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3. Kapitel

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Ich ging Nora Grabble nicht sofort nach.

Ich verließ die Tanzfläche und blieb an dem Tisch stehen, von dem sich der junge Mann erhoben hatte. Ich lehnte mich mit dem Rücken gegen einen Holzpfeiler und zündete mir eine Zigarette an. Nachdem ich einige Züge getan hatte, drehte ich mich so herum, dass ich mir die Leute an dem Tisch gut ansehen konnte.

Was dort vertreten war, war nichts anderes als billige Talmi-Eleganz. Es war keiner unter ihnen, der älter als dreißig Jahre war. Die Männer trugen Anzüge nach dem neuesten Schnitt. Nur hinsichtlich der Farbe und Muster hatten sie sich schlecht beraten lassen. Die Frauen waren alle eine Idee zu stark bemalt, und ihre billigen Fähnchen waren zu sehr ausgeschnitten und enganliegend. Alle hatten eines gemeinsam: Nämlich die hungrigen, großen Augen. Es waren Augen, die keinen körperlichen Hunger zeigten, aber sie verrieten eindeutig, dass sie sich nach dem großen Leben sehnten.

Es handelte sich um zwei Frauen und drei junge Männer. Sie unterhielten sich ziemlich laut und ungeniert. Wenn die Mädchen lachten, dann geschah das etwas zu grell und zu auffallend. Sie bildeten sich ein, etwas zu sein, und sie wollten das den anderen zeigen. Sie waren unsicher und kompensierten es durch Lautstärke.

Die Zigarette war halb zu Ende geraucht.

Nora Grabble und der junge Mann waren noch nicht zurückgekommen. Die Auseinandersetzung zwischen den beiden hatte sich in die Länge gezogen. Ich löste mich von dem Pfeiler und ging zu der Seitentür. Hinter ihr befand sich ein etwa vier Meter breiter Gang, dessen linke Wand eine rohe, unverputzte Ziegelmauer war. Einige Richtungsschilder wiesen zu den Toiletten hin.

Die Toiletten und die Waschräume befanden sich in einem großen, viereckigen Lichthof. Aber

es gab dort noch mehr Türen, als nur zu den Waschräumen. Eine davon war nur angelehnt. Ich drückte sie auf und sah in einen schmutzigen Hof hinein. An der Hauswand stand eine Batterie von Mülltonnen, aus denen der Abfall herausquoll. Der Tür gegenüber befand sich eine hässliche Hauswand, die bis in den Himmel hineinzusteigen schien. Die Feuerleiter, die sich im Zickzack nach oben wand, war verrostet, und die einzelnen Treppenabsätze mit Kisten und Kartons vollgestellt.

Weder im Hof, noch im Gang, der zur Straße hinausführte, waren Nora und ihr Begleiter zu sehen. Ich machte mir die Mühe, mich genau zu informieren. Vielleicht hatten sie sich in einen dunklen Winkel gestellt und feierten Versöhnung. Ich schritt den ganzen Hof ab und schritt dann durch die schmale Mauerschlucht zur Straße hinüber. Nora und ihr Begleiter waren nicht zu sehen. Wahrscheinlich hatten sie sich abgesetzt. Immerhin war ich ja nur ein Versicherungsvertreter, den man ja schon mal versetzen konnte.

Das Verschwinden von Nora Grabble war kein Beinbruch.

Ich wusste sowieso, was vorlag. So brauchte ich sie wenigstens nicht nach Hause zu bringen und konnte für den Rest des Abends allein bleiben. Ich ging zurück in die Bierschwemme und beglich meine Rechnung. Der Kellner hatte mich gleich an der Seitentür abgefangen. Er hatte sichtlich

Angst gehabt, ich würde mich, ohne zu bezahlen, absetzen.

Als ich dem Ausgang zuschritt, hatte sich die Tischgesellschaft erhoben. Die beiden Mädchen hatten sich untergehakt und tuschelten miteinander. Die drei Männer gingen in gemachter Schlaksigkeit hinter ihnen her. Sie kopierten die männlichen Hollywoodstars, die so unsagbar langsam und müde den Abenteuern entgegen latschten.

Da ich sowieso nichts Besseres vorhatte, folgte ich ihnen. Es war mal ganz interessant zu sehen, was dieses Volk anstellte. Sie überquerten die Straße und blieben vor einem Wagen auf dem Parkplatz stehen. Ich pfiff überrascht durch die Zähne. Den Schlitten, dessen Tür sie öffneten, hätte ich ihnen nicht zugetraut. Es war die neueste Ausgabe von Chevrolet und zweifarbig gespritzt. Na, wahrscheinlich hatten sie sich diesen Wagen geliehen. Keiner von ihnen hatte meiner Meinung nach Geld genug, um sich solch ein Fahrzeug zu halten.

