Читать книгу Im Dienst der Föderation - Tanya Huff - Страница 5

Eins

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Das Hornsignal Reveille war nicht unbedingt das, was man nach einer Nacht mit diversen Ausprägungen von zu viel und zu wenig durch seinen Schädel hallen hören möchte. Torin machte sich eine geistige Notiz, einen weniger aufdringlichen Weckton einzustellen, berührte mit der Zunge ihr Implantat und verbrachte die fünf gesegneten Sekunden bis zum Eintreffen der ersten Nachricht mit dem Versuch, sich zu erinnern, wie man die Augen öffnete.

*Beim Ton ist es 0530.*

Das Klingeln löste interessante Reaktionen auf den Innenseiten ihrer Lider aus. Was hatte sie nur getrunken?

*Um 0600 beginnt Ihr Dienst.*

Das würde möglicherweise ein Problem werden, wenn man bedachte, was für enorme Schwierigkeiten sie mit ihren grundlegenden Körperfunktionen hatte. Sie tastete nach dem Bedienfeld neben dem Bett, übte Druck aus, von dem sie hoffte, er werde ausreichen, um für gedämpftes Licht zu sorgen, und öffnete vorsichtig ein Auge einen Spalt breit. Dem Wenigen nach zu urteilen, was sie erkennen konnte, war dies nicht ihr Quartier. Die alles andere als topmoderne Ausstattung ließ auf ein Gästequartier auf der Station schließen – für einen nicht besonders wichtigen Gast.

Schließlich gelang es ihr, ihre aktuellen Empfindungen von ihren Erinnerungen zu separieren, und sie wandte den Kopf dem warmen Körper zu, der an sie geschmiegt lag. Ihr Atem bewegte sacht das kurze, violette Haar des di’Taykaners, und zwischen den sich bewegenden Strähnen wurde für einen kurzen Augenblick eines seiner spitzen Ohren sichtbar.

Ein di’Taykaner.

Das erklärte Verschiedenes. Es war kein Kater, sie hatte einen Pheromonschädel.

Torin glitt unter der Decke hervor, richtete sich auf, streckte sich ausgiebig und füllte ihre Lungen mit Luft, die nicht von der Körperwärme des di’Taykaners aufgeheizt war. Als ihre Erinnerung zurückkehrte, lächelte sie. Menschen fanden die Taykan nicht nur unglaublich attraktiv, ein Taykan in der di’-Phase gehörte auch zu den lebenslustigsten Lebensformen der Galaxis und stellte eine ideale, unkomplizierte Methode dar, die Erinnerungen an ihre letzte, furchtbare Außenmission ins Zentrum der Galaxis zu verbannen.

*Captain Rose möchte Sie um 0800 in seinem Büro sehen.*

Auf dem einzigen Stuhl im Zimmer lagen zwei Stapel Klamotten, beide fein säuberlich gefaltet. Ein strenger Sheshan musste ihn aufgezogen haben, dachte Torin, schnappte sich ihre Uniform und verschwand im Bad. Sie war jetzt neun Jahre beim Corps und hatte gerade erst gelernt, trotz Ablenkungen, ihre Kleidung so ordentlich zu falten.

Als sie wenige Augenblicke später voll bekleidet wieder aus dem Bad kam, konnte sie von ihrem Sexpartner der vergangenen Nacht nur einen grazilen Umriss unter der Decke und einen sich bewegenden Haarschopf auf dem Kissen erkennen. Erleichtert huschte sie zur Tür und blieb nur kurz stehen, um das Licht auszuschalten. Ein di’Taykaner hielt »Noch eine Nummer vor dem Frühstück?« für einen adäquaten Ersatz für »Guten Morgen.« Doch sie hatte keine Zeit und war ganz froh, dass ihre Willenskraft nicht auf die Probe gestellt wurde.

Draußen auf dem Gang vertrieb der vertraute »Irgendwo-ist-hier-ein-Leck«-Geruch der wiederaufbereiteten Luft der Station den restlichen Pheromonnebel aus ihrem Schädel.

*0547*, verkündete ihr Implantat auf Nachfrage. Dreizehn Minuten, bis ihre Freiheit endete und ihr Bildschirm wieder zu blinken begann. Dreizehn Minuten, um einen Teil der Station zu erreichen, bei dem die Diensthabenden nicht auf dumme Gedanken kommen würden.

»Ich hätte den Wecker auf fünf stellen sollen. Was habe ich mir dabei nur gedacht?«, murmelte sie, sprang in den Vertikalschacht – der zum Glück um diese Zeit leer war – und bewegte sich im freien Fall zwei Ebenen nach unten. Dort schnappte sie sich einen Handgriff und schwang sich in die Schleusenebene. Eigentlich war die Antwort kinderleicht. Sie hatte gedacht, sie müsse das Blutbad und die Erinnerung an die, die sie bei der langsamen Rückkehr zur Station auf ein Schiff verloren hatten, das eine Schlacht gewonnen, aber beinahe sein eigenes kleines Teilstück des Krieges verloren hatte, aus dem Kopf bekommen. Genau wie die Nachrichten, die sie an Familienangehörige und Freunde versandt hatte, und die neuen Gesichter, die ewig neuen Gesichter, die bald eintreffen würden, um die zu ersetzen, die sie verloren hatten.

Sie hatte Vergessen gesucht und gefunden. Für eine Weile.

Er würde sich nicht benutzt fühlen. Sie vermutete, dass di’Taykaners dazu gar nicht in der Lage waren.

In Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit war es gut, dass sich die Gästequartiere der Station auf derselben Seite des Kerns befanden wie die Kaserne. Ein weiterer Vertikalschacht, eine weitere Schleuse, und sie war im Uffz-Bereich. *0600.*

Staff Sergeant Torin Kerr machte sich auf den Weg zu ihrem eigenen Quartier und ließ dabei ihr Implantat die Berichte der zurückliegenden Nacht auf die Namen überprüfen, die sie auf ihre Überwachungsliste gesetzt hatte. Offenbar war niemand davon gestorben oder verhaftet worden.

