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Jahrmarkt der Gefühle I

Der Jahrmarkt der Gefühle ist in der Stadt erstmals zu Gast.

Er beginnt pünktlich mit dem Sonnenaufgang ohne Hast und hält sein Angebot bereit, solang jemand Interesse zeigt.

Die einzelnen Stände präsentieren ihre Waren auf unterschiedliche Weise.

Einer forsch bis aggressiv, ein anderer eher zurückhaltend und leise.

Großes Gedränge herrscht vor allem bei den Billigangeboten.

Allerdings sind diese vom Umtausch ausgeschlossen, koste es, was es wolle.

Wer zuerst kommt oder wer sich darüber am meisten ärgert, spielt keine Rolle.

Manche Artikel gibt es zum sofort Essen, andere sind dick eingepackt,

manche unterm Ladentisch versteckt, andere mit Nachgeschmack.

Einfach zuschauen und das Spektakel genießen. Welche Freude, welche Wonne.

Mitten auf dem Platz steht übrigens eine Achterbahn.

Sie ist, unschwer zu erraten, die Hauptattraktion.

Alle wollen mit einsteigen.

Kein anderes Fahrgeschäft ist für diese Art von Markt so prädestiniert.

Interessant wird es auch beim Bezahlen.

Der eine opfert seinen letzten Cent, um überhaupt etwas zu kriegen.

Der nächste verschleudert Tausende, die dann in die Lüfte fliegen.

Kredit gibt jeder gern; schließlich ist der Schuldner immer der beste Kunde.

Bevor der wütend davonspringt, bekommt er sein Extrabonbon.

Und einen vorgedruckten Glückwunschbrief zum Geburtstag (als Dialogpost)

mit aktuellen Extrakonditionen und Gewinnchance auf die Extramillionen – mit portofreiem Rückumschlag.

Was tut man nicht alles, um seinem Nächsten zum Pech zu verhelfen.

Bald ist Weihnachten.

Bis dahin bleibt der Markt auf jeden Fall geöffnet, sogar mit Extrabeleuchtung.

Während dieser Zeit ist im Preis eine Umtauschgarantie mit inbegriffen.

Das sei jedoch die einzige Ausnahme, erklärt der Veranstalter ohne Anflug von Reue oder Scham.

Ansonsten heißt es: richtig entscheiden, weniger leiden.

Ein heikles Thema; es wird nur selten darüber diskutiert.

Offen schon gar nicht, wenn, dann hinter vorgehaltener Hand, heimlich also.

Aber das passt zum Fest, genau wie zum Rest, dem Jahrmarkt der Gefühle.

Das hier will keiner lesen

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