Читать книгу Alicia - Vögellust - Tamora Donovan - Страница 7
ОглавлениеKapitel 4
Wenn Andrew Winfield geahnt hätte, wie man jetzt schon über ihn sprach, dann hätte er vielleicht alles rückgängig gemacht. Er war direkt stolz auf sich, dass er es so leicht über die Lippen gebracht hatte. Wer wusste denn auch schon, dass er seine Frau noch nie betrogen hatte! Und auch jetzt saß er am Schreibtisch und grübelte über seine Entscheidung nach. Es war ja auch nicht richtig.
Doch dann mussten Briefe unterschrieben werden und eine Besprechung stand noch an. Als er endlich wieder zu sich kam, war es schon so spät, dass er nur noch den Wunsch hatte, so schnell wie möglich heimzukommen, seine Schuhe auszuziehen und es sich richtig gemütlich zu machen.
*
Seine Frau wartete schon mit dem Essen auf ihn. »Du siehst müde aus!«, stellte sie lächelnd fest.
»Ich bin auch müde, Grace«, gab Andrew zu.
Dann schwiegen sie.
Das Essen wurde von der Haushälterin gebracht.
Danach gingen sie in den Salon und versuchten vor dem Fernseher wach zu bleiben.
Andrew musterte seine Frau. Sie ist immer noch eine Schönheit. Und sie versteht es, sich vorzüglich zu kleiden. Ich konnte mit ihr Staat machen. Unweigerlich fragte er sich, was suche ich eigentlich noch? Ich bin alt, ich sollte es endlich einsehen. Da war es wieder, dieses ewige Selbstmitleid! Mein Freund hatte recht, stellte er fest. Ich bemitleide mich dauernd. Nur weil ich jetzt ein wenig müde bin?
»Was gibt es Neues in der Firma?«, erkundigte sich Grace.
»Ist alles wie immer«, antwortete er und fügte hinzu: »Stimmt. Etwas Neues gibt es doch. Nächste Woche muss ich für ein paar Tage nach London.«
Grace runzelte die Stirn. »Eine Messe vermute ich? Hättest du mir wirklich früher sagen können, Andrew! Jetzt muss ich alles umwerfen!«
Er schaute sie fragend an. »Ich verstehe kein Wort, Grace! Ich muss doch nach London, nicht du. Haben wir nächste Woche vielleicht wieder eine Party auf der wir nicht fehlen dürfen?«
»Aber nein, doch nicht um diese Zeit. Da würde niemand kommen. Nein, keine Party. Aber Andrew, ich werde dich begleiten! Um meine Termine mach‘ dir mal keine Sorgen, die werde ich schon absagen können.«
Er sah seine Frau so sprachlos an, dass selbst sie sofort merkte, dass da etwas nicht stimmte.
»In London war ich schon lange nicht mehr. Wird bestimmt Spaß machen mal wieder ausgiebig shoppen zu gehen.«
Er sah sie immer noch mit offenem Mund an.
Grace runzelte etwas die Stirn. »Stimmt etwas nicht? Was ist denn mit dir?«, fragte sie.
»Du, du willst mit?« Er stotterte verdattert.
Sie lachte leise auf. »Aber Andrew, du tust ja gerade so, als wärst du darüber entsetzt!«
»Entsetzt? Ich?«, log er hastig und fügte nach einer kurzen Pause hinzu: »Aber nein!«
»Na, siehst du? Du hast mir neulich doch selbst gesagt, wie langweilig es für dich immer ist, allein auf Reisen gehen zu müssen. Und überhaupt kannst du so schlecht Koffer packen und dergleichen. Na ja, andere Männer in deiner Position nehmen ihre Sekretärin mit ... Ach, weißt du, meine Freundin hat mir die Tage erst ihr Leid geklagt. Aber du bist ja nicht so. Und weil es dir nicht behagt, habe ich mir vorgenommen, jetzt wo doch die Kinder alle aus dem Haus sind, dich zu begleiten, wenn ich Lust dazu habe. Mal sehen wie es mir gefällt. Du siehst, Andrew, ich versuche wirklich mein Bestes!«
Er schluckte tapfer. »Aber Liebes, das kann ich einfach nicht von dir verlangen, wirklich nicht.«
Sie lächelte ihn an. »Du bist einfach zu gut, Andrew. Das sag‘ ich immer. Du meldest dich nicht. Auch jetzt nicht, wo du doch so müde bist. Warum stellst du nicht endlich einen Geschäftsführer ein?«
Er konnte ihr darauf jetzt keine Antwort geben, denn er war mit seinen Gedanken bei seiner Sekretärin. »Du brauchst dich wirklich nicht überstürzen, Grace! Es stehen laufend Messetermine an!«
»Hör mal, du redest so, als würdest du mich plötzlich nicht mehr mithaben wollen!«
Er lachte kurz auf. Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen. Aber das kann und darf ich dir nicht sagen! »Nein, nein«, meinte er hastig. »Ich bin nur völlig verblüfft. Weißt du, ich hab‘ ...«
»... es nicht erwartet, nicht? Ach, weißt du, Andrew, es wird mir auch ganz gut tun, wenn ich mal rauskomme. Ja, ich habe auch schon mal daran gedacht in der Firma zu arbeiten. Jetzt wo mich die Kinder nicht mehr brauchen. Schließlich bin ich ausgebildete Übersetzerin!«
Dem Ehemann brach langsam der Schweiß aus.
»Werden die anderen Herren auch ihre Frauen mitbringen?«
»Wie …? Das weiß ich nicht. Bisher ist das nicht vorgekommen. Ich weiß es aber nicht.«
»Da kann man mal wieder sehen, wie wenig Ahnung du hast! Man muss doch Sekretärinnen von Ehefrauen unterscheiden können.«
»Ja, mag sein, aber ich habe noch nie darauf geachtet.« Um sich nicht doch noch zu verraten, griff er hastig zu einem Buch. Jetzt hatte ein wenig Ruhe vor Grace. Hinter dem aufgeschlagenen Buch konnte er in aller Ruhe über die veränderte Situation nachdenken. Eines jedenfalls hatte sein Freund Kingsley wirklich geschafft, nach langer Zeit fühlte Andrew sich mal wieder wie ein Lausejunge, den man bei einem Streich ertappt hatte. Um Himmels willen, schoss es ihm durch den Kopf, wenn Grace morgen mit meiner Sekretärin telefoniert, um vielleicht Einiges zu erfahren? Die Buchstaben tanzten ihm vor den Augen. Was soll ich nur machen? … Dave, da hast mir aber was eingebrockt! Plötzlich hatte er eine sehr gute Idee. Kingsley war ein Freund und ein richtiger Freund half in jeder Lebenslage. Langsam beruhigte er sich wieder. »Ich gehe schlafen«, sagte er zu seiner Frau.
»Geh nur, ich komme auch gleich«, versprach sie ihm und warf ihm einen Kussmund zu.
***