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Darf es auch ein Super-Kreuzer sein?

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Meine Neugierde brachte mich dazu, mir solch eine schwimmende Stadt aus Stahl und Glas anzusehen. Es war wirklich ein Erlebnis. Auf Kreuzfahrten im östlichen Mittelmeer und bei einer Transatlantik-Überquerung konnte ich bereits Erfahrungen sammeln. Um Ihnen, liebe Leser, möglichst viele verschiedene Informationen zu liefern, hatte ich bei zwei unterschiedlichen Reedereien gebucht, Schiffe mit verschiedenen Nationalitäten getestet.

So toll und unglaublich faszinierend so ein Riesenkreuzer wirkt, so „anstrengend“ ist es, sich hier zurechtzufinden – für Kreuzfahrt-Neulinge nicht unbedingt empfehlenswert. Für Ihre erste oder zweite Seereise und um eigene Erfahrungen zu sammeln, empfehle ich eher ein kleineres bis mittelgroßes Schiff, denn es ist hier bedeutend einfacher, all das zu finden, was man an Bord benötigt. Schon beim entsprechenden Speiselokal angefangen. Selbst noch gegen Ende der Reise auf so einem „Brillianten der Meere“ oder einer „Kronprinzessin“ sieht man Passagiere verwirrt umherirren, weil sie irgendwelche Räumlichkeiten suchen.

Auf vielen Schiffen liegen die Kabinennummern mit geraden Zahlen auf der einen Seite, die mit ungeraden auf der gegenüberliegenden. So kann man auf Anhieb sehen, ob man sich auf der richtigen Seite befindet. In den fensterlosen Gängen ist es oftmals auch nicht nachvollziehbar, ob man sich in Richtung Vorderschiff, also zum Bug oder nach hinten zum Heck bewegt. Benutzt man einmal einen anderen Aufzug als gewöhnlich, schon ist die Verwirrung groß und man fragt sich, „wo bin ich hier“? Am besten, man merkt sich die spezielle Lage eines Restaurants oder Geschäfts. Das hilft bei der Orientierung. Die Kabinen sind nicht immer exakt in aufsteigender oder absteigender Reihenfolge nummeriert. Bei Gängen mit Innenkabinen geht es oftmals etwas durcheinander. Das Servicepersonal ist gewohnt, entsprechende Fragen zu beantworten und hilft ihnen meist freundlich weiter. Die Wege, die man täglich mehrmals zurücklegen muss sind gewaltig, wenn ein Schiff eine Länge von mehr als 200, manchmal sogar 300 Metern hat. Befindet sich Ihre Kabine zum Beispiel ganz vorne, die Restaurants oder Bars sind jedoch hinten angeordnet, ist die Wegstrecke, die täglich wiederholt zurückgelegt wird, ziemlich groß. Vielleicht tut Ihnen die Bewegung auch gut, um die reichhaltige Verpflegung etwas abzutrainieren. Denken Sie jedoch auch daran, wie weit der Rückweg ist, falls Sie etwas in Ihrer Kabine vergessen haben sollten. Möglicherweise ist die Zeit zu knapp, um noch einmal zu Ihrer Kabine zu laufen, falls Ihre Ausflugsgruppe in der Zwischenzeit zum Landgang aufgerufen wird. Sind Sie in den Genuss einer in der Schiffsmitte gelegenen Kabine gekommen, ist es auch nicht viel besser. Der große Musikraum oder das Theater, manchmal auch „Lounge“ genannt, ist bei den meisten Schiffen ganz vorn, oft unterhalb der Brücke gelegen. Gesellschaftsräume und der Pool sowie Terrassen sind aber größtenteils hinten. Also machen Sie sich auf lange Wegstrecken gefasst! Allein die „Ladenstraße“ ist bei den neuen Superschiffen ausgesprochen lang und so angelegt, dass Sie immer wieder an den gesamten Auslagen vor den Geschäften vorbei geführt werden, wenn Sie beispielsweise den Speisesaal aufsuchen. Wie in der Fußgängerzone unserer Innenstädte wird hier alles feilgeboten, was Sie eventuell brauchen könnten oder auch nicht benötigen. Das Sortiment erstreckt sich nicht nur auf Souvenirs, Taschen, Gürtel und sonstiges Allerlei. Meistens wird echter Gold- und Silberschmuck sowie ausgefallener Modeschmuck zu Sonderpreisen ausgelegt. Die Verführung ist groß, wenn man an Seetagen zum Bummeln genügend Zeit hat und Ihr Weg immer wieder an der Ladenstraße vorbeiführt. Der Koffer wird beim Schmuckerwerb jedoch nicht so voll, als wenn Sie sich mit schicker Kleidung aus den Schiffsboutiquen eindecken. Zumindest Frauen werfen im Vorübergehen gerne mal einen Blick auf die verlockenden Waren. Nur wenige Gäste können den täglich neu reduzierten „Sale“-Preisen widerstehen. Einen neuen Fummel für den Urlaub kann man noch allemal gebrauchen, auch wenn genügend eingepackt wurde. Man hat Zeit und ist in Urlaubslaune. Da sitzt das Portemonnaie oft sehr locker.

