Читать книгу Barbara - Stephane Rambicourt - Страница 5

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Etwa zwei Jahre später, Barbara war jetzt zwölf Jahre alt, begannen bei ihr Träume, in denen sie immer wieder die alte Frau aus dem Wald vor sich sah und sich mit ihr über Heilkräuter, Tiere und den Wald unterhielt.

Eines Nachts erschien die Greisin Barbara wieder im Traum, doch etwas war anders als bisher.

„Hallo Barbara“, sagte die Alte, „höre jetzt genau zu was ich dir sage. Es ist sehr, sehr wichtig für die Menschen in deiner Umgebung. Was ich dir sage ist von ganz großer Bedeutung und muss ganz, ganz schnell an alle wichtigen Persönlichkeiten, dem Herzog, dem Bürgermeister und allen Pfarrern weitergegeben werden. Du wirst dabei aber auf großes Unverständnis stoßen. Sie werden dir vermutlich nicht glauben. Deshalb musst du selbst die wichtigsten Orte besuchen und nach Beweisen suchen. Und jetzt achte genau auf meine Worte. Am 2. Dezember 1728 wird es ein sehr großes und sehr schweres Erdbeben geben. Ein Beben der Erde, das die Welt bis dahin noch nicht gesehen hat. Nur wer Vorkehrungen trifft und an diesem Tag nicht in der Nähe eines Hauses ist wird überleben. Gehe an genau diese Orte die dir gegeben sind, lege dein Ohr an den Boden und achte auf ein Brummen aus dem Inneren der Erde.“

„Wie soll ich das denn machen“, antwortete Barbara zitternd, „wer wird mir denn glauben?“

„Babette, du bist nun fast erwachsen. Du wirst einen Weg, deinen eigenen Weg, finden“, entgegnete die alte Frau.

„Darf ich euch fragen wer ihr seid? Und darf ich sagen wer mir das gesagt hat?“ wollte Barbara im Traum ängstlich wissen.

„Meinen Namen?“ die Alte lächelte, „Mein Name ist wie Schall und Rauch. Manche nannten mich Nostradamus, andere Jeanne d'Arc oder das Orakel von Delphi. Vertraue mir einfach und gehe nach deiner Bestimmung. Du wirst eines Tages als weise Frau von Eschviller in die Geschichtsbücher eingehen.“

Barbara wollte in ihrem Traum noch weiter mit der Alten reden, aber die war plötzlich verschwunden.

Durch dieses Erlebnis in ihrem Traum schlief sie sehr unruhig, so dass sie von ihrer kleinen Schwester Anna Maria wach gerüttelt werden musste. Schweiß gebadet, versuchte Barbara weiter zu schlafen, was ihr aber nicht gelang.

Am folgenden Morgen stand sie müde auf und fühlte sich wie gerädert. Mühevoll zog sie sich an und ging langsam in die Küche in der ihre Mutter das Frühstück für die jüngeren Kinder bereitete. Als sie zum Frühstück kam, schaute ihre Mutter sie sehr besorgt an und fühlte ob sie vielleicht Fieber haben könnte. Kopfschüttelnd erklärte die Mutter in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete: „Babette, sofort ins Bett und du Anna Maria geh in die Mühle und hole deinen Vater hierher.“

Nachdem sich Barbara ins Bett geschleppt hatte, kamen Mutter und Vater diskutierend zu ihr.

„Kind was ist denn los mit dir?“, wollte der Müller wissen.

„Ach Pip, mir geht es gar nicht gut. Ich hatte heute Nacht einen Alptraum. Meine Schwester hat mich dann geweckt und ich konnte dann nicht mehr schlafen. Weil ich immer an den Traum denken musste und jetzt nicht weiß was ich tun soll und auch wie ich das tun könnte“, erklärte Barbara in weinerlichem Ton.

„Magst du mir den Traum erzählen Kleines?“ fragte der Vater einfühlsam.

„Ja aber ihr dürft mich deshalb nicht auslachen oder verurteilen. Es ist etwas sehr, sehr sonderbares“, erklärte Barbara ernst.

„Gut Kind, wir hören“, schaltete sich jetzt auch die Mutter ein.

