Читать книгу Baldwin Wunderhund - Susanne Riha - Страница 11
ОглавлениеSie begann, die Scherben zusammenzukehren und den Boden zu wischen.
Ich rollte mich auf meinem Lager zusammen und schleckte mir das Maul sauber.
„Der Saft lässt Stumme reden“, ging es mir durch den Kopf.
„Man muss nur ganz fest daran glauben. ICH MUSS FEST DARAN GLAUBEN! Für mich! Für meinen geliebten Alfredo!“
Dann fielen mir die Augen zu.
Als ich sie wieder öffnete, war es dunkel um mich herum. Ich lauschte. Alfredo lag in seinem Bett und schnarchte. Ich hatte also den ganzen restlichen Tag verschlafen. Jetzt musste ich dringend hinaus. Ich stand auf und tapste zur Türe zum Garten. Als ich zurückkam, fühlte ich mich immer noch müde.
Trotzdem wälzte ich mich lange hin und her. Denn ich hatte das Gefühl, als hätte ich etwas in meinem Hals stecken. Immer wieder musste ich mich räuspern, aber es half nichts.
Schließlich hatte ich Schluckbeschwerden. Das tat weh. Ich versuchte, das Schlucken zu vermeiden, solange es ging.
Irgendwann muss ich doch eingenickt sein.
Als ich erwachte, dämmerte es draußen. Die Schluckbeschwerden waren verschwunden. Dafür schnarchte Alfredo jetzt laut.
„Schnarchkopf!“, dachte ich – und – ich sagte es auch.
Wie bitte?? Sagte es auch?!
Ich versuchte es nochmals:
„Schnarchkopf!“
Ich hatte …! Ich hatte gesprochen!!
Zuerst fuhr mir der Schreck in alle Glieder. Ich sprang auf und lief hinaus in den Garten. Hier musste ich erst einmal tief durchatmen. Dann aber machte ich einen Luftsprung:
ICH HATTE GESPROCHEN!
Teresas Saft hatte gewirkt!
Ich lief durch den Garten.
Ich sprach aus, was ich sah: „Baum, Wiese, Weg, Blatt – Hauz!“
Beim Wort „Haus“ gelang mir das Ende nicht.
Ich dachte „Haus“, sagte aber „Hauz“.
Denn die Zungenspitze schlüpfte bei dem „S“ zwischen die Vorderzähne.
Immer wieder probierte ich es: „Hauz, Hauz, Hauz …“
Auch „Maus“ und „Fuß“ endeten in einem „Z“.
Als die Zungenspitze zu brennen anfing, hörte ich zu üben auf.
Aber ich beschloss, mit Alfredo dieses Problem so bald wie möglich zu BESPRECHEN!
Ich lauerte vor Alfredos Bett. Er schnarchte noch immer vor sich hin.
Ich überlegte, wie ich ihn ansprechen könnte, ohne ihn dabei zu sehr zu erschrecken.
Aber als er sich bei einem Schnarcher verschluckte und davon aufwachte, sagte ich einfach nur:
„Hallo, Alfredo!“
Alfredo setzte sich auf, schaute um sich und krächzte:
„Wer ist da?“
Ich wiederholte es:
„Hallo, Alfredo!“
Alfredo riss die Augen auf, schloss sie und riss sie abermals auf.
„Hallo, Alfredo!“
Jetzt hättet ihr Alfredo sehen sollen. Er sprang aus dem Bett, schlüpfte in seine Hausschuhe und ließ sich in seinen Lehnsessel plumpsen. Hier blieb er sitzen und starrte mich an. Nach einiger Zeit flüsterte er:
„Baldwin, du?!“
„Ja! Ich!“
„Wie ist das gekommen?“
„Wiff! Wuff! Waff! Zaubersaft! Keine Ahnung!“, sagte ich und lauschte dabei meiner Stimme, die mir, wie ich gestehen muss, sehr gut gefiel. Sie war weder zu hoch noch zu tief. Sie war auch nicht schrill, sondern klang angenehm samtig.
„Als ich aufwachte, konnte ich plötzlich meine Gedanken aussprechen!“
Mehr verriet ich nicht.
„Zauberei, Baldwin?“
„Wiff! Wuff! Waff! Zaubersaft!“, wiederholte ich glücklich.
Nachdem Alfredo gefrühstückt und ich meine Futterschüssel leergefressen hatte, erzählte ich Alfredo von meinem „S“-Problem.
Alfredo dachte nach.
Dann zog er sich an und spazierte mit mir in den Garten hinaus. Hier schien er etwas zu suchen. Schließlich hob er einen kleinen Stein auf. Alfredo bat mich, mein Maul weit zu öffnen. Er legte mir den Stein vorne auf die Zungenspitze.
„Jetzt, Baldwin, sag Haus“, verlangte er.
„Hausz!“
Der Stein im Maul störte natürlich sehr beim Sprechen. Aber er hielt die Zungenspitze am Maulboden fest. Sie konnte sich bei „S“ nicht mehr hinauf zwischen die Zahnreihen schwindeln.
Ich übte. „Haus“, „Maus“, „Fuß“ …
Es klang tatsächlich besser. Ich probierte so lange, bis ich die richtige Stellung der Zunge im Gefühl hatte. Schließlich gelang es mir, auch ohne Stein im Maul, statt „Z“ ein „S“ zu sagen.
„Super! Alfredo!“, jubelte ich.
Natürlich kehrte das Problem in den nächsten Wochen ab und zu wieder zurück. Dann suchte ich mir einen Stein und übte ein bisschen.
Bald war auch Alfredo wieder gut bei Stimme. Er gewöhnte sich schnell daran, in mir nun einen richtigen Gesprächspartner zu haben. Er fragte mich, wie das Wetter sei, wenn ich am Morgen aus dem Garten zurückkam. Er wollte wissen, was wir einkaufen sollten und ob wir nach der Mahlzeit eine Ruhepause einlegen wollten.
Ich genoss es, ihm endlich Antworten geben zu können.
Noch mehr aber freute ich mich über die Aufmerksamkeit, die Alfredo jedem einzelnen meiner Worte schenkte. Manchmal sah er dabei noch immer ziemlich verdutzt drein.