Читать книгу Die Universität Basel in den fünfzig Jahren seit ihrer Reorganisation im Jahre 1835 - Teichmann Albert - Страница 6

2. Das Gesetz über Einrichtung des Pädagogiums und der Universität vom 9. April 1835 und die weitere Entwicklung bis 1865.

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Inhaltsverzeichnis

Am 20. December 1834 hatte die Kommission den von ihr erforderten Bericht über die Organisation der höheren Lehranstalten vorgelegt; derselbe fand am 19. Januar im Erziehungskollegium, wie später im Kleinen Rath Beifall und wurde in den am 2. März 1835 dem Grossen Rathe vorgelegten Rathschlag aufgenommen. Derselbe zeichnet sich durch seltene Vollständigkeit und Abrundung aus, stützt sich auf vielseitige Erfahrungen und ist ein rühmliches Zeugniss für den edlen Sinn und das herzliche Interesse der Männer jener Zeit für die Förderung des Bildungswesens als einer der Hauptaufgaben jedes Staatswesens. Mit hoher Befriedigung wird man auch heute noch in demselben die Worte lesen: »Wenn auch allerdings in der vorgefallenen Trennung des Kantons, in der daraus sich ergebenden Verminderung der Beamtenzahl, in der gegenwärtig bedeutenden Schuldenlast, eben so viele Gründe liegen möchten, wesentliche Einschränkungen eintreten zu lassen, so rufen doch andrerseits das um so fühlbarer gewordene Bedürfniss geistiger Regsamkeit und Tüchtigkeit, die sich täglich höher stellenden Anforderungen der Zeit, die eigentümliche Isolierung unserer Lage Basel dringend zu, sich im gegenwärtigen Augenblicke nicht zu versäumen und nicht zu vernachlässigen, und durch zweckmässige und wohleingerichtete wissenschaftliche Anstalten sein zukünftiges Wohl zu sichern.«

Im Anschluss an die Gesetze vom 18. Juni 1817 und 17. Juni 1818 wird für Bestehenbleiben des Pädagogiums eingetreten und dankbar anerkannt, dass der vortreffliche Zustand desselben besonders den eifrigen und gewissenhaften Bemühungen der zur Zeit angestellten Lehrer zuzuschreiben sei. Diese Anstalt soll in 2 Abtheilungen, für Humanisten einerseits, für Realisten (Techniker) andrerseits zerfallen.

Aber es genügt das Pädagogium, welches junge Leute vom 15.-18. Jahre aufnimmt, für sich allein den Bedürfnissen nicht. Hiezu ist eine danebenstehende höhere Anstalt, die Universität, dringend nothwendig. Diese soll eine Anstalt für das Studium der Fakultätswissenschaften, aber auch eine bürgerliche Akademie sein, in höherem, unmittelbar praktischerem Sinne, als s.Z. Isaak Iselin dies angedeutet hatte. Freilich sind hiebei bedeutende Einschränkungen des streng wissenschaftlichen Elementes angebracht, während die Fächer, welche der allgemeinen und technischen Bildung angehören, einige Ausdehnung erhalten können. In dieser Beziehung hält man einen Lehrstuhl für französische Sprache und Litteratur angezeigt und will auch dem Englischen und Italienischen, besonders aber der Nationalökonomie und Statistik, bei deren stets wachsender Bedeutung, Berücksichtigung schenken. Die philosophische Fakultät soll den Kern des Ganzen bilden. Lediglich als propädeutische Anstalten sind die juristische und medicinische Fakultät behandelt. In der theologischen Fakultät soll Nachdruck auf praktische Ausbildung und Pflege des Hebräischen gelegt werden.

In den Berathungen über den Rathschlag im Grossen Rathe am 7.-9. April erlitt der die Universität betreffende Abschnitt nur geringe Aenderungen. Man hielt es für passend, in § 13 (dem ersten Paragraphen des Abschnitts) die »Beibehaltung« der im Jahre 1460 gegründeten und in den Jahren 1532 und 1818 reorganisierten Universität bestimmter auszusprechen; gewährte für Gehaltszulagen und Besoldungen in ausserordentlichen Fällen einen jährlichen Kredit von Fr. 4000, regelte eingehend die Entlassung pflichtvergessener Lehrer, lehnte einen Antrag auf Bestätigung der Lehrer von 6 zu 6 Jahren ab; bestimmte dagegen, dass bei etwaigen Aenderungen in der Organisation die Professoren sich einer solchen gegen eine dann durch Gesetz zu bestimmende Entschädigung zu unterziehen hätten.