Zögerlich beginnt Barbara zu erzählen: „Also ihr könnt euch vielleicht noch erinnern, als ich mit Mama im Wald Kräuter und Pilze gesammelt hab. Ist schon eine Weile her. Ich habe dort doch diese seltsame alte Frau getroffen, die Mama nicht gesehen hat. Die Frau ist mir heute in der Nacht im Traum erschienen und hat mir Anweisungen gegeben. Jetzt weiß ich nicht wie ich mich verhalten soll.“

Der gestandene Müller Nicolaus Lux und seine Frau Anna Catharina zuckten beide unmerklich zusammen.

Leicht mit dem Kopf nickend bat der Vater seine Tochter: „Erzähl, was dich so verwirrt, Kind. Vielleicht können wir dir helfen?“

„Also gut“, erwiderte Barbara, „Sie meinte, was sie mir sagt ist von ganz großer Bedeutung und muss ganz, ganz schnell an alle wichtigen Persönlichkeiten, dem Herzog, dem Bürgermeister und allen Pfarrern weitergegeben werden. Ich würde dabei aber auf großes Unverständnis stoßen. Sie werden mir vermutlich nicht glauben. Deshalb musst ich selbst die wichtigsten Orte besuchen und nach Beweisen suchen. Sie sagte weiter, und jetzt achte genau auf meine Worte. Am 2. Dezember 1728 wird es ein sehr großes und sehr schweres Beben geben. Ein Beben der Erde, das die Welt bis dahin noch nicht gesehen hat. Nur wer Vorkehrungen trifft und an diesem Tag nicht in der Nähe eines Hauses ist wird überleben. Sie meinte, gehe an genau diese Orte die dir gegeben sind, lege dein Ohr an den Boden und achte auf ein Brummen aus dem Inneren der Erde. Ich hab die seltsame Frau auch gefragt wer sie denn ist, da hat sie gesagt mein Name ist wie Schall und Rauch. Manche würden sie Nostradamus, andere Jeanne d'Arc oder das Orakel von Delphi nennen. Ich soll ihr vertrauen und nach meiner Bestimmung gehen. Sie sagte noch wörtlich: Du wirst eines Tages als weise Frau von Eschviller in die Geschichtsbücher eingehen. Also ich weiß nicht was ich tun soll, ich weiß auch nicht wer die Menschen sein sollen, von denen sie sprach und was sind Geschichtsbücher? So und jetzt ist es raus, alles!“

„Mein Kind“, begann die Mutter nachdenklich, „du bleibst jetzt erst einmal in deinem Bett und erholst dich. Versuche nicht an das alles zu denken. Hier ist dein Lavendel-Kissen, das wird dir helfen. Dein Vater und ich werden uns unten in der Küche unterhalten.“

Mit dem Kopf leicht nickend, nahm sie ihr Lavendel-Kissen und roch daran. Der wohltuende Geruch machte sie schnell müde.

Die Müllersleute gingen in die Wohnküche. Der Müller nahm zwei Schnapsgläschen aus dem Schrank, während Anna Catharina die beiden Gläschen füllte. Sie sahen sich an und kippten den Schnaps in ihre Kehlen. Beide schüttelten sich heftig und setzten sich auf die selbstgebaute Eckbank.

„Jetzt ist das eingetreten, was ich unbedingt vermeiden wollte“, begann die Müllerin.

„Wie soll ich das jetzt verstehen Frau?“ fragte der Müller irritiert.

„Ich wusste bereits vor der Geburt unserer Babette, dass sie eine gewisse Bestimmung für diese Welt haben wird. Ich sagte dir doch vor der Geburt, dass unsere Tochter etwas ganz besonderes sein wird. Nun jede Mutter meint, dass ihr Kind etwas ganz besonderes ist, was ja auch so stimmt. Aber für unsere Barbara wurde schon vor der Geburt der Weg einer weisen Frau vorbestimmt. Ich wusste das sogar bevor wir verheiratet waren. Du weißt vielleicht noch der frühere Erzbischof von Metz war ein guter Freund meines Vaters und der hat mir prophezeit, dass mein elftes Kind eine Tochter sein wird und für sie der Weg der Weisen Frau vorbestimmt ist“, erläuterte Anna Catharina Lux, die Müllerin nachdenklich.

