Читать книгу Winterzeit im Wichtelwald - Tania Eichhorn - Страница 16
Оглавление*
Vom Tannenbaum und den Wunschzettelchen
Allmählich kam die Zeit des Lichterfests immer näher. Mama und Flora dekorierten liebevoll die Wurzelhöhle, sie buken fleißig Kekse und bastelten eifrig an kleinen Überraschungsgeschenken. Papa und Phio versorgten in dieser Zeit die Tiere des Waldes. Phio durfte auf dem großen Rindenschlitten sitzen, den Hans, eine befreundete Waldmaus, durch den verschneiten Tannenwald zog.
„Papa, da ist ein schöner Tannenbaum!“, rief Phio, als er eine kleine, schiefe Tanne in der Nähe des Waldteiches sah.
„Ja, hüpf schnell herunter vom Schlitten, dann schauen wir sie uns näher an“, sagte Lux nicht ahnend, weshalb sein Sohnemann so begeistert von dem jungen Bäumchen war.
Gemeinsam stapften sie hinüber zur kleinen Tanne. „Papa, dieser Baum ist wunderschön“, schwärmte Phio. „Sollen wir ihn mitnehmen? Nach Hause? So wie die Menschenkinder? Die schmücken den Baum dann mit Kerzen und süßen Ringen.“
„Nicht so schnell, mein kleiner Phio. Du möchtest einen Weihnachtsbaum?“, hakte Lux nach.
„Aber ja. Opapa hat doch beim letzten Lichterfest erzählt, dass die Menschen die allerschönsten Bäume aus dem Wald holen und diese in ihren Wohnzimmern aufstellen. Und dann schmücken sie sie und legen Geschenke darunter. Und sie singen und zünden Lichter an. Kannst du dich nicht erinnern, Papa?“ Phio war begeistert.
Unter den Wichteln war es üblich, zum Ende des Jahres ein Lichterfest zu feiern. Am Abend des Festes saßen alle um das große Feuer am Marktplatz und es wurden Geschichten erzählt, Kastanienstückerln gegessen und Punsch getrunken. Manchmal gab es auch Kutschfahrten für die Kinder oder lustige Rodelpartien. Und selbstverständlich durfte jeder vor dem Nachhausegehen das Licht einer Laterne am großen Feuer entzünden, das dann den Weg nach Hause leuchtete.
Zu Hause wartete auf jedes Wichtelkind ein kleines Geschenk von den Englein. Doch zuallererst wurde gemeinsam mit der Familie gegessen, es wurden Winterlieder gesungen und dann kam erst der Moment, wenn die Kinder ihr Geschenk auspacken durften. Den restlichen Abend verbrachten die Wichtelfamilien damit, gemeinsam zu spielen und die dunkle, kalte Zeit in ihrem warmen Zuhause zu genießen.
Doch in diesem Jahr würde sich etwas verändern, da war sich Phio sicher. Zum ersten Mal in seinem Leben würde er einen echten Weihnachtsbaum haben. Davon war der kleine Wichtelbub überzeugt.
Doch Lux ließ sich nicht so leicht überreden. „Ja, doch, ich erinnere mich. Aber dieser Baum ... na ja.“
„Er ist toll, nicht wahr?“, schwärmte Phio weiter.
Sein Vater betrachtete das kleine, schiefe Bäumchen mit seinen kargen Ästen und meinte: „Na ja, Phio, wir könnten doch noch ein paar andere Bäume anschauen, wenn du unbedingt einen Weihnachtsbaum haben möchtest, oder?“
„Nein, wieso denn? Gefällt er dir denn nicht?“
„Es ist schon ein nettes Bäumchen, aber sollen wir nicht noch ein bisschen suchen?“
„Nein, Papa, dieser Baum ist perfekt.“
„Gut, aber wir sägen ihn zusammen mit Flora und Mama ab, ja? Die werden erstaunt sein, was du für Ideen hast.“
„Ja, gut, ich werde es ihnen gleich erzählen, wenn wir zu Hause sind.“
Und so geschah es, dass Phio übermütig von der wunderschönen kleinen Tanne erzählte, die im Wichtelwald nur darauf wartete, endlich ein schöner Weihnachtsbaum sein zu dürfen. „Und, Mama, da werden wir Kerzen drauf montieren. Und solche süßen Ringe, von denen Opapa erzählt hat. Weißt du noch?“
Natürlich wusste Pinka das noch, doch sie war skeptisch, eine Tradition der Menschen zu übernehmen. Außerdem wusste sie nicht, woher sie solche süßen weißen Ringe bekommen sollte. Phios Freude allerdings steckte die ganze Wichtelfamilie an und so kam es, dass die vier am nächsten Tag zusammen in den tief verschneiten Tannenwald stapften, um das kleine, schiefe Bäumchen abzusägen.