In ihrer Abwesenheit war nicht alles in seine Bestandteile zerfallen.

Es war nichts Schlimmes passiert, und sie würde diesen di’Taykaner ja nie wieder sehen ...

Um 0758 hatte Torin geduscht, sich umgezogen und näherte sich mit ihrem Tablet der Tür des Captains, wobei sie darüber nachgrübelte, warum er wohl ihre morgendliche Besprechung eine Stunde vorverlegt hatte. Als dienstälteste überlebende Uffz war sie sein amtierender First Sergeant gewesen, seit die schwer mitgenommenen Überreste der Sh’quo-Kompanie wieder auf der Station eingetroffen waren. Dabei würde es zweifellos nicht bleiben, aber das Bataillons-HQ würde wohl kaum vor den Rekruten, die erforderlich waren, um die Kompanie wieder auf Sollstärke zu bringen, einen neuen First Sergeant schicken – aber möglich war alles, wie sie nach kurzem Nachdenken einräumte. Das Bataillons-HQ hatte in der Vergangenheit schon mehrfach einen Führungsstil bewiesen, den man mit Fug und Recht als einzigartig bezeichnen konnte.

Es war auch möglich, dass man sie beförderte und der Captain es ihr rechtzeitig sagen musste, damit sie das 1000-Shuttle noch erwischte. Im Krieg wurde man schnell zum Sergeant, doch danach kam man langsamer voran, und es hieß, bis ein Landser seinen dritten Winkelstreifen bekam, hatte er gelernt, sich zu ducken. Doch da die Kompanie ihren First Sergeant verloren hatte, würde ein First nachrücken, und damit würde Platz für sie werden.

Sie hätte lieber First Sergeant Chigma zurückgehabt. Die wenigen Krai, die zu den Marines gehen, entschieden sich in der Regel für Panzerzüge oder die Luftunterstützung – ihre Füße waren für die Infanterie einfach nicht geeignet –, weswegen die wenigen, die sich nicht nur entschieden, Landser zu werden, sondern auch Karriere machten, nicht nur im Wortsinne große Fußstapfen hinterließen. Doch leider hatte Chigma bei ihrer letzten Außenmission mit dem falschen Ende einer feindlichen Schusswaffe Bekanntschaft gemacht ...

*0759.*

Vielleicht hatte der Captain um neun einen Termin auf der Krankenstation.

Positiv denken, ermahnte sie sich und legte die Handfläche auf das Sensorfeld in der Mitte der Tür. Die können uns gar nicht schon wieder losschicken – dazu sind wir gar nicht in der Verfassung.

Die Anwesenheit eines Zweisternegenerals im Büro des Captains war eine unangenehme Überraschung. Torins Erfahrung nach war es nie gut, wenn Generäle die Befehlskette ignorierten und direkt mit den Sergeants sprachen. Am schlimmsten waren lächelnde Generäle.

»Sie müssen Staff Sergeant Kerr sein.«

Sie nickte, als er vortrat. »Sir.«

»Staff Sergeant, das ist General Morris« Der Regenerationstank um seinen linken Unterschenkel verhinderte, dass der Captain aufstand, aber seine für einen so kleinen Mann überraschend tiefe Stimme reichte, um den General daran zu hindern, sich ihr weiter zu nähern. »Er hat neue Befehle für Sie.«

»Sagen wir lieber: eine Chance. Aber ich möchte nicht stören.« Er deutete auf das Tablet, das Torin unter dem Arm hatte. »Ich hörte, Sie sind amtierender First. Wir unterhalten uns nach Ihrem Morgenreport.«

»Sir.« Ihr Gesicht blieb trotz der lächelnden Musterung des Generals ausdruckslos, als sie an den Schreibtisch trat und die relevanten Dateien übertrug. Im Augenblick, wo sie außer Wir-sitzen-doch-alle-im-selben-Boot-Tonfall keinerlei Informationen hatte, wäre sie jede Wette eingegangen, dass General Morris zum einen noch nie in einem Gefecht gewesen war und das zum anderen Captain Rose ihn noch weniger mochte als sie es tat. Dass der Captain zu wissen schien, was hier lief, verstärkte noch ihr Gefühl einer bevorstehenden Katastrophe.

»Ist Doctorow außer Lebensgefahr?«

»Er ist um 0300 wieder zu sich gekommen. Ist aufgewacht und wollte wissen, welcher ...« In Anbetracht der Anwesenheit des Generals entschärfte sie das Zitat. » ...Idiot sein Implantat vom Netz genommen hat.«

»Gute Neuigkeiten.« Nachdem er den Rest des Berichts rasch überflogen hatte, sah der Captain mit hochgezogenen Augenbrauen auf. »Keine Festnahmen?«

»Offenbar haben sich einige Vakuumjockeys von der Redoute im Haligan’s mit einigen unserer Leute von der Luftunterstützung gestritten, und Wetten auf den Ausgang des Streits abzuschließen erwies sich als angenehme Ablenkung.«

»Moment mal«, unterbrach der General und hob eine Hand, als wolle er jede weitere Diskussion physisch unterbinden. »Verstehe ich das richtig, Sie haben erwartet, dass Ihre Leute festgenommen werden?«

Torin und der Captain drehten sich synchron zu ihm um, wobei Torin ihre Haltung leicht veränderte, da sie zwar nicht an die Seite des Captains treten konnte, aber doch deutlich signalisieren wollte, wo sie stand, wenn er antwortete. »Ich bin sicher, wir müssen dem General nicht erzählen, was für eine Außenmission wir hinter uns haben. Nach so etwas gehe ich davon aus, dass meine Leute ein wenig Dampf ablassen müssen.«

Die dicken Wangen des Generals liefen fast kastanienfarben an. »Sie sind seit sechs Tagen auf dieser Station.«

»Die Hälfte von uns. Sir.« Wie viele kampferprobte Offiziere hatte Captain Rose sich hochgedient, sich aber die Fähigkeit eines Uffz bewahrt, dieses letzte Sir ganz speziell zu betonen.