„Bitte? Und du hast mir das nicht gesagt? Ich habe dir aber auch etwas verschwiegen. Es hat mit einem Erlebnis deines verstorbenen Vaters zu tun. Er und deine Mutter waren doch wegen eines Geschäfts oder so in Eschviller, als Barbara geboren wurde. Auf dem Rückweg ist es dann passiert. Mitten in unserem Wald kam ein fast weißer Hirsch aus dem Wald. Deine Mutter blieb zurück und er ging langsam weiter. Der Hirsch stand richtig Furcht erregend auf seinem Weg. Plötzlich senkt er seinen Kopf, so als ob er einen Diener vor deinem Vater machen würde. Dann erhob der Hirsch sich, röhrte laut und verschwand im Wald. Dein Vater meinte es sei so als ob der Hirsch sagen wollte, heute wird noch etwas Wunderbares und außergewöhnliches Geschehen. Und nun ist die kleine Barbara da. Das waren die Worte deines Vaters und auch seine, so sehr aufgeklärte, tapfere Frau, deine Mutter, war der gleichen Meinung“, lächelte der Müller seine Frau an, „und jetzt sitzen wir hier und wissen nicht was wir tun sollen.“

„Meine oder deine Eltern können wir nicht mehr fragen, aber der alte Erzbischof von Metz meinte damals er würde diese Informationen auch an seine Nachfolger übergeben, so dass wohl irgendwo etwas geschrieben stehen müsste. Ich werde heute sofort nach Metz fahren und versuchen zum Erzbischof zu kommen oder soll ich vorher mit unserem Pfarrer reden?“ entgegnete die Müllerin.

„Ich denke, das mit dem Pfarrer und mit dem Erzbischof wäre soweit wichtig und richtig. Aber hilft das unserer Babette?“ fragte der Müller.

„Was sollen oder können wir sonst machen? Ich sage Johanna Bescheid, sie soll für unsere Babette einen Baldrian-Tee bereiten und dann soll die Kleine sich erstmal ausschlafen“, erklärte Anna Catharina und gab ihrer ältesten Tochter sofort die Anweisungen, „und ich geh jetzt sofort zu unserem Pfarrer.“

Nicolaus Lux ging zurück in seine Mühle, konnte sich aber nicht gut auf seine Arbeit zu konzentrieren. Er rief seinen Sohn Johann Adam zu sich und übergab ihm die Aufträge des Tages. Anschließend ging er zurück zum Haus um nach Barbara zu sehen.

„Pip, alles in Ordnung. Die Kleine schläft ganz ruhig“, beruhigte ihn seine älteste Tochter Johanna.

„Danke Hanna, wir sind alle im Moment etwas aufgeregt“, erklärte der Müller seiner Tochter.

„Was ist eigentlich eine weise Frau?“ fragte Johanna ihren Vater.

„Ja Kind. Das sind besondere Frauen, die sich auf Prophezeiungen, Zauberei und auch auf die Heilkunde verstehen“, antwortete der Müller.

„Und so eine ist unsere Babette? Also zaubern kann sie bestimmt nicht, sonst hätte sie das bereits ausprobiert,“ bohrte Johanna weiter. Als Antwort bekam sie nur ein nicken des Vaters.

Johanna setzte daraufhin wieder ihre Arbeit in der Küche mit den Vorbereitungen für das Mittagessen fort.

Anna Catharina erreichte zur gleichen Zeit die Kirche und schaute kurz rein, ob der Pfarrer sich gerade in der Kirche befand. Als sie ihn nicht sah, ging sie Richtung Pfarrhaus, dabei stellte sie fest, dass der Pfarrer auch nicht in der Sakristei war. Im Pfarrhaus erreichte sie den Pfarrer, der gerade über seiner Predigt für den Tag saß.

„Gelobt sei Jesus Christus“, grüßte die Müllerin den Pfarrer.

„In Ewigkeit, Amen“, erwiderte der Pfarrer, „Müllerin was führt dich außerhalb des Gottesdienstes zu mir? Ist etwas passiert? Ist etwas mit Babette?“

„Wie kommen ihr darauf, dass ich wegen unserer Barbara hier sein könnte?“ fragte die Müllerin neugierig.

