Читать книгу Kurzgeschichten, wie sie das Leben so schreibt - Susanne Uenal - Страница 7

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Ein aufregender Ausflug

„Wie wär’s wieder mal mit einem Ausflug in den Naturpark?“ Cornelia schaute fragend ihre Schwester Sonja an. „Du weißt doch, ich bin im neunten Monat schwanger. Und der Park ist ja nicht gerade in der Nähe. Wenn da was passiert …“ „Ach, komm, so schnell geht das auch nicht. Die Kinder hätten sicher ihren Spaß. Und Mama nehmen wir auch gleich mit. Nach dem Tod von Vater könnte sie eine Abwechslung brauchen.“ Sonja nickte. „Du hast recht. Einen richtigen Familienausflug hatten wir schon lange nicht mehr. Und das Wetter macht auch mit. Wann soll’s losgehen?“ Bereits am nächsten Tag waren sie unterwegs. Sie fuhren mit 2 Autos. Sonja mit ihren Kindern Rolf, Carina und Iris, Cornelia mit ihren Söhnen Peter und Tim, dazu noch ihre Mutter. Diese hatte sich ein keckes Hütchen auf den Kopf gesetzt. Falls es regnen sollte. Doch die Sonne schien, und alle freuten sich auf den Ausflug. Nach 1 ½ Stunden Fahrt erblickten sie den Naturpark mit den prachtvollen alten Häusern aus dem letzten Jahrhundert und den herrlichen Blumen und Bäumen, wo sich auch Rehe tummelten.

Sie parkten und gingen Richtung Eingang mit dem Zahlhäuschen. „Wie wär’s mit einer Rundfahrt?“ Ein blonder junger Mann lächelte Cornelia charmant an. „Dann müssten Sie nicht stundenlang laufen und könnten alles in Ruhe ansehen und genießen.“ Sonja war sogleich begeistert. Sie war nicht gerade die Schlankste und hielt von Spaziergängen auch nicht sonderlich viel. Von den Kindern ganz zu schweigen, die bereits zum Pferd, das ihren Wagen ziehen sollte, rannten. „Was meinst du, Mutter?“ Diese beäugte kritisch das Pferd. Sie war auch nicht die Schlankste und bezweifelte stark, dass das Pferd den Wagen mit den 8 Personen ziehen konnte. Und billig war so ein Ausritt für eine Stunde bestimmt auch nicht. „Keine Ausreden, Mutter. Wir gönnen uns heute etwas. Sonja?“ Cornelia schaute kurz zu ihrer Schwester rüber, die nickte. „Und wir bezahlen. Du bist eingeladen.“

Schon bestiegen alle den Wagen. Es holperte ganz gewaltig, denn die Naturwege waren nicht gerade eben. Doch die Kinder hatten ihre helle Freude daran. Und zu sehen, wie Sonja und Großmutter mit ihren dicken Hinterteilen auf und ab hopsten, war einfach grandios! Der junge Mann erzählte, dass er aus Jugoslawien käme, Petric heiße und seinen Job hier in dem Naturpark sehr liebe. Er schäkerte zwar mit den Kindern, doch dass ihm Cornelia ganz gut gefiel, war nicht zu übersehen. Immer wieder blinzelte er ihr verführerisch zu. Es schien ihn auch nicht zu stören, dass Cornelia demonstrativ die Hand mit dem Ehering auf die Lehne legte. Übermütig stibitzte er den Hut der Mutter und setzte ihn selber auf. Anscheinend störte es diese nicht. Sie lachte nur und schien den Ausritt zu genießen. „Blöder Kerl“, murmelte Cornelia vor sich hin. Sonja hob ihre Augenbraue: „Sei doch froh, wenn du in deinem Alter noch von anderen Männern begehrt wirst!“ Sie lachten. Allerdings nicht lange.

Prompt war das passiert, was die Mutter von Anfang an befürchtet hatte. Der Weg ging zu steil nach oben. Das Pferd hatte nicht die Kraft, sie alle zu ziehen. Leicht pikiert stiegen zuerst Sonja und ihre Mutter aus dem Wagen. „Immer schön stoßen“, riefen ihnen die anderen zu. Doch es nützte nichts. Auch die anderen mussten aussteigen. „Und für das müssen wir auch noch bezahlen!“ Der Einzige, der sitzen geblieben war, war der Jugoslawe mit dem Hütchen von Mutter. Typisch Mann!, dachte Cornelia. Ein Stück weiter oben durften sie dann wieder aufsitzen. „Aber meine Damen! Nur keine Aufregung. Ich spendiere Ihnen allen dafür ein Eis!“ Wieder zufriedener, betrachteten sie interessiert ihre Umgebung. Es gab prächtige Häuser und herrliche Wiesen. Ihr Führer erzählte ihnen, dass es hier jedes Jahr Theateraufführungen gäbe, die immer gut besucht wären. Sogar er hätte dabei jeweils eine kleine Statistenrolle. Die Kinder hatten besonders viel Freude, als sie ein paar Rehe erblickten. Inzwischen waren ein paar Wolken aufgetaucht. Sie überholten ein älteres Ehepaar, das ihnen lächelnd nachwinkte. „Lieber die als ich“, sagte Cornelia. „Die müssen ja noch ein ganzes Stück laufen.“

