Читать книгу Abends bei Clark's - Susanne Lieder - Страница 9

4. Kapitel

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Anna

Rita und Anna schlenderten über den menschenleeren Marktplatz.

Die Kirchturmuhr hatte gerade halb eins geschlagen.

Anna hatte noch keine Lust, in die Pension zu fahren. Sie würde sowieso nicht schlafen können.

„Hast du Clarks Gesicht gesehen?“, fragte Rita. „Ich glaube, da war irgendwas in ihrem Melonencocktail.“

Sie blieb stehen. „Du glaubst, er hat absichtlich irgendwas reingetan?“

Rita zuckte mit den Schultern. „Vielleicht wollte er ihr eins auswischen. Sie ist doch Kritikerin. Vielleicht hatte er eine Rechnung mit ihr offen.“

Sie spazierten weiter, und nach einer Weile sagte Rita: „Das war übrigens eine tolle Leistung, Anna. Ich hätte mich das nie getraut, ich hätte viel zu viel Angst, etwas falsch zu machen. Warum arbeitest du nicht wieder als Krankenschwester?“

Anna betrachtete das Schaufenster eines Reformhauses. Naturhaarfarbe. Vielleicht sollte sie ihr Haar färben, anstatt mit juckenden Perücken herumzurennen. „Was?“ Sie hatte Rita kaum zugehört.

„Warum arbeitest du nicht als Krankenschwester?“

„Weil die Kliniken einsparen, wo sie können.“ Sie seufzte. „Außerdem hatte ich bisher nicht den Mut.“

Rita legte die Hand auf ihren Arm. „Mut? Du hast eben gerade einer Frau das Leben gerettet.“ Sie warf einen Blick in das Schaufenster. „Haselnuss oder Henna? Färbt beides ziemlich intensiv.“

„Alles besser als diese blöde Perücke.“

Rita hob den Kopf und blickte in den Himmel. „Sieh dir diesen wunderschönen Sternenhimmel an.“

Beide seufzten so herzzerreißend, dass sie lachen mussten.

„Komm doch noch auf einen Absacker mit zu mir“, schlug Rita vor. „Da hinten ist ein Taxistand.“ Sie zeigte nach vorn und lief los, erstaunlich schnell für ihre hohen Absätze. „Wer zuletzt da ist, zahlt die Fahrt.“

Mittwoch, 29. August

Katja

Katja war zu Besuch bei einer alten Schulfreundin. Sie und Bea hatten sich ewig nicht gesehen, bestimmt zehn Jahre.

Als sie auf dem schäbigen, durchgesessenen Sofa hockte, fragte sie sich, warum sie es nicht dabei belassen hatte.

Bea war intelligent wie zehn Meter Feldweg. War sie früher auch schon so gewesen? Sie hatte zwei Kinder von zwei Männern, eins schlimmer als das andere. Beide stritten lautstark, schubsten sich gegenseitig und droschen schließlich mit Fäusten aufeinander ein.

Als der ältere der beiden Jungen den verschrammten Wohnzimmertisch umwarf, ging Katja vorsichtshalber in Deckung.

Bea machte einen hypernervösen Eindruck, sie saß da wie ein aufgescheuchtes Huhn und kaute auf ihren Fingernägeln herum.

Katja überlegte, einfach wieder zu gehen, vielleicht wäre Bea das sogar ganz lieb. Was für eine Schnapsidee, überhaupt hierhergekommen zu sein.

Sie mochte Kinder, wirklich. Aber Beas Brut hätte sie nicht geschenkt haben wollen, die beiden waren wie eine der zehn Plagen. Ein Tag mit ihnen wäre wie ein Ritt durch die Hölle.

Ständig faselte Bea von ihrem Mann, ihrem derzeitigen, sollte man wohl sagen. Wie großartig und attraktiv und was für ein fantastischer, liebevoller Vater er den beiden Rabauken doch sei. Klar, dass sie so ein Prachtexemplar noch dieses Jahr heiraten wollte.

Katja betrachtete ihre Schuhe und unterdrückte ein Gähnen.

„Saucoole Schuhe.“ Bea zeigte auf Katjas High Heels. „Kann ich mal?“

„Was?“

„Na, reinschlüpfen?“ Bea stellte sich neben sie und versuchte, ihren linken Fuß in einen der Schuhe zu zwängen. „Welche Größe?“

„Jedenfalls ganz offenbar kleiner als deine“, gab Katja etwas spitz zurück.