Lächelnd erwiderte der greise Pfarrer: „Ich habe gerade heute wieder einmal das Dosier von Erzbischof Henri-Charles du Cambout de Coislin in der Hand gehabt und ich glaube zum hundertsten Mal durchgelesen. Ist es jetzt schon soweit? Sie ist ja erst zwölf Jahre alt.“

Der erstaunten Müllerin fiel nichts anderes ein als nur zu nicken.

„Gibt es eine Weissagung?“ wollte der Priester nun wissen.

„Ja, ich denke. Aber sie ist doch erst zwölf Jahre alt?“ klagte die Müllerin.

„Müllerin, das Schicksal nimmt keine Rücksicht auf Alter, Jahreszeit oder sonst etwas. Ist es schlimm?“ beruhigte sie der Pfarrer.

„Wenn es sich bewahrheiten sollte, kann es sehr schlimm werden“, antwortete die etwas verwirrte Müllerin.

„Gut, ich möchte mich morgen nachmittag mit der Babette bereden. So hat es der Erzbischof auch vorbestimmt, bevor sonst irgendetwas unternommen werden soll. Er hat sehr, sehr genaue Anweisungen erteilt. Ich komme morgen nach der Frühmesse und anschließendem Frühstück zur Mühle. Dann werden wir weiter sehen. Ich hab auch den Auftrag vom Erzbischof, wenn sie reisen muss, sie zu begleiten. Das müssen wir alles bereden“, bestimmte der Pfarrer und legte seine Hand beruhigend auf die Schulter der Müllerin.

Anna Catharina erhob sich, wandte sich der Tür zu. Während der Pfarrer sagte: „Gelobt sei Jesus Christus.“

Die Müllerin brachte gerade noch ein „in Ewigkeit Amen“ über die Lippen, während sie sich in Gedanken versunken auf den Heimweg machte. Ihr Gehirn spielte verrückt und sie fragte sich, was denn hier jetzt gerade passiert. Wie in Trance ging sie nach Hause.

Als sie die Mühle fast erreicht hatte, konnte sie plötzlich nicht mehr weiter gehen. Sie setzte sich ins Gras und atmete kräftig mehrfach durch. Nach einiger Zeit hatte sie ihre Contenance wieder erreicht.

„Oh mein Gott, wie soll das alles noch werden. Warum muss mein Kind dieses Schicksal tragen. Wohin bisher solche Schicksale meistens führen? Oft nur bis zum Scheiterhaufen, um als Hexe verbrannt zu werden“, murmelte die taffe Müllerin gebrochen vor sich hin, „nein, das muss ich verhindern. Mein Kind ist keine Hexe. Ihr darf nichts passieren und wenn sie reisen muss, werde ich sie begleiten wie sich das gehört“, sagte die Frau jetzt entschlossen.

Sie erhob sich und ging entschlossen und zielstrebig auf ihre Mühle zu. Plötzlich, während ihres Weges, hatte sie eine Idee, die sie nicht mehr los lies.

„Die können alle denken was sie wollen. Aber meine Babette wird keine „weise Frau“ wie man sie kennt. Sie wird vor allem eine Geburtshelferin, Heilkundige und Kräuterfrau. Und mit den Weissagungen werden wir auch umgehen lernen“, sagte sie die taffe Müllerin zu sich selbst und setzte entschlossen ihren Weg fort. Am Wohnhaus der Mühle angekommen, traf sie am Eingang auf ihre älteste Tochter Johanna, die gerade Wäsche auf die Leine hängen wollte.

„Wie geht es denn unserer Babette?“ erkundigte sich die Mutter entschlossen.

„Mutsch, da bist du ja. Unser kleiner Engel schläft friedlich, tief und fest. Sie wird wohl den verpassten Schlaf aus der Nacht nachholen“, begrüßte Hanna ihre Mutter.

„Danke mein Kind. Komm wir gehen jetzt gemeinsam zu ihr und wir werden sie jetzt nicht mehr aus den Augen lassen. Eine oder auch einer von uns wird immer bei ihr sein“, bestimmte die Müllerin und ging entschlossenen Schrittes voraus.

