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Und jedem Abschied wohnt ein Zauder inne

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Wir schrieben Mitte Juli 2007 und Egmont Sträuber hielt mal wieder eine Regierungserklärung. Das Besondere daran war, daß es seine letzte sein würde und irgendwie mutete sie auch deshalb ein wenig merkwürdig an, weil Sträuber ja zehn Wochen später endlich und endgültig von seinen Ämtern zurücktreten sollte; ob er das eigentlich selber auch wollte, lassen wir mal lieber dahingestellt. Noch einmal lauschten die CSU-Abgeordneten mehr oder weniger gelangweilt ihrem ehemals großen Meister und der versuchte doch allen Ernstes, die Linien für das politische Handeln bis hinein ins Jahr 2020 vorzugeben. Dabei war Schräder 2003 schon sehr mutig gewesen, eine Agenda 2010 zu präsentieren; aber daß ein scheidender Regierungschef 2007 eine Agenda 2020 vorstellte, das sprengte dann doch jeglichen Rahmen. Man ließ den Alten noch ein letztes Mal gewähren, weil man sich dachte, "danach ist ja zum Glück Ruhe und dann kann er uns mal kreuzweise den Buckel runterrutschen mit seiner selbstherrlichen Art und seinen Einflüsterern aus der Staatskanzlei", die er den einfachen Abgeordneten in seinen letzten Regierungsjahren immer mehr vorgezogen hatte. Also standen alle nach seiner Rede noch einmal auf, spendeten stehend Applaus und freuten sich insgeheim darüber, daß die Opposition bereits eine CD mit "Sträubers Gestammelten Werken", also seinen schönsten Versprechern, in Umlauf gebracht hatte, damit man wenigstens ein lustiges Andenken an den anstrengenden Mann mit nach Hause nehmen konnte. Blackschein und Zuber konnten sich mittlerweile den Luxus erlauben, erst während der Rede Sträubers im Landtag hereinzuschneien und ihre Plätze einzunehmen, ein Jahr früher wäre so eine Majestätsbeleidigung völlig undenkbar gewesen. Ja, die Zeiten änderten sich, nur Sträuber blieb derselbe Autist wie gewohnt, deshalb perlte auch die Kritik der Opposition wie immer an ihm ab.

Blackschein und Zuber redeten nach der Ansprache ihres baldigen Vorgängers miteinander: "Du, Merlin, ich dachte schon Du kommst gar nimmer", bemerkte Gunnar. "Ach, weißt Du, ich hab den Egmont schon so oft reden hören und wenn man es genau nimmt, dann sagt er eigentlich eh fast immer das Gleiche", entgegnete Zuber. "Das stimmt, aber heute war doch sein letzter Auftritt, da hättest Du wirklich nicht eine halbe Stunde warten müssen, bis Du im Parlament auftrittst und Dich auf Deinen Platz begibst." "Man muß manchmal auch Zeichen setzen können, außerdem hatte ich da gerade eine wichtige Besprechung mit meiner zukünftigen Generalsekretärin und mir persönlich ist die Zukunft ehrlich gesagt wesentlich wichtiger als die Vergangenheit." "Mir auch, Merlin, mir auch. Aber der Sträuber will uns ja sogar in unsere gemeinsame Zukunft hineinpfuschen mit seinem Programm 2020. Der ist doch wirklich von allen guten Geistern verlassen." "Ach, das darfst Du nicht überbewerten. Der war solange an der Macht, der kann gar nicht mehr anders, selbst wenn er wollte. Wir halten uns jetzt noch zweieinhalb Monate zurück und dann legen wir endlich los." "Au ja, darauf freue ich mich jetzt schon. Wenn doch bloß nicht diese blöden Wahlen schon ein Jahr später wären." "Und wenn schon? Wir werden das beste Tandem sein, das die CSU jemals hatte." "Auf jeden Fall. Aber irgendwie hat der Magnet schon Recht gehabt als er meinte, der Sträuber hätte mir mit seinem Regierungsprogramm die politischen Fußfesseln angelegt." "Ach was! Du darfst nicht auf die Schwarzmaler von der Opposition hören, Gunnar. Die wollen nur den Untergang der CSU. Genauso wenig darfst Du aber auch auf den Sträuber und seine Lakaien hören, die wollen nämlich nur den Untergang von uns Beiden." "Glaubst Du das denn wirklich?" "Leider ja. Der Sträuber, der Feehoffer und der Öder scharren bereits jetzt mit den Füßen und warten nur auf unsere ersten Fehler." "Na ja, das wird garantiert nicht lange dauern, so wie ich uns kenne. War nur ein Scherz, Merlin, nicht gleich böse schauen. Apropos Öder: Was machen wir mit der Blindschleiche eigentlich?" "Na ja, ich würde sagen, der soll Europaminister werden, dann haben wir ihn nicht ständig vor Augen, diesen Stiefelknecht vom Sträuber." "Gute Idee. Also dann, ich geh jetzt, bevor ich noch dem Sträuber über den Weg laufe und mit dem reden muß." "Ja, darauf kann ich auch nur zu gern verzichten. Seit Wildbad Kreuth behandelt mich der eh wie einen Aussätzigen." "Sei froh, dann schüttelt er Dir wenigstens nicht die Hand." "Auch wieder wahr." Sie reichten sich zum Abschied selbstverständlich schon die Hände und gingen daraufhin fröhlich gestimmt auseinander. Bald würde es soweit sein.

Mythos, Pathos und Ethos

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