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3.1 Möglichst lange möglichst selbstständig Anpassen an Bedürfnisse und Alltag

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Bedürfnisse

Mit „Bedürfnis“ wird allgemein ein empfundener Mangel bezeichnet, verbunden mit dem Wunsch, ihn zu beseitigen bzw. etwas für sich zu erreichen. Man unterscheidet zwei grundlegende Arten:

Defizitbedürfnisse müssen von der Umwelt befriedigt werden, um Unwohlsein, Unzufriedenheit und Krankheit zu vermeiden. Dazu gehören körperliche Grundbedürfnisse wie Nahrung, Schlaf, Schmerzfreiheit, Ruhe und Bewegung genauso wie Sicherheit und soziale Anerkennung.

Wachstumsbedürfnisse können sich erst entfalten, wenn alle grundlegenden Bedürfnisse gestillt sind. Erst wenn Menschen sich körperlich und sozial abgesichert und eingebunden erleben, beginnen sie sich nach der Entfaltung der in ihnen angelegten Möglichkeiten zu sehnen. Dazu gehören vor allem die Wünsche nach Selbstverwirklichung, Ästhetik, Schönheit, Ordnung und Wissen/Verstehen.

Wohnbedürfnisse

Überträgt man diese Theorie auf das Wohnen, so müssen auch hier

zunächst grundlegende Bedürfnisse gestillt werden, bevor es die Verwirklichung

der eigenen Person fördern kann.

Als wichtigste Bedürfnisse, denen eine Wohnung entsprechen

muss, gelten (4):

Physiologische Erfordernisse

Schutz vor Witterung, Raum zum Schlafen, Platz zum Essen und für die Hygiene.

Sicherheit und Schutz

Versorgung und Hilfe, Barriere gegen Gefahren.

Beständigkeit und Vertrautheit

Erst in länger andauernden Beziehungen und vertrauter Umgebung sind Menschen frei genug, um sich wohlzufühlen.

Kontakt und Kommunikation

Der Mensch ist von Natur aus ein soziales Wesen, und ohne ausreichenden Kontakt drohen Einsamkeit und Verfall.

Selbstdarstellung und Repräsentation

Daraus bezieht der Mensch die Sicherheit, in der ihn umgebenden Gesellschaft von Wert und Bedeutung zu sein.

Selbstständigkeit und Mitverantwortung

Selbstständiges und eigenverantwortliches Leben auch im hohen Alter möglichst in den bekannten vier Wänden gehört für die heutigen Alten zur subjektiv empfundenen Lebenszufriedenheit.

Eine Wohnung, die alle wichtigen Bedürfnisse des Menschen stillt, muss ausreichend groß und bezahlbar sein sowie Kontakte im näheren Umfeld fördern. Die Infrastruktur der Umgebung muss geeignet sein, die notwendigen Anlaufstellen wie Arzt, Geschäfte oder Freizeiteinrichtungen in jedem Alter selbstständig zu erreichen.

Bei der Suche nach neuen, dem Zeitgeist entsprechenden Wohnformen – auch und vor allem für alte Menschen – ist es notwendig, möglichst viele dieser Bedürfnisse zu stillen, um ein ausreichendes Maß an Lebensqualität zu erreichen.

Spezielle Wohnbedürfnisse im Alter

Die Bedeutung der Wohnung nimmt im Alter eher zu als ab: Durch das Ausscheiden aus dem Berufsleben und den Wegzug der Kinder schwinden die Möglichkeiten, mit der Gesellschaft in Kontakt zu treten. Die sozialen Rollen werden weniger, und die Themen, zu denen man etwas beitragen könnte, schmelzen zusammen. Kommen gesundheitliche Probleme hinzu, werden Wohnung und unmittelbares Wohnumfeld schnell zum Mittelpunkt des Lebens: Studien belegen, dass heute mehr als 80 Prozent der Aktivitäten innerhalb der eigenen vier Wände stattfinden (5) und alte Menschen nur etwa 2,5 Stunden täglich außerhalb der Wohnung verbringen.(6) Die Wohnung und ihr unmittelbares Umfeld bilden den Lebensmittelpunkt des einzelnen alten Menschen und sind damit entscheidend wichtig für sein Wohlbefinden.

Der Psychologe Lawton (7) unterscheidet vor allem vier Wohnbedürfnisse, die im Alter wesentlich sind:

 Sicherheit

 Stimulation und Anregung

 Kompetenz

 Umweltkontrolle

Diese Bedürfnisse sind eng miteinander verbunden und beeinflussen sich gegenseitig. Der Verlust eines oder mehrerer dieser Faktoren führt laut Lawton zu gravierenden Einbußen an Lebensqualität.

Die Menschen von heute wollen mehr als nur ein Dach über dem Kopf und eine funktionierende Heizung. Ihre Wohnbedürfnisse haben sich, verglichen mit der Generation der Hochbetagten, stark verändert. Sie wollen oft nicht mehr das früher so ersehnte „Altenteil“ mit seiner Sicherheit, sondern streben nach einer kompetenten und selbstbestimmten Lebensweise bis zuletzt (Selbstverwirklichung), mit der möglichst alle grundlegenden Bedürfnisse des Wohnens im Alter befriedigt werden können.