Kichernd und lärmend verteilten sie sich auf die Plätze. Der Wagen setzte sich in Bewegung und rollte auf die Straße hinunter. Ich beeilte mich, um den Anschluss nicht zu verlieren. Sie machten es mir nicht schwer, sie zu verfolgen.

Sie fuhren langsam durch die Straßen der Innenstadt und kreuzten dann zum Ostteil der Stadt hinüber. Die Straßen wurden dunkler und schäbiger, und dann befanden wir uns auch schon in den restlichen Slums der Stadt, die der Spitzhacke noch nicht zum Opfer gefallen waren. Der Chevrolet bog nach rechts ab und hielt dann vor einem Lattenzaun.

Sie stiegen aus und gingen dann in der gleichen Reihenfolge, wie sie das Lokal verlassen hatten, auf die Holzbaracken zu, die sich hinter dem Zaun befanden. Sie steuerten einen zweistöckigen Bau an, dessen obere Etage man über eine Treppe erreichte, die man nachträglich an das Haus geklatscht zu haben schien. Sie polterten über die Haustreppe nach oben und verschwanden dann in der oberen Etage. Die Fenster erhellten sich und ich sah die Schatten der Gesellschaft. Laute Tanzmusik dröhnte auf, Gläser klirrten. Sie schienen erst recht in Fahrt gekommen zu sein.

Der Krach fiel in dieser Barackengegend nicht auf. Man benahm sich überall ungeniert und rücksichtslos. Ich ging an den niedrigen Baracken vorbei und sah absichtslos in viele Fenster hinein. Die Möblierung war überall spärlich, aber eins fiel mir auf. Es gab keinen Mann, der nicht in einem Korbsessel saß und Bier aus einer Flasche trank. Es war drückend warm, und die meisten Fenster hatte man geöffnet. Kein Mensch achtete auf mich. Das war wohltuend im Gegensatz zu der Siedlung, in der Nora Grabble wohnte. Hier hatte tatsächlich jeder mit sich selbst zu tun, oder man war zu müde und zu abgearbeitet, um sich noch für seinen Nachbarn zu interessieren.

Ich hatte die steile Freitreppe des zweistöckigen Holzhauses erreicht. Ich setzte mich auf einen Telegrafenmasten, der am Boden lag. In aller Ruhe rauchte ich meine Zigarette. Eigenartigerweise tat mir dieser Ausflug gut und ich war nicht besonders neugierig, über die Freitreppe nach oben zu gehen und in die Wohnung zu schauen. Für mich war der Fall Nora Grabble vollkommen klar. Was mich hierhin getrieben hatte, war nichts anderes gewesen als Neugier und Langeweile. Es war interessant zu sehen, aus welchen Kreisen Noras Freund stammte.

Die Party oben in der ersten Etage endete mit einem Missklang. Die Mädchen schrien auf, und die Tür zur Freitreppe wurde aufgerissen. Zwei Männer keilten aufeinander los. Einer unterlag und bekam noch einen zusätzlichen Fußtritt, als er über die Stufen nach unten segelte. Der Mann sprang unten sofort wieder auf und starrte wütend nach oben. Er hatte Lust, noch einmal dorthin zu gehen, aber hatte Angst, es zu tun. Er fluchte vor sich hin und zündete sich eine Zigarette an. Bei der Gelegenheit erkannte er mich auf dem Telegrafenmasten.

„Er hat Ihnen ein Bein gestellt“, sagte ich zu ihm.

„Klar“, erwiderte er, „sonst hätte er mich nicht ‘runterbekommen. Aber noch ist nicht aller Tage Abend. Das zahl‘ ich dem heim.“

„Mal oben, mal unten“, sagte ich grinsend.

„Das nächste Mal bin ich oben“, sagte er. Er stand auf, als die beiden Mädchen oben auf der Treppe erschienen und sehr schnell nach unten klapperten. Er ging ihnen entgegen und redete auf sie ein. Sie lachten und ließen ihn stehen. Er hatte bei ihnen eine entscheidende Runde verloren.

„Diese Gänse“, sagte er wütend und setzte sich wieder. „Mit so was soll man sich überhaupt nicht abgeben. Ich geh ein Bier trinken.“

„Das ist ‘ne Idee“, sagte ich. „Bier ist die richtige Sache.“ Ich fragte ihn erst gar nicht, sondern schloss mich ihm ohne Weiteres an. Er hatte nichts dagegen. Im Gegenteil, er schien sogar froh zu sein, dass er sich aussprechen konnte. Er war leicht angetrunken und schimpfte in einem fort über den Kerl, dem er es noch geben würde. Er schimpfte über die dummen Gänse, und dass er überhaupt und so die Nase voll hätte.