In der an erster Stelle genannten philosophischen Fakultät werden 9 Lehrstühle errichtet für theoretische und praktische Philosophie — Mathematik — Physik und Chemie — Naturgeschichte — griechische, lateinische, deutsche und französische Sprache wie Litteratur- und Geschichte. Besondere Lehrer können für die oben genannten Fächer angestellt werden. Die Professoren beziehen Fr. 1600 Gehalt.

Drei Professuren werden der theologischen Fakultät gegeben. Lehrfächer sind: Theologische Encyclopädie — Hebräische Sprache — Exegese des Alten und des Neuen Testamentes mit den nöthigen Hilfswissenschaften — Kirchen- und Dogmengeschichte — Dogmatik — Christliche Moral — Praktische Theologie mit homiletischen und katechetischen Uebungen. Zwei Professoren haben je Fr. 1600, der dritte Fr. 1200 Gehalt.

Die juristische Fakultät hat 2 Lehrstühle, einen mit Fr. 1600, einen andern mit Fr. 800 Gehalt. Lehrfächer sind: Römisches Recht — Criminalrecht — Handels- und Wechselrecht — Vaterländisches Civilrecht — Civilprozess.

Die medicinische Fakultät zählt 4 Lehrer für Anatomie — Physiologie und Pathologie — Chirurgie und Botanik mit nur Fr. 800 Gehalt, sowie einen Prosektor mit Fr. 450 Gehalt.

Die einzelnen Stellen sollen, nach Auskündung und Konkurs, sowie Anhörung der Curatel, durch Wahl seitens des Erziehungskollegiums besetzt werden, welche Wahlen sodann noch der Bestätigung des Kleinen Rathes unterliegen. Unmittelbare Berufung durch den Kleinen Rath ist auch hier, wie im Gesetz von 1818, vorgesehen.

Die Regenz hat die Censur über das Betragen der Studierenden, ertheilt in geringeren Fällen Verweise; in wichtigen oder Wiederholungsfällen hat sie Strafbefugniss bis auf 3tägige Carcerstrafe, spricht auch Entziehung von Stipendien aus. Bei schwereren Vergehungen kann sie bei der Curatel auf Entfernung antragen, wozu aber Bestätigung des Erziehungskollegiums nöthig ist.

Für die Vorlesungen besteht Lern- und Lehrfreiheit, und können einzelne Vorlesungen auch von Nichtstudierenden, welche das 17. Altersjahr zurückgelegt haben, besucht werden.

Die Aufrechterhaltung der Universität in diesem gewiss bescheidenen Rahmen fand namentlich auswärts eine verschiedene Beurtheilung. So meinte man z.B. in Zürich, dass, wenn nicht alle Fakultäten aufs Vollständigste und möglichst gut besetzt seien, die Bürger ihre Studien doch nicht zu Hause vollenden könnten; darum tauge es nichts, Professoren beizubehalten; besser verwendete man das Geld nach Bern oder nach Zürich, wo man sich gewisse Rechte vorbehalten könne.[9]

Andere (z.B. die Bündnerzeitung) urtheilten günstiger, indem sie sagten: »Wenn der Rathschlag Genehmigung findet, so haben gewisse Neider und Blutradikalen umsonst der altehrwürdigen Universität von Basel das Leichenlied gesungen! Freuen wird es uns, wenn die Bürgerschaft, trotz der veränderten politischen Verhältnisse, sich das nicht rauben lässt, was ihrer Stadt Zierde und Ruhm gewesen — die Universität als eine Pflegeanstalt wissenschaftlicher Bildung. Es knüpfen sich an dieselbe so ehrwürdige Erinnerungen, dass die Aufrechterhaltung dieser Anstalt, auch in beschränkterer Gestalt, immerhin der Stadt zur Ehre gereichen wird.«

Und dies geschah in vollstem Maasse.

Sofort, nachdem durch Gesetz vom 9. April 1835 die Beibehaltung der Universität in neuer, den Bedürfnissen und Verhältnissen angemessener Form entschieden war, traten am 11. April einige Freunde der wissenschaftlichen Anstalten in Basel zusammen, um darüber zu berathen, wie die Absichten der Obrigkeit durch freiwillige Mitwirkung wohldenkender Bürger zweckmässig gefördert, der Sinn und die Liebe zur Wissenschaft belebt, und angeregt werden könnten. In dem Aufrufe zur Bildung einer Freiwilligen Akademischen Gesellschaft vom 20. April legte man, in rühmender Anerkennung der Verdienste der obersten Landesbehörde, die Mittel und Wege dar, wie sich jene Ziele erreichen liessen, und fand damit in weiteren Kreisen Anklang, so dass schon am 17. September die Gesellschaft sich constituieren und sofort ihre für die Universität so höchst förderliche Thätigkeit eröffnen konnte.

