Читать книгу EURO-Bankraub - Thomas Krause R. - Страница 23

Das Öffnen des Tresors

Оглавление

Regierungen erliegen schnell der Versuchung, Fehlentwicklungen in ihren Ländern zu ignorieren oder die Schuld an diesen Entwicklungen anonymen Kräften, beispielsweise den Finanzmärkten anzulasten. In dieser politischen Logik der Realitätsverweigerung sollen die angeblich schädlichen Marktkräfte ausgeschaltet werden. Steigen die Zinsforderungen der Gläubiger, weil die Kredite an bestimmte Länder zunehmend als riskant eingestuft werden, müssen diese Zinsen nach dieser Ansicht um jeden Preis gesenkt werden. Der Transmissionsmechanismus für die Wirkung der Geldpolitik der EZB soll nach dieser Ansicht nicht durch das hohe Zinsniveau gestört werden58. Vorneweg hat sich der Präsident der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, diese Ansicht zu Eigen gemacht.

Mit dieser blumigen Aussage der EZB wird versucht, die Höhe der Zinsen als Marktstörung zu interpretieren und damit die Argumentationsgrundlage für den Eingriff der EZB auf den Anleihemärkten zu liefern. Wenn wir uns überlegen, dass eine Notenbank quasi aus dem Nichts Geld schöpft und dieses an die Geschäftsbanken gibt, dann ist nicht zu erkennen, warum diese Aufgabe der Geldversorgung des Landes durch hohe Zinsen auf den Finanzmärkten gestört sein sollte. Die Banken nehmen bei hohen Zinssätzen auf den Finanzmärkten sogar deutlich lieber Geld von der Notenbank an und geben ihr dafür Wertpapiere als Sicherheit für das erhaltene Geld.

Bei genauerer Betrachtung war nicht der Transmissionsmechanismus der EZB zu den Geschäftsbanken gestört, dieser funktionierte weiterhin bestens, sondern die Banken haben sich untereinander kein Geld mehr geliehen. Der Grund für das Misstrauen der Geschäftsbanken untereinander waren die drohenden hohen Abschreibungen auf Immobilienwertpapiere, die aufgrund des Platzens der Immobilienblase tiefe Löcher in die Bilanzen gerissen hatten. Wenn die Abschreibungen einen zu hohen Umfang annehmen, wird das Eigenkapital der Geschäftsbanken reduziert, ohne dass sich die Schulden der Banken in gleichem Umfang reduzieren. Dadurch kann es zu einer Überschuldung der betreffenden Geschäftsbanken kommen. Da niemand genau weiß, wie hoch der Abschreibungsbedarf der anderen Banken ist, kommt der Geldtransfer der Geschäftsbanken untereinander zum Erliegen. Sie können sich Geld also nur noch von der EZB oder von privaten Investoren beschaffen.

Aufgrund des gestiegenen Risikos mussten die Banken mit risikobehafteten Immobilienvermögen ihren Investoren jedoch höhere Zinssätze zahlen, wenn sie weiterhin Anleihen auf den Finanzmärkten zur Refinanzierung ihrer Geschäfte platzieren wollten. Unabhängig von den Beziehungen zwischen den einzelnen Geschäftsbanken war auch hier der Transmissionsmechanismus der Geldpolitik nicht gestört, da die Geschäftsbanken weiterhin die Möglichkeit gehabt hätten, weiteres Zentralbankgeld gegen Wertpapiere zu erhalten. Den Geschäftsbanken gingen in den Krisenländern allerdings die Wertpapiere aus, die sie bei der EZB hätten hinterlegen können. Schrottpapiere und Schrottimmobilien sind nun einmal keine werthaltigen Sicherheiten, die eine Notenbank unter normalen Umständen annehmen würde.

