Читать книгу Hexenkolk - Wiege des Fluchs - Thomas H. Huber - Страница 6
ОглавлениеPROLOG
Sind Träume das Ergebnis komplizierter, biochemischer Prozesse, die unbewusst in unserem Gehirn ablaufen? Oder sind sie die Boten von Flüchen?
Manche Urvölker sagen, der Traum wäre die eigentliche Realität, und der Zustand, den wir als Leben bezeichnen, sei in Wahrheit der Traum. Andere wiederum glauben, dass die Welt um uns herum das Ergebnis karmischer Ereignisse ist, wonach jedes Individuum seine eigene Realität kreiert. Die modernen Wissenschaften halten diese Gedanken natürlich für Unsinn, die meisten Religionen behaupten hingegen, Glaube versetzt Berge.
Demnach gibt es also nur Schwarz oder Weiß. Einigen wir uns aber darauf, dass auch hier die Wahrheit irgendwo in der Mitte liegt, müssen wir das Wort „oder“ durch das Bindewort „und“ ersetzen, damit wir ein nettes, unparteiisches Grau erhalten. Genau dieses neutrale Grau bietet uns nun grenzenlose Möglichkeiten, ungehindert nach links und rechts, nach oben und unten, vor und zurück zu schauen.
Jetzt können wir uns sogar die Frage stellen, ob unser Leben und unsere Taten, vielleicht von einem Fluch beeinflusst werden, der lange vor unserer Zeit ausgesprochen wurde.
Die Angst vor Hexen und Flüchen ist schließlich so alt wie die Menschheit selbst, weshalb man es nicht für unmöglich halten kann, dass Flüche von Generation zu Generation weitergereicht wurden und bis in die heutige Zeit ihre Wirkung zeigen. Bereits die vorchristlichen Germanen fürchteten sich vor den sogenannten Schadenszauberern, die sie für starke Stürme, den frühzeitigen Tod eines geliebten Familienmitgliedes, verlorene Schlachten und sonstige Katastrophen verantwortlich machten. Auch wenn die polytheistischen Germanen Andersgläubige durchaus duldeten, ohne sie wegen ihrer Gesinnung gleich zu töten, hielten sie es jedoch für angemessen, im Falle eines Schadenzaubers eine Ausnahme zu machen. Im späten Mittelalter, lange nach dem das Germanische Reich aufhörte zu existieren, übernahm die Heilige Inquisition die Verfolgung der Erben dieser Schadenszauberer, und bezeichnete sie fortan als Hexen. In ihren Anfängen war die Inquisition ein Instrument der Römisch-Katholischen Kirche, zur Aufspürung und Bekehrung von Ketzern, woraus sich allerdings schnell die bekannte Hexenjagd entwickelt hatte, die bis in die Neuzeit reichte.
Wer heutzutage denkt, dass die Hexenjagd längst vorbei sei, täuscht sich jedoch gewaltig. Denn auch in unserer Zeit werden noch immer Millionen von Frauen misshandelt, verfolgt und ihrer Freiheit beraubt. Könnte man es ihnen deshalb verübeln, wenn sie ihre männlichen Peiniger verfluchten? In Anbetracht dieses Wissens ist der Rückschluss, dass selbst mittelalterliche Flüche bis heute ihre Wirkung zeigen könnten, durchaus gerechtfertigt.
Mal angenommen, ein Traum wäre tatsächlich der Überbringer eines Fluchs, wäre es dann nicht möglich, dass der Bote selbst zum Fluch wird?
Wenn der Träumende glaubt, sein Traum könnte wahr werden, wird die Botschaft dann nicht zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung? Wer hat nicht schon einmal von etwas geträumt, dass dann tatsächlich zur Realität geworden ist?
Aber warum werden manche Träume wahr und andere nicht? Liegt es vielleicht daran, wie stark sie uns emotional berühren, oder einfach nur an der Absicht desjenigen, der den Traum auf seine Reise durchs Universum geschickt hat?
Vermutlich werden wir dies nie erfahren.