Читать книгу Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull von Thomas Mann. Königs Erläuterungen. - Thomas Mann - Страница 4
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Im 3. Kapitel bieten wir eine Textanalyse und -interpretation.
Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull – Entstehung und Quellen:
Mit langen Unterbrechungen hat Thomas Mann ab 1906 fast 50 Jahre an dem Roman gearbeitet. Trotz des Zuspruchs des Publikums hat er mit dem Stoff gehadert, weil er ihm würdelos erschien.
Eine Anregung für die Gestaltung von Felix’ Lebensweg ist die Autobiografie des damals in ganz Europa erfolgreichen rumänischen Hochstaplers Georges Manolescu (1871–1908).
Inhalt:
In seiner Kindheit lernt Felix, wie er Menschen für sich einnehmen kann. Er liebt Verkleidungen und übt sich im Kontrollieren selbst unwillkürlicher Körperregungen, um wegen angeblicher Krankheit nicht in die Schule gehen zu müssen. Die Familie lebt großzügig über ihre Verhältnisse, bis die Sektkellerei des Vaters pleite ist und ihr Inhaber Selbstmord begeht.
Seine Schönheit und sein gefälliges Auftreten ebnen Felix den Weg in die höhere Gesellschaft. Nach dem Umzug der Witwe Krull mit ihren Kinder nach Frankfurt am Main besucht Felix zunächst die Liebesschule einer Prostituierten. Danach arbeitet er sich in dem Pariser Hotel Saint James and Albany vom Liftboy zum Kellner hoch; Nebeneinkünfte erzielt er, indem er gestohlenen Schmuck an einen Hehler verkauft. Seine Attraktivität wirkt sowohl auf Frauen wie auf Männer anziehend. Schließlich tauscht Felix mit einem jungen Adeligen, Marquis Louis de Venosta, die Rollen und reist in dessen Namen nach Lissabon, die erste Station einer Bildungsreise um die Welt, wo sich Mutter und Tochter des Leiters des Lissabonner Naturkundemuseums, Professor Kuckuck, in ihn verlieben.
Chronologie und Schauplätze:
Felix wächst im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts in einer Weingegend am Rhein auf. Volljährig zieht er nach dem Selbstmord des Vaters mit Mutter und Schwester nach Frankfurt am Main um. Für eine Ausbildung im Hotel siedelt er nach Paris über. In der Rolle des Marquis Louis de Venosta reist er mit Anfang 20 nach Lissabon.
Die Welt von Felix ist hierarchisch und aristokratisch; die Gesellschaftsschichten haben jeweils ihre eigene Sphäre und eigenen Orte. Die getrennten Bereiche werden in dem Roman gegenübergestellt: Aus Sucht nach gesellschaftlichem Aufstieg lebt Familie Krull über ihre Verhältnisse und geht bankrott. In den Schaufenstern von Frankfurt wird Reichtum zur Schau gestellt, daneben floriert das Geschäft der Huren und Kriminellen, das Felix ebenfalls anzieht. Die Hotelgäste genießen Überfluss und Luxus, während die Angestellten in einfachsten Verhältnissen leben. Reiche Adelige halten arme Schauspielerinnen aus. Einige der Reichsten sind so dekadent, dass sie sich nach Erniedrigung sehnen.
Aufbau:
Der Schriftsteller Thomas Mann lässt seinen Protagonisten Felix Krull seine Lebenserinnerungen in der Ich-Form erzählen. Neben der Erzählung der Ereignisse besteht der Roman aus zahlreichen Reflexionen des sich erinnernden, auf sein Leben zurückblickenden, gereiften Hochstaplers. Er denkt über das Schreiben, über Schein und Sein und gesellschaftliche Hierarchien nach. „Bekenntnisse“, wie der Roman im Titel benannt wird, sind eine traditionsreiche literarische Gattung.
Das Romanfragment besteht aus drei „Büchern“/Teilen: 1. Kindheit im Rheingau bis zum Bankrott und Selbstmord des Vaters, 2. Umzug nach Frankfurt, Hotelboy in Paris bis zum erotischen Diebeserlebnis mit Diane Houpflé, 3. Aufstieg zum Kellner, Rollentausch mit Marquis de Venosta, Lissabon bis zum Liebesabenteuer mit Mutter und Tochter Kuckuck.
Personen:
Felix Krull ist als erlebendes und erzählendes Ich das Zentrum des Romans.
Zu seiner Familie gehören Vater Engelbert, Mutter, Schwester Olympia und Patenonkel Felix Schimmelpreester.
Jedem Lebensort korrespondieren unterschiedliche Figuren. Rheingau: Zimmermädchen Genovefa, Schauspieler Müller-Rosé, Geistlicher Rat Chateau; Frankfurt: Prostituierte und Geliebte Rozsa; Paris: Zimmergenosse Stanko, Diane Houpflé, Louis de Venosta; Lissabon: Professor Kuckuck, Tochter Zouzou, Ehefrau Maria Pia.
Stil und Sprache Thomas Manns:
Auch literarisch bzw. stilistisch inszeniert Thomas Mann seine Figur Felix Krull als Hochstapler: Er lässt ihn einen hohen Stil schreiben, an dem er den selbstverliebten Bekenner gelegentlich scheitern lässt, und entfaltet durch Krulls Übertreibungen und Zuspitzungen eine komisch-parodistische Wirkung.
Wortwahl und Satzbau sind der Erzählliteratur des 19. Jahrhunderts ähnlich. Der Satzbau ist durch Nebensätze und Einschübe häufig komplex. Die assoziative Verknüpfung von Erlebnissen, Erinnerungen und Reflexionen unterstützt den Eindruck, dass es sich um authentische Gedanken eines echten Hochstaplers handele.
Verschiedene Interpretationsansätze bieten sich an:
Entlarvung der Orientierung vieler Menschen am äußeren Anschein, sodass ein Hochstapler leichtes Spiel hat
Parodie der Biografie eines echten Hochstaplers sowie der literarischen Gattungen Bekenntnis und Bildungsroman
literarische Auseinandersetzung mit der philosophischen These von der „Welt als Wille und Vorstellung“ (Schopenhauer)
Verarbeitung der antiken Mythen um den vielgestaltigen Götterboten Hermes sowie den selbstverliebten Narziss
autobiografische Auseinandersetzung mit Lebensthemen Thomas Manns: Künstler-Bürger-Konflikt, Homosexualität, eigener Narzissmus des Autors
Rezeptionsgeschichte:
Begeisterung beim Publikum von den ersten Episoden des Romans an
Deutung im ideengeschichtlichen Kontext der großen Werke des Autors (Die Buddenbrooks, Der Zauberberg)
Felix Krull als Prototyp des modernen Menschen: Selbstinszenierung, Simulation