Eine treffliche Schilderung dieses Wirkens und Strebens bringt die soeben veröffentlichte Festschrift derselben: »Geschichte der Freiwilligen Akademischen Gesellschaft der Stadt Basel während der ersten 50 Jahre ihres Bestehens«, verfasst von dem jetzigen Vorsteher, Herrn Altbürgermeister C.F. Burckhardt.

Wegen der innigen Beziehungen, welche seit jener Zeit dauernd zwischen dieser treuesten, verdienstvollsten Genossin und der Universität bestanden haben, war die Geschichte der Gesellschaft natürlich nicht ohne Erwähnung der Geschichte der Universität in diesem Zeitraume zu schreiben, und erhält die nachfolgende, mehr auf einzelne besondere Punkte der Organisation eingehende Darstellung durch jene Schrift des um das hiesige Gemeinwesen hochverdienten Mannes eine erwünschte Ergänzung.

Der provisorische Zustand, in den durch Rathsbeschluss vom 9. April 1835 die Professoren, Lehrer und Angestellten der Universität und des Pädagogiums, unter Hinweis auf das Gesetz vom 9. Juni 1834, erklärt wurden, dauerte nicht lange. Schon am 13. Juni 1835 wurden durch weiteren Rathsbeschluss die bisher definitiv angestellten Lehrer der Universität aufs neue an ihre Stelle berufen.

In der theologischen Fakultät erhielt Herr J.J. Stähelin den Titel eines ordentlichen Professors mit Sitz und Stimme in Fakultät und Regenz, Herr J.G. Müller die dritte ordentliche Lehrstelle. Zur Versehung der 1. Lehrstelle in der ganz unbesetzten juristischen Fakultät, welche sich auf freiwillige Leistungen mehrerer Privatdocenten angewiesen gesehen hatte, berief man Herrn Dr. G. Beseler als ausserordentlichen Professor und eröffnete für den 2. Lehrstuhl einen Konkurs, demzufolge man Herrn Dr. Adolf Burckhardt zum Professor ernannte. Die medicinische Fakultät blieb im Personal unverändert. In der philosophischen Fakultät berief man wieder Herrn Prof. Linder als Lehrer der griechischen Sprache und Litteratur; Herrn Prof. Bernoulli übertrug man mit dem Titel eines Professors der industriellen Wissenschaften den Unterricht namentlich in industrieller Mechanik und Technologie; Herrn Prof. Peter Merian, welcher aus Gesundheitsrücksichten die Wiederübernahme eines Amtes ablehnte, verlieh man den Titel eines ordentlichen Professors mit Sitz und Stimme in der Regenz, übertrug den Lehrstuhl der französischen Sprache Herrn Prof. Vinet, beförderte zum ordentlichen Professor der Philosophie Herrn Dr. F. Fischer, ernannte zum Professor der Physik und Chemie Herrn Dr. Schönbein, zum Professor der deutschen Sprache und Litteratur Herrn Dr. W. Wackernagel, verlieh den Titel eines ausserordentlichen Professors Herrn Dr. Wilhelm Vischer und bestellte als Lektor der Naturgeschichte auf unbestimmte Zeit Herrn Prof. Meissner.

Am 14. September trat der »Senatus academicus« zusammen.[10] Der bisherige Rektor, Prof. P. Merian, leistete den neuen Amtseid und legten darauf die der Regenz angehörenden Professoren das Gelübde in die Hände des Rektors ab. Nach Abtreten der Curatel wurde in der nun eröffneten Regenzsitzung dem sein Amt in die Hände der Regenz niederlegenden Rektor im Namen der Fakultäten für die unzähligen Dienste, die er der Universität erwiesen, der wärmste Dank abgestattet und sodann für den Rest des Jahres Prof. de Wette zum Rektor gewählt.

Ohne Einwirkung der Regierung, aber auf mehrfach geäusserten Wunsch der Bürger, welche fühlten, dass die hochherzige Gesinnung der Behörden durch einen feierlichen Akt anzuerkennen sei, beschloss die Regenz, eine Einweihungsfeier der wiederhergestellten Universität abzuhalten. Hiezu lud in ihrem Auftrage Prof. Wackernagel durch ein deutsches Programm »Ueber die altdeutschen Handschriften der Basler Universitätsbibliothek« ein und fügte Prof. Gerlach dem diesmal auch in lateinischer Sprache abgefassten Vorlesungsverzeichnisse[11] für das Wintersemester ein lateinisches Schreiben bei, in welchem er die verschiedenen Hochschulen von der Neugestaltung der Universität, unter kurzer Erwähnung der Vorgänge der letzten Jahre und rühmender Anerkennung des opferfreudigen Sinnes der Mitbürger, in Kenntniss setzte.[12]

