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Wieso ist eigentlich Disco wieder en vogue? Disco und Punk galten, als sie Mitte der 1970er Jahre aufkamen, zunächst als die denkbar größten Antagonisten. Punk gab sich revolutionär, brachte seine eigenen Vertriebsstrukturen hervor und löste, wenngleich es sich mit seinen aggressiven Insignien gegen sie zu wenden schien, letztendlich Forderungen der Hippies ein. Disco dagegen wurde als unpolitisch, als affirmativ empfunden, bediente sich der zur Verfügung stehenden kommerziellen Strukturen, wurde richtig groß und besonders von der etablierten Rock-Fraktion gehaßt. Die attestierte Disco, entartet zu sein (kastriert), brachte weder Verständnis für die Roben der genetisch männlichen, offensiv schwulen Disco Diva Sylvester auf, noch für das seinem weiblichen Publikum zugewandte Arschwackeln des als heterosexuell geltenden Barry Manilow. (Bei näherer Betrachtung erweisen sich auch viele Protagonisten des Glam Rock, von Mick Jagger bis zu den New York Dolls, als Agenten einer feindlichen Übernahme von Weiblichkeit.) Tatsächlich bildete Disco einen Hort sexuell andersdenkender Subkulturen, hatte die Kulturtechnik des Camp als kritisches Querlesen des Mainstream an die Macht gebracht und nonchalant die Hierarchie der verabredeten Geschlechter suspendiert. Bis heute bestens zu genießen: das laszive Orchester des Barry White, Dr. Buzzard’s Original Savannah Band, Chic, Salsoul, Giorgio Moroders Münchner Inszenierungen einer Prä-Techno-Musik. Als 1979 in einer Chicagoer Sportarena aufgehäufte Disco-Schallplatten in die Luft gesprengt wurden, tauchte die Bewegung erneut in den Untergrund ab und entwickelte dort ihre raffinierten performativen Codes in Richtung jener sowohl sonischen als auch sozialen Szenarien weiter, denen wir seit einem Vierteljahrhundert die Freuden eines durchaus als dissident erkennbaren Nachtlebens verdanken: High Energy, Electro, Garage, House, Techno und neuerdings: Neo-Disco, oft Disco Punk genannt, wo heute offenbar ist, daß sowohl Punk als auch Disco sich vor dreißig Jahren gegen das rockistische Trugbild sogenannter Authentizität wandten. Beide wußten von ihrer Künstlichkeit, und sie wußten diese weltweit zu zelebrieren. Malcolm McLaren produzierte ein Disco Medley der Sex Pistols Hits. James Chance, ESG, Gang of Four oder die Deutsch-Amerikanische Freundschaft legten Anfang der 1980er Jahre Zeugnis von der produktiven Achse Disco / Punk ab. Heutige heiße Produzenten, etwa das Team DFA aus New York, berufen sich auf eben diese Formel.

Thomas Meinecke hört

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