Bea schob ihr den Schuh wieder zu, nagte an ihrer Unterlippe und ließ sich aufs Sofa fallen.

Sobald sich eine halbwegs gute Gelegenheit ergäbe, würde Katja wieder verschwinden. Bei dem Gedanken daran, die miefige, chaotische Wohnung verlassen zu können, stieg ihr Laune-Pegel deutlich. Zur Belohnung würde sie sich ein riesiges Stück Sahnetorte kaufen. Bea hatte ja nicht mal Kekse dagehabt.

In diesem Moment kam deren Jüngster mit verschlagenem Blick auf sie zu, taxierte ihre Handtasche, schnappte sie sich und rannte damit weg.

Sie war viel zu entgeistert, um gleich reagieren zu können. Sie war es nicht gewohnt, von Vierjährigen beraubt zu werden.

Bea stöhnte auf und sagte halbherzig: „Lass das, Viktor.“

Triumphierend hielt er ihre Handtasche hoch und brüllte: „SSSigaretten!“

„Kati hat keine Zigaretten, Schätzchen.“

Katja wurde unruhig. „Gibst du mir meine Tasche wieder, Viktor?“, fragte sie freundlich.

„Nö.“

Wer direkt fragt, bekommt eine direkte Antwort. Selbst schuld.

Dann kam sein großer Bruder Emil ins Spiel. Er griff sich die Tasche und verschwand damit. Noch bevor Katja ihm hinterherstürzen und ihn festhalten konnte, hatte er sich mit der Tasche im Klo verbarrikadiert.

„Toll“, Bea klemmte sich ihre Zigarette in den Mundwinkel, „jetzt sitzt er da fest.“

„Wie bitte?“, fragte Katja irritiert.

„Er kriegt die Tür nicht wieder auf. Ist nicht das erste Mal.“ Bea zuckte mit den Schultern und stand auf, wahrscheinlich, um eine weitere Kanne von ihrem grauenhaften Kaffee-Irgendwas zu kochen.

Katja folgte ihr und verfluchte sich, den kleinen Racker Viktor, dessen Bruder und überhaupt den ganzen verkorksten Tag.

Bea setzte frischen Kaffee auf und schwärmte in den höchsten Tönen von ihrem phänomenalen Mann. Sie nannte ihn zärtlich Fritze-Schatzi.

Schon bald hatte Katja ein Bild von einem gut aussehenden, breitschultrigen Mann mit gestählten Muskeln und einem unwiderstehlichen Lächeln vor Augen.

Dieses Bild hatte sich in ihr Hirn gebrannt, während sie wenig später wieder im Wohnzimmer saß und sich bemühte, das Gebräu hinunterzuzwängen, das Bea gekocht hatte.

Viktor und Emil zankten sich unterdessen lautstark um ihre Handtasche; Emil im Badezimmer und Viktor auf dem Flur. Beide droschen abwechselnd an die Tür und warfen mit ausgefallenen Tiernamen um sich.

„Haben beide Fantasie.“ Bea zündete sich eine weitere Zigarette an.

Katjas Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Sie stand kurz vor einem Kollaps. Sie wäre einfach gegangen, wenn nicht ihr Autoschlüssel in der Tasche gewesen wäre. Wie sollte sie nach Hause kommen? Außerdem wollte sie Beas missratener Brut nicht kampflos das Feld überlassen.

Schließlich machte Bea dem Ganzen ein Ende. Sie klatschte in die Hände, schnappte sich den wild um sich schlagenden, beißenden und kratzenden Viktor und sperrte ihn in sein Zimmer. Emil wurde durch die verschlossene Tür angebrüllt, dass er sein blaues Wunder erleben würde, sollte er jemals durch diese Tür kommen. Nein, sie drückte es etwas anders aus: „Ich versohl dir so den Arsch, dass du drei Tage nicht mehr sitzen kannst, Freundchen.“

Emil brüllte: „Mach doch!“, und trat gegen die Tür.

Katja fragte sich, wie die Nachbarn das aushielten. Dann hörte sie ein Geräusch, einen Schlüssel, der sich im Schloss drehte, und für einen Moment dachte sie, Viktor habe die Tür geöffnet und sich ergeben.

