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Homo Tinto

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Bisher unter Paläontologen völlig unbekannt, beherbergen wir eine neu entdeckte Spezies, eine Unterart des Homo Sapiens.

Es handelt sich scheinbar um eine, durch ihre niederen Instinkte, von der Natur wegrationalisierte Gattung, die sich niemals in größerer Anordnung durchsetzen konnte, da sie in ihren mentalen Schwankungen, die eigenen Art gefährdend, keine überlebensfähige Population aufzubauen fähig war.

Ein Laie vermag den Homo Tinto kaum vom heutigen Menschen unterscheiden, gleicht er doch, zumindest rein äußerlich, einem durchschnittlichen, männlichen Teenager. Dies wiederum lässt die gewagte These aufkommen, dass diese Spezies unerkannt doch in bisher ungeahnter Anzahl unter uns lebt und versucht, durch vorübergehend hormonell veränderte Gene, den Homo Sapiens zu verdrängen. Doch wer ist dieser Homo Tinto? Kommen wir einmal zu seiner Erstentdeckung und Namensgebung. Es war im Harz, einem Mittelgebirge, in dem es bisher eher seltener zu prähistorisch spektakulären Funden kam. Mit einem Mal war er da, wuchs unerkannt heran und wurde von der Familie, die ihn gebar und großzog, liebevoll Till genannt. Bis zur Reife des Fast-Erwachsenen, wirkte er, wie alle anderen, vermeintlichen Artgenossen auch. Doch dann schoss ein Hormonschub ein, der ihn körperlich nicht nur in die Höhe schnellen und Pickel sprießen ließ, sondern das gesamte Wesen veränderte und sein Umfeld in Angst und Schrecken versetzte. So bekam er dann auch seinen Namen von zwei hochrangigen Wissenschaftlerinnen, die bis dahin ihre Forschungen eher auf Banalitäten wie Windelinhalte in Betten zu verteilen oder Kühlschrank-Obduktionen verlegt hatten: Dr. Zita und Prof. Elly. Treffend benannte Dr. Zita unser Exemplar "Homo", während Prof. Elly es "Tinto" rief. Welche wesentlichen Erkennungsmerkmale statten nun diese Gattung aus? Zum Ersten zeichnet sich der Homo Tinto durch ständig wechselnde Gemütslage aus, die man im Ansatz mit der Launenhaftigkeit einer pubertierenden Schwangeren vergleichen kann. In einem Moment ist er gut gelaunt, verteilt bevorzugt in einer Sprache, die sich unter Jugendlichen mittlerweile zu einer einheitlichen Weltsprache zu entwickeln scheint, Kosenamen, die in früheren Epochen Kriege ausgelöst hätten und wechselt innerhalb einer Nanosekunde in eine unverwechselbare Aggression, mit Tendenzen zu paranoidem Territorialverhalten. Das Aussehen bizarr verändert, sowie die, durch Stimmbruch gezeichnete Tonlage, schrill kippend, in Klick-Laute verwandelnd. Es ist ratsam, einem gerade auf emotionalen Hochtouren fahrendem Homo Tinto nicht zu nahe zu kommen, insbesondere, wenn man gerade zwischen dem Exemplar und einer noch geöffneten Tür steht. Kleinere, jüngere Männchen, vor allem die des eigenen Rudels, werden in solchen Szenarien schon einmal unabsichtlich - oder auch nicht - komplett über den Haufen gerannt. Intelligenz mäßig scheint der Homo Tinto keinesfalls dem Homo Sapiens nachzustehen, zumindest was den technischen Verstand angeht. Spielekonsolen und Computer beherrscht er, zumindest auf der Basis des Spielvergnügens meisterlich, teilweise sogar mit den Fähigkeiten, deren Leistungen in Dimensionen zu tunen, die selbst den Herstellern unbekannt sind. So würde wohl beispielsweise keine der Herstellerfirmen die Garantie geben, dass eine ihrer Konsolen regelmäßig und unbeschadet 60 Stunden ununterbrochen bespielt werden kann.

In Sachen Fellpflege besteht ebenfalls eine akute Wechselhaftigkeit.

