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1 DENKEN SIE NICHT AN EINEN HAUSHALT
ОглавлениеFamilien im ganzen Land schnallen die Gürtel enger und treffen schwere Entscheidungen. Die Bundesregierung sollte es genauso machen.
PRÄSIDENT OBAMA, REDE ZUR LAGE DER NATION, 2010
MYTHOS NR. 1: Die Bundesregierung muss wie ein Haushalt budgetieren.
REALITÄT: Im Gegensatz zu einem Haushalt emittiert die Bundesregierung das Geld, das sie ausgibt.
Wie viele von Ihnen bin ich mit der Fernsehsendung Die Sesamstraße aufgewachsen. Sie brachte kleinen Kindern unter anderem bei, Objekte nach Ähnlichkeiten und Unterschieden zu sortieren. „Eins von diesen Dingen ist anders als die anderen“, erklang das Lied, bevor es losging. Auf dem Bildschirm erschienen matrixförmig angeordnet vier Bilder: eine Banane, eine Orange, eine Ananas und ein Sandwich. „Das Sandwich! Das Sandwich!“, brüllten meine Schwester und ich dann den Fernseher an. Ich bin zwar kein Kind mehr, aber noch immer brülle ich jedes Mal den Fernseher an, wenn jemand vom Budget der Bundesregierung spricht, als würde es sich in nichts von dem eines Haushalts unterscheiden.
Wenn Sie jemals die Forderung gehört haben, dass Washington seinen Haushalt in Ordnung bringen muss, dann haben Sie eine Version des Haushalts-Mythos gehört. Er beruht auf dem fehlerhaften Gedanken, dass wir Uncle Sams Budget durch dieselbe Brille sehen müssen, durch die wir unser eigenes Familienbudget betrachten. Von allen Mythen, die wir auf den folgenden Seiten behandeln werden, ist dieser hier zweifellos der schädlichste.
Unter Politikern, die sich beim Kontakt zu ihren Wählern für gewöhnlich der simpelsten Rhetorik bedienen, ist er ein Favorit. Und was könnte einfacher sein, als die Finanzen der Regierung so darzustellen, wie sie uns anderen bereits vertraut sind – wie unsere eigenen. Wir alle wissen, wie wichtig es ist, unsere persönlichen Ausgaben nach unserem Gesamteinkommen zu richten. Wenn also jemand daherkommt und auf eine uns vertraute Art über Staatsfinanzen spricht, dann spricht uns das aus der Seele. Es fühlt sich heimelig an, so, als säße man gemeinsam um den Küchentisch.
Wir haben es alle miterlebt. Auf Wahlplakaten und Versammlungen in ganz Amerika stellen uns Politiker den Kleinunternehmer oder die schwer arbeitende Kellnerin als leuchtende Vorbilder für verantwortungsvolle Haushaltsführung hin. Mitfühlend sprechen sie von den Bemühungen der Durchschnittsamerikaner und davon, dass wir alle wissen, wie es ist, um den Küchentisch zu sitzen und die Haushaltsabrechnung zu machen. Um im Publikum Empörung auszulösen, lenken sie dann das Gespräch auf die Bundesregierung und erzählen uns, dass Uncle Sams Bücher fast nie stimmen, weil verantwortungslose Ausgaben in Washington, D.C. zur Lebensart geworden sind.
Solche Geschichten sprechen uns an, weil uns die Sprache so vertraut ist. Wir wissen, dass wir nach unseren Verhältnissen leben und unsere Finanzen so verwalten müssen, dass wir nicht mehr ausgeben, als wir einnehmen. Wir wissen, dass wir für die Zukunft etwas auf die hohe Kante legen und beim Aufnehmen von Darlehen besonders umsichtig sein müssen. Zu hohe Schulden können Bankrott, Zwangsvollstreckung und sogar Gefängnis zur Folge haben.
Wir wissen, dass man pleite gehen kann, und haben miterlebt, wie so renommierte Firmen wie RadioShack und Toys „R“ Us in den Bankrott getrieben wurden, als sie ihre Rechnungen nicht länger bezahlen konnten. Selbst Städte (Detroit) und Staaten (Kansas) können in große Schwierigkeiten geraten, wenn sie nicht genug einnehmen, um ihre Ausgaben zu finanzieren. Das versteht jede Familie, die gemeinsam am Küchentisch sitzt. Was sie nicht versteht, ist, warum dies bei der Bundesregierung (Uncle Sam) anders ist.
Um das zu verstehen, begeben wir uns direkt ins Herz der MMT.