Mithilfe der großen Rindenrodel und der Waldmaus Hans zogen sie ihren besonderen Baum nach Hause. Dort wurde er zunächst im Garten aufgestellt, weil er noch einige Tage warten musste, bevor er in der warmen Wurzelhöhle geschmückt werden würde.
„Schau, Flora, ich kann den Tannenbaum von meiner Kammer aus im Garten sehen“, rief Phio begeistert, als er sich an diesem Abend in sein Bett kuschelte. „Komm, schau!“
Doch Flora rief nur: „Ich kann gerade nicht, Phio. Ich mache noch etwas.“
„Aber was denn?“, fragte ihr Bruder und steckte neugierig sein Näschen in Floras Kammer. „Was malst du denn da?“
Ganz geheimnisvoll antwortete Flora: „Ich mache gerade meinen Wunschzettel für die Englein.“
„Was?“, fragte Phio erstaunt.
„Ja, den Wunschzettel halt. Das, was ich mir von den Englein wünsche, male ich auf. Dann stecke ich das Ganze in einen Umschlag und verziere ihn schön. Danach lege ich ihn vor die Tür und stelle eine Kerze dazu, damit die Englein gleich sehen, dass da ein Wunschzettel abzuholen ist.“
„Kann ich das auch machen? Flora, bitte!“
„Natürlich“, meinte diese großherzig. „Fang doch gleich damit an, dann legen wir beide unsere Wunschzettel hinaus.“
Gesagt, getan.
Phio flitzte hinüber in seine Kammer, nahm sich ein leeres Blatt Pergament und begann zu überlegen. „Hmmm, ich wünsche mir ... ich wünsche mir ...“, dachte er laut und begann zu malen. Er zeichnete seine Holzeisenbahn, die er zu seinem letzten Geburtstag bekommen hatte, und an die Lokomotive hängte er einen großen roten Waggon.
Mit seinem Bild huschte er wieder hinüber in Floras Kammer. „Schau“, sagte er, „das wünsche ich mir!“
„Das hast du schön gemacht, Phio. Wirklich! Schau, das wünsche ich mir.“
„Das hast du aber auch sehr schön gemacht, Flora“, meinte Phio anerkennend, als er ihr Bild mit der Wichtelpuppe im weißen Blumenkleid bewunderte.
Beide falteten ihre Werke und verzierten sie mit Glitzersternen. Flora schrieb in großen Buchstaben vorne drauf:
„Mama, wir sind fertig!“, rief Flora und gemeinsam liefen die beiden Wichtelkinder in die Wohnstube.
„Sehr gut. Phio, hol doch bitte eine Bienenwachskerze und, Flora, du kannst die Zündhölzer bringen. Dann legen wir das Brieflein hinaus vor die Tür“, meinte Pinka.
„Ja, und die Englein kommen dann zum Licht und wissen, dass da ein Wunschzettelchen zu holen ist“, erklärte Phio mit leuchtenden Augen.
„Genau so ist das“, bestätigte Pinka lächelnd.
Als die Kerze angezündet war und das Brieflein seinen Platz bekommen hatte, hieß es für die Wichtelkinder: „Ab ins Bett!“
Und in dieser Nacht träumten die beiden von den Englein, die zur Erde kamen und all die Brieflein der Wichtelkinder einsammelten.