Wir landeten in einer Eckkneipe. Wir stellten uns an die hohe Theke, und ich spendierte eine Lage Bier.

Er behandelte mich wie einen Mann, den er schon seit Jahren kannte. Er war jetzt etwas weinerlich geworden und klagte die ganze Welt an. Ich bestellte noch eine Lage Bier, um ihn richtig in Form zu bekommen. Der Zufall hatte ihn mir in die Hände gespielt. Wenn ich Glück hatte, konnte mir der Junge alles über Joe erzählen. Dann brauchte ich mich nicht mehr groß um den Auftrag Max Grabbles zu kümmern und hatte Zeit gespart.

Nach der dritten Lage war er nicht mehr weinerlich. Er hatte Mut bekommen und wollte zurückgehen und es dem Kerl geben. Ich hielt ihn aber fest und bot ihm eine Zigarette an. Ich zog ihn an einen freien Tisch und fragte ihn so ganz nebenbei, wo denn eigentlich Joe stecken würde.

„Der ist doch mit seiner Kleinen abgehauen“, sagte der Mann. „Mann, so verrückt möchte ich auch mal sein, ‘ner Frau nachzulaufen. Die kommen doch von ganz allein.“

„Für Joe lohnt sich‘s vielleicht, der Frau nachzulaufen“, sagte ich.

„Quatsch“, sagte er. „Wer ist schon Nora? So wie die gibt es sie doch zu Dutzenden. Die kann man sich in jeder Kneipe aufgabeln.“

„Sind die beiden schon lange zusammen?“, fragte ich.

„Keine Ahnung“, sagte er. „Interessiert mich auch nicht. Aber jetzt geh‘ ich zurück und geb‘s dem Kerl. Der soll mich kennenlernen.“

„Wo wohnt Joe eigentlich?“, fragte ich.

Er war viel zu betrunken, um meine Neugier zu durchschauen. Ich erfuhr, dass Joe mit Nachnamen Burton hieß und in der 122. Straße wohnte. Sie musste hier in dem Viertel liegen, und ich fragte den jungen Mann danach. Ich hatte richtig getippt. Die 122. Straße begrenzte zum Süden hin das Barackenviertel. Joe wohnte in zwei Räumen, die sich im Souterrain einer alten Mietskaserne befanden. Die Hausnummer war 386.

Nach der vierten Lage war der junge Mann neben mir am Tisch vollkommen betrunken. Ich wollte ihn nicht so sitzen lassen und schleifte ihn ab. Ich fragte ihn nach seiner Adresse, aber er war nicht mehr fähig, sie zu nennen. Er hatte sich völlig verausgabt. Er versuchte noch einige Male, den Wagen zu verlassen, um es dem Kerl zu geben, aber dann wurde sein Körper weich und schlaff und er begann zu schnarchen. Ich wusste mir nicht anders zu helfen, als ihm in die Brusttasche zu langen. Ich fischte seine Identitätskarte heraus und las seinen Namen.

Er nannte sich Sloan Fix und wohnte ebenfalls in der 122. Straße. Ich musste ihn vor dem Haus Nummer 416 ausladen, wenn ich ihn richtig nach Hause bringen wollte.

Ich steuerte meinen Wagen um das Barackenviertel herum und erreichte die 122. Straße. Sie war verstopft mit abgestellten Lastwagen aller Art, die links und rechts der Fahrbahn parkten. Der Asphalt war mit faulen Gemüseblättern bedeckt. Das schmutzige Wasser in den Gossen konnte nicht abfließen und hatte sich aufgestaut. Obwohl es seit gestern nicht mehr geregnet hatte, war die Straße nass und mit Pfützen übersät. Als ich ein Stück weitergefahren war, sah ich eine große, weiträumige Halle, die taghell erleuchtet war. Jetzt wusste ich auch, woher die Abfälle auf der Straße stammten. Das hier war so etwas wie eine Gemüsehalle, wo das Grünzeug für den Kleinverbraucher umgeschlagen wurde. Daher auch die vielen parkenden Lastwagen.

In der Nähe dieser Gemüsehalle war das Haus Nummer 416. Es war eine riesige Mietskaserne, die wie ein dunkler, schwarzer Block vor mir lag. Ich schnappte mir Fix, hakte ihn unter und schleifte ihn in das Haus hinein. Ich hatte vielleicht etwas zu derb zugepackt, aber damit erreicht, dass er wenigstens wach wurde.

