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2. Der Ursprung der Montessori-Pädagogik

Maria Montessori wurde 1870 in Italien in eine sehr christliche Familie hineingeboren. Sie war schon seit ihrer frühesten Jungendzeit sehr engagiert und kämpfte für die Persönlichkeitsrechte eines jeden Einzelnen, vor allem für die Frauenrechte. Darüber hinaus hatte sie bereits in ihrer Schulzeit eine sehr kritische Meinung über das gängige Schulsystem und die Lehrmethodik, welche die Pädagogen anwandten.

Nach ihrem Abschluss war sie nicht nur eine der ersten Frauen, welche das Medizinstudium mit einer Promotion abschlossen, sondern die erste in Italien.

Ihre Passion für die Entwicklungspsychologie fand sie schließlich in einer Psychiatrie für Kinder. Dort arbeitete sie zunächst als Assistenzärztin.

Sie war in dieser Zeit vor allem für die Arbeit mit den geistig behinderten und den „zurückgebliebenen“ Kindern zuständig. Diese Kinder wurden weitestgehend nur mit dem Nötigsten versorgt, bekamen aber ansonsten keinerlei Aufmerksamkeit. Da auch Montessori zu Beginn heillos überfordert war, begann sie sich intensiv mit verschiedenen, vor allem neueren Erziehungstheorien zu beschäftigen.

Sie gelangte schließlich zu dem Schluss, dass die bisherigen bekannten Methoden absolut fehl am Platz waren und offensichtlich nicht funktionierten. Es müsste einfach eine eigene Fachrichtung zum Unterrichten der geistig und psychisch behinderten Kinder geben.

Sie entschloss sich kurzerhand eigene pädagogische Materialien und Lehrmethoden zu entwickeln.

Auf einem Fachkongress wies sie ihre 3000 Kollegen darauf hin, dass diese Gruppe von Kindern nicht zu dumm oder unfähig zum Lernen ist, sondern einfach besondere Bedürfnisse hat. Sie benötigen eigene, speziell auf sie zugeschnittene Methoden, damit auch sie die Möglichkeit haben, zu lernen und sich zu entwickeln.

Schließlich übernahm sie die Leitung der Nationalen Liga für Erziehung, wo sie ihre Ideen im Bereich der Arbeit mit behinderten Kindern umsetzte. Auf diese Weise konnte sie alles Erlernte direkt an den Kindern ausprobieren und auf ihren Nutzen hin prüfen.

Sie passte ihre Materialien unaufhörlich an. Anhand von vielen Stunden der Beobachtung und der Analyse ihrer Erkenntnisse fing sie irgendwann an intuitiv auf das jeweilige Verhalten, welches die Kinder zeigten, zu reagieren. Mit Hilfe der Mischung aus ihrer extremen Genauigkeit und der starken Empathie gegenüber den einzelnen Kindern gelang es ihr schließlich, ihr Arbeitsmaterial perfekt an deren Bedürfnisse anzupassen. Dies war die Geburtsstunde der Montessori-Pädagogik und ihres besonderen Lernmaterials.

Nach mittlerweile über hundert Jahren der Montessori-Pädagogik ist diese längst über die Behindertenpädagogik hinausgewachsen. So hat diese seit langem Einzug in die Kindergärten und Schulen gefunden, wo sie als eigene Fachrichtung gilt. Aktuelle Forschungen belegen zudem, dass es egal ist, ob ein Kind besondere Bedürfnisse hat oder nicht. Diese spezielle Art des Lernens fördert jedes Kind.

2.1 Die Montessori-Pädagogik

Das Arbeiten nach der Montessori-Methode wird oft auch als eine ganz eigene Philosophie verstanden. In ihrem Zentrum steht immer das Kind und seine Individualität. Kinder gelten dabei als Baumeister ihres eigenen Selbst. Das bedeutet, dass sie nicht durch direkte Anleitung sowie Erklärungen lernen und verstehen, sondern auf Grund ihrer ureigenen Neugierde dazu angetrieben werden. Die Lehre fußt dabei auf zwei elementaren Pfeilern:

Der erste ist das Material.

