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AUGUSTUS

63 v.Chr.–14 n.Chr.

Der Großneffe und Adoptivsohn Caesars war der erste Kaiser Roms. Aus einem skrupellosen Politiker wurde ein Staatsmann, der Frieden und Wohlstand schuf und die Stadt wie kein anderer prägte.

Gut sieht er aus, ausgesprochen attraktiv. Eine edle Gesichtsform, gerade Nase, hohe Stirn, in die seine Locken fallen. Ein Symbol antiker Schönheit. Den Blick hat er demutsvoll gesenkt. Über Haupt und Schulter liegt der Schleier des Pontifex Maximus. Dieser Mann, so signalisiert es eindeutig die Körpersprache der Statue im Römischen Nationalmuseum, hat sich einer vornehmen Aufgabe unterworfen: Er dient. Seinem Volk, seinem Land, seinen Göttern. Allerdings auf höchstem Niveau, denn er selber ist ja gottgleich, in aller Bescheidenheit.

So ist Augustus der erste Staatschef der Geschichte, der sein historisches Bild nicht den Nachfahren überlässt, sondern es selbst prägt. In seiner 40-jährigen Regierungszeit als Princeps ist er darauf bedacht, das Bild eines umsichtigen Herrschers zu zeichnen oder zeichnen zu lassen. Die Schriftsteller seiner Zeit sind ihm geradezu verfallen und ergehen sich in Lobeshymnen. Horaz schreibt sein Kultlied auf Augustus:

»Treu und Glauben sind neu erwacht./Wen erfüllt noch mit Angst Parther und Skythe?/Wen Germaniens Brut, Söhne der rauen Luft?/Wen, da Caesar uns lebt, kümmert des Krieges Dräu’n,/fern im wilden Iberien?«

Heute würde man das eine gelungene Öffentlichkeitsarbeit nennen, vor über 2000 Jahren war es ein Geniestreich. Denn dieser Augustus ist ein Januskopf, ein Mensch mit zwei entgegengesetzten Persönlichkeiten: stürmisch, ehrgeizig und skrupellos bis zur Grausamkeit in seiner Jugend. Klug, berechenbar und vorausschauend in seiner zweiten Lebenshälfte, die ihn zum größten Herrscher Roms machen wird.

Er kommt am 23. September 63 v.Chr. als Gaius Octavius zur Welt. Nach dem Tod seines Vaters wächst er bei der Großmutter Julia auf, und die ist eine Schwester Caesars. Damit sind die Weichen gestellt: Caesar, der selbst nur eine Tochter und keinen ehelichen Sohn hat, nimmt sich des Jungen an. Gaius Octavius begleitet seinen Großonkel auf Feldzügen nach Spanien gegen die Söhne des Pompeius; dort beeindruckt er durch Härte, sodass ihn Caesar auch in den Osten gegen die Parther, ein nicht zu kontrollierendes iranisches Reitervolk, schicken will. Octavius weilt zu Studienzwecken in Apollonia in der römischen Provinz Mazedonien, als ihn die Nachricht von der Ermordung Caesars erreicht. Sofort kehrt der junge Mann nach Rom zurück, sein Großonkel hat ihn testamentarisch adoptiert und zu seinem Erben erklärt. Octavius beginnt umgehend mit dem Kampf um die Macht.

Er ist ein gerissener Taktiker, nennt sich nach seinem Adoptivvater Caesar und baut mit zahlreichen Veteranen ein neues Heer auf. Mit dem Feldherrn Lepidus und Marcus Antonius, dem selbst ernannten politischen Erben Caesars, geht er das Zweite Triumvirat ein, das erst einmal politische Gegner, u.a. Cicero, aus dem Weg räumt. Dann sind die Mörder Caesars dran, schließlich geht es gegen den verbündeten Marcus Antonius, der mittlerweile Caesars Lebensgefährtin Kleopatra zur Geliebten hat. Octavius besiegt ihn 31 v.Chr. in der Seeschlacht von Actium. Das unterlegene Liebespaar flieht nach Ägypten, wo beide Selbstmord begehen. Octavius ist am Ziel. Er hat die alleinige Macht über Rom.