Die beiden Männer sahen einander in die Augen.

General Morris schaute zuerst weg. »Man sagt, keine andere Kompanie hätte so viele Leute retten können«, gab er zu.

»Ich habe gute Leute, Sir. Ich habe auch gute Leute verloren.« Diese unaufdringliche Erinnerung ließ Torin dem Captain ins Gesicht sehen. Sie runzelte leicht die Stirn. Er sah müde aus. Seine helle Haut wirkte gräulich und er hatte Ringe unter den Augen. Wären sie allein gewesen, hätte sie gefragt, wie die Regeneration lief. So aber machte sie sich nur eine mentale Notiz, sich so bald wie möglich beim medizinischen Dienst über seinen Gesundheitszustand zu erkundigen. Als amtierender First ging er sie ebenso an wie der Rest der Kompanie.

»Ja. Gute Leute.« General Morris richtete sich auf und räusperte sich. »Was uns direkt zum Grund meines Hierseins führt.«

O Scheiße. Jetzt kommt’s. Torin machte sich auf etwas gefasst, als er ein Ich-suche-jemanden-der-für-mich-die-Kastanien-aus-dem-Feuer-holt-Lächeln direkt auf sie richtete.

»Ich brauche einen Trupp, der so schnell wie möglich zu einem Sondereinsatz aufbrechen kann«

»Tut mir leid, ich habe keinen Trupp, Sir.«

Er wirkte kurz irritiert, dann aber kehrte sein Lächeln zurück. »Natürlich, das weiß ich. Ich hätte sagen sollen: Ich möchte, dass Sie aus den zur Verfügung stehenden Marines einen Trupp zusammenstellen.«

»Aus den traurigen Überresten der Sh’quo-Kompanie, Sir?«

»Ja.«

»Aus den Überlebenden, Sir?«

»Ja.« Das Lächeln des Generals wirkte jetzt ein wenig angespannt.

Torin befürchtete, dass diese Form der Nachfrage ausgereizt war, so erheiternd sie sie auch fand. »Viele von ihnen haben Urlaub genommen, Sir, aber es sollten bald neue Rekruten eintreffen.«

»Nein. Selbst wenn ich Zeit hätte, auf die neuen Rekruten zu warten, könnte ich sie nicht einsetzen.« Der General faltete die Hände hinter dem Rücken, eine Haltung, die Torin als Rührt-euch-Stellung zu erkennen glaubte, auch wenn sie schon lange keinen Appellplatz mehr gesehen hatte, und sah sie durchdringend an. »Mir ist Ihre Situation und die der Sh’quo-Kompanie durchaus bewusst, Staff Sergeant Kerr, und ich würde niemals Urlaub streichen, wenn es nicht absolut notwendig wäre. Doch das Problem, Sergeant, ist: Ich bereite eine sehr wichtige diplomatische Mission vor, die eine neue Rasse, die Silsviss, überzeugen soll, sich der Föderation anzuschließen, und dafür brauche ich eine Ehrengarde. Eine militärische Eskorte ist absolut unverzichtbar, weil die politische Führung der Silsviss von einer mächtigen Kriegerkaste dominiert wird, die wir auf keinen Fall beleidigen möchten. Nach sorgfältiger Überlegung habe ich beschlossen, dass die Sh’quo-Kompanie die beste zur Verfügung stehende Einheit ist.«

»Als Ehrengarde?« Torins Blick wanderte vom General zu ihrem Captain – der so neutral dreinblickte, dass ihre Hoffnung, es könnte sich hierbei um einen Witz handeln, im Keim erstickt wurde – und dann wieder zum General. »Wir sind Bodenkämpfer, Sir, keine Repräsentationseinheit.«

»Sie schaffen das schon, Sergeant. Ihre Leute müssen sich nur ein bisschen herausputzen und dann herumstehen und grimmig schauen. Sie werden neue Welten kennenlernen, neuen Lebensformen begegnen und ausnahmsweise mal nicht auf sie schießen.« Er macht eine Pause für Lacher, die allerdings ausblieben, und fuhr dann barsch fort: »Diese Mission ist für beide Seiten ein Gewinn. Ich muss keine Kompanie außerplanmäßig auf eine Außenmission schicken – was bedeutet, die Sh’quo-Kompanie kommt auch nicht außerplanmäßig zum Einsatz. Da keine schwere Artillerie erforderlich sein wird, kann die Ausrüstung der Kompanie trotzdem der fälligen Wartung unterzogen werden.«

»Ein voller Zug bildet eine beeindruckende Ehrengarde, Sir.«

»Es ist entscheidend, dass wir stark wirken, Sergeant.« Ganz kurz flackerte in den Augen des Generals ein echtes Gefühl auf, aber ehe Torin es deuten konnte, setzte er hinzu: »Außerdem gibt Ihnen diese Mission eine Gelegenheit, Ihren neuen Leutnant einzuarbeiten.«

»Meinen neuen ...« Ihr fiel keine Antwort ein, die sie nicht vor ein Kriegsgericht bringen würde, also wandte sie sich an Captain Rose. »Sir?«

»Er ist gestern Nachmittag eingetroffen. Ich habe ihn gebeten, uns um 0900 hier zu treffen. Der General wollte, dass Sie zuerst Ihre Befehle erhalten und dann den Second Lieutenant ins Bild setzen.«

Offiziere befassten sich mit dem großen Ganzen, Unteroffiziere mit den Details. Zu den Aufgaben eines Staff Sergeants gehörte es, sich um frischgebackene Offiziere zu kümmern, die zum ersten Mal einen Zug kommandierten. Es war Torins dritter, denn Staff Sergeants hatten eine leicht höhere Lebenserwartung als Second Lieutenants.