Die Einweihungsfeier fand bei zahlreicher Betheiligung aus verschiedenen Kreisen der Bürgerschaft am 1. October im Münster statt. Die gehaltreiche, später im Druck veröffentlichte, Festrede des Rektors gab einen Ueberblick über die Arbeiten für die Neugestaltung der Universität seit 1818 und zeigte, wie selbst ein kleiner Wirkungskreis seine unleugbaren Vorzüge habe. Besonders wurde auch des neuesten Beweises des vielfach erprobten Gemeinsinnes Basels, der Gründung der Freiwilligen Akademischen Gesellschaft gedacht. Darauf entwickelte Prof. Schönbein die Bedeutung der Naturwissenschaften als Elementes der modernen Bildung. Sodann wurden Ehrenpromotionen verkündet. Der theologische Doktorgrad wurde ertheilt Herrn Antistes Hurter von Schaffhausen, den Herren Proff. Schneckenburger und Lutz in Bern und Hirzel in Zürich, der juristische Herrn von Tscharner in Chur, der medicinische Herrn Prof. Brunner in Bern, der philosophische den Herren Proff. Studer in Bern, Fäsi in Zürich, Fröhlich in Aarau. Schliesslich konnten, nach Genehmigung der Behörden, für die Studierenden vier Preisfragen gestellt werden, für deren Lösung je Fr. 100 als Preise ausgesetzt wurden.[13]

Kurz vor Schluss des Jahres, am 10. December, wurde vom Grossen Rathe der Antrag: »es möchte der Grosse Rath erkennen, dass es bei der durch die Staatskasse bereits geschehenen Zahlung der Auskaufssumme von zusammen Fr. 331,451.55 sein Verbleiben haben solle« zum Beschluss erhoben und damit diese für die Existenz der Universität bedeutendste finanzielle Frage erledigt. Nunmehr handelte es sich nur noch um nähere Feststellung der Verwaltung und Verwendung des Universitätsgutes. Hierüber erging das Gesetz vom 6. April 1836, laut welchem das gesammte Universitätsgut mit den der Stadt Basel darauf zustehenden Berechtigungen, wie dieselben durch die Stiftungen und Vergabungen, durch die Dotationsurkunde vom Jahr 1803 und durch die Sprüche des bei der Trennung des Kantons Basel aufgestellten eidgenössischen Schiedsgerichts bestimmt und anerkannt sind, ein an die Oertlichkeit der Stadt Basel unauflöslich geknüpftes Eigenthum des Kantons Basel-Stadttheil bildet, welches den Bestimmungen der Stiftungen und dem Zwecke der höheren Lehranstalten niemals entfremdet werden darf.

Erwähnen wir, dass durch Gesetz vom gleichen Datum die Korporation der Universitätsbürger als 16. politische Wahlzunft der Stadt eine mit der Einrichtung der übrigen Zünfte übereinstimmende Regelung erfuhr, so sind die Grundzüge der neuen Organisation bezeichnet, welche der Regenz zur Pflicht machten, durch Bestellung der Kommissionen, Aufstellung eines Reglements für die Vermögensverwaltung und einer Ordnung für den Pedell[14] u.a. zur Durchführung jener gesetzlichen Bestimmungen auch ihrerseits mitzuwirken.

Aber auch viele andere Fragen traten in den nächsten Decennien an die Regenz heran, da der Geschäftskreis sich erweiterte und das Kollegium an Mitgliedern zunahm.

Auf Wunsch der Behörden sorgte man für ausgedehntere Vertheilung der akademischen Gelegenheitsschriften[15] und der Einladungen zu akademischen Akten; regelte (März 1845) die »Verhältnisse und Pflichten der Studierenden« in einer längeren Ordnung, erliess (November 1845) eine »Ordnung über den Betrag und die Entrichtung der Collegiengelder«, welche 1854 einige Aenderungen erfuhr, ohne dass jedoch das lästige Freibitten ärmerer Studenten beim Rektor beseitigt wurde, bis man endlich (10. März 1864) eine besondere Kommission zur Vorprüfung der Gesuche um Collegiengeldererlass einsetzte. Die Vertheilung der Stipendien seitens der Regenz bereitete damals, bei der geringen Zahl der Petenten, noch keine besonderen Schwierigkeiten.

