Читать книгу B.cool - Susanne Fülscher - Страница 7
Nicht schon wieder!
ОглавлениеNach den Hausaufgaben vertreibe ich mir die Zeit damit, vor unserem mit Zahnpasta besprenkelten Badezimmerspiegel meine Nase zu betrachten. Doch aus welchem Blickwinkel ich sie mir auch anschaue, ich kann nichts Schönes an ihr entdecken. Hakennase ist und bleibt Hakennase.
Gegen fünf ruft Mami aus ihrer Parfümabteilung an, ich solle mit dem Essen auf sie warten, sie würde gegen sieben nach Hause kommen und Pizza vom Italiener mitbringen. Es gäbe etwas zu feiern.
Was um Himmels willen möchte Mami mit mir feiern? Dass sie es mit Nick ausnahmsweise ernst meint? So ernst, dass er womöglich bei uns einzieht? Das wäre der Supergau. Ich will nur Mami und mich und sonst niemanden in unserer Wohnung.
Entsprechend schlecht gelaunt bequeme ich mich auf den Flur, als Mami wie versprochen kurz nach sieben die Wohnungstür aufschließt.
»Auf einen Mann im Haus habe ich aber keine Lust«, erkläre ich schon mal vorsichtshalber mit Grabesstimme. »Damit du das nur weißt.«
»Einen Mann im Haus? Wie meinst du das?« Mami schleudert ihre Jeansjacke auf einen Garderobenhaken und verschwindet mit den Pizzakartons unter dem Arm in der Küche.
»Falls Nick hier einziehen will – nur über meine Leiche.«
Mami lüpft die Deckel der Pizzaschachteln so vorsichtig, als würden ihr gleich Ratten entgegenspringen. »Viel zu viel Käse«, schimpft sie dann. »Ist ja ekelhaft.«
»Mami!«
»Wie bitte?« Mit geübten Handgriffen befreit sie die Pizzen von der Pappe und lässt sie auf zwei Teller gleiten.
»Ich hab gerade etwas gesagt!«
»Nick zieht nicht bei uns ein. Wie kommst du überhaupt auf so einen Unsinn?« Ihre Stimme lässt nicht erahnen, ob sie verärgert oder eher belustigt ist.
»Was gibt es dann zu feiern?«
Statt zu antworten, lacht Mami bloß. »Vergiss Nick. Er ist nett und sieht auch gut aus, keine Frage, aber er ist doch kein Mann fürs Leben! Holst du Besteck und Gläser?«
Schade, denke ich. Ein Mann fürs Leben, also für Mamis Leben, das wäre doch mal etwas. Vorausgesetzt, er würde in seinen eigenen vier Wänden bleiben und uns nicht dauerhaft auf die Pelle rücken.
»Nun mach’s nicht so spannend!« Ich setze mich demonstrativ auf den Küchenstuhl, auf dem ein paar Geschirrhandtücher von vorvorgestern vor sich hin siffen. Mami mag viele gute Charaktereigenschaften haben (zum Beispiel, dass sie meinen Vater, der mal die Hand gegen sie erhoben hat, zum Teufel gejagt hat), Ordnung und hausfrauliches Herumwirtschaften gehören jedoch nicht dazu.
»Also gut.« Sie gießt sich ein halbes Glas Weißwein ein, erhebt es und prostet mir zu. »Ich hab ein Casting für dich klargemacht! Ist das nicht toll?«
»Aber ich will gar nicht zum Casting«, erkläre ich sofort, während sich die Enttäuschung wie ein dicker, breiter Lavastrom in meinem Magen breitmacht. Wie oft denn noch? Meine Ambitionen, vor eine Kamera zu treten, gehen gen null und ich will auch nicht die Lückenbüßerin spielen, nur weil meiner Mutter selbst der Beruf der Schauspielerin verwehrt geblieben ist. Doch als gäbe es nichts Wichtigeres, überfällt sie mich alle paar Wochen mit Adressen von Schauspiel- und Castingagenturen und wundert sich jedes Mal aufs Neue, weil ich ihr nicht jubelnd um den Hals falle.
»Nun hör doch erst mal zu!« Mami lächelt so beseelt, dass ich es nicht übers Herz bringe, sie gleich wieder abzuwürgen.
»Würde es dich nicht reizen, mit Linda, Piet und den anderen vor der Kamera zu stehen?«
»Die suchen für Lovely Linda?«
»Ja! Stell dir nur vor!«
Bis vor kurzem war Lovely Linda meine Lieblingsserie, allerdings nur, weil die Hauptdarstellerin so ein grottenhässliches Geschöpf ist, mit dem man einfach Mitleid haben muss.
»Aber Piet und Linda sind ausgebildete Schauspieler! Blamieren kann ich mich auch woanders.«
»Warum machst du dich nur so klein?« Mami zieht einen Käsefaden in die Länge, um ihn dann wie Spaghetti in den Mund flutschen zu lassen. »Jeder fängt mal bei null an. Und je eher man ins kalte Wasser springt …«
Zermürbt pfeffere ich mein Besteck auf den Tisch. »Ja, falls man unbedingt den Drang hat, Schauspielerin zu werden! Aber nicht, wenn einen bloß die Mutter antreibt.« Und mit eisiger Stimme füge ich hinzu: »Nur weil sie es selbst nicht gepackt hat, ihren Traum zu verwirklichen.«
Stille. Lediglich das Ticken der Küchenuhr ist zu hören. Vielleicht hat Mami ja jetzt endlich kapiert, dass ich anders bin als sie.
Der Rest der Mahlzeit verläuft schweigsam. Hin und wieder kommt ein leiser Seufzer über Mamis Lippen, ansonsten tut sie so, als wäre das Zerlegen und Vertilgen einer Pizza eine mathematische Aufgabe, die ihr allerhöchste Konzentration abverlangt. Mir soll’s recht sein. So kann ich ein wenig meinen Gedanken nachhängen. Doch kaum habe ich den letzten Bissen runtergeschluckt, setzt Mami ihr Wir-sind-doch-beste-Freundinnen-Lächeln auf und sagt: »Tu’s mir zuliebe. Nur dieses eine Mal. Wenn du dann keinen Spaß daran hast, verlieren wir nie wieder ein Wort darüber.«
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