Читать книгу Torres del Paine - Stephan Hamacher - Страница 24

Timor

Оглавление

Noch während wir die Attacke auf Matacan vorbereiteten wurden wir überrascht. Die Insulaner griffen zu allem, dessen sie habhaft werden konnten, um unseren Plan zu durchkreuzen. Wir erlitten fürchterliche Verluste. Fernão sprang über Bord und nahm den Kampf auf, um den Rückzug unserer Mannen zu decken, Da traf ihn ein Pfeil. Das Geschoss durchschlug seinen Oberschenkel, so, wie ein scharfes Messer den Zwieback schneidet. Die Pfeilspitze, dessen waren wir uns nur allzu bald gewiss, war mit einem fatalen Gift durchtränkt. Trotzdem wehrte sich der tapfere Fernão nach allen ihm verbliebenen Leibeskräften. Doch Gottes Gnade schien ihm nicht hold. Kurz, nachdem ihn der Wüterich getroffen hatte, wurde er von zwei Lanzenstößen niedergestreckt. Einer traf ihn in der Seite unter dem rechten Arm, der andere ins Antlitz. Für unseren Kapitän gab es keine Hoffnung mehr, er verschied am Strand der vermaledeiten Insel Macatan.

Nun, nach diesem gescheiterten Angriff unsererseits, sagte sich auch der Fürst von Sugbo los von der Gnade des Herrn und dem Schutz der spanischen Krone. Welch feige Lumpen diese Wilden doch im Grunde ihrer verrotteten Herzen sind! Wir griffen an, und wir verloren fünfunddreißig Mann im Kampfe. Es gelang uns der Rückzug mit knapper Not, doch waren unsere Kräfte derart dezimiert, dass wir handeln mussten, um zu überleben. Wir waren nur noch wenige. So wenige, dass wir auch die dezimierte Flotte von drei Schiffen nicht mehr sicher zu navigieren vermochten. Also versenkten wir die Concepción und verteilten die Besatzung auf die beiden übrig gebliebenen Schiffe, die Trinidad und die Victoria. Nun, da Fernão sein Leben verloren hatte und bei seinem Schöpfer war, bedurften wir eines neuen Anführers. Die Wahl fiel auf einen Mann, der noch zu Beginn der Reise ein einfacher Bootsmann gewesen war ­- Juan Sebastián Elcano, der die Victoria führte. Ihm zur Seite stand der Kapitän der Trinidad, Gonzalo Gómez de Espinosa. Aber es war der Baske Juan Sebastián Elcano, seit vielen Jahren Diener der Armada Española, der das Werk von Fernão vollenden sollte. Seiner Umsicht haben wir es zu verdanken, dass unsere Fahrt nicht schon in Sugbo mit dem Tode in der allgegenwärtigen Finsternis geendet hat.

Wir beteten für Fernãos Seele, denn Gebete waren der einzige Gottesdienst, den wir ihm in diesen Stunden noch erweisen durften. Dann ließen wir notgedrungen seine Gebeine in der Fremde zurück und setzten die Segel, fort von dieser Hölle der Unmenschen und auf zu neuen Ufern.

Wir landeten schließlich in Burne, einer großen Insel, auf der ein mächtiger Sultan herrschte. Zwar gab es auf Burne konkurrierende Fürsten, doch keiner war so groß und voller der Kraft wie jener, dessen Vasallen ihm ergeben zu Diensten waren. Wir blieben fünfunddreißig Tage unter der Obhut des Regenten an der Flussmündung. Wir nutzten die Tage, um uns von den Strapazen zu erholen, um die schrecklichen Ereignisse von Mactan zu reflektieren, um verloren geglaubte Kräfte zu sammeln. Es war eine ereignisarme Zeit, die wir unter den wachen Augen dieses reichen Sultans verlebten, Tage, an denen wir unsere Wunden leckten, Zeit, die wir teuer brauchten. Aber des Menschen Schicksal ist der Stillstand nicht, und so war es schließlich an der Zeit, unsere Mission fortzusetzen.

Von Burne aus nahmen wir einen strammen Ostkurs und erreichten am 6. November die Insel Tidore, das Ziel all unserer Mühen, all unserer Hoffnungen, all unserer Träume. Welch köstliche Freude am Horizont da uns entgegen schimmerte! Die Verheißungen, all unser Streben und Trachten, all unsere Begierden, all unser Schmachten - Gott selbst hatte uns diesen Moment geschenkt, da wir Fuß setzten auf die Eilande mit den teuersten Gewürzen, denen je ein Mensch im ganzen Erdenkreis begegnet ist.

Dem Sultan von Tidore waren wir alsbald wohlbekannt, und er zeigte sich zugetan, denn wir waren nicht die ersten Menschen aus dem fernen Europa, denen seine Leute begegnet waren. Die Portugiesen hatten schon in den Jahren zuvor einen Weg um Afrika gefunden. So blühte der Handel zwischen uns, und wir konnten der kostbaren Gewürze habhaft werden. Alle Pein, alle Zwietracht, alles Hadern, aller Kampf schien mit einem Male vergessen und vergeben, der Hunger, der Durst, das Leiden und der Tod, all die Qualen sollten nicht umsonst gewesen sein. Welch kostbare Fracht uns da entgegenwuchs! Gewürznelken und Muskat im Schatten der Vulkane, trächtiger im Werte als Gold und Silber, Salz und edles Gestein. Elcano verhandelte mit dem Sultan, und der Sultan verhandelte mit Elcano, und am Ende füllte sich die Bäuche unserer verbliebenen Naos mit der köstlichen Fracht. Und was ebenso schwer wog wie das teure Gut, das wir nun sicher an Bord hatten, war der Beweis, dass es diesen Paso gab, diesen Weg nach Westen, über den stillen Ozean, diesen weiten Weg, der uns gewiesen wurde durch Gottes Gnade und der uns die Erkenntnis brachte, dass dieser Erdenkreis in Wahrheit ein Erdenrund sein musste. Die historia mundi musste neu geschrieben werden, wir hatten sie neu geschrieben.

Ternate, eine Nachbarinsel und ein anderes mächtiges Sultanat in Konkurrenz zu Tidore, wartete auf uns. Die Portugiesen hatten hier ihre Fühler ausgestreckt, während Tidore eher den Spaniern zuzurechnen war. Hier begegneten sich die beiden Welten auf engstem Raum, wir waren an der Nahtstelle zwischen den mächtigsten Reichen dieser Erde angekommen. Der Heimweg sollte uns leichter gelingen, schließlich hatten die Portugiesen ihn vorgezeichnet. Doch wir gaben uns keinen Illusionen hin. Die Passage zurück zum Okzident war weit und gefährlich, und auf uns wartete noch manche Unbill, dessen waren wir uns wohl bewusst. Am 21. Dezember, just zu Sommerbeginn auf der Südseite der Erde und zu Winteranfang in den nördlichen Breiten, setzten wir erneut die Segel, die Heimat im Herzen.

Torres del Paine

Подняться наверх