Ein öfters wiederkehrendes Traktandum war die Maturitätsfrage. Hierüber erging (Juni 1844) ein Beschluss des Erziehungsrathes, »dass Jünglinge, welche aus der hiesigen dritten Realistenklasse mit dem Maturitätszeugnisse entlassen worden oder in einer der hiesigen technischen Abtheilung des Pädagogiums gleichstehenden Anstalt eine genügende Vorbildung erhalten haben, als Studierende der mathematisch-physikalischen Abtheilung der philosophischen Fakultät unter Ertheilung einer lateinischen Matrikel immatrikuliert werden könnten, während für den Zutritt zu der theologischen, juristischen und medicinischen Fakultät ein humanistisches Examen vorbehalten bleibt.« Doch mehren sich später die Klagen über ungenügende Vorbildung namentlich von auswärts kommender Studierender. Die Einrichtung eines von Mitgliedern der philosophischen Fakultät abzuhaltenden Examens wird (1859) als eine sehr lästige Neuerung empfunden, so dass man 1863 den Dekan, bezw. ein von diesem zu bezeichnendes Mitglied mit der Prüfung betraute, und endlich (22. März 1864) die Prüfung von Baslern, welche kein Maturitätszeugniss besitzen und von Auswärtigen, welche ein solches von hier zu erhalten wünschen, näher regelt.

Schon 1846 verfügt man Niederlegung der bei der Immatrikulation vorgewiesenen Papiere beim Rektor, um eine Kontrolle über den Bezug von (später obligatorisch erklärten) Abgangszeugnissen zu gewinnen; man ordnet (1854) den Druck von Kollegienbogen und Abgangszeugnissen an, sowie Vorlegung ersterer zur Testierung aller belegter Kollegien (wegen der bis 1877 üblichen Fleisszeugnisse), überträgt dem Pedell die Führung von Listen über Docenten und Studierende und veranlasst die Ordnung des Archivs, welcher Mühwaltung sich bis zum Abschlusse dieser Arbeit im Februar 1853 Herr Prof. Schnell unterzog, worauf dann die Bestellung eines ständigen Archivars[16] beschlossen wird; im März 1855 beendet Herr Prof. Riggenbach die Fortführung des Legatariums. Auch das Statutarium findet entsprechende Beachtung. — Mehrfach muss man einschärfen, dass Docenten eine Inaugurationsrede zu halten haben, ehe sie ihre Vorlesungen beginnen. Dem Rektor lästig fallende Geldgeschäfte werden ihm mehr und mehr abgenommen, die neu eintretenden Professoren von Immatrikulationsgebühren befreit, die sog. Feuerspritzenpflicht der Professoren (1854) etwas eingeschränkt und die Niederlassung der von auswärts berufenen Professoren (1863) besser geregelt.[17] Den nach einander auftauchenden Gesangvereinen (1841, 1843, 1845, akademischer Männerchor 1855) und endlich auch dem akademischen Turnverein (1856) gewährt man Unterstützungen, überlässt dagegen die Ordnung der Vereinsangelegenheiten den öfters um Bestätigung ihrer Statuten einkommenden neuen Studentenverbindungen.

Für die schon seit den Zwanziger Jahren in Basel üblichen, mit grossem Beifall aufgenommenen und als wirkliche Pflicht gegen die Bürgerschaft erachteten öffentlichen akademischen Vortrage bestellt man 1856 eine Kommission, an deren Stelle 1869 eine neue trat.

Dauernd behilft man sich, bei der stets bewiesenen Bereitwilligkeit der Regentialen zur Uebernahme und Besorgung der mannigfachsten Geschäfte, ohne jenes grössere Beamtenpersonal, wie es andere Universitäten besitzen.

Der Rektor besorgt die Inscription der neu eintretenden Docenten und der Studierenden, unter denen eine Zeit lang auch Missionszöglinge auftreten, in die Universitätsmatrikel. Die Dekane veranlassen die Inscription der Studierenden in das Fakultätsalbum, unter Rechnungslegung über die dabei bezogenen Gebühren. — Wie der Rektor über die Geschäfte seines Amtsjahres, so erstatten der Regenz die Dekane Bericht über Veränderungen und Wünsche ihrer Fakultät, die Vorsteher der Sammlungen und Anstalten Bericht über die Verhältnisse derselben. Auszüge aus diesen Berichten werden in der Reihe der dem Grossen Rathe zu erstattenden Verwaltungsberichte abgedruckt, sodass auch weitere Kreise sich von den Veränderungen der Universitätseinrichtungen genau unterrichten können.

Das Protokoll in den Regenzsitzungen führt der jährlich zu diesem Zweck gewählte Schreiber der Regenz, für welche Dienstleistung derselbe — zufolge Stiftung von Professor J.J. Stähelin im Jahr 1846 — eine kleine Gratifikation erhält. Einen eigenen Schreiber bestellt seit 1838 die medicinische Fakultät, während in den anderen der Dekan (der jetzige oder frühere) das Protokoll führt. In den Regenzsitzungen hat bis Mai 1864 Umfrage bei den Berathungen statt, von da an freie Diskussion; auch wird dabei das Sitzen in der Reihenfolge der Fakultäten abgeschafft. Der Pedell endlich hat die Einziehung und die Vertheilung der Kollegiengelder, sowie die Auszahlung der Stipendien zu besorgen, daneben den mannigfachsten Abwartsdienst, z.B. als Gehilfe in der Bibliothek bis zur Anstellung eines besonderen Bibliothekdieners (durch Rathsbeschluss vom 21. Februar 1876).