Bis zu Einsetzen eines sich möglicherweise entwickelnden Bartflaums, meidet der Homo Tinto bestmöglich jegliche Nähe zu Nasszellen. Spätestens allerdings, mit Einsetzen des ersten Fortpflanzungstriebs, der sich in übertriebener Aufmerksamkeit gegenüber dem andern Geschlecht zeigt, scheint diese Gattung zeitgleich eine Art Waschzwang zu entwickeln. Dabei wird wiederum völlig irrational vorgegangen, indem beispielsweise die, durch den Schlaf zerzausten und in der Dusche wieder geglätteten Haare, durch Einsatz undefinierbarer Massen an schmierigen Substanzen, in einen schlimmeren, äußerliche Zustand versetzt werden, als vor der Waschung. Ist der Homo Tinto ausnahmsweise nicht damit beschäftigt eines seiner mindestens fünfmal täglichen Duschrituale zu zelebrieren, hält er sich über Stunden auf Toiletten auf. Sollte dann der Tagesverlauf noch Zeit lassen, wird sich inbrünstig dem weiblichen Geschlecht gewidmet, zu dessen Kontaktaufnahme er sich bevorzugt das Internet zu Nutze macht, um prozentual die Chancen, eine Paarungsgefährtin zu finden, zumindest theoretisch erhöhen zu können. Man sollte jedoch vermeiden, seine Ernsthaftigkeit dabei zu unterschätzen und auf gar keinen Fall belustigt reagieren. Sollten Sie einmal auf ein Exemplar stoßen, das Ihnen hocherfreut berichtet, innerhalb der letzten zwei Stunden sechs Neukontakte zu möglichen Partnerinnen aufgenommen zu haben, vermeiden Sie bitte Fragen wie “Und die Luftpumpe gibt es gratis dazu?”, da Sie dies wiederum, sollte keine geöffnete Tür in der Nähe sein, in arge Bedrängnis bringen könnte. Jedoch ist der Homo Tinto nicht einseitig in seinem Handel und zeigt insoweit eine gewisse Flexibilität, dass er durchaus auch bereit ist, Direktkontakte mit gleichaltrigen Weibchen seiner Gattung aufzunehmen. Dabei geht er nicht nur geschickt, sondern auch gerissen vor, indem er sich den Nestbautrieb der ins Visier genommenen Weibchen genauso zu Nutze macht, wie deren aufkeimendes Fortpflanzungsverlangen. Hierzu bedient er sich seiner kleinen, niedlichen, Windeln tragenden Schwestern, die er vortäuschend fürsorglich zum Spaziergang mitnimmt, jedoch dann Sammelpunkte der jungen Weibchen aufsucht, um über die Aufmerksamkeit derer, den Kleinen gegenüber, neue Kontakte im Eigeninteresse anzustreben. Ist gerade keine kleine Schwester greifbar, wird alternativ auch der Hund genutzt - bevorzugt ein Welpe - um über den Niedlichkeitseffekt an neue Weibchen heranzukommen. Bisher ist der Einfallsreichtum der Kontaktaufnahmen noch nicht ganz erforscht, was zur unbestätigten Vermutung Anlass gibt, dass sich der Homo Tinto, zur Zielerreichung, sogar einen Hamster in die Tasche stecken würde. Ebenfalls noch nicht eingehend wissenschaftlich ausgewertet wurde das Phänomen, mit welchem sich der Homo Tinto, sobald er eine langfristige Partnerin gefunden und eine Art Beziehungssymbiose aufgebaut hat, die hauptsächlich in Kleinkriegen und Machtspielen verläuft, seiner Umwelt gegenüber allgemein umgänglicher erscheint, ja teilweise sogar witzige Ansätze zeigt und sich im Wesen immer stärker zurück, in Richtung Homo Sapiens entwickelt, bis er schließlich, spätestens zur Lebensmitte, nicht mehr von diesem unterschieden werden kann. Bis heute ist noch nicht eindeutig geklärt, warum immer wieder vermeidlich eindeutig dem Homo Sapiens zugeordnete Exemplare eine solche, vorübergehende Mutation durchleben und vor allem, welchem Zweck diese dient. Sicher ist nur, dass es immer wieder vorkommt und niemand, der einen männlichen Spross seiner Art großzieht, sicher ist.

Bleiben Sie also aufmerksam!

Achten Sie auf mögliche Anzeichen und bereiten Sie sich innerlich vor.

Es wird verstärkt nach möglichen Gegenmitteln geforscht, bisher jedoch leider erfolglos.

Solange bleibt uns nur, Ihnen viel Glück zu wünschen und für Sie zu hoffen, dass Sie stark genug sind, sich der Herausforderung “zwei Spezies im Kampf des täglichen Überlebens“, erfolgreich zu stellen.

Moppelchens Chaosbande ... Jugend frei!

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