Just als ihr Implantat verkündete, es sei jetzt 0900, meldete die Tür des Captains einen weiteren Besucher.

»Öffnen.«

Die Tür glitt in die Wand, und ein di’Taykaner in der Uniform eines Second Lieutenants des Marine Corps der Föderation, der deutlich sichtbar einen Pheromondämpfer an der Kehle trug, betrat das Büro. Für sie sah ein di’Taykaner aus wie der andere. Damit war Torin nicht besser als die meisten anderen Menschen darin, sie auseinanderzuhalten. Ungeachtet ihres Geschlechts waren sie groß, schlank, knochig und bewegten sich selbst schwer gerüstet, als tanzten sie. Ihre Haare, die in Wirklichkeit gar keine Haare, sondern ein aus Proteinen bestehendes Sinnesorgan war, war stets acht Zentimeter lang, weswegen sie aussahen, als hätten sie alle denselben Frisör, und da sie das Corps ihres etwas eklektischen Kleidungsstils beraubte ...

Hätte das jeder beliebige di’Taykaner sein können. War es aber nicht.

Er riss die violetten Augen, die genau einen Farbton dunkler waren als sein Haar, leicht auf, als er sie sah, und dann noch etwas mehr, als er den General erblickte. »Second Lieutenant di’Ka Jarret meldet sich zum Dienst, Captain.«

»Willkommen bei der Sh’quo-Kompanie, Lieutenant. General Morris wird Sie gleich mit Ihrer Mission vertraut machen, doch zunächst möchte ich Ihnen Staff Sergeant Kerr vorstellen. Sie wird Ihre leitende Unteroffizierin sein.«

Seine Mundwinkel hoben sich leicht. »Staff.«

»Sir.« Torin hätte in diesem Augenblick sicher alles Mögliche durch den Kopf gehen können, doch ihr einziger Gedanke war: Das erklärt, warum er seine Klamotten so exakt gefaltet hat – eine vollkommen irrelevante Erkenntnis. Sie hoffte nur, es würde ihr gelingen, ihren Gesichtsausdruck unter Kontrolle zu bringen, ehe Captain Rose ihr seinen allzu scharfen Blick zuwandte.

»Sergeant, wenn Sie den Zug zusammenstellen ... reißen Sie dabei nach Möglichkeit keine Feuerteams auseinander. Wir drei ...«

Sie konnte nicht umhin, ihn dafür zu bewundern, wie selbstverständlich er durch sein Wir den General mit ins Boot holte.

» ...werden uns heute Nachmittag ansehen, was Sie haben.«

»Jawohl, Sir.« Sie wandte sich an General Morris, ohne Habachtstellung anzunehmen. »Mit Verlaub, General, wenn ich Freigang streichen soll, muss ich genau wissen, was Sie mit ›So bald wie möglich‹ meinen.«

»48 Stunden.«

Sie hätte es wissen müssen – die Schreibtischtäterversion von ›So bald wie möglich‹, die in ihrer Sprache ›Es eilt nicht‹ bedeutete. »Danke, Sir.« Sie nahm ihr Tablet vom Schreibtisch des Captains, nickte allen drei Offizieren zu, machte auf dem Absatz kehrt und verließ den Raum.

Die dröhnende Stimme des Generals verfolgte sie auf den Gang.

»Lieutenant, ich habe einen Vorschlag, von dem ich denke, Sie werden ...«

Dann verließ sie den Bereich der Annäherungssensoren und die Tür schloss sich.

»Typisch«, seufzte Torin. »Offizieren macht man einen Vorschlag, wir anderen werden einfach direkt gefickt.«

Technisch gesehen hätte sie am Schreibtisch des First Sergeants in dem kleinen Büro direkt neben dem des Captains arbeiten können. Man hatte alle persönlichen Daten Chigmas gelöscht und seine persönlichen Gegenstände entfernt – es war jetzt nur noch ein Schreibtisch. Hübscher als alle anderen, zu denen sie Zugang hatte, aber trotzdem nur ein Schreibtisch. Deshalb wollte sie ihn nicht verwenden. Manchmal war es einfach zu deprimierend, vor Augen geführt zu bekommen, wie schnell das Corps über Verluste hinweg ging.

Die Vertikalschächte waren zu dieser Morgenstunde voll, deshalb schnappte sie sich die nächste freie Schlaufe hinunter zu Deck C, wobei sie einen angewiderten Blick mit einem Navy Warrant in der nächsten Schlaufe austauschte. Beide waren sich einig darüber, dass diese langsame Fortbewegungsart nichts als Zeitverschwendung war. Als sie sich schließlich auf das Deck schwang, war Torin bereit, den Idioten von der Stationsprogrammierung zu töten, der beschlossen hatte, Personal, das nicht entkommen konnte, mit geschmackloser Musik zu beschallen.

»Morgen, Staff.«

Die fröhliche Begrüßung riss sie aus ihren Gedanken und sie wandte sich dem Marine zu, der mit einem Putzgerät am Rand der Schleuse kniete, dessen Vibrationen sein türkisfarbenes Haar dicht am Kopf anliegen ließen. Er hätte die Zargen auch automatisch schrubben lassen können, aber auf einer Station, auf der Tausende von Marines untergebracht waren, war Handarbeit eine nützliche Disziplinierungsmaßnahme. »Schon wieder Putzdienst, Haysole?«

Der di’Taykaner grinste. »Ich habe nur die Abkürzung über den Kern genommen. Dachte, ich könnte zurück sein, bevor jemand merkt, dass ich meinen Dämpfer nicht trage.«

»Sie haben an einem Fünftagabend ungedämpft den Kern durchquert – und haben dafür nur Putzdienst kommen?«