Nach diesem kurzen Ueberblick über die inneren Verhältnisse sind nun mehr die wichtigen Ereignisse zu erwähnen, welche rasch hintereinander seit 1849 die weitere Gestaltung der Universitätsverhältnisse beeinflussten.

Das Jahr 1849 brachte einen grossen Fortschritt durch Eröffnung der prächtigen Räume des Museums,[18] in denen die sich rasch vergrössernden Sammlungen[19] und einzelne Universitätsinstitute eine entsprechendere Aufstellung erhielten und für die feierlichen Rede- und Promotionsakte eine geräumige Aula verfügbar wurde. Zur Förderung der Zwecke dieses Museums, Vermehrung der Sammlungen, zugleich Belebung des Sinnes für Kunst und Wissenschaft wurde der Museumsverein gegründet.

Die Freude über diese grossen Errungenschaften wurde etwas herabgestimmt, als im December 1850 im Grossen Rathe ein Antrag auf Aufhebung der Universität, dagegen Gründung einer Gewerbeschule gestellt wurde. Es war dies der Ausdruck einer in den letzten Jahren mehr und mehr verbreiteten Anschauung, dass die Aufrechterhaltung der Universität unerschwingliche Opfer heische. Dieser jetzt offen hervortretenden Gegnerschaft musste durch Aufklärung über den wirklichen Sachverhalt begegnet werden und dieses Verdienst erwarben sich — neben einem der Universität nicht angehörenden Manne[20] — zwei Lehrer der Hochschule, die Herren J. Schnell und C.F. Schönbein. Sie waren der Meinung, dass es einem Universitätslehrer zukomme, darzulegen, warum er redlich, nicht als Parteimann, zur Universität stehe.

Sie thaten dies mit durchschlagendem Erfolge in der Schrift: »Die Universität von Basel, was sie fordert und was sie leistet« (Basel, Detloff 1851). Diesem muthigen Auftreten wird es mit zu verdanken sein, dass der Grosse Rath am 3. Februar 1851 jenen Antrag mit 81 gegen 11 Stimmen ablehnte und in Erkenntniss mancher Mängel und Lücken durch Gesetz vom 30. März 1852 die Errichtung eines besonderen Lehrstuhles für Physik, sowie Erhöhung des Zulagekredits auf Fr. 8,000 anordnete, nachdem inzwischen 1850 durch Betheiligung der Freiwilligen Akademischen Gesellschaft die Besetzung je eines Lehrstuhles für Pathologie und andrerseits Anatomie und Physiologie ermöglicht und durch dieselbe Gesellschaft 1851 in der juristischen Fakultät ein neuer Lehrstuhl für deutsches Privatrecht und Civilprozess errichtet worden war.

Die weitere der Universität drohende Gefahr, die Errichtung einer eidgenössischen Universität,[21] wurde vorläufig beseitigt, als die Bundesversammlung nach Verhandlungen im Januar und Februar 1854 die Errichtung eines Polytechnikums in Zürich beschloss.

Immerhin war die Aufmerksamkeit auf die weitere Ausgestaltung der Universität hingelenkt und so stellte schon am 6. Februar 1854 Herr August Burckhardt-Iselin den Anzug, »den Kleinen Rath zur Begutachtung der Frage einzuladen, ob nicht die gegenwärtigen Verhältnisse eine Revision der Gesetze von 1835 und 1852 wünschbar machten in dem Sinne, dass die für höhere Lehrzwecke angewiesenen Mittel mit den Bedürfnissen der Zeit in Einklang gebracht werden.«

Von Neuem traten einige Lehrer der Hochschule mit einem belehrenden Worte für die Interessen der Universität ein, indem sie die Mittel und die Ziele der erwünschten Reform darlegten.

Es geschah dies in der höchst beachtenswerthen Schrift: »Die Universität von Basel, was ihr gebricht und was sie sein soll. In Verbindung mit seinen Collegen und Freunden F. Miescher, J. Riggenbach, W. Wackernagel dargelegt von J. Schnell« (Basel, Detloff 1854). Dieser Schritt war von Erfolg gekrönt. Der auf Grundlage eines eingeholten Berichtes vorgelegte Rathschlag fand eine über die darin gemachten Vorschläge hinausgehende Billigung und wurde durch Gesetz vom 15. Januar 1855 dem Kleinen Rathe zur Erstellung einer vierten theologischen Professur die Hand geöffnet, der juristischen Fakultät ein dritter ordentlicher Lehrstuhl, der medicinischen ein Lehrstuhl für medicinische Klinik, der philosophischen ein solcher für Nationalökonomie und Statistik hinzugefügt. Die Gehälter wurden auf Fr. 2,500 bezw. 1,250 n. W. normiert und der Zulagekredit auf Fr. 15,000 erhöht.