Ähnlich sah es bei den Staatsanleihen aus. Da das Risiko der Krisenländer deutlich stieg, dass sie aufgrund von Überschuldung zahlungsunfähig werden, forderten die Investoren berechtigter Weise auch von den Staaten höhere Zinssätze, wenn sie in diese riskanten Staatsanleihen investieren wollten. Da zwischen der EZB und den Staaten gemäß des Verbots der Staatsfinanzierung jedoch keine Verbindung bestehen durfte und bis heute nicht bestehen darf, könnte es in Hinblick auf die Staatsanleihen keinen Transformationsmechanismus geben, der gestört hätte sein können. Das Gerede um den Transmissionsmechanismus seitens der EZB kann bei näherer Betrachtung als Ablenkungsmanöver interpretiert werden. Es ging hauptsächlich darum, überschuldete Banken und damit auch die überschuldeten Staaten mit Hilfsmaßnahmen seitens der EZB zu stützen, um eine Staatspleite und eine Pleite der Geschäftsbanken in den Krisenländern zu vermeiden.

Nachdem die Alarmanlage (Stabilitätskriterien des Maastricht-Vertrages) von Deutschland und Frankreich ausgeschaltet wurde, die Schutzleute (Hüter der Geldwertstabilität) medienwirksam beseitigt wurden, musste nur noch die Tresortür geöffnet werden, um die Vermögenstransfers zu starten. Auf den freien Finanzmärkten bestimmen Angebot und Nachfrage, wer zu welchem Preis (Zins) Zugang zu Krediten erhält. Die Marktkräfte haben somit die Funktion von Tresortüren, um den Zugang zu Kredit nur denjenigen Schuldnern zu erlauben, die entsprechend zahlungskräftig sind.

Die Ausschaltung der Marktkräfte funktioniert am einfachsten, wenn das Verhältnis von Angebot und Nachfrage gestört wird. Dies kann die Zentralbank dadurch erreichen, in dem sie zusätzliches Geld druckt und dieses im Rahmen der angeblichen EURO-Rettung an Not leidende Staaten und Banken in den Krisenländern ausgibt. Sind die Marktkräfte erst einmal durch eine bewusst ausgelöste Geldschwemme ausgeschaltet, steht der Tresor offen, die Akteure auf den Finanzmärkten können sich nun ungehindert bedienen.

Im Nachgang zur Pleite von Lehman Brothers wurde die Bilanzsumme der Europäischen Zentralbank sprunghaft von 1,4 Billionen EURO Mitte 2008 auf 2 Billionen EURO bis Ende 2010 unter der Führung von Jean-Claude Trichet aufgebläht. Das starke Anwachsen der Geldmenge erhöhte das Geldangebot an EURO in Europa. Die Kreditnehmer haben das Geld in Form von Krediten angenommen. Zu den Kreditnehmern gehörten insbesondere Staaten, die über Staatsanleihekäufe der EZB mittels Notenpresse finanziert wurden. Wir können den Sachverhalt also präziser so formulieren, dass nicht die EZB den Transmissionsmechanismus der Geldversorgung von den Notenbanken zu den Geschäftbanken sichergestellt hat, sondern dass sie den Transmissionsmechanismus der Geldversorgung von Staaten durch ehemals private Investoren durch unrechtmäßige eigene Anleihekäufe ersetzt hat.

In dieser Zeit, in der die Ankäufe von Staatsanleihen der Krisenländer unrechtmäßig erfolgten, sind die Target2-Forderungen der Deutschen Bundesbank gegenüber anderen Zentralbanken des EURO-Systems von 100 Milliarden EURO auf 200 Milliarden EURO angewachsen. Wir müssen also verstehen, wie das Geldangebot der EZB in Form von Staatsanleihekäufen mit der Entwicklung der Target2-Forderungen der Deutschen Bundesbank zusammenhängt. Die Target2-Forderungen stellen Auslandsforderungen der Deutschen Bundesbank gegenüber anderen Notenbanken des EZB-Systems dar. Bis Mitte 2007 waren die Target2-Salden der Deutschen Bundesbank noch nahezu ausgeglichen. Wir müssen also zunächst verstehen, was hinter den Target2-Forderungen steht, die bereits in der Zeit von Jean-Claude Trichet bei der Deutschen Bundesbank entstanden sind.

EURO-Bankraub

Подняться наверх