Читать книгу Der Morgen, der zur Nacht wurde - Theresia Emmersberger - Страница 6

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Kurze Zeit später …

Johannes stürmte zur Türe herein, Anna hat ihn in der Firma angerufen und ihm die Hiobsbotschaft mitgeteilt. Er war der Freund von Anna und lebte schon einige Jahre bei uns. Schockiert von dieser Nachricht und in Tränen aufgelöst, rief er: „Wo ist Sonja, wo ist sie? … Ich möchte sie sehen!“ Anna nahm seinen Arm, legte ihren Kopf auf seine Brust. Mit einer kaum hörbaren Stimme sagte sie: „Johannes, sie ist nicht mehr da. Sonja wurde weggebracht, sie wurde uns einfach genommen. Wir konnten uns nicht verabschieden, es ging alles so schnell!“

Die Umarmung wurde noch fester, ihr Körper bebte und ein schmerzvolles Schluchzen war lange zu hören, bis sie die Kraft verließ. Eine tiefe klaffende Wunde schlug sich in ihr junges Herz.

Ein energisches Klingeln an der Türe, brachte mich dazu, sie zu öffnen. Daniel, Sonjas Freund, flog mir fast in die Arme. Mit hochroten, verweinten Augen und außer Atem keuchte er: „Wo ist Sonja, wo ist meine Sonja?“ Seine Hände zitterten, verstört blickte er sich um. Ich konnte ihm keine Antwort geben, wortlos nahm ich ihn in den Arm und wieder flossen meine Tränen. Johannes legte seine Hand auf Daniels Schulter und sagte: „Daniel, es tut mir so leid, aber Sonja wurde ins Krankenhaus gebracht zur Obduktion.“ Dann brach Johannes Stimme, er drehte sich zu Anna und verbarg seine Tränen auf ihrer Schulter. Hilfesuchend sah sich der junge Mann um, als würde Sonja jeden Augenblick aus ihrem Zimmer kommen. Doch plötzlich brach er in sich zusammen. Er kniete am Boden und schrie: „Nein, nein, das ist nicht wahr! Wir waren gestern noch zusammen, sie war gesund, warum soll sie tot sein?“

Ich stand immer noch ganz nahe vor Daniel und kniete mich vor nieder. Er weinte ununterbrochen, seine Hände versteckten das Gesicht und sie fingen die Tränen auf. „Daniel“, sprach ich leise, „wir werden erst gegen Mittag erfahren, warum Sonja starb.“ Er hob seinen Kopf und ich sah in verzweifelte Augen, deren Glanz gewichen war.

Daniel und Sonja waren schon drei Jahre ein Paar. Beide waren im dreiundzwanzigsten Lebensjahr. Sie schmiedeten an ihren Zukunftsplänen und freuten sich an deren Verwirklichung. Der hochgewachsene junge Mann mit dem schwarzen Lockenhaar, das ihm oft in seine braunen Kulleraugen fiel, erstarrte und auch ihn umhüllte in diesen Augenblick die Dunkelheit. Seine große Liebe war gegangen, für immer. Seine Zukunft, sein Leben mit Sonja zu verbringen war unwiderruflich beendet. Daniel blieb noch lange bei uns. Ein Tuch des Schweigens schlang sich um uns, als wollte es uns schützen. Wenn Tränen ein schweres Gewicht hätten, würde man sie stetig fallen hören.

Der Morgen, der zur Nacht wurde

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