Читать книгу Migräne mit Hirnstammaura - Leben mit einer seltenen, schweren Form der Migräne - auch bekannt als "Basilarismigräne" - Tanja Götten - Страница 3
ОглавлениеVorwort
Der Begriff der Migräne mit Hirnstammaura taucht erst seit den neuesten Änderungen in den Klassifikationssystemen der Internationalen Kopfschmerzgesellschaft auf. Bisher waren für diese Art der Migräne die Begriffe Basilarismigräne und Migräne vom Basilaristyp, bzw. basiläre Migräne etabliert. Das Krankheitsbild an sich ist selbst unter Fachmedizinern dennoch wenig bekannt. Die Namensänderung wird diese Situation aller Voraussicht nach nicht wesentlich verbessern. Wenngleich die Bezeichnung Migräne mit Hirnstammaura bereits eher ermöglicht, sich vorzustellen, um was es bei dieser neurologischen Erkrankung gehen könnte: Aurasymptome nämlich, die im Rahmen einer Migräneerkrankung vom Hirnstamm ausgehen bzw. sich auf das Gebiet des Hirnstamms auswirken.
Die genauen Pathomechanismen, das heißt, warum genau es zu den schlaganfallähnlichen Symptomen kommt, sind immer noch umstritten. Den Betroffenen ist damit wenig geholfen. Sie werden mit den oftmals als lebensbedrohlich empfundenen Symptomen alleingelassen oder als psychisch krank abgestempelt und mit ungeeigneten Medikamenten bzw. gar nicht versorgt. Viele von ihnen haben jahrelange Ärzteodysseen mit frustrierenden Erlebnissen hinter sich, bis sie die korrekte Diagnose erhalten. Auch frei zugängliche Informationen, die Laien sich beispielsweise über das Internet beschaffen könnten, sind spärlich gesät - vor allem in Deutschland. Allein die Tatsache, dass selbst in den Sozialen Medien kaum Einträge unter den Hashtags #hirnstammaura oder #basilarismigräne zu finden sind, belegt die geringe Informationsdichte.
Dieses Buch soll Betroffenen, Angehörigen, Behandelnden und Therapierenden einen Überblick über die aktuell verfügbaren Informationen zu dieser Erkrankung an die Hand geben.
Das Ziel: Aufklärung, Sensibilisierung und Beendigung der Psychopathologisierung, die immer noch von Behandelnden betrieben wird – häufig aus Unwissenheit. Nicht selten landen Betroffene mit ihren (eindeutig) neurologischen Symptomen in Psychiatrien und psychosomatischen Einrichtungen. Falsche und mitunter lebensgefährliche Medikamentenversuche werden auf Patientenrisiko unternommen. Eine adäquate Behandlung bleibt oftmals aus.
Die Folge: Schäden - auch psychische-, die das Leid noch vergrößern. Dies gilt es, im Interesse aller Beteiligten zu vermeiden.
Für die Patienten ist die Erkrankung eine extreme Belastung mit tiefgreifenden Auswirkungen auf ihre Lebensqualität. Dies wird in den Fallbeispielen in diesem Buch deutlich.
Als medizinischer Laie, jedoch mit langjähriger Berufserfahrung als Soziologe, Pädagoge und PR-Fachjournalist, Blogger und Autor greife ich bei den Schilderungen in diesem Buch nicht nur auf gewissenhaft erhobene Daten und Informationen aus Fachpublikationen zurück. Meine eigene über 40-jährige Migräne-“Karriere“ (u.a. mit Hirnstammaura) und der Kontakt zu einigen ebenfalls Schwerstbetroffenen machen mich zum (unfreiwilligen) Erfahrungsexperten. Als solcher stehe ich auch gerne als Ansprechpartner für Rückfragen aller Art (gerne auch von interessierten Medizinern) zur Verfügung. Meine Plattform www.daueraua.de bietet Betroffenen darüber hinaus die Möglichkeit, mit anderen in Kontakt zu kommen.
Denn, auch wenn die Erkrankung als sehr selten gilt, sollten Betroffene nicht das Gefühl bekommen, sie seien alleine. Das sind sie nicht. Dank der heutigen technischen Möglichkeiten der Online-Vernetzung gelingt es immer besser, die Erfahrungen der Einzelnen für andere nutzbar zu machen. Auch wenn es für die Migräne mit Hirnstammaura bisher noch keine standardisierte, nachweislich wirksame Behandlungsmöglichkeit gibt, können sich Erkrankte untereinander stärken und sich gegenseitig das Gefühl geben, wirklich verstanden und ernst genommen zu werden. Ein wichtiger Faktor bei der Krankheitsbewältigung.
Ausdrücklich bedanke ich mich bei meinen Interviewpartnerinnen aus den Fallbeispielen. Ohne sie wäre dieses Buch nie entstanden und nur halb so interessant. Ihre zum Teil dramatischen Geschichten zeigen, wie wichtig es ist, vor allem medizinisches Fachpersonal, Angehörige, Arbeitgeber und den Rest der Gesellschaft mit Informationen über die Migräne mit Hirnstammaura zu versorgen.