Sie kamen zum ersten Halt. „In dieser Bäckerstube können Sie zusehen, wie damals Brot gemacht wurde. Daneben gibt es eine Metzgerei mit Spezialitäten aus unserer Gegend. Wenn Sie wollen, können Sie da auch etwas einkaufen. Und damit sie dies in aller Ruhe tun können, spendiere ich Ihren Kindern das versprochene Eis und passe auf diese auf, bis Sie wiederkommen.“ Die 3 Frauen genossen es, sich in aller Ruhe umsehen zu können. Nach einer Weile trafen sich Cornelia und Sonja wieder beim Pferdewagen. Da stand doch tatsächlich Petric mit einer schönen Wiesenblume in der Hand und überreichte sie galant Cornelia. Mit hochrotem Gesicht bedankte sie sich und stieg schnell in den Wagen.

Kaum war der Wagen angefahren, hörten sie Schreie. Alle drehten den Kopf. Waren sie doch tatsächlich ohne Großmutter abgefahren! Diese kam schnaufend und prustend näher. „He, was fällt euch ein? Habt ihr das extra gemacht? Ihr wolltet mich wohl loswerden?“ Ihre Enkelkinder kugelten sich vor Lachen. „Bestimmt hast du nun ein paar Gramm abgenommen durch die Lauferei, Großmutter!“ Sogar Cornelia und Sonja mussten ein Lachen unterdrücken. Inzwischen war das ältere Ehepaar, das sie unterwegs getroffen hatten, auch hier angekommen. „Bald wird es regnen. Wir hoffen, ihr werdet in eurem offenen Wagen nicht zu nass werden. Wir nämlich haben Schirme dabei.“ Verblüfft registrierten alle, dass bereits die ersten Regentropfen fielen. „Jetzt aber allez,, Sie Schwerenöter!“, rief Cornelia ihrem Verehrer zu. „Wir haben keine Lust, nass zu werden.“ Doch das Pferd ließ sich nicht stören. Petric konnte machen, was er wollte. Im Gegenteil, anscheinend schien das Pferd müde geworden zu sein. Es wollte stehen bleiben und genüsslich ein paar frische Kräuter am Wegrand fressen. Erst als Petric abstieg und am Halfter zog, bequemte es sich, weiterzugehen. Nun regnete es schon in Strömen.

Der Einzige, der wieder mal gut davongekommen war, war Petric. Hatte er doch den Hut der Großmutter immer noch auf, während deren Locken schon ganz gewaltig litten. Doch so schnell der Schauer gekommen war, ging es auch wieder vorüber. Sie kamen zum Aussichtsrestaurant. Heiße Würstchen und danach Kaffee wären nun genau das Richtige. „Tut mir unheimlich leid, doch die Würstchen sind uns ausgegangen. Wie wär’s mit einem Käseteller?“, antwortete die Kellnerin. Cornelia wurde es langsam zu viel. „Sie können Ihren Käse sonst wo hinstecken. Ich will jetzt ein Würstchen!“ Peinlich berührt sahen sich alle an. Cornelia hatte sehr laut gesprochen, und die anderen Gäste hatten beim Wortwechsel ihren Kopf in ihre Richtung gedreht. „Habe ich etwa nicht recht? Und du, Sonja, brauchst gar nicht dein Gesicht zu verziehen. Du hast doch bestimmt auch Lust auf etwas Warmes!“ Doch Sonja reagierte nicht. Sie stöhnte und verzog noch mehr ihr Gesicht. Ihre Mutter war sofort alarmiert. „Du meine Güte, Sonja, sag’ jetzt nicht, du hättest Wehen!“ „Ich kann doch nichts dafür. Zuerst die holprigen Wege, dann den kalten Regenschauer und jetzt noch keine heißen Würstchen. Da muss doch mein Baby einfach kommen.“ Wieder fing sie an zu stöhnen. Die Kinder schauten schon ganz verstört. „Autsch! Und jetzt ist mir auch noch die Fruchtblase geplatzt!“ Entsetzt schauten alle auf ihre Füße, die in einer Wasserlache standen.