Doch Bea sprang auf, juchte: „Fritze!“, und lief auf den Flur.

Katja war gespannt wie ein Flitzebogen auf Beas Traummann – und sank entsprechend in sich zusammen, als zwei Sekunden später ein kleiner, kahlköpfiger Mann mit Fistelstimme auf sie zukam und sich mit „Fritze“ vorstellte.

„Schatzi“, erwiderte sie fassungslos und räusperte sich. „Ähm, ’tschuldigung, Katja.“

Unter erstaunlichen Versprechungen, die er im Leben nicht würde einhalten können, brachte er es fertig, Emil aus dem Bad zu befreien.

Katja ging hin, um ihre Handtasche wieder einzuräumen. Den Inhalt hatte der Bengel ausgekippt und überall verteilt. Der Lippenstift schwamm im Klo, Emil hatte bereits erfolglos versucht, ihn hinunterzuspülen.

Sie presste die Lippen zusammen, während sie alles einsammelte.

Beruhige dich, es sind Kinder. Wenn auch zwei von der übelsten Sorte.

Aber sie würde sich rächen, und wie sie sich rächen würde. Auf ihre eigene Weise. Den Titel ihrer neuen Kolumne wusste sie schon: Wenn die lieben Kleinen nicht mehr lieb und klein und deren Mütter hoffnungslos überfordert sind …

Sie war so aufgewühlt von ihrem unterdrückten Ärger – wie gern hätte sie ihrer Wut Luft gemacht -, dass sie versucht war, in eine Kneipe zu gehen und sich einen Tequila zu bestellen. Oder zwei.

Stattdessen kaufte sie sich eine lecker aussehende Kirsch-Quarktasche und schlenderte durch die Straßen. Ein zweites Mal verwünschte sie sich, dass sie ihre roten High Heels angezogen hatte. Sie waren todschick, keine Frage, aber nicht für einen längeren Spaziergang geeignet.

Die Quarktasche in der Hand, ihre Tasche fest um den Oberkörper geschlungen, stöckelte sie die Straße entlang und versuchte, ihre Gedankenflut zu bändigen. In ihrem Kopf ging es drunter und drüber.

Nach einer ganzen Weile blieb sie verblüfft stehen. Sie hatte keine Ahnung, wo sie sich gerade befand. In diesem Stadtteil kannte sie sich überhaupt nicht aus. Wo hatte sie den Wagen abgestellt?

Sie drehte sich um die eigene Achse. War sie von dort drüben gekommen? Nein, die Häuser kamen ihr nicht bekannt vor. War sie eben an diesem kleinen Blumenladen vorbeigekommen? Nein. Oder doch?

Ach verflixt, sie wusste es einfach nicht mehr.

Das hatte ihr an diesem Tag noch gefehlt! Erst das Chaos bei Bea und jetzt verlief sie sich in ihrem Heimatort. Ulf sollte sie das besser nicht erzählen, er würde sie die nächsten Jahre damit aufziehen.

Eine männliche Stimme hinter ihr ließ sie herumwirbeln.

„He!“ Ein junger Mann, vielleicht Mitte zwanzig, in Schlabberjeans, Kapuzenjacke und mit grüner Strickmütze, die er bis über die Augenbrauen gezogen hatte, kam den Weg entlang. Vielleicht wollte er sie nach dem Weg fragen. „Haste mal Feuer?“

„Tut mir leid, ich bin Nichtraucher.“

„Muss dir nicht leidtun, ist viel gesünder.“

Ein Witzbold.

Eine Sekunde später war er nah an sie herangeprescht und taxierte sie mit braunen Augen. „Aber Geld haste bestimmt.“

Sie musste sich verhört haben. Sie wollte sich umdrehen und weitergehen, doch er legte die Hand auf ihre Schulter, und sie verharrte mit wild klopfendem Herzen. Das hier geschah nicht wirklich. Nein, sie hatte einen völlig verrückten Traum: Erst hatte sie eine alte Schulfreundin besucht, deren Kinder den Inhalt ihrer Handtasche im Bad verteilt hatten, dann verlief sie sich, und nun stand ein zwielichtiger Bursche vor ihr und wollte ihr Geld abluchsen. Ein Albtraum.

„Nich’ weglaufen, Püppi. Du siehst aus, als hätteste Kohle bei dir.“

Hatte er gerade Püppi gesagt?

