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Vorworte Sven Hannawald, Ulrich Pramann

Liebe Leserin, lieber Leser,

»Svenomenal«, »Hannawald, der Überflieger«, »Flüge in die Unsterblichkeit«, »Sven Hannawald Superstar« – mit solchen Schlagzeilen wurde ich nach meinem Vierfachtriumph bei der Vierschanzentournee 2001/2002 gefeiert. Danach stürmte unglaublich viel auf mich ein. Unter anderem gab es auch mehrere Buchangebote. Damals lehnte ich dankend ab. Was hätte ich schon groß erzählen sollen, wenn das Buch mit den Siegen bei der Vierschanzentournee endet? Wie ich zur Skispringer-Legende wurde? Der Stoff erschien mir damals zu dünn und war durch die Presse ja ohnehin bekannt.

Auch vor fünf Jahren wäre dieses Buch, das Sie jetzt in den Händen halten, noch nicht reif gewesen. Damals hätte es mit meinem Burn-out geendet. Denn der Preis für meine Erfolge war sehr, sehr hoch. Ich musste meinen Totaleinsatz als Leistungssportler teuer bezahlen. Die unglaublich hohen Erwartungen, die auf mir lasteten, haben mich überfordert. Es war ein schleichender, gefährlicher Prozess, bei dem die Psyche schließlich meinen Körper stilllegte. Ich landete im Nirgendwo – sportlich und privat. Aber mit meinem trostlosen Absturz sollte das Buch auch nicht enden.

Jetzt stehe ich wieder auf festem Fundament. Ich habe mein Burn-out überwunden. Und auch das war ein langer, mühseliger Prozess. Mit der Hilfe einer Therapeutin habe ich es geschafft, mich von meiner Erkrankung zu befreien – und ich habe daraus fürs Leben gelernt. Vielleicht kann mein Beispiel jenen Menschen ein wenig Mut machen, die in ähnlicher Bedrängnis waren oder befürchten müssen, in ein Burn-out zu geraten. Deswegen sehe ich jetzt den richtigen Zeitpunkt für dieses Buch, das ich zusammen mit meinem Coautor Ulrich Pramann geschrieben habe.

Ich glaube daran, dass uns das Leben in wichtigen Momenten die »richtigen« Menschen schickt. Menschen, die es gut mit dir meinen. Menschen, die besondere Fähigkeiten haben. Menschen, die uns weiterbringen. Ich bin meinem Verleger Friedrich-Karl Sandmann begegnet, der mir als Coautor den Journalisten Ulrich Pramann vorgeschlagen hat – für mich ein Glücksfall.

Wenn ein Buch wie dieses gelingen soll, muss die Chemie zwischen dem, der sein Leben erzählt, und dem Coautor, der dieses Leben zu einem authentischen und spannenden Buch verdichten soll, natürlich stimmen. Uli und ich haben uns in den letzten Monaten sehr häufig getroffen, und ich habe ihn und seine herausragenden Qualitäten als sensiblen Interviewer und Autor schätzen gelernt. Ich konnte ihm voll vertrauen, als wir auf den Spuren meines Lebens reisten.

Es waren spannende und sehr bewegende Recherchereisen, die manche Gefühle, die ich längst verschollen glaubte, neu in mir weckten. Es kamen Kindheitserinnerungen hoch, schöne und auch traurige, die ich jahrelang wohl verdrängt oder auch vergessen hatte. Und deswegen bin ich sehr dankbar dafür, wie dieses Buch entstanden ist. Es gab ein paar wichtige Fragen, die in meinem Leben noch offen waren. Die Antworten darauf habe ich für mich gefunden, während dieses Buch entstanden ist.

Wir sind tief in meine Vergangenheit eingetaucht. Uli und ich waren in Johanngeorgenstadt im Erzgebirge, wo ich aufgewachsen bin. Dort besuchten wir meinen ersten Trainer, den ich fast 20 Jahre nicht mehr gesehen hatte. In Klingenthal standen wir vor der ehemaligen »Kinder- und Jugendsportschule«, jener Kaderschmiede des DDR-Sports, in die ich als zwölfjähriges Talent einrückte, und trafen einen meiner alten Trainer. Und im Schwarzwald gab es ein Wiedersehen mit meinem alten Freund Martin Schmitt und meinem Heimtrainer Wolfi Steiert, der später Bundestrainer wurde, meinen Absturz hilflos miterlebte und sich herzlich freute, dass ich jetzt eine sichere Landung im Leben geschafft habe.

Dies habe ich vor allem auch meiner Therapeutin Nora Maasberg zu verdanken. Jetzt, neun Jahre nach meinem Burn-out, erklärt und erhellt sie in einem langen Interview mit Uli die Geschichte meines Burn-outs und den komplizierten Prozess der Genesung.

Als dieses Buch fast fertig war, schickte uns Nora noch ein paar wertvolle Gedanken, die ich dem Leser hier gerne vorstelle. Nora schreibt: »Ich habe mir immer wieder vorgestellt, wie es für einen Skispringer sein muss, sich in die Tiefe zu stürzen. Wird die Luft ihn freundlich tragen? Macht er einen lächerlichen Sprung, wird er zerschmettert? Auf jeden Fall gehört dazu sehr viel Mut. Als Sven am Anfang der Behandlung vor mir saß, schien von seiner Courage alles aufgebraucht. Um seine Ängste und Un-sicherheiten kennenzulernen, benötigte er eine neue Sorte Mut.

Sven war anfangs ja verständlicherweise beschämt über seinen ›Fall‹. Er wollte sich mit seinen Schwierigkeiten nicht selbstmitleidig erhöhen oder gar seinen Ruhm fördern. Am liebsten wäre er eine Weile auf einer Insel verschwunden und wäre danach als strahlender Held zurückgekehrt.

Es ist Teil seiner Geschichte, dass er anderen zuliebe so tat, als wäre alles beim Alten – wie ein schlechter Schauspieler. Er nahm wahr, dass er dann ganz den Kontakt zu sich verlor. Und so war dieses allmähliche Annehmen seiner Krise und das öffentliche Dazustehen ein sehr mutiger Schritt, er machte sich dadurch verletzlich. Diese Verletzlichkeit authentisch zu zeigen und zu erleben, dass menschliche Anteilnahme, ja neues, tieferes Interesse aufkommt, das ist heilsam. So konnte Sven ein gesünderes Selbstvertrauen entwickeln und die Sinnhaftigkeit seiner Krise erkennen.

Es geht ja vielen Menschen ähnlich, und sein Beispiel könnte anderen helfen.«

Genau deshalb haben wir dieses Buch geschrieben.

Herzlichst, Sven Hannawald


Ich bin sehr dankbar dafür, dass und wie dieses Buch entstanden ist. Bei den Recherchen habe ich für mich viele Antworten auf bislang offene Fragen gefunden.

Mein Höhenflug, mein Absturz, meine Landung im Leben

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