Jetzt kam sogar der Wirt angerannt. Er führte Sonja in ein Nebenzimmer, während seine Frau einen Krankenwagen anforderte. Es könne aber eine Weile dauern, bis der hier sei, berichtete die Wirtin. „Wir spendieren Ihnen Suppe und Kaffee. Vielleicht hören die Wehen wieder auf, wenn sie etwas liegen kann. Ich werde solange bei ihr bleiben.“ Etwas bedrückt setzten sich alle wieder. Doch die heiße Suppe belebte ihre Gemüter wieder. Genau in dem Moment, als die Wirtin heftig gestikulierend aus dem Zimmer kam, wo Sonja lag und mit lauter Stimme verzweifelt „Das Baby kommt, kann mir denn niemand helfen?“ rief, öffnete sich die Restauranttür, und das ältere Ehepaar kam herein. Der Mann reagierte sofort. „Ich bin Arzt. Kann ich helfen?“ „Gott sei Dank! Kommen Sie schnell!“ Die Wirtin packte ihn resolut beim Ärmel und zog ihn in den Raum. Die ältere Frau lächelte und setzte sich zu den anderen. „Nur keine Angst. Mein Mann hat schon vielen Babys auf die Welt geholfen.“ Cornelia hatte den Mund weit offen. Das alles war ihr einfach zu schnell gewesen. „Ich glaube, ich brauche frische Luft.“ Sie erhob sich und rannte zur Tür hinaus.

Dort wartete jedoch bereits Petric auf sie. Schnell erklärte sie ihm, was passiert war. „Na, dann haben wir ja nun etwas Zeit füreinander, nicht wahr? Wollen Sie eine Zigarette?“ Während Cornelia dankend annahm, unterhielten sich drinnen die ältere Frau und die Großmutter angeregt. Beide hatten selber je 3 Kinder geboren und erzählten sich gegenseitig davon. Die Kinder wussten nicht so recht, was tun. Still saßen sie da und harrten der Dinge. Keine 10 Minuten später kam der Arzt heraus und teilte strahlend mit, dass es Zwillinge gegeben hätte und alle 3 wohlauf seien. Spontan klatschten die Gäste in die Hände. Der Wirt war ganz konfus. So etwas Aufregendes hatte er noch nie erlebt. Und dann noch in seinem Restaurant! Endlich kam der Krankenwagen. Sonja und die Zwillinge wurden abtransportiert und ins nächste Krankenhaus gebracht. Die Großmutter nahm ihre Enkel und begab sich nach draußen, wo Cornelia und Petric heftig flirteten. „Wollt ihr beide noch bis zum Abend schäkern, oder kann es endlich weitergehen?“, fragte sie etwas bissig ihre Tochter. Petric gratulierte ihr zu ihren weiteren Enkelkindern: „Ihnen als so junge und hübsche Großmutter würde man gar nicht zutrauen, schon soooo viele Enkel zu haben!“ Nun war sie es, die verlegen zur Seite sah. Männer wussten halt schon, wie sie Frauen betören können, dachte sie.

Das Pferd hatte sich anscheinend in der Zwischenzeit erholt, denn es legte nun ganz schön zu. Wieder kicherten die Kinder. Großmutters Rundungen hüpften auf und ab. „Ja, ja, lacht nur! Wenn ihr mal in meinem Alter seid, ist eure Figur wahrscheinlich auch nicht mehr das, was sie einmal war!“ Als die Fahrt endlich zu Ende war, half Petric den Damen galant beim Aussteigen. „Es würde mich freuen, wenn sie wieder mal einen Besuch in unserem Naturpark machen.“ Während die Grossmutter „nein danke, hier ist es mir zu aufregend“ sagte, nahm sich Cornelia fest vor, bald wiederzukommen. Schließlich ist so ein Naturpark ideal für Kinder, nicht wahr? Da ihre Mutter auch fahren konnte, teilten sie sich die Kinder auf und fuhren mit beiden Autos nach Hause, wo sie schon von Hanspeter, Sonjas Mann, erwartet wurden. „Na, wie war’s? Hattet ihr viel Spaß? Und wo ist Sonja?“ Das hätte er lieber nicht gefragt. Jeder wollte ihm so schnell wie möglich alles erzählen. Alle stürmten auf ihn ein, bis er sich die Ohren zuhielt. Es ist einfach nicht zu glauben, dachte er. Wann immer die Frauen allein was unternahmen, passierte etwas. Das nächste Mal würde er mitkommen, damit nichts passierte. Ohne Männer sind doch die Frauen einfach hilflos …

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