„He, Sloan, wo wohnst du?“, fragte ich ihn. „Junge, mach die Augen auf. Wo kann ich dich abladen?“

„Dem werd ich‘s geben“, sagte er murmelnd. „Mann, den mach‘ ich fertig. Der hat mir ein Bein gestellt.“

„Klar hat er das getan“, erwiderte ich, auf ihn einredend. „Aber jetzt pennst du dich erst einmal aus, mein Junge. Wo kann ich dich abladen?“

Er vergaß Gott sei Dank für einen Moment, dass er es dem Kerl geben wollte und zeigte mit der linken Hand durch den Hausflur. Ich schleifte ihn in den Hof und ließ ihn los. Er schwankte und hätte um ein Haar das Gleichgewicht verloren. Dann ging er aber mit dem sicheren Instinkt des

heimkehrenden Trinkers breitbeinig und schwerfällig auf ein Hinterhaus zu.

Ich folgte ihm. Er blieb vor einer Tür im Flur dieses Hauses stehen und fiel schwer dagegen. Sie wurde von innen geöffnet, und eine alte Frau mit einem verwüsteten Gesicht erschien. Sie sagte etwas sehr Gemeines zu mir, angelte sich Sloan Fix und riss ihn in ihre Behausung hinein. Verdutzt hörte ich lautes Klatschen. Wenn mich nicht alles täuschte, drosch sie auf Fix ein. Das war wohl seine Mutter, die ihn da empfangen hatte.

Grinsend und kopfschüttelnd ging ich zur Straße. Himmel, waren das Helden, die es den anderen geben wollten. Aber genau den Eindruck hatten sie auch alle auf mich gemacht. Erst wenn sie Schnaps und Bier getrunken hatten, fühlten sie sich als Helden. Und wenn sie nicht blau waren, dann waren sie nichts anderes als weiche Waschlappen, die man ohrfeigen konnte.

Ich beschloss, den Fall Nora Grabble noch an diesem Abend zu Ende zu bringen. Ich wusste, wo Joe Burton wohnte. Es war zu vermuten, dass sich Nora bei ihm aufhielt. Vielleicht konnte ich ihr an diesem Abend noch ins Gewissen reden und sie schocken. Vielleicht klappte es, aber es stand nicht zu erwarten, dass es Sinn hatte.

Ich ließ den Wagen stehen, wo er stand und ging zu Fuß weiter die Straße hinunter. Das Haus Nummer 386 war ebenfalls ein Wohnstall, der längst reif zum Abbruch war. Ich blieb vor einem

Gitter stehen, das einen Treppenschacht zum Bürgersteig hin absicherte. Das kleine Eisengitter zur Treppe hin stand weit offen. Hier musste die Souterrainwohnung von Joe Burton sein. Die beiden Fenster zum Lichtschacht hin waren verhängt, aber ich sah trotzdem, dass in den beiden Zimmern Licht brannte. Ich ging leise über die Stufen nach unten und klopfte dann kräftig gegen die Tür.

Nichts rührte sich.

Ungeduldig wiederholte ich das Klopfen noch einmal. Sie waren jetzt zusammengefahren und wussten nicht, wer draußen stand. Ich rief laut Joes Namen, aber auch dann tat sich noch nichts. Ich konnte nicht die Tür einschlagen. Das hätte Ärger für mich bedeutet. Wohl oder übel ging ich wieder zurück und besorgte das sehr laut. Sie sollten in der Wohnung den Eindruck haben, dass der Besucher verschwand. Dann baute ich mich an der Haustür so auf, dass ich die beiden verhangenen Fenster beobachten konnte. Einer von ihnen musste doch bestimmt neugierig die Decke zur Seite schlagen und herausschauen.

Ich rauchte eine Zigarette zu Ende, aber keine der beiden Decken vor den Fenstern wurde bewegt. Da gab ich es auf. Ich hatte keine Lust, mir die Beine in den Leib zu stehen. Ich konnte Nora Grabble am anderen Morgen aufsuchen und ihr ihren Besuch bei Joe auf den Kopf zusagen, Das war die einfachste Methode.

Ich ging die drei Stufen zur Straße hinunter und wollte zurück zu meinem Wagen gehen. Schnell sprang ich wieder in Deckung, als sich ein Wagen näherte und dann vor dem Haus hielt. Es war ein Taxi, aus dem zu meiner Überraschung Joe Burton stieg. Sicher hatte er sie nach Hause gebracht. Er bezahlte den Fahrer und ging dann über die Treppe hinunter zu seiner Wohnung. Er merkte gar nicht, dass ich ihm folgte. Er schloss auf und verschwand in seiner Wohnung.

