzt er sich auf dem Stuhl deines Vaters herum und am Ende verlangt er auch noch Geld dafür!«, rief Tina empört, als sie die Tür geschlossen hatten.

Alex nickte. »Aber echt! Von wegen störende Schwingungen. Dass ich nicht lache! Der nimmt Vater doch nur aus!«

Die drei waren ans Fenster getreten und blickten in den Hof hinab, wo Gregorius Silberstein jeden Moment auftauchen musste.

Kurz darauf sahen sie, wie er das Schloss verließ. Bevor er in sein Auto stieg, warf er einen Blick zu dem Fenster hinauf, hinter dem die drei standen. Unwillkürlich wichen sie zurück.

»Ein unheimlicher Typ!«, sagte Tina etwas erschrocken. »Was hältst du eigentlich von ihm, Bibi?«

Bibi überlegte eine Weile und zuckte mit den Schultern. »Weiß ich noch nicht so genau. Ich glaube nicht, dass er ein Betrüger ist. Es gibt Menschen mit besonderen Fähigkeiten, aber irgendetwas … stimmt nicht mit ihm.« Sie zeigte auf ihre Nase.

»Meine Hexennase juckt ein bisschen. Ihr wisst ja, was das bedeutet.«

Als sie wieder zum Fenster hinausblickten, hatte das Auto den Schlosshof verlassen. Sie blickten ihm hinterher, wie es auf der Straße immer kleiner wurde.

»Wir brechen jetzt auch auf«, sagte Tina. »Wir waren ziemlich lange unterwegs.«

»Alles klar!« Alex lächelte sie an. »Danke für den Schal, Tina. Mein Hals tut schon fast nicht mehr weh. Was macht ihr eigentlich morgen?«

»Da müssen wir Holger und Mutti bei der Stallrenovierung helfen«, sagte Tina. »Aber übermorgen haben wir Zeit. Das ist Bibis letzter Tag und wir haben frei.«

»Super, dann lasst uns zusammen ausreiten.

Übermorgen bin ich bestimmt wieder topfit«, lachte Alex.

Er brachte Bibi und Tina zur Tür. Die beiden nahmen ihre Pferde von Harry in Empfang, schwangen sich in die Sättel und ritten zurück zum Martinshof.


Bibi & Tina - Der mysteriöse Fremde

Подняться наверх