»Ich war in ständiger Bewegung, so schlimm war es nicht.« Türkisfarbene Augen blitzten. »Leider hat auch Sergeant Glicksohn gerade den Kern durchquert. Äh, Staff ...« Er hielt inne, weil zwei menschliche Ingenieure durch die Schleuse kamen und wartete, bis sie außer Hörweite waren. » ...ich habe gehört, Sie hätten im Büro des Captains viele Sterne gesehen.«

Torin presste ihr Tablet an sich. Viele di’Taykaner waren beim Nachrichtendienst – die meisten Arten mussten sich größte Mühe geben, sich ihnen nicht unwillkürlich anzuvertrauen. Sie hatte keine Ahnung, wie vertraulich General Morris seinen Besuch behandelt wissen wollte, aber das war jetzt auch irrelevant. »Was haben Sie denn sonst noch gehört, Haysole?«

Er grinste und nahm die Tatsache, dass sie es nicht bestritt, als Bestätigung. »Ich hörte, der General suche nach einer Gelegenheit, ach, sagen wir, mehr zu werden, als er ist.«

»Eine Beförderung?«

»Niemand hat dieses Wort benutzt, aber ...« Er ließ den Satz bedeutungsschwer unvollendet.

Torin ignorierte die unausgesprochene Aufforderung zum Kommentar. »Ist das alles?«

»Zum General ja. Aber ich habe außerdem gehört, der neue Trilinshy sei ein di’Ka.«

Sie runzelte die Stirn, und sein Grinsen verschwand, als ihm klar wurde, dass sie Trilinshy in etwas übersetzt hatte, dass der eindeutig negativen Wortbedeutung nahekam.

»Das heißt«, korrigierte er sich eilig, »der neue Second Lieutenant ist ein di’Ka, Staff Sergeant. Bedeutende Familie. Es wird nicht leicht sein, mit ihm zusammenzuarbeiten.«

»Für mich oder für Sie?« Private First Sergeant Class Haysole war ein di’Stenjic. Fünf Buchstaben mehr im Familiennamen eines Taykan bedeuteten einen beträchtlichen Klassenunterschied.

»Sie kennen mich doch, Staff ...« Die Geste, mit der er seine Worte begleitete, bedeutete, sie könne ihn jederzeit gerne noch näher kennen lernen. » ...ich versuche, mit jedem auszukommen.«

»Staff Sergeant Kerr?«

Torin schreckte hoch, und ihr wurde plötzlich klar, dass sie etwas zu lange ins Leere gestarrt hatte, weil ihr plötzlich klar geworden war, was es bedeutete, bei einer Außenmission, bei der keine Schüsse fallen sollten, für einen adligen Second Lieutenant und einen Zug Soldaten verantwortlich zu sein. Und falls das noch nicht spaßig genug klang, war da noch die Tatsache, dass sie mit besagtem Lieutenant geschlafen hatte. Der einzige Lichtblick ihres Morgens war, dass dieser Fakt noch nicht Gegenstand des allgemeinen Klatsches war. »Sie haben da was übersehen«, sagte sie, deutete auf eine Stelle an einer der Zargen und ging.

***

Da der Wunsch nach Genussmitteln eine direkte Folge der Empfindungsfähigkeit war, war Kaffee praktisch seit dem ersten Kontakt eines der wichtigsten Agrarexportgüter der Erde an die Föderation gewesen. An den meisten Tagen gefiel Torin der Gedanke, genau das gleiche Getränk zu sich nehmen zu können wie ihre Mehrfach-Ur-Großmutter in grauer Vorzeit, doch an diesem Tag hätte sie ihren rechten Arm für eine Tasse Krai sah und dessen höchst illegale Auswirkungen auf das menschliche Nervensystem gegeben.

»Staff? Ich habe den Download über die Silsviss, den Sie wollten.«

Sie widerstand dem Drang zu gähnen und beugte sich zu der Bildübertragung vor. »Danke, Corporal. Schicken Sie es auf meinen Schreibtisch.«

»Bin dabei«, bestätigte das kleine Abbild des Verwaltungscorporals und verschwand.

Viel war es nicht.

Um einen Teilabschnitt der Front zu sichern, wollte die Föderation die Verteidigungssatelliten neu anordnen, sodass ein Satellit direkt über dem Zentrum von 7RG6, inzwischen besser bekannt als das Silsviss-System, hing. Leider hatten die Silsviss, eine warmblütige Reptilienrasse, auf ihr eigenes System begrenzte Raumfahrt entwickelt. Sie hatten sowohl ihren Mond als auch den nächstgelegenen Nachbarplaneten erreicht und waren dabei, eine Station im Orbit zu bauen – wobei Torin sich fragte, wo diese angesichts der zahlreichen bereits im Orbit befindlichen Waffenplattformen noch Platz finden sollte. Ihre Technologie war zwar für die Begriffe der Föderation primitiv, aber mehr als ausreichend, um alles zu zerstören, was ohne ihre Zustimmung installiert wurde – was ihre Zustimmung zu manchen Dingen unverzichtbar machte.

»Deshalb die Speichellecker-Mission«, murmelte Torin und füllte ihre Tasse aus dem Warmhaltebehälter auf dem Schreibtisch auf. Sie wusste nicht, was General Morris getrunken hatte, aber präsentabel zu sein und saubere Paradeuniformen zu tragen genossen bei einer kämpfenden Einheit nicht gerade höchste Priorität. Wenn Haysoles Quellen zuverlässig waren – und das waren sie im Allgemeinen – und der General mithilfe dieser Mission eine Beförderung anstrebte, war er ein noch größerer Idiot, als sie zunächst gedacht hatte.

Leider war er ein Zweisterneidiot.