Das Jahr 27 v.Chr. wird zum Schicksalsjahr – für den Adoptivsohn Caesars und für Rom: Am 13. Januar bekommt der 35-Jährige vom Senat für zehn Jahre das prokonsulische Imperium übertragen. Am 16. Januar wird ihm der Titel »Augustus, der Erhabene« verliehen. Und im Juni erhält er die tribunizische Gewalt auf Lebenszeit.

Nie zuvor hatte ein Römer solche Macht, er ist de facto Alleinherrscher, sagt das aber nicht, sondern nennt sich Princeps Senatus, Erster des Senats. 14 n.Chr. lautet sein pompöser Name und Titel: Imperator Caesar Divi filius Augustus, Pontifex Maximus, Consul XIII, Imperator XXI, Tribuniciae potestatis XXXVII, Pater Patriae – Imperator Caesar, Sohn des Vergöttlichten, der Erhabene, Höchster Oberpriester, 13 Mal Konsul, 21 Mal Imperator, 37 Mal Inhaber der tribunizischen Gewalt, Vater des Vaterlandes.

Mit der Herrschaft des »ersten Bürgers«, wie sich »der Erhabene« zu nennen pflegt, findet die Römische Republik ihr endgültiges Ende. Er lässt sich zwar nicht zum König oder Kaiser krönen, besitzt aber die absolute Machtfülle eines Monarchen. Eine Büste in den Kapitolinischen Museen 30 ( ▶ E 6) in Rom zeigt ihn als Princeps, der ergeben die Bürgerkrone trägt. Augustus ist Alleinherrscher, ist Caesar, wovon sich der Titel »Kaiser« ableitet; übrigens werden sich seine Nachfolger auch den Beinamen »Augustus« geben.

Der wendige Taktiker Octavius wandelt sich zum weitsichtigen Staatsmann Augustus, der Rom wohl die beste Epoche seiner langen Geschichte beschert. Er beendet den über 100 Jahre währenden Bürgerkrieg, verbessert den Haushalt und reduziert die Staatskosten, indem er die Größe des Heeres von 230 000 Legionären auf 150 000 reduziert, obwohl er den Machteinfluss Roms um neue Provinzen im Osten (Galatia, Ägypten) sowie in Nordspanien, am Rhein und südlich der Donau erweitert. Und er gründet die neue Hauptstadt der Provinz Raetia: Augusta Vindelicorum – Augsburg. Augustus leitet eine 40-jährige Epoche des inneren Friedens (Pax Augusta), des Wohlstands und der Blüte ein, unter ihm hat Rom über eine Million Einwohner. Das römische Bürgertum gönnt sich jeden Luxus.

Die Intellektuellen seines Reiches – Horaz, Vergil, Properz, Tacitus – loben die Taten ihres »Erhabenen« hymnisch. Der zeitgenössische Historiker Velleius Paterculus schreibt nur wenige Jahre nach Augustus Tod: »Die Äcker fanden wieder Pflege, die Heiligtümer wurden geehrt, die Menschen genossen Ruhe und Frieden im Besitz ihres Eigentums.«

Eine der größten, noch heute nachvollziehbaren Leistungen des Augustus ist die Verschönerung Roms. Er selbst meinte, er habe eine Stadt aus Ziegeln zu einer Stadt aus Marmor gemacht. Da ist was dran. Unter seiner Ägide entstanden beeindruckende Prachtbauten, die bis heute erhalten sind, wie etwa das Teatro di Marcello (Marcellustheater). Er ließ das Augustusforum bauen und rühmte sich der Errichtung von Straßen, Schulen, Rathäusern, Bibliotheken, Aquädukten und 82 Tempeln. Zu Ehren des gottgleichen Adoptivvaters ließ Augustus auf dem Forum Romanum 25 ( ▶ F 6) den Tempel des Divus Iulius errichten, genau an der Stelle, an der die Leiche Caesars verbrannt worden war. Noch heute pilgern Verehrer Caesars dorthin und legen Blumen ab, wenngleich von dem Tempel kaum etwas übrig geblieben ist.