„Ist dein Vater in der Mühle?“ fragte Anna Catharina Lux, als beide vor der Tür angekommen waren. Hanna nickte nur kurz mit dem Kopf.

„Gut, wir werden jetzt nach der Kleinen sehen. Ich werde dann noch kurz mit deinem Vater sprechen und du bleibst bitte bei ihr, bis du abgelöst wirst. Verstanden? Die Wäsche kann auch deine Schwester aufhängen“, sagte die Müllerin bestimmend, so dass ihrer ältesten Tochter nur ein kurzes Kopfnicken übrig blieb. Sie wusste, dass sie ihre Schwester nicht mehr aus den Augen lassen durfte.

Die Müllerin Anna Catharina Lux öffnete leise die Türe zum Schlafraum und schaute hinein. Als sie sah dass Barbara tief schlief und ruhig atmete, ging sie auf Zehenspitzen zu ihr und fühlte an der Stirn, ob sie noch fiebrig war. Erleichtert stellte sie fest, dass das Kind kein Fieber mehr hatte und nun auch wirklich ihr Schlafbedürfnis nachholte.

Leise schlich sie sich wieder vor die Tür, wo Hanna gewartet hatte.

„Kind, es scheint alles in Ordnung zu sein. Sie hat kein Fieber mehr und atmet völlig ruhig. Bleib bitte hier, oder immer in der Nähe, damit du hörst, wenn sie wach werden sollte. Dann sagst du mir sofort bescheid“, entschied die Mutter.

Johanna nickte kurz und fragte schüchtern und sehr leise: „Werden die Büttel uns unsere Babette wegholen und sie als Hexe verbrennen, Mutter?“

„Nein mein Kind. Das wird nicht passieren. Und das mit der weisen Frau, werden wir in eine andere Richtung lenken, so dass niemand mehr auf die Idee kommt unserer Babette etwas antun zu müssen. Ich habe da auch bereits eine Idee, wie ich finde eine gute Idee“, erklärte die Frau lächelnd ihrer Tochter.

Entschlossen machte sich Anna Catharina auf den Weg in die Mühle um mit ihrem Mann, dem Müller Nicolaus Lux zu reden. Vor der Mühle traf sie auf ihren Sohn Johann Adam.

„Adam, wo ist denn dein Vater?“ fragte sie kurz.

„Mutsch, ist etwas passiert? Du bist doch nicht so oft hier in der Mühle?“, fragte Adam neugierig.

„Nein, ich muss nur sofort mit deinem Vater reden. Wo finde ich ihn denn?“ fragte die Frau ungeduldig.

„Der ist gerade mit Hans am Mühlrad um die angespülten Äste aus der Schwalb zu entfernen, damit das Mühlrad sich leichter drehen kann“, antwortete der junge Mann freundlich.

Anna Catharina ging entschlossen zum Fluß und rief laut:

„Nic, komm bitte her. Es gibt dringend etwas zu bereden!“

„Cathi, ich komm sofort rüber in die Stube. Dann können wir reden“, meldete sich der Müller aus einer kleinen Entfernung.

Während sie zurück zum Wohnhaus ging, sah sie ihren Ehemann auch schon kommen. In der Wohnküche band die Müllerin sich ihre Schürze um und setzte sich auf die Eckbank, als auch schon der Müller den Raum betrat.

„Cathi, erzähl bitte. Was hat der Pfarrer gesagt?“ wollte Nicolaus ungeduldig wissen.

„Also, der Pfarrer hat einen alten Brief vom Erzbischof, an den er sich auch sofort erinnert hat, weil er das Dosier über Barbara heute erst in der Hand hatte. Er sagte auch, dass der jetzige Erzbischof und auch der Herzog Bescheid wissen würden. In dem Dosier sind genaue Anweisungen für den Pfarrer fest geschrieben worden. Dort steht auch, dass er unsere Babette, wenn sie reisen müsste, begleiten müsse. Ich sage dir aber eines bereits jetzt und heute, ich werde Babette nicht alleine mit dem Reisen lassen. Ich werde sie begleiten und da gibt es keinerlei Diskussionen. Außerdem wird der Pfarrer morgen hier her kommen und mit uns gemeinsam reden“, antwortete die Müllerin sehr entschlossen.