Abgesehen von Lieutenant Jarret und ihr selbst brauchte sie noch neununddreißig Marines – neun vierköpfige Feuerteams und drei Sergeants – die das medizinische Personal nicht nur für weitere Außenmissionen diensttauglich geschrieben hatte, sondern die auch eine diplomatische Mission nicht versehentlich in ein Blutbad verwandeln würden. Selbst wenn die drei Infanteriezüge der Sh’quo-Kompanie auf voller Mannstärke gewesen wären, wäre es schwierig gewesen, neun der siebenundzwanzig Feuerteams auszusuchen. Eine Auswahl unter den siebzehn Teams, die das medizinische Personal diensttauglich geschrieben hatte, war fast unmöglich.

Bei dieser Auswahl spielten Parameter eine Rolle, mit denen ein Computer nichts anfangen konnte.

First Sergeant Chigma hätte seine drei Staff Sergeants zusammengerufen. Um sich von unserem Hirn eine Scheibe abzuschneiden, dachte Torin finster. Diesen Satz durfte sie nicht laut sagen, denn leider standen die Krai ungemein auf den Geschmack menschlichen Gewebes. Leider blieben aufgrund ihrer Rolle als stellvertretender First Sergeant nur zwei Unteroffiziere im Zug übrig, und Greg Reghubir hatte das medizinische Personal für die nahe Zukunft kaltgestellt. Blieb also einer. Nach kurzem Nachdenken gab sie Sergeant Sagarhas Implantatcode in den Schreibtisch ein. Er hatte die Überreste von Reghubirs Zug übernommen. Er kannte zwar wahrscheinlich nur die Feuerteams seiner eigenen Gruppe, doch er war dennoch die beste Informationsquelle, die sie hatte. Dann lehnte sie sich um die Trennwand herum in den Arbeitsbereich des nächsten Staff Sergeants.

»Wenn Sie mal einen Ausblick Zeit haben, Amanda, bräuchte ich Sie an meinem Schreibtisch.«

***

»Sie haben ganz schön viele Menschen dabei. Es muss doch irgendwo noch ein oder zwei di’Taykaners geben« Amanda klopfte mit der Fingerspitze gegen ihren Bildschirm, bis dieser protestierte. »Was ist mit Haysole?«

»Ich mache mir um den Klassenunterschied zu unserem neuen Lieutenant einige Sorgen.«

Der andere, ebenfalls weibliche überlebende Staff Sergeant der Sh’quo-Kompanie hob eine kastanienbraune Braue. »Wäre es Ihnen lieber, wenn sie es auskämpfen würden?«

»Es wäre mir jedenfalls lieber, wenn sie es nicht vor einem Dutzend Diplomaten und einer Spezies, die wir zu beeindrucken versuchen, austragen würden.« Torin lehnte sich im Stuhl zurück und wandte sich an die andere Person an ihrem Schreibtisch. »Was meinen Sie, Sagarha?«

Sergeant di’Garn Sagarha runzelte nachdenklich die Stirn. »Wäre möglicherweise problematisch, wenn di’Ka kein Offizier wäre. So aber sollte das kein Problem darstellen. Aber ich will Ihnen sagen was mir Sorgen macht: Haysole könnte uns Schwierigkeiten bereiten. Er ist ein guter Kämpfer, aber sobald niemand auf ihn schießt, fängt er an, sich zu langweilen, und dann hat er plötzlich drei Tage Latrinendienst.«

»Ich habe kein Problem mit sauberen Toiletten«, sagte Amanda.

»Haben wir niemand anderen?«

Die drei gingen die Listen noch einmal durch.

»Nein, nicht in einem kompletten Feuerteam.«

»Dann schätze ich, Haysole ist dabei.« Torin verschob das Feuerteam des di’Taykaners in die Zug-Datei. »Wenn ihm zu langweilig wird, nehme ich ihn persönlich unter Beschuss.«

»Ihnen fehlen noch ein paar Krai.«

»Von den sechs sind nur vier einsatzfähig, und einen davon nehme ich mit«, stellte sie klar.

»Warum nehmen Sie nicht Ressk?«

»Würde ich gerne. Es wäre schön, noch ein paar mehr leistungsfähige Gehirne dabei zu haben.« Ressk, ein Mitglied von Sergeant Sagarhas Gruppe, war dafür bekannt, dass kein noch so sicheres militärisches Programm ihm etwas entgegenzusetzen hatte. Der Nachrichtendienst wollte ihn, aber zum Glück für die Kompanie hatte er keine Lust auf Nachrichtendienst.

»Wenn Sie Ressk nehmen, kriegen Sie auch Binti Mashona. Ich habe sie schon zweimal für die Scharfschützenausbildung empfohlen, aber wir schicken sie jedes Mal wieder raus, ehe die Verwaltung das freigegeben hat.«

»Wie gesagt, würde ich gerne, aber ist ihr Teamleiter nicht noch einsatzunfähig?«

Sagarha schaute auf seine Liste. »Der medizinische Statusbericht, den ich heruntergeladen habe, sagt, Corporal Hollice sei in sechsunddreißig Stunden wieder einsatzfähig.«

»Ich frage mich, warum das in meinem nicht steht«, murmelte Torin und fuhr mit dem Finger die Icons entlang. »Wahrscheinlich hat irgendein Idiot es an den Schreibtisch des First Sergeants übertragen.«

»Wahrscheinlich hat irgendein Idiot geglaubt, da würden Sie sich aufhalten«, vermutete Amanda und setzte hinzu: »Ich dachte, Hollice hätte einen Daumen verloren?«

»Hat er, aber Ressk hat ihn gekühlt, und die Leute vom Corps haben ihn wieder angenäht, ehe wir wieder auf der Station waren.«

»Ich wette, Ressk war sauer, weil er ihn nicht als Snack gekriegt hat«, kicherte sie.