Der zweite ist der Beobachter.

Dieser wird oft auch als Lehrender bezeichnet, wirkt aber im Grunde nicht aktiv auf das spielende Kind ein. Seine Aufgabe besteht darin, im Vorfeld den Entwicklungsstand des Kindes einzuschätzen. Er muss wissen, welche Dinge, Materialien, Bereiche oder Fragen das Kind zurzeit am meisten beschäftigen. Anhand dessen muss er dann das geeignete Thema des Tabletts finden und entsprechendes Material auswählen. Unter Zuhilfenahme geeigneter sprachlicher Techniken kann er dann den Lernprozess sogar noch weiter fördern.

Der Grundgedanke, der aber hinter jeder Technik nach Montessori steht, ist:

„Hilf mir, es selbst zu tun.“

Die sprachliche Technik, von der Montessori spricht, hat ihre ganz eigenen Tücken. Das wichtigste Element bei der Begleitung des Lernens ist, dass der Erwachsene das Kind nicht beeinflussen darf. Er soll auf keinen Fall werten, belohnen, korrigieren oder sogar bestrafen. Dieser für uns eher natürliche Sprachgebrauch, wenn man seinem Kind etwas beibringen möchte, läuft also komplett konträr zur Philosophie nach Montessori. Sie geht davon aus, dass ein jedes Kind nicht nur aus eigener Motivation heraus lernt, sondern vor allem deshalb, weil es am Leben der Erwachsenen teilhaben möchte.

Die Pädagogik von Montessori fokussiert sich also auf die Bedürfnisse, die Talente und ganz eigenen Begabungen der jeweiligen Kinder. Deshalb ist ein regulärer Unterricht mit entsprechendem Lehrstoff und einem vorgegebenen Rhythmus das komplette Gegenteil von Montessoris Vorstellung von Pädagogik. Sie geht davon aus, dass jedes Kind in seinem eigenen Rhythmus lernt und dazu seine eigenen Methoden nutzt.

Nach Montessori gibt es im Leben von Kindern immer wieder so genannte sensible Phasen, in denen sie besonders einfach neue Inhalte lernen. Sie umreißen jeweils einen bestimmten Lebensabschnitt, in welchem ein Kind etwas Bestimmtes lernen will, da es ganz besonders daran interessiert ist.

Folglich gilt es immer wieder abzuwarten, wann das Kind in seine nächste sensible Phase übergeht, um ihm dann wieder neue Anregungen zu bieten. Kinder werden von den Lehrenden also ermutigt das Thema und die Geschwindigkeit, in der sie lernen möchten, selbst anzupassen. Dazu gehört, dass sie so viele Wiederholungen einer Lektion machen können, wie sie benötigen. Jede Unterbrechung und jede Einwirkung von außen wird folglich als störender Faktor aufgefasst und behindert das Kind entsprechend in seiner natürlichen Entwicklung.

Die Freiarbeit bildet mit das Kernstück der Montessori-Pädagogik. Dein Kind kann selbst entscheiden, womit es sich befassen möchte.

Unter Berücksichtigung des besonderen Materials, der ansprechenden Darbietung der Angebote sowie der guten Beobachtung der Eltern wird das Kind schließlich dabei unterstützt, sich ein Angebot herauszusuchen.

Den Arbeitsrhythmus reguliert das Kind dann selbst, ebenso wie lange es sich mit etwas beschäftigt. Wenn man mehrere Kinder hat oder Freunde da sind, wird sich das Kind auch einen Spielkameraden aussuchen, sofern es mit einem Partner lernen, spielen bzw. arbeiten möchte.