Ich nahm die letzte Stufe und wollte an seine Tür klopfen. Da wurde sie von innen aufgerissen. Joe Burton prallte zurück und sah mich aus großen Augen an. Sein Gesicht war vom Licht der Zimmerbeleuchtung erhellt. Dieses Gesicht war bleich und angstverzerrt.

Er schnellte sich plötzlich vor und versuchte, mich niederzuschlagen.

Zugegeben, es kam etwas überraschend für mich. Es gelang ihm, mich am Kinn zu treffen. Ich verlor das Gleichgewicht und rutschte über ein in den Lichtschacht geworfenes Gemüseblatt aus. Mein Kopf schlug gegen die Betoneinfassung, und mir wurde es schwarz vor Augen. Bevor ich ganz ohnmächtig wurde, hörte ich noch das hastige Trappeln von Burtons Schritten.

Mein Kopf schmerzte wie verrückt, als ich wieder aufstand. Vorsichtig betastete ich die Beule. Es war nicht so schlimm, wie ich angenommen hatte. Langsam lösten sich die Schleier vor meinen Augen. Ich erinnerte mich wieder an Joe Burton und trat das faule Gemüseblatt mit der Schuh spitze unter die Eisentreppe, die nach oben führte.

Die Tür zu Burtons Wohnung war nur angelehnt. Ich drückte sie ganz auf und betrat seine Wohnung. Unter den Wänden befanden sich ganze Bündel von Heizungs- und Entlüftungsrohren. Die Farbe an ihnen war abgeblättert, und hässliche Rostflecke verteilten sich wie Blutflecken über die Rohrstränge.

Der erste Raum war miserabel eingerichtet. Alles starrte vor Schmutz. Der Linoleumteppich war durchgewetzt und zeigte, dass der Boden aus nacktem Beton bestand. Der Ausguss links unter einer schrägen Wand war überfüllt mit verschmutztem und teilweise mit Schimmel belegtem Geschirr.

Der zweite Raum musste das Schlafzimmer sein. Ich riss den Vorhang zur Seite, der die beiden Räume voneinander trennte. Nora Grabble lag auf dem breiten Bett. Sie war tot. In ihrer Hüfte steckte ein Messer. Sie war kaum bekleidet. Man hatte lediglich eine Decke über ihren Unterkörper geworfen. Die Augen standen weit offen. Der Ausdruck des Entsetzens war in ihnen.

Ich rührte sie nicht an.

Ich ging um das Bett herum und sah, dass sie von dem Messer verschiedene Male getroffen worden war. Das Laken unter ihr war blutgetränkt.

Ein Kampf schien nicht stattgefunden zu haben.

Der Tod musste sie völlig überraschend getroffen haben.

Ihre Kleidung lag zusammengeknüllt auf einem Stuhl neben dem Bett. Ihre Handtasche stand geöffnet auf dem Nachttisch. Ich sah vorsichtig in die Tasche hinein. Nur so aus Gewohnheit. Dann richtete ich mich auf und horchte zur Straße hinaus.

Ich hörte den taktmäßigen Gang genagelter Schuhe. Mir wurde warm unter meiner Jacke. Ich kannte dieses Geräusch. Es rührte von einem Cop her, der die Runde machte. Jetzt fehlte nur noch, dass man mich hier zusammen mit der Toten entdeckte.

Mir wurde noch wärmer, als die Schritte plötzlich verstummten. Der Cop war anscheinend stehengeblieben. Schnell verließ ich den Schlafraum und zog den Vorhang vor. Ich hörte die genagelten Schuhe auf der Eisentreppe, die zur Wohnungstür führte.

„Hallo, ist hier jemand?“, hörte ich eine raue, aber herzliche Stimme. „Hallo, alles in Ordnung?“

Ich hatte richtig getippt. Vor der Tür stand ein Cop.

„Alles in Ordnung“, sagte ich.

„Ich hab‘ die Tür aufstehen sehen“, sagte der Cop. „Hier in der Gegend wird viel gestohlen. Na, dann nichts für ungut.“

„Ich gehe mit Ihnen ‘rauf“, sagte ich zu dem Cop. „Ich hab‘ noch Lust auf einen Schluck Bier.“

Ich war froh, dass ich ihn wieder zurück auf die Straße gebracht hatte. Wir trennten uns, und ich hatte es sehr eilig, zu meinem Wagen zu kommen. Der Fall Nora Grabble war keinesfalls beendet, er begann erst …

Rosinen aus dem Kuchen: Kriminalroman

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