Das geht bei den bisher üblichen Wohnkonzeptionen nicht immer; man muss also umdenken. So haben zum Beispiel Befragungen ergeben, dass das „Häuschen im Grünen“ für die meisten Senioren gar nicht so erstrebenswert ist wie vermutet, weil es ihnen nicht sicher erscheint, solange sie dort nicht mit anderen zusammenleben können. Auch die Erdgeschosswohnung ist nicht ihr Favorit, da sie hier stärker als in anderen Etagen die Sorge vor ungebetenen Gästen haben.(8) Wirklich wichtig ist eine ausreichend große Wohnung von mindestens drei Zimmern, wollen sie doch gesellig sein und Platz für Hobbys und Gäste haben.(9)

Umzug

Im Alter besteht grundsätzlich das Bestreben nach Konstanz, da die Fähigkeit, sich aktiv an eine neue Umwelt anzupassen, nachlässt. Dennoch muss häufig die bisherige Wohnung und damit das vertraute Umfeld aufgegeben werden: Entweder muss man dem Druck der Umgebung nachgeben (Kündigung, ungenügende Ausstattung von Wohnung oder Umgebung, unzumutbare Veränderung des Wohnumfeldes etc.), oder man will noch einmal eine Entwicklungschance ergreifen und sich bisher zu kurz gekommene Wünsche verwirklichen. Jedes Mal bedeutet dies einen massiven Eingriff in den Lebensalltag eines alten Menschen und damit eine große Herausforderung.

Die Wahrscheinlichkeit, dass ältere Menschen sich räumlich und sozial noch einmal verändern und umziehen, ist geringer als bei jüngeren Menschen. Als Gründe dafür werden höhere Lebenserwartung, bessere finanzielle Möglichkeiten und größere persönliche Freiheit der Alten von heute angenommen. Untersuchungen belegen aber, dass ältere Menschen durchaus bereit sind, ihre Wohnsituation noch einmal zu verändern, falls altersgerechte Wohnalternativen bestehen. Immerhin ein Drittel der Senioren wäre zu einem Wohnortwechsel bereit, wenn dadurch selbstständige Lebensführung möglich ist. (10)

Wohnraum nach Maß

Wie die meisten Menschen leben Senioren in „normalen“, meist privaten Wohnungen und möchten dort auch so lange wie möglich bleiben. Hier kennen sie viele Menschen, sind mit allem vertraut und wissen, wen sie fragen können, falls sie einmal Unterstützung brauchen.

Aber viele Wohnungen sind nicht wirklich geeignet für ihre Bewohner. Eine Familie mit mehreren kleinen Kindern braucht mehr Platz als ein älteres Paar – und tolerante Nachbarn, die sich von dem Geräuschpegel nicht aus der Ruhe bringen lassen. Behinderte Menschen benötigen mehr Bewegungsspielraum, um sich mit Gehhilfen jedweder Art in und um die Wohnung zu bewegen.

Auch für alte Menschen sind bestimmte Bedingungen zu erfüllen, damit sie möglichst lange unabhängig und selbstbestimmt leben können. Die Wohnung sollte für ihre speziellen Bedürfnisse geeignet sein, nicht zu klein aber auch nicht unerschwinglich teuer sein, in der Nähe der Familie oder zumindest der Freunde liegen und über ausreichend Hilfe-Möglichkeiten verfügen, falls man alleine nicht mehr weiter kommt.

Altersgerecht wohnen

Früher ging man davon aus, dass altersgerecht vor allem behindertengerecht bedeutet und plante Wohnungen, in denen Behinderungen so gut wie möglich berücksichtigt waren: lange und breite Gänge (geeignet für Gehhilfen), Böden ohne Schwellen und Stolperfallen, Fahrstühle und Rampen an den Übergängen. Um gerade den Senioren ein geruhsames, störungsfreies Wohnen unter Gleichen zu ermöglichen, wurden solche Wohnungen oft als ganze Anlagen erbaut.

Aber: Altersgerecht ist nicht gleichzusetzen mit altengerecht, denn nicht in jeder Phase des Lebens ist man „alt“ und nicht jeder „alte“ Mensch ist behindert. Die aktuellen Trends gehen eher dahin, Wohnungen und Siedlungen so zu bauen bzw. zu gestalten, dass sie für Menschen jeden Alters und mit den verschiedensten Einschränkungen, Behinderungen und Bedürfnissen gleichermaßen genutzt werden können. Denn die Anforderungen für seniorengerechtes Wohnen sind auch für andere Gruppen interessant: Wohnungen, die lärmarm, schwellenfrei und bequem sind, die bodengleiche Duschen aufweisen und die mit reduzierten Heiz- und Nebenkosten auskommen, sind sowohl für Senioren wie für Behinderte oder Familien mit kleinen Kindern wichtig.

Barrierefrei nach DIN-Norm

Mittlerweile verwendet man lieber den Begriff barrierefrei. Damit ist gemeint, dass jeder Bürger, unabhängig von seinem Alter oder vorhandenen Handicaps, alles möglichst ohne Hilfe betreten, befahren und benützen kann, was unter diesem Begriff gestaltet und gebaut wurde.(11) Wohnen ist dabei genauso erfasst wie Parken, Zugänge, Müllcontainer, Hauseingangstüren oder Gemeinschaftseinrichtungen. Besonders beim Bau neuer Wohnungen wird zunehmend gefordert, barrierefrei zu planen, damit möglichst viele Bevölkerungsgruppen sie nutzen können.

Um eine allgemein gültige Orientierung zu schaffen, wurden verschiedene Normen geschaffen. Die Normen DIN 18024 und DIN 18025 haben den Zweck, allgemein anerkannte Regeln zu schaffen, auf die bei Planung, Bau und Umbau zurückgegriffen werden kann. Sie regeln die Bedingungen für barrierefreies Wohnen in und um die Wohnung. Derzeit gibt es Pläne, beide DIN-Normen zu einer neuen DIN 18040 zusammenzufassen, die sämtliche Bereiche des barrierefreien Bauens und Wohnens umfassen soll.

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