Dadurch, dass sich die Kinder hierbei frei entscheiden können, üben sie eine unglaubliche Disziplin ein. Gerade weil der Wille zum Lernen vom Kind selbst herauskommt und nicht vorgegeben wird, wird das Kind ein Leben lang etwas davon haben. Wer jemals einen Montessori-Kindergarten oder eine -Schule besucht hat, wird wissen, wie ruhig und entspannt diese spezielle Methode sowohl für Kinder als auch Erzieher ist.

2.2 Die besonderen Montessori-Materialien

„Vom Greifen zum Begreifen – Vom Konkreten & Sinnlichen hin zum Abstrakten“

Die Entwicklung der Intelligenz fußt auf der Entwicklung der Wahrnehmung und somit auch auf der Verfeinerung der Sinne. Erst durch den Kontakt zu seiner Umwelt und deren Erforschung kann der Verstand funktionieren und Gedanken aufbauen. Eben dieser Kontakt wird mit Hilfe der Sinne hergestellt.

Maria Montessori benutzte ganz besondere Materialien. Diese fördern nicht nur die geistige Entwicklung der Kinder, sondern ermöglichen ihnen eine bestimmte Tätigkeit gleich mit mehreren Sinnen zu erfahren.

Weil Kinder selbstständig mit dem Material arbeiten können, benötigen sie auch keine Kontrolle von außen, sondern merken selbst, ob sie etwas Neues gelernt haben oder nicht. Auf diese Weise spricht es alle Sinne der Kinder an.

Dieser besonderen Eigenschaft verdankt das Arbeitsmaterial von Montessori den Namen „Sinnesmaterial“.

Dabei geht es insbesondere darum, dass das Material den Kindern dabei hilft, selbstständig neue Strukturen zu erkennen und zu begreifen. Durch diese Art des Lernens entsteht bei den Kindern eine neue Arte von Selbstwertgefühl. Denn sie bekommen nichts vorgestellt oder gezeigt, sondern können durch ihr ganz eigenes Handeln selbst eine Lösung und einen Handlungsweg finden. Diese Art der Beschäftigung eignet sich bereits bei Kindern ab dem ersten Lebensjahr. Sie fördert neben der Motorik auch die Koordination der eigenen Bewegungen sowie das Verständnis von Ordnung und Strukturen.

Montessori betont immer wieder, dass die Entwicklung der Wahrnehmung eng mit der Entwicklung der Intelligenz verbunden ist. Somit ist eine gezielte Förderung der Sinne und der gewonnenen Eindrücke ein wesentlicher Grundstein für eine gelungene Entwicklung des kindlichen Gehirns. Heutzutage können häufig die Sinne der Kinder durch die hoch technisierten Spielwaren nicht mehr richtig angesprochen werden. Diese Art des Spielzeugs sorgt dafür, dass sie reizüberflutet und sensorisch fast dauerhaft überfordert sind.

Deshalb ist das Material von Montessori vor allen Dingen eines: schlicht.

Darüber hinaus stellte sie aber noch ganz besondere grundlegende Regeln für ihr Material auf:

• alles Material soll sich selbst erklären und auch möglichst nur einen einzigen Lehrinhalt vermitteln

• es muss sehr robust und widerstandsfähig sein

• alles soll aus natürlichem Material bestehen wie Holz, Metall oder Stoff

• die farbige Gestaltung und die Handhabung muss absolut kindgerecht sein

• soweit es möglich ist, sollen die Kinder ihre eigenen Werkstoffe selbst kontrollieren können

Montessori unterscheidet fünf Übungs- und Materialgruppen, welche zur Erziehung der Sinne besonders wichtig sind:

1. das mathematische Material

2. die Übungen des praktischen Lebens

3. das Sprachmaterial

4. das Sinnesmaterial

5. das kosmische Material

Diese sind nicht immer eindeutig voneinander abgegrenzt, was aber auch nicht immer notwendig ist. Sie können vermischt und auch übergeordnet benutzt werden, wodurch noch mehr Sinne gleichzeitig angesprochen werden.

Das Aktionstablett-Buch

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