Noch im selben Jahr richtete die Freiwillige Akademische Gesellschaft, deren Spezialstiftungen verschiedenen Fakultäten zu Gute kamen, einen Lehrstuhl für vergleichende Anatomie ein und besetzte denselben in höchst glücklicher Wahl mit einem Schweizer Gelehrten (Prof. Rütimeyer).

Auch die juristische Fakultät, welche einige ihrer Basler Mitglieder (die Proff. Christoph Burckhardt-Hess und Adolf Burckhardt-Vischer, sowie Dr. Gustav Christ) in den Dreissiger Jahren durch Tod, ein anderes (Prof. Bachofen) durch Austritt in den Vierziger Jahren leider verloren hatte, gewann 1852 eine bei dem sonstigen raschen Wechsel der Lehrer sehr erwünschte Unterstützung durch Wiedereintritt ihres Seniors (Rathsherr A. Heusler) und 1858 durch Eintritt auch des Sohnes desselben. Nur ein um Universität, Wissenschaft und Rechtspflege gleich sehr verdienter Mann (Prof. J. Schnell) blieb ihr als treueste Stütze während vier Decennien bis zu seinem Weggange von Basel in segensreichem Wirken erhalten. Dieselbe Gunst des Schicksals war übrigens mehreren Mitgliedern der anderen Fakultäten beschieden; wir nennen von Verstorbenen die HH. Hagenbach und Stähelin unter den Theologen, Herrn Jung unter den Medicinern, die HH. Peter Merian, Gerlach, Schönbein, Meissner, Vischer, Picchioni aus der philosophischen Fakultät.

Die nächsten Jahre brachten viel Arbeit, um die nahende vierte Säcularfeier würdig zu begehen. Von diesen Vorbereitungen sei hier nur der Um- und Ausbau des sog. Unteren Collegii[22] erwähnt, wofür im Oktober 1859 ein Kredit von Fr. 70,000 vom Grossen Rathe bewilligt wurde. Für die Zeit des Umbaues wurden die Hörsäle in die Blömleincaserne verlegt.

Die Feier fand am 6. und 7. September 1860 statt — in Erinnerung an den Tag, an welchem, nach Ertheilung der Privilegien der Hohen Schule durch die Stadt, der erste Rektor der Universität (Georg von Andlau) Namens derselben der Regierung die Anerkennungsakte übergeben hatte. Die Einzelnheiten dieser Festfeier sind in der Schrift von J.W. Hess (Beschreibung der vierten Jubelfeier der Stiftung der Universität Basel, Georg 1860) mitgetheilt, so dass darauf verwiesen werden kann. Erwähnen wollen wir jedoch des literarischen Gewinnes, nämlich der eigentlichen Festschrift:

Geschichte der Universität Basel von der Gründung 1460 bis zur Reformation 1529.

Von Prof. Dr. Wilhelm Vischer (Basel, Georg);

ferner der auf die Universität bezüglichen Jubelschriften:

 1. Die theologische Schule Basels und ihre Lehrer von Stiftung der Hochschule 1460 bis zu de Wette's Tode 1849. Von Prof. Dr. Karl Rud. Hagenbach (Basel, Schweighauser).

 2. Die medicinische Fakultät in Basel und ihr Aufschwung unter F. Plater und C. Bauhin, mit dem Lebensbilde von Felix Plater. Von Prof. Dr. Friedrich Miescher (Basel, Schweighauser).

 3. Die Mathematiker Bernoulli. Von Prof. Dr. Peter Merian (Basel, Schweighauser).

 4. Festrede, gehalten von Prof. Dr. Peter Merian, d.Z. Rektor (Basel, Schweighauser);

und endlich der die Angehörigen der Landschaft ehrenden Stiftung eines »Stipendium rauricum.«

Das in jeder Beziehung gelungene Fest hinterliess bei allen Theilnehmern die angenehmsten Erinnerungen und blieb nicht ohne die wohlthätigsten Wirkungen auf weitere Kreise, welche die Hochschule von vielen Ausländern geschätzt und gerühmt sahen und nunmehr stolz auf diese Anstalt zu werden begannen.