Eines der bedeutendsten Monumente ist die Ara Pacis 4 ( ▶ D 3), errichtet von 13 bis 9 v.Chr. auf dem Marsfeld. Eine moderne Stahl-Glas-Konstruktion des US-Architekten Richard Meier umhüllt seit 2006 das Denkmal. Wo genau der »Erhabene« auf dem Palatin tatsächlich gewohnt hat – diese Frage beschäftigte die Historiker lange Zeit. Als gesichert gilt, dass die Casa di Augusto an das Haus der Livia, seiner Ehefrau, anschließt 10 ( ▶ F 6) und dem Apollotempel, der 28 v.Chr. geweiht wurde, am nächsten liegt. Der Kaiser war augenscheinlich ein Kunstliebhaber: In seinem Wohnhaus ließ er die Wände mit fein gezeichneten Bildern von Satyren und schönen Frauen sowie die Decken mit Fresken bemalen. Seit einigen Jahren sind vier restaurierte Säle wieder für die Öffentlichkeit zugänglich, allerdings werden aus konservatorischen Gründen nur fünf Personen gleichzeitig eingelassen.

Augustus hatte ein sittenstrenges Rom vor Augen; sexuelle Ausschweifungen, unter Caesar durchaus üblich – sogar Cicero hatte als 60-Jähriger seine Ehefrau Terentia verlassen und sein 15-jähriges Mündel Publilia geheiratet –, mochte »der Erhabene« nicht mehr. Er ließ eine allgemeine Ehepflicht einführen, verschärfte die Strafen für Ehebruch und schickte selbst sein einziges Kind Julia, die dagegen verstoßen hatte, in die Verbannung. Der Dichter Ovid, dessen erotische Werke er hasste, wurde nach Tomis (heute Konstanza) am Schwarzen Meer verbannt.

»DER ERHABENE« LEIDET AN NIERENSTEINEN

Augustus wird von allen Zeitgenossen als attraktiver, fitter Mann beschrieben, doch offensichtlich täuschte sein Aussehen: Von Kindheit an plagte ihn eine schwache Gesundheit: Mehrere schwere Krankheiten (Nierensteine), wie etwa die von 23 v. Chr, überlebte er nur knapp. Jederzeit musste er mit seinem Ableben rechnen, deshalb hat er sich auch früh um seine Nachfolge gekümmert. Leibliche Söhne hatte er nicht, also kamen seine beiden Stiefsöhne Drusus oder Tiberius, Kinder seiner dritten Ehefrau Livia, in Frage. Nach Querelen und einer turbulenten Kandidatensuche entschied er sich für Tiberius als Nachfolger. Und er baute beizeiten sein eigenes Grabmal, das Mausoleo di Augusto (Augustusmausoleum) 28 ( ▶ D 3), das mit der Ara Pacis eine Einheit bildete. Es steht – passabel erhalten – an der Piazza Augusto Imperiale. Ein Monumentalbau, in dem nach Augustus weitere Kaiser wie Tiberius, Caligula oder Claudius ihre letzte Ruhestätte fanden.

Im Jahr 14 n.Chr. erkrankte Augustus bei einer Reise durch Kampanien. Er wurde auf sein Landgut in Nola gebracht und bat seine nächsten Angehörigen zu sich. Der Geschichtsschreiber Sueton, allerdings kein Zeitgenosse, notierte, dass er sich auf seinem Totenlager einen Spiegel reichen ließ, das Haar kämmte und dann seine Frau Livia und seine Freunde fragte, ob er das Spiel des Lebens gut gespielt habe. Als sie diese Frage bejahten, deklamierte er nach Schauspielerart: »Habe ich mein Spiel gut absolviert, dann spendet mir Beifall und gebt mir alle als Freunde das Geleit.«

Augustus starb am 19. August 14 n.Chr. im Alter von 76 Jahren in dem Armen seiner Frau Livia. Und er starb friedlich. Auch das war angesichts der gewaltsamen Turbulenzen um die Mächtigen dieser Stadt eine außergewöhnliche Tat.

ARA PACIS 4D 3

Lungotevere in Augusta, Campo Marzio

▶ Metro: Spagna

CASA DI AUGUSTO E CASA DI LIVIA 10F 6

Foro Romano, Eingang Largo Romolo e Remo

oder Via di San Gregorio, Campitelli

▶ Metro: Colosseo

MAUSOLEO DI AUGUSTO 28D 3

Piazza Augusto Imperiale

▶ Metro: Spagna, Campo Marzio

MUSEI CAPITOLINI 30E 6

Via del Campidoglio 1, Campitelli

www.museicapitolini.org

▶ Metro: Colosseo

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