„Was soll das? Nimm deine Pfoten weg“, knurrte sie. Es klang, als hatte sie vorgehabt, noch ein „sonst“ hinzuzufügen.

Er grinste und spuckte direkt vor ihren Füßen aus. „Sieh an, die kleine Lady macht auf cool.“

„Lass mich einfach in Ruhe.“ Sie blieb trotzdem stehen, zum einen, weil ihr mulmig war, und zum anderen, weil noch immer seine Hand auf ihrer Schulter lag.

Kann ich nicht bitte einfach aufwachen? Sonst funktioniert das doch auch oft.

Er trat noch etwas näher. Seine braunen Augen musterten sie mit einer Mischung aus Hohn und Neugier. „Na, was ist jetzt?“

„Ich hab kein Geld bei mir“, sagte sie eine Spur zu leise. Und viel zu verunsichert.

Er ließ ihre Schulter los und wedelte mit der Hand. „Los, Tasche her.“

Nicht schon wieder.

„Ich hab kein Geld bei mir, ehrlich nicht.“

„Drauf geschissen. Gib her!“

Sie hielt ihre Handtasche mit beiden Händen fest. Nein, sie würde kein leichtes Opfer sein, das konnte er vergessen.

„Hörst du schlecht?“

Wie in Zeitlupe nahm sie ihre Handtasche und öffnete sie mit zitternden Fingern. Doch, verdammt, sie war ein leichtes Opfer. Eins, das gerade dabei war, sich in die Hosen zu machen. „Ich hab nur ein bisschen Kleingeld“, stammelte sie.

Er sah wütend aus. Und er schien ihr kein Wort zu glauben. „Gib her.“

Er nahm ihr Portemonnaie – ein Geschenk ihrer Mutter – und durchwühlte es. Schließlich kippte er die Münzen einfach auf die Straße. „Scheiße. Nur Kleingeld.“

Es waren genau acht Euro dreißig, die zu ihren Füßen lagen.

„Sag ich ja. Kann ich bitte mein Portemonnaie …?“

„Oh, du hängst wohl an dem hässlichen Ding.“

„Es ist ein …“ Sie straffte sich. „Ein Geschenk meiner Mutter.“

„Oh, na dann …“ Ein breites Grinsen, hämisch diesmal, und das Portemonnaie verschwand in der hinteren Tasche seiner Schlabberjeans. „Kein Feuer, keine Kohle, nur diese lächerlichen paar Kröten …“ Er umkreiste sie und musterte sie dabei von oben bis unten.

Sie hätte diesen Selbstverteidigungskurs machen sollen, extra für Frauen. Dann würde sie ihn jetzt mit einem einzigen Schlag ausknocken und wegrennen.

Ach komm, in diesen Schuhen?

„Tja, irgendwas wirste doch dabeihaben“, sagte er und so, als würde er darüber nachdenken, was er ihr abnehmen könnte. „Gib mir deine Tasche.“

Ohne sich weiter zu sträuben – was hätte das auch für einen Sinn? –, gab sie ihm ihre Handtasche. Darauf kam’s jetzt auch nicht mehr an. Hauptsache, er würde sie dann endlich in Ruhe lassen.

„Designer-Täschchen?“, fragte er, und sie schüttelte den Kopf.

„Wenn du mich verarschst, Püppi …“

Wieder schüttelte sie den Kopf, und er begann seelenruhig, ihre Handtasche zu durchwühlen. Schließlich kippte er sie auf dem Gehweg aus und betrachtete das, was vor ihm lag. „Kein Handy?“

„Nein, ich hab Angst vor der, ähm, Strahlung.“ Ganz gelogen war das nicht, ihr war immer etwas mulmig, wenn sie telefonierte. Wer wusste schon genau, ob ihnen allen in ein paar Jahren nicht Geschwüre im Hirn wuchsen? Aber natürlich besaß sie ein Handy, offenbar hatte er es nur noch nicht entdeckt, weil es in einer der Seitentaschen steckte.