„Du hast recht mit allem was du gesagt hast. So und nicht anders wird es gemacht“, erklärte derMüller.

„Auf dem Nachhauseweg ist mir durch den Kopf gegangen, dass unserer Babette sehr leicht der Scheiterhaufen drohen könnte. Der Pfarrer hat zwar das Dosier vom Erzbischof, aber wie die Zukunft aussieht wissen wir nicht. Deshalb werden wir dafür sorgen, dass das Kind, auch wenn sie eine weise Frau sein sollte, sich nicht auf die Prophezeiungen konzentrieren muss, sondern viel eher eine Geburtshelferin und Wundheilerin sein soll. Außerdem haben wir sie dann immer in unserer Nähe und können auf sie achten. Vielleicht wird sich auch ein Ehemann in der Nähe finden lassen, an dem sie Gefallen findet“, schlug Anna Catharina vor.

Der Müller lächelte jetzt erleichtert. Er hatte die gleichen Befürchtungen wie seine Frau, die sich sogar noch dahingehend steigerten, dass Barbara durch die Kirche gezwungen werden könnte in ein Kloster einzutreten. Er äußerte diese Gedanken aber nicht, vielmehr gefiel ihm die Idee seiner Frau einen Ehemann für die Kleine in der Nähe zu finden, so dass sie immer bei ihnen wäre und sie auf Barbara achten konnten.

Der Müller erhob sich, umarmte seine Frau und verabschiedete sich in Richtung Mühle.

„Nic, pass bitte besser auf dich auf. Lass lieber die Jungen die Arbeit am Mühlrad im Fluss machen“, verabschiedete Anna Catharina ihren Ehemann, wohlwissend, dass er ihrer Bitte nicht nachkommen wird.

Sie gönnte sich noch einen Moment der Ruhe auf der Eckbank und begann dann das Mittagessen vorzubereiten.

Kurz bevor sie das Mittagessen fertig hatte, ihre Töchter Margaretha und Catharina, deckten gerade den Tisch, betrat Johanna mit ihrer kleinen Schwester Barbara die Wohnküche.

„Na wie geht es denn unserer Langschläferin?“ wollte die Mutter wissen.

„Mir geht es sehr gut Mutsch. Kann ich etwas helfen?“ fragte Barbara eifrig.

„Wenn du magst, kannst du Papa und deine Brüder zum Essen rufen. Es ist fast fertig“, lächelte die Müllerin und zwinkerte ihrer großen Tochter mit einem Auge zu.

Als Barbara auf dem Weg zu Mühle war, sagte die Müllerin zu ihrer ältesten Tochter: „Hanna, danke. Ich kann mich halt immer auf dich verlassen. Aber Babette ist jetzt wieder in Ordnung. So dass wir uns keine Sorgen machen müssen.“

Johanna umarmte ihre Mutter und flüsterte ihr ins Ohr:

„Ich werde immer auf sie aufpassen, auch weiterhin.“

„Danke mein Kind“ freute sich die Anna Catharina und umarmte Johanna.

Wenig später betrat Barbara mit ihrem Vater und den Brüdern die Wohnküche.

„Setzt euch, das Essen ist sofort fertig“, lächelte die Müllerin, als sie die erwartungsfrohen Blicke ihrer Kinder und auch ihres Ehemannes sah. Heute hatte sie eine große Quiche Lorraine, einer sehr schmackhaften lothringer Spezialität mit Eiern, Creme fraiche, Speck auf einem Mürbeteig, bereitet. Anna Catharina wusste, dass dieses Mittagsmahl allen sehr gut schmeckte.

Sie nahm zwei große dampfende Backbleche aus dem Ofen und platzierte sie auf dem großen Esstisch. Anschließend wurde ein Dankgebet durch den Hausherren und Müller gesprochen.