»Marines essen keine anderen Marines«, murmelte Torin geistesabwesend. Die acht Teams, die ihnen eingefallen waren, enthielten alle Marines, die ihre erste Wahl gewesen waren, und auch bereits einige aus der zweiten Reihe. Langsam wurde es eng. Schließlich seufzte sie. »Ich sehe keine andere Möglichkeit. Wir werden Corporal Conns Team einsetzen müssen.«

»Nein.« Amanda schüttelte den Kopf. »Ich habe ihm versprochen, dass er seine Tochter besuchen darf. Er hat bald Urlaub.«

»Zum einen hat General Morris jeglichen Urlaub gestrichen. Zum anderen haben wir keine Alternative. Algress kommt nicht infrage, nicht, wenn es auf dem Planeten eine reptilische Lebensform gibt – nicht nach Rarna IV.«

»Ich dachte, er hätte eine Therapie gemacht.«

Nach einer bedeutungsschwangeren Pause schnaubten die drei Unteroffiziere im Chor.

»Conn wird ranmüssen«, wiederholte Torin.

»Aber seine Tochter ...«

Angesichts einer Lebenserwartung von etwa hundertzwanzig alten Erdjahren warteten die meisten menschlichen Marines mit dem Kinderkriegen, bis sie entweder aus dem Corps ausschieden oder sich für eine Laufbahn als Karrieresoldat entschieden hatten. Corporal Grad Conn hatte sich verliebt, ein Ehepaarquartier auf der Station beantragt und eine Familie gegründet. Seine Tochter Myrna Troi war zum inoffiziellen Maskottchen der Sh’quo-Kompanie geworden, und alle verwöhnten sie abwechselnd. Selbst Torin, die mit Kindern normalerweise ebenso wenig anfangen konnte wie mit H’san, fand sie ziemlich süß. Es war auch wirklich schwer, eine Vierjährige nicht zu bewundern, die eine Hygieneeinheit in so viele Einzelteile zerlegen konnte, dass drei Ingenieure den Großteil einer Schicht brauchten, um sie wieder zusammenzusetzen.

»Verlängern Sie seinen Freigang, bis wir an Bord gehen.«

»Auf wessen Verantwortung?«

»Auf meine.«

Amanda beugte sich zu dem di’Taykaner hinüber und sagte mit verschwenderisch gesenkter Stimme: »Langsam klingt sie regelrecht wie ein First Sergeant.«

»Sehr dominant«, bestätigte Sagarha breit grinsend.

»Vor allem Ihnen sehr vorgesetzt«, erinnerte Torin sie.

»Scheiße.« Amanda richtete sich auf und runzelte aufgrund einer plötzlichen Erkenntnis die Stirn. »Das bedeutet, ich vertrete Sie in Ihrer Abwesenheit als First Sergeant. Wenn ich herausfinde, dass Sie sich für diese Mission freiwillig gemeldet haben, um sich nicht mit den neuen Rekruten abgeben zu müssen ...«

»Soll ich dem Captain sagen, dass Sie sich freiwillig melden, um an meiner Stelle zu gehen?«

»Vergessen Sie es.«

»Was ist mit Sergeants?«, fragte Sagarha.

»Melden Sie sich freiwillig?«

Er grinste. »Wohl kaum.«

»Ich hätte gern Doctorow dabei. Er nervt wie die Sau, aber er hat Umgangsformen, und das könnte uns zupasskommen. Leider wird ihn der medizinische Dienst erst diensttauglich schreiben, wenn die Psychologen ihn ordentlich in die Mangel genommen haben.«

»Sie sollten denen sagen, dass er immer so ist.«

»Habe ich. Sie haben nicht zugehört. Abgesehen davon will ich Glicksohn, Chou und Trey.«

»Zwei Menschen und einen di’Taykaner?«

»Der Lieutenant ist ein di’Taykaner. Das geht schon.«

Die drei starrten auf die endgültige Liste, die neununddreißig Namen umfasste. »Glauben Sie, der Captain wird da einen Haken dran machen?«, fragte Amanda.

»Das hoffe ich doch schwer.«

»Ich habe mich immer schon gefragt, woher eigentlich dieser Spruch mit dem Haken kommt.«

Torin zuckte die Achseln und lud die Liste auf ihr Tablet hoch. »Ich habe nicht den blassesten Schimmer.«

***

Aus dem kurzen Abstecher in die Waffenkammer wurde über eine Stunde, in der sie sich Klagen anhören musste. Ich hätte verschwinden sollen, als ich die Worte »He, Kerr, sind Sie nicht der amtierende First Sergeant?« gehört habe. Keine Ahnung, wie Chig das ausgehalten hat.

Torin war spät dran und aß deshalb rasch in einer speziesneutralen Kantine im Kern zu Mittag. Bisher schrie ihr Tag nach einem großen Teller Poutine und einem Bier. Leider war der Ruf der Pflicht noch lauter, und sie begnügte sich mit einer Schale Nudeln, die nicht besonders üppig mit einer undefinierbaren Mischung aus Grünzeug und Fleisch garniert waren. Manchmal, grübelte sie, nachdem sie beschlossen hatte, lieber gar nicht wissen zu wollen, um was für Fleisch es sich handelte, denke ich, ich wäre vielleicht doch besser auf dem Hof geblieben.

»Darf ich mich setzen?«

Manchmal war sie sich sogar ganz sicher, völlig ohne vielleicht. »Dies ist eine öffentliche Kantine, Sir.«

Lieutenant Jarret setzte sich auf einen Hocker, stützte die Ellbogen auf den Tisch und lächelte. »Was, wenn es keine wäre?«

»Es gibt gute Gründe, warum persönliche Beziehungen im Dienst nicht gerne gesehen sind, Lieutenant – außer natürlich zwischen di’Taykaners. Sie unterminieren die Befehlskette und können zu Fehlentscheidungen in Situationen führen, in denen es um Leben und Tod geht.«

»Wollen Sie damit sagen, dass letzte Nacht – Sie und ich – nie passiert ist?«

»Nein, Sir, ich sage lediglich, es wird nicht wieder vorkommen.« Sie starrte in ihre Nudeln. »Obgleich es zweifellos enorm hilfreich für mich wäre, wenn wir einfach so tun können, als wäre es nie passiert.«