Die Tage auf hoher See zwischen den Landausflugstagen sind deshalb für die Läden an Bord recht verkaufsfördernd. Der Umsatz steigt dann ganz enorm. Es ist ja auch so einfach und bequem, mit seiner Passagierkarte oder Bordkarte, auf englischsprachigen Schiffen auch „Cruise-Card“ genannt, überall zu bezahlen, ohne zu wissen, wie viel sich bereits auf dem Passagierkonto angesammelt hat. Am Ende der Reise zahlt man entweder mit einer Kreditkarte, manchmal auch mit einer EC-Karte oder mit Bargeld. Dieses muss man natürlich nicht in seiner Brieftasche herumtragen, sondern kann es aus einem der Geldautomaten ziehen. Diese befinden sich meist neben oder im Casino. Die entnommenen Scheine sind in der Landeswährung der Reederei. Auf amerikanischen Schiffen sind Euros nicht verfügbar und als Zahlungsmittel nicht erwünscht. Jede Kabine besitzt auch einen Safe, der groß genug ist, auch Ihren Schmuck unterzubringen.

Früher sahen Schiffe auch wie solche aus. Heute gleichen die kürzlich erbauten, immer mehr schmucken Hochhäusern mit Balkonappartements. 16 Passagier-Decks sind keine Seltenheit. Die Decks ganz unten im Schiffsrumpf noch gar nicht mitgerechnet. Hier befinden sich die Unterkünfte für die Mannschaft und die Wäscherei, die auf fast allen Schiffen von Chinesen betrieben wird. Passagiere bekommen dieses Personal jedoch niemals zu sehen. Wer sich trainieren will, kann die Stufen zu den verschiedenen Sonnen- und Pooldecks zu Fuß laufen oder das Fitness-Center nutzen.

Von großer Wichtigkeit sind die Rettungsboote an Bord. Im Notfall müssen Sie auf den Schiffsriesen für ca. 3000 Passagiere oder mehr sowie ungefähr 1500 Crew-Mitglieder genügend Platz bieten. Hier hilft man sich zusätzlich mit aufblasbaren Inseln, da sonst das gesamte Schiff mit Booten überladen wäre. Mehrere „Muster-Stations“ (siehe Kapitel Seenot-Rettungsübung) stehen für Fälle von Seenot als Sammelpunkte zur Verfügung.

Lernen Sie am Anfang Ihrer Seereise auf einem dieser Wahnsinnskreuzer sympathische Menschen kennen, die Sie gerne nochmals wiedersehen möchten, dann ist es ratsam, gleich einen Ort und eine Zeit zu vereinbaren, denn sonst treffen Sie diese Herrschaften nie mehr wieder. Die zahlreichen Menschen verlaufen sich wie in einer kleinen Stadt. Vor allem dann, wenn sie unterschiedlichen Restaurants zugeteilt wurden oder beim „Freestyle-Cruising“ keine festen Tischzeiten und täglich die Qual der Wahl eines der gepflegten Restaurants haben. Die unzähligen Variationsmöglichkeiten den Abend zu gestalten, tragen dazu bei, dass man sich kaum zufällig wieder begegnet. (siehe Kapitel „Das Unterhaltungsprogramm an Bord“)

Die Rezeption, genannt das „Pursersdesk“, ist auf Riesenschiffen leider, und das muss hier erwähnt werden, auch nicht größer als bei mittelgroßen Schiffen und vor allem nicht besser besetzt. Dies hat zur Folge, dass sich lange Schlangen bilden, wenn es etwas zu einem Thema zu erfragen gibt, das die meisten Passagiere interessiert. Ebenso verhält es sich bei der Buchung von Ausflügen, die nur zu ganz bestimmten Zeiten möglich ist. Natürlich können Sie, wenn Sie gar keine diesbezüglichen Fragen mehr stellen wollen, auch ein Formular nehmen und dies in eine bereitstehende Box werfen. Damit sind Sie zum Landausflug angemeldet. Doch meistens will man zum bevorstehenden Ausflugsprogramm irgendetwas wissen und dann heißt es geduldig warten. Amerikaner zeigen sich auch hier duldsamer und nachsichtiger als deutsche Passagiere, bei denen es manchmal zu heftigen Beschimpfungen kommt, wenn jemand mehr als eine oder zwei Fragen stellt. Dann wird schon einmal richtig gekämpft, was die Urlaubslaune beeinträchtigt.

Immer gewaltigere Kreuzfahrtschiffe verlassen die Werften und man fragt sich, wie solche Kolosse überhaupt noch steuerbar sind. Wegen ihres Tiefganges können diese Riesen viele Häfen nicht mehr anlaufen. Dies hat zur Folge, dass die Passagiere mit sogenannten Tenderbooten an das Ufer gebracht werden müssen. Vor allem können Fjorde weder in Norwegen, Chile noch in Neuseeland angefahren werden. Auch hier heißt es, in kleinere Boote umsteigen.

Ein heftiger Wettstreit ist zwischen den verschiedenen Auftraggebern aus unterschiedlichen Nationen entbrannt. Die Rentabilität einer solchen Reise ist umso höher, je mehr Menschen untergebracht werden. Für solche Megaschiffe reichen die üblichen Piers in den meisten Häfen nicht aus. Überlange Anlegestellen müssen künftig erbaut werden. Von einigen US-amerikanischen Reedereien werden bereits Kreuzfahrtschiffe für 4000 und 5000 Passagiere bestellt und gebaut. Etwa eine schlappe halbe Milliarde Euro oder mehr darf dafür hingelegt werden. Das Geschäft boomt. Kreuzfahrten sind ein noch ausbaufähiger Wahnsinnsmarkt.


Schiffe wie Hochhäuser der Meere


Zwei Kreuzfahrtriesen


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