Während des Essens wurde nur sehr wenig gesprochen. Nur dieses eine mal sagte der Müller Nicolaus Lux vorsichtig:

„Johann mein Sohn. Du kennst doch bestimmt noch den Taufpaten von deinem Bruder Adam, mein entfernter Cousin Johann Adam Stephan aus dem pfälzischen Eppenbrunn?“

„Ja klar Pip. Der hat doch die schöne Mühle dort in Eppenbrunn, warum fragst du? Braucht er Hilfe?“ erkundigte sich Johann freundlich.

„Weißt du mein Sohn, er bräuchte tatsächlich Hilfe. Aber nicht nur für eine kurze Zeit, sondern für immer. Er hat ja nur einen Sohn, der körperlich der Arbeit eines Müllers nicht gewachsen ist und so sucht er jetzt einen Nachfolger für seine Mühle“, antwortete Nicolaus einfühlsam.

„Wenn du mir das zutraust? Und auch die Zunft damit einverstanden ist, würde ich das natürlich gerne machen. Aber wie soll das denn gehen? Willst du die Mühle kaufen?“ erkundigte sich der junge Müller bei seinem Vater.

„Nun, mein Sohn, verkaufen will er nicht. Die Mühle soll und muss in der Familie bleiben, was ja auch richtig ist. So bleibt eigentlich nur ein Weg“, erklärte Nicolaus seinem Sohn und den neugierigen Ohren der anderen Kinder am Tisch.

„Und der wäre?“ wollte der junge Mann jetzt wissen.

„Kennst du seine jüngste Tochter, die Anna Margaretha? Sie soll außerordentlich hübsch sein? Vielleicht könntest du das Mädel heiraten?“ tastete sich Nicolaus Lux langsam und vorsichtig vor.

Plötzlich strahlte das Gesicht des jungen Mannes.

„Vater? Ich darf Anna Margaretha heiraten? Du glaubst gar nicht wie glücklich ich bin“, rief der junge Müller froh.

„Hallo, Herr Sohn. Gibt es da vielleicht etwas, das dein alter Vater und deine Mutter wissen sollten?“ fragte Nicolaus lächelnd.

„Also gut. Anna Margaretha und ich, wir kennen uns schon sehr lange und sind eigentlich auch bereits seit langem ein Paar. Erinnerst du dich an meine Walz? Eppenbrunn, die Stephan-Mühle war meine letzte Station vor der Lossprechung und dabei habe ich die Anna Margaretha sehr oft gesehen und mich auch mit ihr getroffen und sehr, sehr gut verstanden. Dass ich sie jetzt heiraten darf wäre für mich das Größte überhaupt“, erklärte der junge Müller frohen Herzens.

„Gut, dann soll es so sein mein Sohn, wenn deine Mutter auch ihren Segen gibt“, sagte der Müller grinsend.

Alle Blicke richteten sich jetzt erwartungsvoll auf Anna Catharina, die lächelnd sagte:

„Mein Sohn, du bist alt genug für diesen Schritt. Wenn es dein eigener Wille ist, dann soll es so sein. Gerne gebe ich dir und deiner zukünftigen Frau meinen Segen.“

Alle Kinder am Tisch klatschten in die Hände und freuten sich sehr für ihren Bruder.

„Ich werde also gleich einen Brief an Johann Adam schreiben und vorschlagen, dass du deine Anna Margaretha heiraten kannst. Wir werden aber ins Pfälzische fahren müssen und du musst formell um ihre Hand anhalten“, freute sich auch der Müller Nicolaus.

Nach dem Essen setzte er sich deshalb sofort an seinen Schreibtisch und schrieb seinem Cousin einen Brief, den Barbara lachend zur Poststation brachte.

Während Barbara unterwegs war und die anderen ihren Arbeiten nachgingen, fragte Anna Catharina ihren Mann leise:

„Gib es zu, du hast das alles vorher bereits gewusst! Stimmt doch?“

„Ja, aber anders konnten wir das nicht machen. Adam weiß ja auch schon lange Bescheid, dass zwischen den beiden etwas ist. Also geht jetzt alles seinen geordneten Weg“, antwortete der Müller lachend, „ich denke ein Hochzeitstermin nach der Ernte wird sich bestimmt finden lassen“.

Der Müller küsste seine Frau und ging wieder an die Arbeit.

Barbara

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