»Warum?«

»Weil ich jedes Mal, wenn ich Sie sehe, an ...« Violette Augen glitzerten, und sie musste unwillkürlich lächeln. »Ja, zugegeben, es ist eine schöne Erinnerung, aber ...«

» ...es darf nicht sein, dass jeder Mensch im Zug jedes Mal daran denkt, wenn Sie einen meiner Befehle weitergeben.« Er erwiderte das Lächeln. »Mir sind die Speziesparameter klar, Staff Sergeant Kerr, so sehr ich sie auch bedaure, und um das zu sagen wollte ich mich eigentlich zu Ihnen setzen.«

»Oh.« Ein plötzliches Kichern vom anderen Ende der Kantine verschaffte Torin einen Vorwand, ihre Aufmerksamkeit einem kleinen Tisch zuzuwenden, an dem drei menschliche Teenagerinnen saßen.

»Was ist?«

»Sie werden beobachtet, Sir.«

Er warf ihnen einen Blick über die Schulter zu, und nach einem Augenblick entnommenen Schweigens hauchte eines der Mädchen: »Elfen«, während die beiden anderen einfach nur seufzten.

Die inoffizielle Reaktion des aus First Sergeants bestehenden menschlichen Kontaktteams bei der ersten Begegnung mit den di’Taykaner hatte gelautet: »Heilige Scheiße, das sind Elfen!« Zum Entsetzen aller politisch korrekten Xenoanthropologen war es bei diesem Spitznamen geblieben. Als man die di’Taykaner über die Mythologie informiert hatte, in der er seine Wurzeln hatte, schien er ihnen nichts auszumachen, und einige di’Taykaners hatten sich sogar angewöhnt, entsprechend zu leben. In der Grundausbildung hatte Torin tatsächlich einen di’Taykaner getroffen, der nach einem Charakter in einem alten terranischen Buch Celeborn geheißen hatte.

Das Seufzen verwandelte sich in Gekicher.

»Ich glaube, Sie müssen Ihren Dämpfer nachjustieren, Sir.«

»Und ich glaube, Sie haben vergessen, wie Sie in deren Alter waren.«

»Korrekt, und zwar mit Freude.« Sie schob ihre leere Schale in den Recyclingschacht und erhob sich. »Es ist 1340, Sir. Um 1400 will der Captain uns sehen.«

Lieutenant Jarret erhob sich ebenfalls und nickte in Richtung ihres Tablets, während sie im Gleichschritt durch die Kantine gingen. »Sollte ich irgendetwas über die Leute wissen, die Sie ausgewählt haben?«

»Es wäre ihnen allen lieber gewesen, wenn ich jemand anderen ausgesucht hätte, aber ansonsten nicht.« Torin empfand es als gutes Zeichen, dass der Lieutenant Sie um Informationen bat. Zu viele Offiziere dachten nach der Ausbildung, sie könnten den Krieg im Alleingang gewinnen. Zum Glück überstanden solche Offiziere ihren Erstkontakt mit Kampfeinheiten üblicherweise nicht besonders lange – manchmal bekam sogar der Feind die Chance, sie zu eliminieren. Sie runzelte nachdenklich die Stirn, während sie zu Fuß ein Deck höher gingen. »Es sind alles Leute, die man im Kampf gerne an seiner Seite hat, Sir, aber ich bin nicht sicher, wie sie mit protokollarischen Aufgaben klarkommen werden.«

»General Morris schien der Ansicht zu sein, die Silsviss wären mit Kampferfolgen leichter zu beeindrucken als mit der Fähigkeit, in Reih und Glied zu marschieren.«

»Da haben wir aber Glück gehabt.«

»Doch er hat vorgeschlagen, dass wir auf dem Weg ein bisschen Drill anberaumen.«

Torin schnaubte.

»Sie halten das nicht für notwendig, Sergeant.«

»Notwendig? Doch, Sir. Überlebbar?« Sie zuckte die Achseln.

»Der General scheint der Auffassung zu sein, der Zug könne das als eine Art Arbeitsurlaub betrachten.«

»Tut er das, Sir?«

»Sind Sie anderer Meinung?«

»Entweder wir arbeiten, oder wir haben Urlaub. Beides gleichzeitig geht nicht.«

»Guter Einwand, aber der General glaubt ...«

Torin blieb vor der Tür des Captains stehen, seufzte und wandte sich dem Lieutenant zu. Angesichts ihrer Reife in anderen Dingen vergaß man leicht, dass di’Taykaners, wenn sie Second Lieutenants waren, genauso jung und unerfahren waren wie Menschen. »Verzeihung, Sir, aber Sie werden diesen Zug befehligen, nicht der General. Vielleicht machen Sie sich am besten Ihre eigenen Gedanken.«

Seine spitzen Ohren knickten leicht ein, aber seiner Stimme war die Verlegenheit, die er zweifellos empfand, nicht anzuhören. »Ich werde darüber nachdenken, Sergeant.«

»Danke, Sir.« Sie meinte es ernst und brachte das auch so gut wie möglich zum Ausdruck. Niemand ließ sich gern von oben herab behandeln, am wenigsten Second Lieutenants, die sich noch nicht darüber im Klaren waren, wie weit ihre Macht eigentlich reichte.

Lieutenant Jarret musterte sie, dann lächelte er plötzlich. »Wissen Sie, der General hat auch gesagt, ein guter Staff Sergeant sei sein Gewicht in Sprenggranaten wert.«

»Ich vermute, dies ist General Morris’ erster Kampfeinsatz, Sir.«

»Warum?«

»Weil er gefickt ist, wenn das alles ist, was er für einen guten Staff Sergeant kriegt ...« Sie erwiderte sein Lächeln und trat beiseite, als sich die Tür des Captains öffnete. » ...Sir.«

Im Dienst der Föderation

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