Als nun von Neuem die Frage einer eidgenössischen Universität auftauchte, stellte Oberst Hans Wieland im Grossen Rathe am 31. März 1862 den mit grossem Beifall aufgenommenen Anzug: »Der Grosse Rath beauftragt die Regierung, die Frage in sofortige ernstliche Erwägung zu ziehen, ob und inwiefern die neu zu gründende eidgenössische Hochschule für Basel zu gewinnen sei; des Ferneren soll die Regierung keine Schritte versäumen, die in dieser Angelegenheit dem gewünschten Resultate näher führen können.«

Die Verhandlungen der Bundesversammlung berührten die erstere Frage weder im Jahre 1862, noch auch im folgenden, was eine reifliche Erwägung der Frage ermöglichte. Als Ergebniss derselben wurde am 7. December 1863 von Bürgermeister und Rath ein Rathschlag betreffend den Anzug über Erwerbung der neu zu gründenden eidgenössischen Hochschule vorgelegt. Derselbe war verfasst von dem für die Universität unermüdlich thätigen Staatsschreiber Dr. Gottlieb Bischoff († 15. März 1885) und bildet neben dem bald folgenden Rathschlag und Entwurf eines Universitätsgesetzes das wichtigste und werthvollste Dokument für die Geschichte der Universität in neuester Zeit. Ausgezeichnet in Form der Darstellung und reich seinem Inhalte nach, befürwortet dieser Bericht, dass Basel-Stadt mit allem Nachdruck für den Fall der Errichtung einer eidgenössischen Hochschule als Bewerber auftrete, auf erste Wiederanregung dieser Frage dem hohen Bundesrathe zu Händen der Bundesversammlung eine geeignete Begründung seiner Bewerbung eingebe und inzwischen weitere Reformen an der Universität in Angriff nehme.

Diese Vorschläge fanden am 1. Februar 1864 den vollsten Beifall des Grossen Rathes. Der Kleine Rath theilte den Beschluss betreffend die Bewerbung Basels für den Fall der Errichtung einer eidgenössischen Hochschule dem Bundesrathe mit und erhielt unter dem 18. März die befriedigende Versicherung, dass, wenn einmal diese Frage ernstlich an die Hand genommen werden könne, die Behandlung derselben in einer Weise geleitet werden würde, welche den verschiedenen Bewerbungen um diese Anstalt volle Zeit lassen werde, sich geltend zu machen.

Durch diese Antwort beruhigt, ging man sofort daran, rücksichtlich der Universität einen entscheidenden Schritt vorwärts zu thun.

Indem wir die Behandlung dieses Punktes dem nächsten Abschnitte zuweisen, sei noch erwähnt, dass am 6. September 1855 die theologische Fakultät Statuten über Ertheilung theologischer Grade beschlossen hatte, 1861 ein philologisches Seminar eingerichtet und 1862 die botanische Anstalt wesentlich erweitert worden war, endlich im Wintersemester 1864/65 zum ersten Mal die Zahl der Studierenden über 100 betrug, um von da an langsam weiter zu steigen.

Was die Betheiligung der Universität an Jubelfesten anderer Hochschulen während dieses Zeitraums betrifft, so fand eine solche auf Einladungen zu den Festen von Greifswald (18. October 1856), Freiburg (5. August 1857), Zürich (29. April 1858), Jena (15. August 1858), Genf (Juni 1859), Bern (14. November 1859), Berlin (15. October 1860) und Breslau (3. August 1861) in verschiedener Form statt. Die Einladung von Prag (1848) war der Zeitumstände wegen zurückgezogen worden.

In den Kreisen der Lehrerschaft feierte man 1853 die 25jährige Wirksamkeit der Proff. Meissner und Schönbein. Die Verdienste, welche sich die Herren Merian und Heusler namentlich in den Dreissiger Jahren um die Universität erworben hatten, ehrte man im December 1865, als ersterer bei Einführung des Prof. Liebermeister zum letzten Mal dem akademischen Senate präsidierte.

Was uns in diesem Zeitraume, der wohl als die Sturm- und Drangperiode der Universität bezeichnet werden kann, immer wieder angenehm berührt, ist die bewunderungswürdige Sorgfalt, welche die vorgesetzten Behörden bei Neubesetzung der oft erledigten Professuren entfalteten, ohne je zu ermüden — sodann die von der Lehrerschaft jener Zeit gepflegte echte, wahre Kollegialität, die so manchen der von auswärts Berufenen dauernd an Basel fesselte, den von hier Scheidenden aber in bestem Andenken blieb — welchem trefflichen Vorbilde die jetzige getreu nachlebt und eine spätere, so hoffen wir, nicht untreu werden wird.

Die Universität Basel in den fünfzig Jahren seit ihrer Reorganisation im Jahre 1835

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