„Lippenstift, Briefmarken, Labello, Taschentücher“, zählte er auf, wobei er die einzelnen Dinge beiseitewarf. Er kramte in den Seitentaschen, bis er endlich ihr Handy fand. „Ach nee, sieh mal an, was haben wir denn da?“

„Muss mir mein Mann in die Tasche gepackt haben“, murmelte sie. „Damit er mich erreichen kann.“

„Goldig.“ Wieder umkreiste er sie, und sie fragte sich wütend, warum zum Teufel kein Mensch auf der Straße zu sehen war. Sie wurde am helllichten Tag überfallen, auf offener Straße, und weit und breit war niemand zu sehen! Das gab’s doch gar nicht!

Sie holte tief Luft. „Hil…!“

Mit einem Satz war er bei ihr und nahm sie in den Schwitzkasten. „Noch ein Ton und du erlebst dein blaues Wunder!“, zischte er ihr ins Ohr.

Hatte vorhin nicht schon mal jemand mit so etwas gedroht? Warum nur kam ihr jetzt ein leises, dünnes Stimmchen in den Sinn? Bestimmt stand sie unter Schock. Ja, das musste es sein.

„Kapiert?“ Er roch nach Zigaretten und Knoblauch, eine ekelhafte Mischung.

Sie nickte, und er ließ sie wieder los.

Sein Blick fiel auf ihre High Heels, und seine Augen weiteten sich. „Alter Falter, was für Treter. Ausziehen!“, befahl er.

„Ich soll mich ausziehen? Hier auf der Straße? Spinnst du?“

Er verdrehte die Augen. „Nicht dich, Püppi, die Latschen da.“

„Die sind nagelneu.“

„Deswegen ja. Werden meiner Süßen gefallen.“

„Du willst meine Schuhe deiner Freundin schenken?“

„Bist ’ne echte Blitzbirne, genau das hab ich vor. Also?“

Zögernd schlüpfte sie aus einem Schuh und sah fassungslos zu, wie der Typ ihn nahm und begutachtete. Als sie sich nicht weiter rührte, wedelte er ungeduldig mit der Hand. „Was is’? Den anderen auch. Oder glaubst du, meine Süße ist ’ne Einbeinige?“

Würde zu dir passen. Ein Gehirnamputierter und eine Einbeinige, ein nettes Paar.

„Du willst deiner Freundin allen Ernstes geklaute Schuhe schenken?“

„Klar. Und wenn sie ihr nicht passen, kriegt sie meine Schwester. Da staunste, was?“

Nun tat sie etwas Unüberlegtes: Sie versuchte wegzulaufen.

Sie kam genau vier Schritte weit, dann hatte er sie am Ärmel gepackt. Sie hörte, wie der Stoff ihrer Bluse riss.

„Stehen bleiben“, raunte er. „Klar?“

Sie nickte und überließ ihm auch den anderen Schuh.

„So ist’s brav, Püppi, siehste, geht doch. Ich nehm jetzt deine Schuhe und verschwinde. Und wenn du schreist, komm ich zurück und …“, er zuckte unbekümmert mit den Schultern, „dann sehen wir weiter. Kapiert?“

Sie nickte wieder, und er ging rückwärts, ihre High Heels unterm Arm, und verschwand um die nächste Ecke.

Katja stand stockstarr da. Ihr Herzschlag überschlug sich fast und ihr war übel. Sie musste geträumt haben. Es war völlig unmöglich, dass ihr das gerade passiert war.

Langsam kniete sie sich hin und sammelte auf, was auf dem Gehweg lag und in ihre Handtasche gehörte.

Dann drückte sie ihre Tasche fest an sich und ging barfuß los.

Nach einigen Metern traf sie auf eine ältere Dame, die einen Einkaufstrolley hinter sich herzog, und gleich darauf auf einen Mann, der seinen Hund Gassi führte.

Sie konnte sich ein bissiges Auflachen nicht verkneifen. Sie wurde überfallen und nicht ein Mensch war zu sehen, und kaum war der Bursche über alle Berge, da kamen sie aus ihren Häusern. Das war doch nicht zu fassen!

Katja war müde und erschöpft und ballte vor Wut die Fäuste.

„Können Sie mir sagen, wo die nächste Polizeiwache ist?“, fragte sie den Mann mit Hund.

„Klar.“ Er drehte sich um und zeigte nach links. „Da vorne links und die nächste wieder links. Dann noch ein gutes Stück.“ Er betrachtete ihre nackten Füße. „Passen Sie bloß auf, da hinten liegen Scherben.“

Abends bei Clark's

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